"Mit dem Einsatz der Funktechnik wird die Holzernte wirtschaftlicher, sicherer und bestandesschonender." Das ist die feste Überzeugung von Beat Aerni, ausgewiesener Spezialist für Funk­fernsteuerungen im Forst. Nicht von ungefähr gibt er in den Forstmaschinen­führer-Kursen von "Waldwirtschaft Schweiz (WVS)" Lektionen über Funksteuerungen. Die Vorteile der draht­losen Technik liegen für ihn ganz klar auf der Hand: "Mit der Funksteuerung kann die Arbeitsleistung praktisch verdoppelt werden, weil viele Wege zwischen Last und Traktor wegfallen. Gleichzeitig wird die Sicherheit deutlich erhöht. Der Arbei­ter kann die Last nämlich nach dem Besei­len sicher begleiten. Dabei kann er sich völlig frei bewegen und bei Bedarf auch aus sicherer Distanz steuern. Und Gefahren, wie sie durch Missverständ­nisse im Zwei-Mann-Betrieb auftreten können, werden ebenfalls vermieden." Beat Aerni verbindet mit dem Einzug der Funktechnik in den Forst­bereich gar den Beginn einer neuen Ära.

Ganz einfach gestalteten sich diese Anfänge allerdings nicht. Anfang der Achtzigerjahre waren die Funksteuerungen noch derart teuer, dass sich kaum jemand dafür interessierte. Eine einfache Windensteuerung kostete damals etwa CHF 14'000.-. Eine ähnliche Steuerung ist heute bereits für einen Bruchteil des damaligen Preises zu bekommen, und ein Funksystem auf dem neuesten Stand der Technik mit allen Optionen, also auch mit der Möglichkeit zur Steuerung proportionaler Antriebe, kostet bei einer Doppelwinde heute maxi­mal CHF 8000.–. Im Vergleich zum Preis eines Forsttraktors ist das eher wenig und die Funksteuerung damit eine Investition, die sich schnell bezahlt macht.

Anwendungsbereiche

Die Erfolgsgeschichte der Funktechnik im Forstbereich begann mit der Steue­rung von Seilwinden. Dort haben sie sich derart gut etabliert, dass heutzutage kaum mehr neue Winden (selbst Drei­punktwinden) ohne Funk auf den Markt kommen. Seit vielen Jahren bewährt haben sich Funksteuerungen auch bei Seilbahnen (Abb. 2) und kleinen Forst-Raupen­traktoren (Abb. 3).

Eher neueren Datums ist der so genannte Fahrfunk. Damit kann man das Fahrzeug steuern sowie vorwärts und rückwärts bewegen. Wie bei der Winden­steuerung muss fürs Fahren ein Knopf oder Schalter dauernd gehalten werden, beim Loslassen steht das Fahrzeug still und wird gebremst (Totmannprinzip). Selbstverständlich muss dazu das Rücke­schild per Funk gehoben und abgesenkt werden können.

Der Sinn des Fahrfunks, z. B. auf einem Rücketraktor, besteht letzt­lich darin, bestandesschonender arbeiten zu können und nicht dauernd auf den Traktor auf- und wieder absteigen zu müssen (nebenbei bemerkt passieren beim Auf-den-Traktor-steigen und beim Zurückeilen an den Arbeitsplatz recht viele Unfälle!). Aber selbstverständlich muss man das Fahrzeug gut im Blick haben um den Fahrfunk benutzen zu können (das gilt im Übrigen auch für den Windenfunk), und für grössere Fahrbewegungen ist er nicht gedacht. Fahrfunk lässt sich mit vernünftigem Aufwand nur bei Traktoren mit weitge­hend elektronischer Steuerung (inkl. Getriebe) realisieren. Bei Forsttraktoren sind die benötigten Verkabelungen oft bereits vorhanden und zu einem Stecker zusammengefasst.

Wie funktioniert die Funksteuerung?

Eine Funksteuerung besteht im Prinzip aus einem Funksender (Bedieneinheit, Abb. 4), einer Übertragungsfrequenz (= "Leiter") und einem Empfangsteil, der die Befehle an die betreffenden Stellglieder auf der Arbeitsmaschine (heute meist elektrohydraulische Ventile) weitergibt. Drückt man am Funksender eine Taste, so neh­men Sender und Empfänger zunächst Kontakt auf und tauschen eine so ge­nannten Systemadresse aus. Stimmt diese nicht überein, stammt das Signal von einem "falschen" Sender und es passiert gar nichts. Wenn die Systemadresse jedoch stimmt, wird das Signal ausgewertet und an das entsprechende Arbeitsrelais weitergege­ben. Dieses wiederum öffnet oder schliesst beispielsweise ein elektrisch betätigtes Hydraulikventil (Magnetventil). Gegenüber der Handbedienung reagieren die Maschinen nicht feststellbar verzögert.

Die Reichweite der eingesetzten Sen­der beträgt bei Standardsystemen für die Windensteuerung im Forst grundsätz­lich etwa 100–120 m und die Leistung 10–15 mW, also relativ wenig. Für den Arbeitsradius einer Winde ist dies in aller Regel völlig ausreichend. Bei Seilbahnen sind höhere Sendeleistungen von ca. 100 mW üblich (grössere Distanzen).

Sobald ein Empfänger den Kontakt zum Sender verliert (zu grosse Distanz, Hindernisse...) werden alle Funktionen auf 0 gestellt und die Funksteuerung kann erst nach einer so genannten Nullstellung (alle Bedienelemente in die 0-Position) wieder benutzt werden. Standard-Funksteuerungen verfügen heute über zwölf Befehle. Bei Doppelwinden sind dies 2 × Kupp­lung und 2 × Bremse. Hinzu kommt serienmässig 2 × die so genannten Takt- oder Stotterbremse, die lang­sames Lösen erlaubt (aber nicht zu verwechseln ist mit einer viel feiner dosierbaren Proportionalbremse). Hinzu kommt meistens die Gasverstellung, die mit zwei Befehlen (+/–) funktioniert, heute aber oft auch propor­tional gesteuert wird – letz­teres bietet sich an, wenn der Traktor eine elektronische Drehzahlregelung aufweist.

Mechanisch bediente Maschinen und Geräte lassen sich theoretisch auch per Funk steuern. Dies bedingt aber den Ein­bau zahlreicher zusätzlicher Elemente (Stellmotoren usw.) und kommt deshalb meistens zu teuer. Zudem lassen sich manche Sicherheitsvorgaben nicht erfül­len, so etwa dass beim Abstellen die Zapf­welle ausgeschaltet wird (damit sie beim Anlassen nicht gleich wieder mitdreht). Nachgerüstet wird manchmal bei älteren Funksteuerungen Start/Stop oder wenn jemand von einer Einfach- auf eine Dop­pelwinde geht.

Die Systemadresse ist eine Art Erkennungscode und wird weltweit im­mer nur einmal vergeben. Das verhindert, dass z. B. eine andere, in der Nähe und auf der gleichen Frequenz betriebene Funksteuerung Befehle auslösen kann. Bei den HBC-Steuerungen (sie sind Suva-und KWF-geprüft, wie dies eigentlich alle im Wald eingesetzten Funksteue­rungen sein sollten) sind aus sicherheitstechnischen Überlegungen zwei Kontrollsysteme hintereinander geschaltet (Auswerter A und B, so genannte Doppelprozessortechnik).

Der Notruf

Vorgeschrieben ist zudem der so genannte Notruf, der über einen speziellen Knopf ausgelöst wird. Er heisst so, weil man damit auch eine Notrufkette aktivieren könnte. In Deutschland ist dies bereits recht üblich geworden; nach Betätigung werden automatisch mehrere Telefonnummern angewählt und ein Notruf abgesetzt, auch zusam­men mit den Koordinaten (GPS-Daten). "Mit solchen Geräten ist in Deutschland Einmannarbeit erlaubt, bei uns hingegen nicht, weil unser coupiertes Gelände dafür zu viele Funklöcher auf­weist", erklärt Beat Aerni. Bei uns wird deshalb meistens lediglich eine Sirene aktiviert. Aus Sicherheitsgründen schal­ten Suva-konforme Notrufe nicht nur die Arbeitsrelais (oder -schaltungen) aus, sondern auch noch zusätzliche, separate Sicherheitsrelais, die zwischen Auswertern und Arbeitsrelais sitzen. Dadurch wird die Befehlskette auch dann unterbrochen, wenn ein Arbeits­relais festsitzen sollte.

Unter Umständen stoppt aber selbst diese doppelte Sicherheit eine (Fehl-) Funk­tion nicht, z. B. wenn ein Magnetventil klemmt. Aus diesem Grund stellt der Not­ruf heute oft auch gleich noch den Motor ab. Umso wichtiger ist es aber, bei einer Fehlfunktion der Maschine nicht etwa den Akku herauszunehmen – das nützt rein gar nichts! Besser den Notruf benützen. Bei modernen Anlagen lässt er sich sogar vom Sender aus wieder zurückstellen. Der Notruf kann automatisch auch dann ausgelöst werden, wenn über eine bestimmte Zeit kein Befehl eingegeben wurde (Totmannprinzip).

Sicherheit erhalten

"Die heutigen Funksteuerungen sind sehr sicher, und wenn Störungen auftre­ten liegt der Fehler in den meisten Fällen anderswo", ist Beat Aerni überzeugt. "Wenn man von plötzlich und ungewollt anlaufenden Winden oder aufheulenden Motoren hört, so ist dies nur bei Funk­steuerungen möglich, die den aktuellen Sicherheitsstandards nicht genügen."

Dennoch sind auch ihm Umstände bekannt, unter welchen Funksteuerungen versagen können. "In der Nähe von Stel­len mit regem Funkverkehr beispielsweise. Wir hatten diesen Fall mal in der Nähe einer Helikopterbasis." Für bedenklich hält er ausserdem die immer weitere, unkontrollierte Verbreitung privater Fern­steuerungen (z. B. für Modellflugzeuge). "Eigentlich wären in der Schweiz gewisse Frequenzen im 70-cm-Band für industri­elle Funksteuerungen reserviert, aber in der Realität tummeln sich da immer mehr Privatleute. Das kann Störungen verursachen."

Das Handy hingegen stört die Funk­steuerung direkt nicht (andere Fre­quenzen); allerdings sind Fälle bekannt geworden, wo das Handy andere elektro­nische Fahrzeugkomponenten beein­flusste, was natürlich genauso zu Fehl­funktionen führen kann.

Eine neue Technik, die von HBC-radio­matic für den Baubereich entwickelt wurde, wird möglicherweise in abseh­barer Zeit auch im Forst Einzug halten: So genannte intelligente Funksteuerungen suchen selber permanent, während der Arbeit und ohne dass man etwas merkt, nach freien Funkkanälen. Im Bedarfsfall wird in Sekundenbruchteilen auf einen freien Kanal gewechselt.