Ergebnisse der BWI3 aus Sicht der Säge- und Holzindustrie

Die Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur (BWI3) offenbaren ein zunehmendes Problem für Industrie und Gesellschaft: Steigende Altersstruktur, mehr Laubbäume sowie rückläufiger Zuwachs und Holznutzung gefährden die Multifunktionalität des Waldes. Die Sägeindustrie fordert einen stärkeren Fokus auf den Parameter "Zuwachs" sowie einen angemessenen Nadelholzanteil.

Bekanntgabe der BWI3-Ergebnisse

Am 8. Oktober wurden die Ergebnisse der BWI3 vorgestellt. Die Zahlen belegen: Dem deutschen Wald geht es gut. Baden-Württemberg übertrifft die bundesweiten Werte in vielen Punkten sogar, wie Alexander Bonde, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, in Stuttgart verkündete. Die regionale Holzindustrie sieht einige Ergebnisse jedoch kritisch: Die Grundbotschaft der BWI ist sehr erfreulich, verdeutliche diese doch, dass der Zustand des Waldes viel besser ist als zahlreiche Umweltverbände behaupten. So positiv die ökologische Entwicklung der Wälder auch ist, offenbaren die Ergebnisse aber auch ein wachsendes Problem für Industrie und Gesellschaft. Die steigende Altersstruktur, die laubholzlastige Baumartenverteilung auf Kosten des Zuwachses sowie die rückläufige Holznutzung im Staatswald deuten darauf hin, dass die Multifunktionalität des Waldes zunehmend außer Balance gerät.

Zu wenige Nadelbäume wachsen nach

Wie im gesamten Bundesgebiet geht auch in Baden-Württemberg der Waldumbau konsequent in Richtung Laubwälder. Deren Anteil stieg in den vergangenen zehn Jahren um weitere vier Prozent. Die Zahlen der BWI belegen: Wesentlich für diesen Trend ist der Rückgang der Flächenanteile bei Fichte und Kiefer. Für die Nutzenseite stellt dies ein großes Problem dar. Denn die Wertschöpfungskette Forst und Holz lebe heute zu 90 Prozent von Nadelholz. Fast zwei Drittel hiervon gehen in den Baubereich, Tendenz steigend. Eigentlich eine positive Entwicklung, da Holz Baustoffe ersetzt, die bei ihrer Produktion klimaschädliches CO2 verursachen. Allerdings gibt es bislang keine massentauglichen und zugleich wettbewerbsfähigen Alternativen aus Laubholz. Die Folgen sind daher absehbar: In jüngeren Wäldern wachsen zu wenig Nadelbäume, um den künftigen Bedarf zu decken.

Um Schutz- und Nutzungsansprüchen in Zukunft gleichermaßen gerecht zu werden, fordert die Holzindustrie deshalb stabile, naturnahe Mischwälder mit ausgewogener Baumartenvielfalt und einem ausreichenden Anteil an Nadelbäumen. Die Zahlen der BWI sind diesbezüglich noch nicht zufriedenstellend. Zwar konnte der Anteil der leistungsstarken Douglasie in Baden-Württemberg weiter gesteigert werden, liegt aber noch deutlich hinter Laubbaumarten wie Esche oder Bergahorn. Die Tanne stagniert bei sechs Prozent. Dies ist Anlass zur Sorge: Gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels muss auf eine Vielfalt im Wald gesetzt werden. Dazu gehören heimische, aber auch anpassungsfähige fremdländische Baumarten.

Wälder sind zu alt

Ein weiteres BWI-Ergebnis, das der Holzwirtschaft Sorgen bereitet, ist die Altersstruktur der Wälder. Mit 27 Prozent liegt der Anteil der Waldbäume über 100 Jahre im Südwesten über dem bundesweiten Durchschnitt. Ein bedenkliches Ergebnis. Alte Bäume sind wesentlich anfälliger für Krankheiten und den Klimawandel. Sie wachsen zudem weniger zu. Für die Industrie ist das Holz aufgrund von Rissen und Pilzbefall oftmals wertlos, Produkte können daraus nicht wettbewerbsfähig erzeugt werden. Es sollten künftig daher mehr alte Wälder frühzeitiger verjüngt werden, um die Vitalität des Waldes zu verbessern.

Zuwachs rückläufig, Nachhaltigkeit "neu" denken?

Nach Hans Carl von Carlowitz (1713) wird der Begriff "Nachhaltigkeit" bis heute sinngemäß und vereinfacht definiert mit "Man darf nur so viel nutzen wie nachwächst". In dieser Definition sind jedoch zwei maßgebliche Parameter zu finden: Nutzung und Zuwachs. Aktuell wird die Diskussion um die Waldbewirtschaftung und deren Intensität nahezu ausschließlich von der "Nutzungsseite" geführt. In Zeiten des Klimawandels soll die Nutzung des nachwachsenden, umweltfreundlichen Werkstoffs Holz sogar noch weiter reduziert werden (Flächenstilllegung, Nutzungseinschränkungen). Der Begriff "Produktivität", also der zweite Parameter, scheint hingegen mittlerweile ein "Tabu" zu sein. Nach Ansicht der Säge- und Holzindustrie werden künftig stabile und leistungsfähige Wälder benötigt. Daher sollte die Nachhaltigkeit 2015ff provokant neu "gedacht" werden, beispielsweise: "Es sollte soviel nachwachsen wie benötigt wird!?" Denn es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Zuwachs der Wälder zu fördern, ohne den Kurs der naturnahen Bewirtschaftung grundsätzlich zu verlassen: Angefangen von entsprechenden Baumartenanteilen, Nadelbäume in Zeitmischungen über Bewirtschaftungskonzepte – bis hin zur Forstpflanzenzüchtung.

Holznutzung im Staatswald zurückgegangen

In den Zahlen der BWI spiegelt sich auch die Einrichtung von Schutzgebieten und des Nationalparks wider: Der Anteil an Waldflächen in Baden-Württemberg, auf denen die Holznutzung eingeschränkt oder ganz aufgegeben wurde, stieg weiter – insbesondere im Staatswald. Damit liegt die Nutzungsintensität dort nunmehr unter derjenigen der anderen Waldeigentumsarten. Vor dem Hintergrund der ohnehin angespannten Versorgungssituation der Sägebetriebe ist das eine weitere Verschärfung: Diese Flächenstilllegungen sind häufig ökologisch nicht begründet. Hierdurch gehen wertvolle Ressourcen verloren und die regionale Wirtschaft wird geschwächt, ohne den Naturschutz und die biologische Vielfalt spürbar zu erhöhen.

Mit einem Waldanteil von 38 Prozent gehört Baden-Württemberg zu den waldreichsten Bundesländern. Das Cluster Forst und Holz ist mit rund 200.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 31 Milliarden Euro ein bedeutender volkswirtschaftlicher Faktor dieses Bundeslandes.