Der europäische Markt für Phytopharmaka blüht. Die Akzeptanz "pflanzlicher Arzneimittel" in der Bevölkerung ist groß. "Medical and Aromatic Plants", sogenannte MAPs, werden aber auch zur Herstellung von Lebensmitteln (z.B. Kräutertees), als Bestandteil von Kosmetikprodukten ("Kräuter-Wellness") und als Industriestoffe (z.B. Färbemittel) verwendet. Deutschland ist eines der führenden Länder im Handel von MAPs. Das Importvolumen wird auf etwa 45.000 Tonnen getrockneten pflanzlichen Rohmaterials geschätzt, das Exportvolumen auf rund 15.000 Tonnen jährlich.

Europäische Firmen decken ihren Bedarf heute in osteuropäischen Ländern wie Rumänien, Bulgarien und Albanien. Die Qualität des Rohmaterials ist aber nicht gesichert. Ungenügende botanische Kenntnisse der Sammler können zu Verwechslungen führen und eine unsachgemäße Ernte, Lagerung und Trocknung mindern die Qualität (z.B. durch Bakterien- oder Pilzbefall).

Ein Kurzprojekt hat sich daher mit folgenden Fragen beschäftigt:

  • Welche MAPs/ Arzneipflanzen kommen in bayerischen Wäldern vor?
  • In welchen Waldgesellschaften kommen sie vor?
  • In welchen Regionen sind sie gegebenenfalls konzentriert?
  • Für welche Pflanzen besteht derzeit eine reale Nutzungsmöglichkeit?

Die Bewertung, ob eine Art als Arzneipflanze eingestuft wird, wurde anhand der Präsenz der Art in pharmazeutischen Lehrbüchern oder einer Referenzliste getroffen. Zusätzlich wurden Informationen über MAPs in Nahrungsmitteln, Kosmetika und Handel erhoben sowie der Gefährdungsgrad ermittelt.

Anzahl und Verteilung der Arzneipflanzen in Bayern

In Bayern finden sich 561 MAPs, 50 Prozent davon sind aktuell im Handel. Eine Art kann in mehreren Bereichen verwendet werden, beispielsweise als Bestandteil von pflanzlichen Arzneimitteln und als Bestandteil von Lebensmitteln oder Kosmetika (Tab. 1). Auf die Waldgesellschaften sind diese Arzneipflanzen sehr ungleichmäßig verteilt. Während beispielsweise der Waldgersten-Buchenwald und der Nordalpine Fichten-Tannen-Buchenwald der montanen Stufe sehr viele MAPs beherbergen, sind der weit verbreitete Hainsimsen-Buchenwald und der Reitgras-Fichten-Buchenwald besonders arm an Pflanzenarten überhaupt und damit auch an MAPs.

155 Wald-MAPs sind nach der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten als ungefährdet eingestuft und können unbedenklich verwendet werden. Bei den restlichen Arten reicht die Bandbreite von der Vorwarnstufe bis hin zu stark gefährdet. Solche Pflanzen sollten nicht genutzt werden.

Zentren der Wald-MAPs in Bayern

Anhand zweier Beispiele wird die Verbreitung von Waldarzneipflanzen in Bayern dargestellt. Der Efeu ist eine traditionelle Heilpflanze, liefert aber auch Rohstoff für moderne Phytopharmaka. Die Präparate werden bei chronischen Bronchialerkrankungen und Husten sowie unterstützend bei Keuchhusten angewandt. Efeupräparate sind für Kinder sehr gut geeignet. Der Bärlauch findet in Nahrungsergänzungsmitteln und in Lebensmitteln vielfältige Verwendung. Während Efeu fast in ganz Bayern anzutreffen ist (Abb. 2), bleibt Bärlauch auf die Gebiete mit basenreichen Ausgangsgesteinen begrenzt (Abb. 3).

Die Verbreitungskarten der Wald-MAPs zusammengefasst zeigen, dass es in Bayern tatsächlich "hot-spots" in Wald-Arzneipflanzen-Vorkommen gibt (Abb. 4). Es sind die durch basenreiche Ausgangsgesteine geprägten Landschaften Bayerns.

Nachhaltige Nutzungsmöglichkeiten und Ausblick

Die Nutzung bestimmter Wald-MAPs macht Sinn, wenn

  • qualitativ hochwertiges Material gesammelt wird,
  • die Beschaffungswege zurückverfolgt werden können und
  • eine Produktveredelung stattfindet.

Vermarktungsstrategien müssen den Ursprung der Ware, die Nachhaltigkeit der Rohstoffgewinnung und die moralisch vertretbare Beschaffung in den Vordergrund stellen. Das alles ist in Bayern gewährleistet. Wälder werden nicht gedüngt und nicht mit Pestiziden behandelt.

Der Wald ist eine grüne Apotheke, die nachhaltige Nutzung der Ressourcen eine Herausforderung, der man sich stellen sollte. Momentan bedient sich der Markt für MAPs in Osteuropa. Eine professionelle kontrollierte Wildsammlung in bayerischen Wäldern kann die konventionelle, von Kinderarbeit geprägte Wildsammlung in den Armenhäusern Europas (Albanien, Bulgarien, Moldawien, Rumänien) ersetzen.