Die Vegetationsperiode 2018 und 2019 war in Bezug zu den klimatischen Referenzwerten durch deutlich höhere Temperaturen und geringe Niederschläge gekennzeichnet. In Mecklenburg-Vorpommern lagen die Temperaturen der Monate April bis September 2018 im Mittel um etwa drei Grad höher, während die Niederschläge in diesem Zeitraum nicht einmal die Hälfte der klimatischen Referenzwerte erreichten (Abb. 1). Diese "heiße" Dürre führte bei verschiedenen Baumarten zu erheblichem Trockenstress, massiven Vitalitätseinbußen, Sekundärbefall durch biotische Schaderreger bis hin zum Absterben von Einzelbäumen und Bestandespartien.

Nachdem für die Rotbuche in Mecklenburg-Vorpommern während der extremen Dürre des Sommers 2018 noch eines der besten Ergebnisse der Waldzustandserhebung seit 1992 taxiert wurde, kam es 2019 in nahezu allen Landesteilen zu stark sichtbar werdenden Vitalitätsverlusten. Die in diesem Jahr beobachtete Vollmast verschärfte den physiologischen Stress für die Baumart zusätzlich. Im September 2019 registrierten wir im Waldschutzmeldewesen nun auf insgesamt 500 Teilflächen auf einer Schadfläche von etwa 850 ha Absterbeerscheinungen in Buchenbeständen.

Daraus ergab sich für die forstliche Praxis eine neue Situation. So waren für die Buche in Mecklenburg-Vorpommern über die Waldzustandserhebung in einigen Jahren, z. B. in 2000, 2001 oder auch 2011 (s. Abb. 2) durchaus ähnliche Muster der Schadausprägung registriert worden. Dies schien aber bisher nie mit einem Schadgeschehen dieses Ausmaßes in den Revieren einhergegangen zu sein. Angesichts dieser Entwicklung und mit Hinblick auf die waldbauliche Rolle der Buche als bedeutendste Laubbaumart Mecklenburg- Vorpommerns und zentralem Element des naturnahen Waldumbaus initiierten wir das Projekt "Vitalitätsschwächung der Buche in Mecklenburg-Vorpommern" (BuVit MV). Wichtige Ziele waren, das Schadausmaß möglichst klar herauszuarbeiten sowie wesentliche Ursachen und Wirkungen zu identifizieren. Dazu wurde eine über die Waldschutzmeldung weit hinausgehende, außerplanmäßige Erfassung dürre-geschädigter Buchenbestände mit der Unterstützung aller 29 Forstämter der Landesforstanstalt initiiert.

Für unsere Untersuchungen stellten wir folgende Hypothesen auf:

  • Das Ausmaß der Dürre in den Vegetationsperioden der Jahre 2018 und 2019, verstärkt durch eine Vollmast im zweiten Jahr, war von einer solchen Intensität, dass es sich auf Buchenbestände in allen Regionen des Landes vitalitätsmindernd auswirkte.
  • Ein Komplex mehrerer Faktoren erhöhte für Buchenbestände das Risiko, angesichts der extremen Trockenstresssituation mit einem Einbruch der Vitalität bis hin zum Absterben einzelner Bestandesglieder zu reagieren. Besondere Risiken für eine Vitalitätsschwächung ergaben sich aufgrund:
  1. eines höheren Alters der Bäume,
  2. einer stärkeren Freistellung der Kronen,
  3. eines geringen Mischungsanteils in den Beständen,
  4. des Stockens auf schlechter wasserversorgten sowie auf wechselfeuchten Standorten.

Großräumige Erfassung des Schadausmaßes

Die Erhebung geschädigter Bestände erfolgte im Zeitraum vom 8. bis zum 26. Juni 2020 in allen Revieren des Landes- und Anstaltswaldes. Für die Einordnung der Schäden gaben wir einen Anspracheschlüssel heraus. Vor Ort erfasst werden sollten nur Bestände mit stark geschädigten Buchen. Unterschieden wurden zwei Schadstufen (Sst): (2) Bäume, die einen Blattverlust von mindestens 60 Prozent aufwiesen, sowie (3) Bäume, die bereits abgestorben waren.

An der großräumigen Erfassung waren alle Forstämter beteiligt. Aus 28 Ämtern wurden uns Schäden gemeldet. Demnach waren Ende Juni 2020 in den Revieren der Landesforstanstalt 2.585 Bestände registriert worden, die stark geschädigte Buchen aufwiesen.

Für die vergleichende Auswertung wurden zwei Datensätze erzeugt. Der erste bildete bestandesweise die von den Forstämtern gemeldete Schadkulisse ab. Für den Vergleichsdatensatz wurden alle Buchenbestände des Landes- und Anstaltswaldes zusammengestellt, die, bezogen auf die erhobene Schadintensität, nicht gemeldet worden waren. Mit dem Datenspeicher Wald (DSW2) stand uns dafür eine detaillierte Datengrundlage zu allen Buchenbeständen des Landes zur Verfügung.

An die deskriptive statistische Auswertung der Daten schloss sich die Analyse der geschädigten und ungeschädigten Bestände der Oberstandsschicht mithilfe eines generalisierten additiven Modells an.

Ergebnisse belegen starke Schäden

Starke Schäden traten in nahezu allen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns verteilt über das gesamte standörtliche Spektrum der Buche auf. Flächenbezogene Aussagen ließen sich für die Bestandesschichten Oberstand, Überhalt und Unterstand treffen, nicht aber für Restvorräte, die ebenfalls von Schäden betroffen waren.

Für den Überhalt wurde mit 14,2 % (insgesamt 259 ha) der höchste Schädigungsanteil aller erfassten Schichten ermittelt. Die flächenbezogen umfangreichsten Schäden wies die Buche im Oberstand auf. Von diesen in Summe rund 26.000 ha Anbaufläche waren 1.127 ha (4,4 %) von starken Schäden betroffen, 154 ha davon abgestorben (s. Abb. 3). Buchen-Unterstände waren gemäß der uns vorliegenden Meldungen von der Vitalitätsschwäche kaum betroffen.

Modell ermittelte Alter und Bestandesdichte als wichtige Einflussgrößen

Aufgrund des vorliegenden Datenmaterials hatten wir die weitere Auswertung der beiden Datensätze "geschädigt" und "ungeschädigt" auf die wichtigste Schicht, den Oberstand, beschränkt. Bei der Analyse mit dem generalisierten additiven Modell wurde die Eintrittswahrscheinlichkeit einer starken Vitalitätsschwächung anhand verschiedener Parameter mit Informationen zu Klima, Boden und Waldwachstum geprüft.

Den deutlichsten Effekt auf die Vitalität der Buche in unserer Modellierung zeigte das Bestandesalter in Wechselwirkung mit der Grundfläche (s. Abb. 4). So war mit zunehmendem Alter ein Anstieg der Gefährdung für den Eintritt starker Schäden festzustellen. Innerhalb der Altersspanne 70 bis 120 verlief dieser besonders steil. Ging die Zunahme des Alters mit einer geringeren Grundfläche einher, stieg die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt starker Schäden im Modell überproportional.

Die Wirkung der Beimischung anderer Baumarten auf die Risikoreduzierung des Eintritts starker Schäden erwies sich entgegen unserer Erwartung als relativ gering. Insbesondere die Vielfalt der vorkommenden Bestandesmischungen mit Buche sowie die Abbildung ihrer Datenstruktur im DSW2 erschwerten die Auswertung. Positive Effekte für die Buche stellten sich erst ein, wenn der Buchenanteil im Bestand unter 40 % betrug.

Langfristig schlechter wasserversorgte Buchenbestände reagierten weniger sensibel

Die Betrachtung verschiedener Klima- und Standortsfaktoren erbrachte im Modell nicht auf den ersten Blick leicht verständliche Zusammenhänge. So schienen Buchenbestände, die in der Vegetationszeit 2018 / 19 besser wasserversorgt waren, ein höheres Risiko für die Ausprägung von Dürreschäden zu haben. Erst als die Wasserbilanz der beiden Dürresommer in Beziehung zur langfristigen klimatischen Wasserbilanz gesetzt wurde, ergab sich ein plausibles Muster. So hatten Buchenbestände auf langfristig schlechter wasserversorgten Standorten tatsächlich ein geringeres Risiko, aufgrund der extremen Wasserunterversorgung in den Jahren 2018/19 starke Schäden auszuprägen (s. Abb. 5). Auf Standorten mit einer langfristig besseren Wasserversorgung reagierten die Bäume sensibler auf das markante Dürreereignis.

Ebenso überraschend war, dass das Risiko eines Schadenseintritts auf standortsbedingt wechselfeuchten (staunassen) Standorten geringer war als auf terrestrischen Standorten ohne Staunässe. Dabei ist von der Buche seit Langem bekannt, dass sie auf staunassen Böden nur ein flaches Wurzelsystem auszubilden vermag und in Dürrephasen dann schneller unter Trockenstress gerät. Eine Erklärung für den im Modell signifikanten Zusammenhang könnte der Witterungsverlauf sein. Die Niederschlagssummen vor dem Beginn der Vegetationsperiode 2018 lagen nämlich deutlich, in geringerem Maße auch 2019, über den klimatischen Mittelwerten. So könnten die staunassen Standorte mit ihrem höheren Wasserrückhaltevermögen den Einfluss der extremen Dürre für die Bäume abgepuffert haben.

Was vermittelt uns der Stand der Auswertung?

Das Ausmaß starker Schäden nach einer Dürreperiode war in Mecklenburg-Vorpommern bisher für keine Hauptbaumart großräumig ermittelt worden, was dessen Einordnung erschwert. Ohne Zweifel stellte die weite Verbreitung starker Dürreschäden an Buche 2018/19 ohne klare standörtliche Häufung ein einschneidendes Ereignis dar.

Für den deutschsprachigen Raum sind wiederkehrend zurückliegende "Rekord-Dürreereignisse" dokumentiert, z. B. aus den Jahren 1911, 1947, 1976 und 2003, die auch in Buchenbeständen zu deutlichen Vitalitätseinbrüchen und lokalem Absterben führten.

Anhand der aus verschiedenen Untersuchungen bekannten, auffälligen Einbrüche der Jahrringbreite bei Buche für das Jahr 1976 kann davon ausgegangen werden, dass es, wie in anderen Regionen Deutschlands, auch in Mecklenburg-Vorpommern nach der mehrjährigen Dürreperiode der 1970er-Jahre mit dem markanten Trockenjahr 1976 zu größeren Schäden in Buchenbeständen kam. Inwieweit zu Beginn der 1990er-Jahre die Aufeinanderfolge von fünf Vegetationsperioden mit hoher Dürreintensität größere Auflösungserscheinungen in Buchen-Althölzern unseres Bundeslandes begünstigte, ist nicht abschließend geklärt. Für 1996 wies die Waldschutzmeldestelle M-V hier immerhin  1.600 Hektar Absterbeerscheinungen aus.

Der im Projekt ermittelte Schadensumfang von 4,4 % der 26.000 ha umfassenden Oberstandsfläche der Buche im Landes- und Anstaltswald erscheint relativ klein (s. Abb. 3). Allerdings wurden hier ausschließlich stark geschädigte Bäume mit Blattverlusten von 60 % und mehr erfasst. Die Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2019 weisen aus, dass die Wirkung des Dürrejahres 2018 bei der Buche zu einem drastischen Anstieg der deutlichen Schäden sowie zum höchsten, seit 1992 registrierten Blattverlustanteil (30,7 %) geführt hat. Dieser findet hinsichtlich des WZE-Schadmusters nur im Jahr 2000 eine Entsprechung. Damit war die von einer Vitalitätsschwächung der Buche insgesamt betroffene Fläche 2020 landesweit weitaus größer und der Umfang starker Schäden in Höhe von 4,4 % im sprichwörtlichen Sinne die “Spitze des Eisbergs“.

Die anteilig deutlich höhere Betroffenheit von 14,2 % für Buchen in der Bestandesschicht des Überhalts bringt eindrücklich die im Modell ermittelte, alters- und dichtebezogene Gefährdung des Schadenseintritts zum Ausdruck (s. Abb. 4). Die forsteinrichtungstechnische Zuordnung zum Überhalt erfolgt für Reste des Vorbestandes mit geringen Schlussgraden (≤ 0,3). Die Kronen dieser zumeist ältesten und höchsten Bäume auf der Fläche sind einer besonders intensiven Einstrahlungswirkung ausgesetzt und damit in besonderem Maße für den Eintritt dürrebedingter Schäden disponiert. Die langen Ernte- und Verjüngungszeiträume von ca. 30 bis 50 Jahren könnten sich hier als Schwachstelle der aktuellen Verjüngungspraxis von Buchenbeständen erweisen.

Dem Einsetzen der Dürre 2018 gingen überdurchschnittliche Niederschlagsmengen vor der Vegetationsperiode voraus, die das resultierende Schadmuster beeinflussten und zum Beispiel Buchen auf wechselfeuchten Standorten in ihrer Vitalitätsentwicklung begünstigten. Dies ist ein wesentlicher Aspekt, der die Singularität dieses Ereignisses unterstreicht. Der Umstand, dass langfristig schlechter wasserversorgte Buchenbestände weniger stark auf das Dürrereignis 2018/19 reagierten (s. Abb. 5), kann als Indiz für die Adaptationsfähigkeit der Buche an lokale Standortsbedingungen gewertet werden. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Meyer et al. (2022) bei der Untersuchung der Mortalitätsmuster hessischer Buchenbestände auf die heißen Trockenjahre 2018/19.

Wird die Rotbuche in unseren Wirtschaftswäldern ihre herausragende Bedeutung behalten? Das wird maßgeblich von der realen klimatischen Entwicklung abhängen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist das Potenzial der Baumart hinsichtlich des klimatischen Anpassungsvermögens in unseren Breiten, begleitet von klugen waldbaulichen Anpassungsstrategien, nicht ausgeschöpft. Für die Auslotung aller Optionen zur Gestaltung klimastabiler Wälder bedarf es umfangreiches, frisches Wissens. Es ist unser Ziel, dafür mit den aus BuVit MV hervorgegangenen, länderübergreifend und interdisziplinär bearbeiteten Teilprojekten einen Beitrag zu leisten.