Wer sich einen Waldbesitzer vorstellt und damit einen Lodenmantel, einen Hund und ein Jagdgewehr verbindet, lag lange Zeit richtig. In der heutigen Zeit muss man sich ein Tablet, ein Handy und viele technische Erneuerungen dazu denken. Der wirtschaftliche Druck auf die Forstwirtschaft ist in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen. Wo es das Gelände zulässt, ist, dort wo früher bei der Holzernte die Motorsäge heulte, jetzt eine brummende Holzerntemaschine, der sogenannte Harvester, und für den Holztransport statt dem Traktor der Forwarder im Einsatz.

Ein Harvester erntet am Tag, was früher zehn Waldarbeiter geschlägert haben. "Ausschlaggebend für die enorme Weiterentwicklung in der Holzernte waren Mikroprozessoren, kleine Computer, welche die Steuerung der komplexen Maschinen übernehmen", erklärt Nikolaus Nemestóthy, Leiter des Fachbereichs Forsttechnik am Bundesforschungszentrum für Wald. So steuert der Harvesterfahrer die einzelnen Maschinenelemente mit einem kleinen Hebel. Von der Rückegasse aus fährt der Fahrer den Kran aus, auf dem das Ernte-Aggregat angebracht ist. Eine Art umgebaute Motorsäge, nur kann sie deutlich mehr. 

Das Aggregat umgreift den Stamm sehr weit unten, packt ihn mit den beiden Greifern und trennt ihn mit der Motorsäge ab. Das Aggregat entastet den umgelegten Stamm und je nach Auftrag vermisst und schneidet es diesen in sogenannte Sortimente, in der Regel in vier Meter lange Bloche. Es ist das meist gefragte Sortiment. Der Harvester notiert, während er die Bäume fällt und aufarbeitet, alles: Art der Bäume, Länge und Durchmesser sowie die Stückzahl der gesägten Stämme. "Der Harvester übernimmt beispielsweise auch die Optimierung der Sortimente. Der Fahrer muss nur mehr entscheiden, ob es passt oder nicht", beschreibt Nikolaus Nemestóthy die neuen Anforderungen an den Arbeitsplatz am Harvester.

In Verbindung mit einem GPS-System wird auch die genaue Lage der abgelegten Sortimente gespeichert. All diese Informationen zum geernteten Holz seien wichtig, zum Beispiel für die nachfolgende Maschine, den Forwarder, der das Holz einsammelt und raustransportieren soll. Die Daten werden im Bordcomputer gespeichert und für den Forwarder verfügbar gemacht. Das Stichwort ist Datenmanagement: So hat beispielsweise einer der größten Waldbesitzer in Österreich, die Österreichischen Bundesforste mit 15 Prozent der Waldfläche Österreichs, ein eigenes Logistikprogramm, das als Handy-App auch von den Holzschlägerungsunternehmen verwendet wird. So kann der Waldbesitzer die nachfolgenden Transportfirmen tagesaktuell über die Menge und den Lagerungsort des Holzes informieren. 

Selbstfahrende Erntemaschinen?

Also die Bordcomputer von Harvester und der Forwarder können bereits viel miteinander kommunizieren! Träumt die Forstwirtschaft schon von selbstfahrenden Harvestern? "Einige Waldbesitzer vermutlich schon", meint der Forsttechniker Nemestóthy. Aber im Ernst: Es gibt schon selbstfahrende Forwarder, aber ganz ohne Mensch geht es in der Praxis nicht, ein auf Sichtweite arbeitender Harvesterfahrer muss den fahrerlosen Forwarder kontrollieren. Der Forwarder erhält die GPS-Information, wo die Sortimente liegen. Er (oder besser gesagt "sie", die Maschine) fährt dort hin, legt auf und wenn er voll ist, fährt auf vorab mit Koordinaten festgelegten Stellen ab und fährt wieder in den Bestand.

Grundsätzlich sind auch fahrerlose Harvester angedacht. Damit deren Einsatz aber möglich wird, bedarf es einiger Vorarbeiten. Mit einem Laserscanner, der in der Hand durch den Waldbestand getragen wird oder der auf einem Flugzeug montiert wird, wird ein genaues Bild vom Bestand gezeichnet. Jeder Baum wird verortet und erhält eine X- und Y-Koordinate. Nur so kann klar definiert werden, welcher Baum entfernt werden soll. Die Entscheidung darüber muss aber immer noch von Menschen getroffen werden, denn jeder Baum ist anders. 

Ein selbstfahrender Harvester ohne Fahrer? Das sei auch eine Sicherheitsfrage, sagt Nemestóthy, denn man muss zunächst sicherstellen können, dass sich niemand, zum Beispiel ein Wanderer oder Pilzesucher, in den Gefahrenbereich der Maschine begibt. Das ist der Bereich um die Holzerntemaschine mit einem Radius der eineinhalb fachen Baumlänge. Die Maschine müsste das Eindringen einer Person in den Gefahrenbereich zuverlässig erkennen. Zum anderen ist es auch eine Frage der Qualität: "Wenn ein gut geschulter Harvesterfahrer im Einsatz ist, verursacht dieses Holzernteverfahren die geringsten Schäden am Wald", berichtet Nemestóthy und meint: "Bis die Maschinen diesbezüglich so gut sind wie ein Mensch, werden in Österreichs Wäldern noch viele Millionen Kubikmeter Holz nachwachsen."

Im Flugmodus

Um den Blick schärfen zu können, empfiehlt es manch mal auf Distanz zu gehen. Zum Beispiel 786 Kilometer weg von der Erde. Dort kreist der Sentinel-2-Satellit um die Erde. Sentinel-2 (englisch: Wächter) gehört zu einer Serie von zehn Erdbeobachtungssatelliten aus dem Copernicus-Programm der Europäischen Kommission, die bis 2021 um die Erde kreisen sollen, um umfassendes Material über Entwicklung und Nutzung des Planeten zu sammeln. Das Fernerkundungsteam des BFW nutzt diese Daten, beispielsweise um Waldschäden festzustellen. Sentinel-2 liefert alle fünf Tage für ganz Österreich Satellitenbilder, 20 Szenen decken Österreich ab. Von besonderem Interesse sind die Bilder in der Vegetationszeit, also von April bis Oktober. Das ergibt je nach Bewölkung jährlich zirka 20 Ansichten von Österreich. 

Der Nadelwald ist deutlich dünkler auf den Infrarotbildern zu erkennen als Laubholz. Die Baumarten Fichte und Tanne sind am Satellitenbild nicht einfach zu
unterscheiden, bei Kiefer und Lärche fällt es leichter. Aus den Daten wird ein Vegetationsindex berechnet, der einen typischen Verlauf über das Jahr vollzieht. Weichen gewisse Bereiche ab, liegt die Vermutung nahe, dass es sich hier um geschädigte Waldflächen handelt. "Die Ursache kann noch nicht automatisch festgestellt werden, aber Nichts ist unmöglich", meint Klemens Schadauer, Leiter des Instituts für Waldinventur des BFW. Es brauche Vorwissen für die Interpretation und die muss vor Ort durchgeführt werden. Auch Nutzungen von Bäumen lassen sich gut aus dem Jahresverlauf erkennen: Bricht der Vegetationsindex abrupt ab, spricht das für eine normale Holzernte. Flacht sich die Kurve langsam ab und bricht dann ein, handelt es sich um eine außertourliche Nutzung, meist ein Borkenkäferschaden. 

Datendurchlauf bei Luftbildern

Ein großes Thema für das Fernerkundungsteam ist das Datenmanagement. Die Sentinel-2-Satellitenbilder haben eine Zehn-Meter-Auflösung, einmal Österreich flächendeckend abgebildet ergibt daraus zwanzig Terrabyte an Rohdaten und abgeleitete Karten daraus. Luftbilder sind noch genauer, sie haben eine 20-Zentimenter-Auflösung, da lassen sich schon einzelne, auch kleinere Bäume erkennen. Einmal Österreich komplett abgedeckt bedeutet vierhundert Terrabyte an Rohdaten, das ergibt nach den Berechnungen für ein Oberflächenmodell fünf Billionen farbige 3D-Punkte für Österreich. Und einzelne Berechnungen dauern drei Jahre. Ja, drei Jahre. Für viele forstliche Parameter arbeitet das BFW mit einem Meter Auflösung, das reicht völlig aus.

Ein Ergebnis aus den Luftbildern ist die Waldkarte von Österreich, aus der weitere forstliche Attribute wie Baumartenmischungen, Schlagflächen und Holzvorrat abgeleitet werden können. Ganz vollautomatisch geht es nicht, sie muss noch manuell nachbearbeitet werden. "Die Grenze von Wald zu Nichtwald ist meistens nicht genau sichtbar. Bäume hängen beispielsweise über die Wiese. Da wird der Waldrand dann per Hand nachgezogen", sagt Christoph Bauerhansl, Leiter des Fernerkundungsteams am BFW. Die Luftbilder werden aus vier Kilometer Höhe geschossen. 

Auf einer Höhe von einem Kilometer werden die Aufnahmen durch den Laserscanner gemacht, der an einem Flugzeug montiert ist. Der Laserscanner sendet kurze Laserpulse aus, die vom Objekt reflektierte Strahlung wirdper Sensor registriert. Die Zeit zwischen ausgesandten und empfangenen Pulsen ist ein Maß für die Entfernung zwischen der Sende- und Empfangseinheit. Aus diesen Daten lassen sich wie auch aus Luftbildern gute Oberflächenmodelle, aber auch zusätzlich genaue Geländemodelle herstellen. Diese kommen etwa in der Naturgefahrenforschung des BFW zum Einsatz. Instabile Berghänge können sich ein bis zwei Zentimeter im Jahr bewegen. Vergleicht man die Veränderungen in den Oberflächen- und Geländemodellen miteinander, kann gut eingeschätzt werden, ob sich ein Berghang noch in Bewegung befindet oder bereits stabilisiert ist. Nicht ganz unwesentlich, wenn man etwa am Hang selbst ein Haus besitzt. Oder darunter eine Bahnstrecke vorbei führt. 

Wälder regeln der Wasserhaushalt

Im mittleren Inntal, im Geroldsbach in Götzens, war in den 1950er Jahren der Siedlungsraum durch Geschiebe aus einer großen, offenen Blaike (= Erosion von steilen Wiesenflächen) bedroht. Die Wildbach- und Lawinenverbauung renaturierte diesen Bereich aufwändig. Die Flächen wurden mit ingenieurbiologischen Verfahren (Einbringen von Laubholz-Stecklingen – Buschlagenbau) stabilisiert, der sich aus den Stecklingen entwickelnde Baumbestand laufend kontrolliert und gepflegt. In dem EU-Projekt RECONECT untersucht die Universität Innsbruck, Arbeitsbereiche Wasserbau und Umwelttechnik, gemeinsam mit dem Bundesforschungszentrum für Wald die hydrologischen Auswirkungen dieser damals gesetzten Maßnahmen. Über die Jahre konnte sich wieder ein Mischwald etablieren. 

Das Land Tirol stellt Luftbildserien dieses Gebietes mit Beginn 1947 zur Verfügung. Aktuelle Luftbilder erstellt das BFW selbst, dazu wird das Gebiet mit Drohnen beflogen, die mit Kameras ausgestattet sind. Zehn Zentimeter Auflösung kann damit erreicht werden, da die Drohne mit 20 bis 50 Meter Abstand zur Bodenoberfläche fliegen kann. Das daraus berechnete Oberflächenmodell des BFW wird mit alten Luftbildern verglichen. 

Auswirkungen der Waldpflege

Es zeigt deutlich, welche positiven Auswirkungen der Wald auf den Wasserhaushalt und die Hangstabilität hat. Er vermindert durch den Wasserrückhalt in den Baumkronen das Sickerwasser-Angebot, über aktive Verdunstung pumpt er Wasser aus dem Boden, zudem verringert er den oberflächlichen Abfluss und die Erosion. Wenn auf dieser Fläche der Wald nicht gepflegt worden wäre, dann hätte sich die dominante Fichte durchgesetzt. Als Flachwurzler ist sie windwurfgefährdet, nach Stürmen wären wieder offene Erosionsflächen entstanden und das Spiel hätte von Neuem begonnen. Ideal ist dort ein strukturierter Mischbestand mit Humusauflage, der Baumarten mit unterschiedlichen Wurzelsystemen beinhaltet, wie die Kombination Fichte, Bergahorn, Vogelbeere und Weißtanne. 

Trotz aller dieser neuen Technologien, die einen "Blick von oben" ermöglichen, braucht es den Realitätscheck vor Ort, Begehungen und Erhebungen von Wäldern durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BFW sind weiterhin notwendig. Eventuell nicht mehr im Lodenmantel, sondern in einer knallfarbenen Sportjacke und mit leichten Bergschuhen.