Klimatische Veränderungen haben Auswirkungen auf den Schweizer Wald, der rund ein Drittel der Landesfläche bedeckt. Daher stellt sich die Frage, wie der Schweizer Wald der Zukunft aussehen wird und aussehen soll, damit die vielfältigen Leistungen des Waldes für den Menschen sichergestellt werden können. Trockenheit, Stürme, Starkniederschläge – der Klimawandel setzt dem Schweizer Wald zu. Der Bericht "Anpassung des Waldes an den Klimawandel" – als Ergänzung zu den bereits bestehenden Aktivitäten – erläutert 19 Massnahmen in fünf Handlungsfeldern, mit denen auf diese Herausforderungen reagiert werden kann. Ziel ist dabei, die vielfältigen Leistungen des Waldes – Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Lieferant von frischer Luft und Holz, Erholungsraum – zu erhalten. Der Schweizer Wald soll weiterhin als vielfältiges, widerstandsfähiges und damit anpassungsfähiges Ökosystem funktionieren (s. Box). Die Umsetzung dieser Massnahmen soll in den Jahren 2023 bis 2030 durch Bund, Kantone, Gemeinden und private Akteure erfolgen.

    Der Schweizer Wald leidet unter dem Klimawandel – und hilft ihn zu bewältigen

    Die ausgeprägte Trockenheit und die Sturmereignisse der letzten Jahre haben in mehreren Regionen grosse Schäden angerichtet. Die gestressten Bäume werden rascher von Schädlingen befallen, und diese vermehren sich schneller. Die Waldbrandgefahr wird erhöht. Häufigere extreme Wettereignisse wie Starkniederschläge, Hagel oder Stürme setzen den Wäldern zu.

    Gleichzeitig spielt der Wald eine wichtige Rolle im Umgang mit dem Klimawandel. Er bindet Treibhausgase, indem er Kohlenstoff im Holz speichert. Zudem kühlt er, spendet Schatten und hält Boden- und Luftfeuchtigkeit und spendet Sauerstoff. Diese Waldleistungen, die dem Klimawandel und seinen Auswirkungen entgegenwirken, werden immer wichtiger.

    Fünf Handlungsfelder

    Die Handlungsfelder fokussieren auf die Anpassung des Waldes an den Klimawandel (Wirkungsziele) und berücksichtigen dabei die Anforderungen der Waldfunktionen und Waldleistungen. Die fünf Handlungsfelder sind dabei:

    (1) Naturnaher Waldbau und zukunftsfähige Waldverjüngung sicherstellen

    • Die Wälder können sich nur in begrenzter Geschwindigkeit an den Klimawandel anpassen. Die Vitalität kann dadurch bedroht sein.
    • Die klimatischen Veränderungen und insbesondere Wetterextreme überfordern die natürlichen Anpassungsprozesse des Waldes teilweise bereits heute.
    • Die Waldbaukonzepte und die waldbaulichen Planungen sind vor dem Hintergrund des Klimawandels oft zu wenig dynamisch und nicht auf diesen ausgerichtet.
    • Die wissenschaftlichen Grundlagen sind noch nicht vollständig, es bleiben Fragen offen.
    • Eine klimaangepasste Waldbewirtschaftung kann Risiken reduzieren und Waldleistungen erhalten.
    • Der Klimawandel verursacht steigende Kosten.
    • Das Waldmonitoring weist im Hinblick auf Informationen über die Entwicklung der Sensitivität, der Resilienz und der Wirksamkeit der planerischen sowie waldbaulichen Massnahmen Lücken auf.

    (2) Klimaangepasste resiliente Wälder und Biodiversität fördern

    • Es bestehen nicht-standortgerechte Bestockungen oder überalterte Bestände mit Pflege- und Verjüngungsrückständen (insb. in höheren Lagen), die besonders anfällig auf klimatische Veränderungen sind.
    • Regional ist eine reduzierte Vitalität der Wälder zu beobachten, ausgelöst durch Krankheiten, Insektenbefall, Stickstoffeinträge und Wetterextreme.
    • Die Massnahmen zum Erhalt und zur Förderung der (Wald-)Biodiversität als Grundlage für resiliente Wälder muss an den Klimawandel angepasst werden (bspw. mittels der ökologischen Infrastruktur).
    • Ein starker Wildeinfluss erschwert oder verunmöglicht ein Baumartenwechsel.

    (3) Ausserordentliche Wetterereignisse bewältigen und Schäden beheben 

    • Die Bewältigung von neuen/vermehrten Waldschäden bindet Ressourcen.
    • Störungen und Waldschäden nehmen zu.
    • Es bestehen Lücken bei der Bewältigung von Wetterextremen.

    (4) Mit Gefahren angemessen umgehen, die vom Wald aus-gehen können 

    • Vom Wald gehen insbesondere nach Waldschäden neue/grössere Gefahren aus.
    • Der Wald wird vermehrt zur Erholung genutzt.

    (5) Möglichkeiten nutzen, die sich aus dem sich verändernden Holzangebot ergeben

    • Die Baumartenzusammensetzung und die Holzsortimente verändern sich. Diese Sortimente werden vom Markt unter Umständen nicht (genügend) nachgefragt.
    • Die Holzwirtschaft hat insgesamt geringe Verarbeitungskapazitäten und ist wenig auf eine sich ändernde Baumartenzusammensetzung eingestellt.
    • Die Holzbereitstellung und -verarbeitung könnte aufgrund zu hoher Kosten wirtschaftlich nicht rentabel sein und zusammen mit Veränderungen der Baumartenzusammensetzung zur Reduktion der Holverarbeitung und Holzverwendungen führen.

    Weitere Details zu diesen Handlungsfeldern entnehmen Sie bitte der Originalpublikation (PDF).

    Massnahmenkatalog

    Von den insgesamt 19 im Bericht erläuterten Massnahmen können 13 direkt umgesetzt werden. Sechs Massnahmen werden bezüglich rechtlicher Grundlagen und Finanzen noch geprüft. Zu jeder Massnahme legt der Bericht fest, welche Arbeiten notwendig sind und wer verantwortlich ist (Bund, Kantone, Waldeigentümer, Forschung, Bildung, etc.). Konkret werden unter anderem die folgenden Massnahmen genannt:

    • Verbesserte Grundlagen für Pflege von Schutzwäldern
      Rund die Hälfte der Wälder sind Schutzwälder. Der Bund erarbeitet mit Hilfe der Forschung Grundlagen für den Waldbau an Extremstandorten, damit diese Wälder weiterhin Siedlungen, Strassen und Bahnlinien schützen. Das hilft, die Widerstandskraft der Wälder zu stärken.
    • Handbuch Waldschäden
      Trotz vorbeugenden Massnahmen wird es insbesondere bei Wetterextremen zu Waldschäden kommen. Zusammen mit den Kantonen entwickelt der Bund das bestehende Sturmschadenhandbuch weiter zu einem Waldschadenhandbuch. Die Kantone und die Wald- und Holzwirtschaft können mit dieser Grundlage Waldschäden besser angehen (bspw. Absatzmöglichkeiten, Transport, Lagerplätze usw.).
    • Verbesserte Planungsgrundlagen für die Holzwirtschaft
      Nach Stürmen oder Insektenbefall fällt Schadholz an. Der Bund lässt dazu Szenarien- und Potenzialanalysen erstellen. Auch die längerfristigen Prognosen, wie sich das Holzangebot aus Schweizer Wäldern und die Nachfrage entwickeln könnten, werden untersucht. Die Holzwirtschaft nutzt diese Grundlagen für ihre Planung.
    • Verhaltensregeln für Waldbenutzer
      Durch extreme Wetterereignisse gibt es mehr dürre und instabile Bäume, die für Menschen bei der Arbeit und Erholung im Wald gefährlich sind. Die Waldbrandgefahr steigt. Es werden Verhaltensregeln im Bereich Freizeit und Erholung wie auch Arbeit im Wald entwickelt.
    • Mehr Holz in öffentlichen Bauten
      Auch wenn sich das Angebot an Holzarten mit dem Klimawandel verändert (z.B. mehr Buchen-, weniger Fichtenholz), soll möglichst Schweizer Holz verwendet werden. Bund und Kantone sollen, als Vorbild, bei eigenen Bauten vermehrt Holz aus nachhaltigem Anbau verwenden. Private Bauherren sollen stärker auf einheimisches Holz aufmerksam gemacht werden.

    Weitere Detail zu diesem Massnahmenkatalog entnehmen Sie bitte dem Originalbericht (PDF).

    Im Rahmen dieses Berichts wurden offene Fragen zur Anpassung des Waldes an den Klimawandel geklärt und notwendige Massnahmen festgelegt. Der Bericht legt die bestehenden rechtlichen und strategischen Grundlagen im Bereich Wald und Klima dar, zeigt Lücken auf und schlägt ergänzende Massnahmen vor, wie diese Lücken geschlossen werden sollen. Er erfüllt die Motion Engler (Hêche) 19.4177 "Eine Gesamtstrategie für die Anpassung des Waldes an den Klimawandel" und das Postulat Vara 20.3750 "Anpassung der Wälder an die Klimaerwärmung. Wie steht es um die Biodiversität?" Die Erarbeitung des Berichts erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen und mit Einbezug des Verbands der Schweizer Waldeigentümer/-innen, da insbesondere diese Akteure für die Umsetzung wichtig sind.

    Umsetzung

    Bund und Kantone tauschen sich im Rahmen der bestehenden Gefässe (Forum Wald, Forum Holz, KOK-Ausschuss, Stakeholdertreffen des BAFU usw.) über die Umsetzung der Massnahmen aus.

    Ein gemeinsames Controlling soll im Jahr 2024 erfolgen als Grundlage für die Entwicklung einer integralen Wald- und Holzstrategie, die bis 2025 erarbeitet werden soll.

    Zur Beurteilung der im vorliegenden Bericht formulierten Massnahmen und ihrer Umsetzung soll dann im Jahr 2030 eine Evaluation durchgeführt werden., wobei insbesondere die Fragen beantwortet werden sollen, wie die Wirkung der Massnahmen und wie die Vollzugseffizienz ist.