Die Überwachung der aktuellen Gefährdungssituation durch Borkenkäfer ist neben der Vorbeugung und der Bekämpfung ein zentraler Pfeiler im System des integrierten Borkenkäfermanagements [1, 2]. Die FVA Baden-Württemberg betreibt seit den frühen 1990er-Jahren mit zunehmender Intensität das Borkenkäfer-Monitoring zur Überwachung der schadrelevantesten Borkenkäferarten in Südwestdeutschland.

Primäres Ziel ist es, aus den aktuellen Beobachtungen zur Phänologie (d. h. Schwärmaktivität und Entwicklungsfortschritt) und zur Populationsdichte zeitnah und zeitlich-räumlich differenziert geeignete Regulierungsmaßnahmen für die forstliche Praxis abzuleiten. Damit wird die Effizienz, z. B. der Befallskontrollen oder anschließender Sanierungsmaßnahmen, erhöht und letztlich der Borkenkäferbefall vermindert. Das Ziel, durch Massenfang die Käferpopulation zu senken, wird dabei aber explizit nicht verfolgt. Als positiver Nebeneffekt eines standardisierten Monitorings entstehen kontinuierliche Datenreihen, welche langjährige Trendanalysen ermöglichen und somit einen Mehrwert auch über die aktuelle Situation hinaus generieren.

Was, wie und wo wird beobachtet?

Ab 2021 hat sich das Monitoringnetz sowohl in Baden-Württemberg wie auch Rheinland-Pfalz gegenüber den Vorjahren auf aktuell 34 Standorte deutlich erweitert (Abb. 1). Es umfasst neben den Fichtenborkenkäfern Buchdrucker (Ips typographus) und Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) nun auch den Krummzähnigen Tannenborkenkäfer (Pityokteines curvidens), einen wesentlichen Schadfaktor an Weißtanne (Abb.2).

Für den Nordischen Fichtenborkenkäfer (Ips duplicatus) wird in begrenztem Umfang (derzeit an 6 Standorten in Baden-Württemberg) zudem ein Nachweismonitoring durchgeführt, um die aktuelle Verbreitung dieser flächig in Südwestdeutschland (noch) nicht-heimischen Borkenkäferart zu dokumentieren.

Die Monitoringstandorte wurden dabei so gewählt, dass sie die potentiell gefährdeten Wälder, verschiedene Höhenstufen sowie relevante Wuchsgebiete möglichst gut repräsentieren. Während der Höhengradient Freiburg-Feldberg (von ca. 300 Meter bis 1.400 Meter ü.NN) von Mitarbeitenden der FVA selbst betreut wird, übernehmen in den restlichen Landesteilen lokale Ansprechpartner*innen von ForstBW, zumeist Revierleitende oder Ausbildungsstellen, und vom Nationalpark Schwarzwald die wöchentliche Datenaufnahme nach einheitlichen Standards. Die Erstellung des methodischen Konzeptes, die Koordination der Umsetzung sowie die Zusammenführung und letztlich Interpretation der Daten obliegt der FVA als hoheitliche Instanz für den Waldschutz in Baden-Württemberg.

Das Monitoring wird wöchentlich im Zeitraum von Ende März bis Ende September durchgeführt, denn nur in diesem Zeitraum sind die Borkenkäfer schwärmaktiv. Der genaue Beginn und das Ende des Monitorings eines Jahres wird je nach Witterung festgelegt. Die aktuelle phänologische Situation der Käfer wird mittels Pheromonfallen (Überwachung der Schwärmaktivität) sowie mittels Brutbeobachtungsbäumen (kurz Brutbaum; Überwachung der Brutentwicklung) beobachtet. In ihrer Summe liefern diese Beobachtungen – soweit möglich in Kombination mit Befallsmeldungen und Modellberechnungen – die Grundlage für die Abschätzung der aktuellen Gefährdungssituation und zielgenaue Empfehlungen von Kontroll- und Regulierungsmaßnahmen.

Ein wichtiger Grundsatz des Monitorings ist die Anwendung eines einheitlichen Verfahrens. Erst dadurch werden Daten über mehrere Jahre hinweg wirklich vergleichbar und lassen für unterschiedliche Regionen fundierte Interpretationen zu. Ein zentral gesteuertes Monitoring hat gegenüber z. T. individuell in den Revieren durchgeführten Ansätzen zudem den Vorteil, dass die Ergebnisse überregional in Beziehung gesetzt werden können und online für alle Interessierten (z. B. auch Privatwaldbesitzende) frei und zentral zugänglich sind.

Monitoring der Schwärmaktivität

Die Schwärmaktivität wird für Buchdrucker, Kupferstecher und den Krummzähnigen Tannenborkenkäfer jeweils mittels Pheromonfallen dokumentiert. Es werden einheitlich die artspezifischen Pheromone Pheroprax© (Buchdrucker), Chalcoprax© (Kupferstecher) sowie Curviwit© (Krummzähniger Tannenborkenkäfer) in Theysohn-Einzelfallen verwendet, welche wöchentlich am selben Wochentag geleert werden. Je nach Art kommen i. d. R. 1-2 Fallen pro Standort zum Einsatz, welche frei auf einer Wildwiese oder Freifläche im Wirtsbaumbestand stehen (Abb. 3). Die Käfermenge wird direkt vor Ort bestimmt und an die FVA übermittelt. Andere Insektenarten, die sich eventuell in der Falle befinden (sogenannte Beifänge), werden an Ort und Stelle wieder freigelassen. Um durch die Lockwirkung der Falle keinen Stehendbefall zu verursachen, ist ein Mindestabstand von ca. 30 m zum nächsten Wirtsbaum geboten. Dieser Abstand empfiehlt sich auch zwischen den Fallen, um Interaktionen zu vermeiden. Details zur Methodik sind in [1] ausführlich beschrieben.

Im Rahmen des Fallenmonitorings wird die Populationsgröße nicht wesentlich reduziert, lediglich beobachtet! Die wöchentlichen Fangzahlen (Abb. 4) geben vorrangig Informationen zum Schwärmbeginn und -ende sowie zu den Hauptschwärmphasen. Zudem ermöglichen sie einen groben Eindruck über die Käferdichte. Da die absolute Fangzahl allerdings sehr von der Umgebung eines Standortes einer Falle abhängt und daher kleinräumig erheblich variieren kann, ist eine Ableitung des großräumigen Befallsrisikos aus (einzelnen) lokalen Fangzahlen stark limitiert [1, 2].

Im Gegensatz zu den oben genannten drei Arten wird für den Nordischen Fichtenborkenkäfer ein Nachweismonitoring an ausgewählten Standorten mittels je einer zusätzlichen Pheromonfalle (Pheromon Dupliwit©) durchgeführt. Die hier gefangenen Käfer werden eindeutig im FVA-Labor identifiziert, da eine gewisse Verwechslungsgefahr mit anderen Arten besteht.

Um die beobachtete Schwärmaktivität mit der Witterung in Beziehung zu setzen, werden an einigen Standorten zusätzlich Wetterdaten, wie z. B. Temperatur, Globalstrahlung und Niederschlag gemessen. Die Wetterstation steht in unmittelbarer Nähe zur Falle. Diese Daten können automatisiert von den Stationen abgerufen werden (Abb. 4).

Monitoring der Brutentwicklung

Die Brutentwicklung wird beispielgebend für die zwei Arten Buchdrucker und Krummzähniger Tannenborkenkäfer überwacht. Für das Brutbaum-Monitoring werden geeignete Wirts-bäume ausgelegt und für eine kurze Zeit mit einem artspezifischen Pheromon beködert, was eine rasche Besiedlung sicherstellt. Anschließend wird anhand von abgehobenen Rindenfenstern der Entwicklungsfortschritt der angelegten Bruten unter der Rinde wöchentlich dokumentiert (Abb. 5). Um den Ausflug der fertig entwickelten Käfer zu verhindern, werden Brutbäume im Wirtschaftswald im frühen Jungkäferstadium entrindet und damit rechtzeitig unschädlich gemacht. Details zur Methodik sind in [1] ausführlich beschrieben.

Ein Brutbaum zeigt die Entwicklung jeweils einer Generation. Für eine Dokumentation der Generationenentwicklung im Jahresverlauf sind also mehrere Brutbäume zeitlich nacheinander notwendig. Der Brutbaum wird oft stärker besonnt als vergleichbar befallene stehende Bäume im Bestandesinneren. Die Entwicklung im Brutbaum läuft aufgrund der erhöhten Temperatur demnach etwas schneller ab und erlaubt eine um einige Tage vorfristige Aussage zum Entwicklungsstand der Käfer. Somit kann z. B. der erwartete Zeitpunkt des Ausfluges von entwickelten Jungkäfern prognostiziert werden, um die Befallskontrollen bzw. nachgelagerte Regulierungsmaßnahmen besser steuern zu können.

Das Brutbaum-Monitoring erfordert im Gegensatz zum Fallen-Monitoring sowohl einen erhöhten Aufwand als auch notwendige Vorkenntnisse. Es ist daher für die Anwendung durch die Waldbesitzer selbst weniger geeignet.

Phänologiemodelle

Neben den direkten Beobachtungen an den Monitoringstandorten unterstützen auch Borkenkäfer-Phänologiemodelle den Informationsgewinn zur aktuellen Situation. So kann z.B. für Buchdrucker der Schwärmbeginn, die Entwicklung sowie die Generationenzahl mittels dem Phenips-Modell [3] anhand eingehender Witterungsdaten grob abgebildet werden (Abb. 6). Die tagesaktuellen Informationen sind (derzeit noch auf DWD -Wetterstationen begrenzt) online abrufbar, eine flächige Berechnung der Phänologie in Verbindung mit dem abgeleiteten Befallsrisiko befindet sich jedoch bereits in der Umsetzungsphase ["IpsRisk"].

Die Daten aus dem Monitoring sind wiederum hilfreich, um derartige Modelle zunächst einmal zu erstellen, aber auch um diese in der Folge fortlaufend zu validieren und ggfs. anzupassen. Für andere Borkenkäferarten, wie den Kupferstecher oder den Krummzähnigen Tannenborkenkäfer, gibt es derzeit noch keine für Südwestdeutschland anwendbaren Phänologiemodelle.

Wo sind die Informationen abrufbar?

Wöchentlich aktualisierte Monitoring-Daten sowie daraus abgeleitete waldschutzfachliche Handlungsempfehlungen für die forstliche Praxis sind in der Schwärmperiode von April bis September für ganz Südwestdeutschland auf der FVA-Borkenkäfer-Monitoring Webseite abrufbar. FVA-Borkenkäfer-Newsletter, für die eine Anmeldung erforderlich ist, informieren darüber hinaus per E-Mail mehrmals im Jahr ausführlich über die aktuelle Situation.

Speziell für Rheinland-Pfalz veröffentlichen die Landesforsten Rheinland-Pfalz ebenfalls Borkenkäfer-relevante Informationen und einen wöchentlichen Newsletter.

Quellen

  1. Kautz, M., Delb, H., Hielscher, K., Hurling, R., Lobinger, G., Niesar, M., Otto, L.-F., Thiel, J. (2021): Borkenkäfer an Nadelbäumen – erkennen, vorbeugen, bekämpfen. FNR, Gülzow-Prüzen, 54 S. (Link)
  2. Hoch, G., Schopf, A., Weizer, G. (Hrsg.) (2019): Der Buchdrucker – Biologie, Ökologie, Management. BfW, Wien, 208 S.
  3. Baier, P., Pennerstorfer, J., Schopf, A. (2007): PHENIPS—A comprehensive phenology model of Ips typographus (L.) (Col., Scolytinae) as a tool for hazard rating of bark beetle infestation. Forest Ecology and Management 249, 171-186.