Die technischen Möglichkeiten in der Holzernte haben sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt. Eine Vielzahl an Verfahren steht zur Verfügung, interessante Erfindungen lassen aufhorchen. Manches setzt sich durch, gelegentlich folgt (zu) späte Skepsis auf frühe Begeisterung, manchmal werden vorschnell gute Neuansätze ad acta gelegt. Der wirtschaftliche Einsatz hochmechanisierter Technik im Wald ist gründlich zu planen.

Wald ist nicht gleich Wald. Den Wald kennzeichnet ganz besonders eine starke Variation der örtlichen Bedingungen. Einmal getroffene Entscheidungen wirken sich sehr langfristig aus. Das heutige Geschehen in der Holzernte gestaltet den Wald der Zukunft maßgeblich. Deshalb ist es eine anspruchsvolle Aufgabe, Forsttechnik am richtigen Platz effizient und schonend einzusetzen.

Mit dieser Zielrichtung organisierte der Lehrstuhl für Forstliche Arbeitswissenschaft zu Beginn des Forschungsvorhabens "Optimierung der Holzernte in Verjüngungsbeständen" einen Workshop (Bericht dazu auf Anfrage beim Autor).

Einsetzbarkeiten von Verfahren und Maschinen herausarbeiten

Man kann ein Holzernteverfahren systematisch unter die Lupe nehmen. Dessen Einsatzmöglichkeiten beziehen sich auf bestimmte Holzerntesituationen, die anhand der Art der Hiebsmaßnahme, des Brusthöhendurchmessers, des Gassenabstandes, der Hangneigung etc. beschrieben werden (Abb. 2). Die Einsetzbarkeit gibt an, in wie viel Prozent der Fälle oder mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Verfahren in einer bestimmten Situation anwendbar und praktikabel ist. Mit der Einsetzbarkeit verhält es sich ähnlich wie mit der ökologischen Nische eines Lebewesens. Ist die Einsetzbarkeit in einem Bereich einer Einflussgröße am höchsten, so wird von einem Optimalbereich gesprochen. Das heißt jedoch nicht, dass dort die Einsetzbarkeit 100 Prozent erreichen muss. Im Beispiel der Abbildung 2 wird der Einsatz eines Verfahrens in Abhängigkeit der Hangneigung bei Bergauf- und Bergab-Bringung geprüft. Sind mehrere Flächen außerhalb des Optimumbereiches, sollten Verfahrensalternativen geprüft werden.

Nicht selten existieren Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Größen (Abb. 3). Man denke an den Einfluss des Brusthöhendurchmessers und des Abstandes zur Rückegasse auf die Wahrscheinlichkeit, dass ein Baum zugefällt werden muss (vgl. Beitrag "Motormanuelles Zufällen im starken Nadelholz sehr effizient"). Der Leser möge versuchen, für sich den optimalen Einsatzbereich des reinen Harvesterverfahrens in die dortigen Abbildungen einzutragen. Er wird davon abhängen, welcher Anteil an Stämmen, die ohne Zufällung nicht zu ernten sind, toleriert wird. Muss nennenswert zugefällt werden, so ist die Einsatzgrenze des reinen Harvesterverfahrens erreicht.

Abbildung 4 ist das Ergebnis einer Einschätzung von Experten zu den technischen Möglichkeiten der Bringung mit dem Forwarder. Im Vergleich zum allgemeinen Beispiel der Abbildung 3 ist der Optimalbereich sehr eng. Das zeigt klar, wie empfindlich Forwarder auf den Bodenzustand reagieren.

Mit sieben Punkten zur richtigen Entscheidung

Lässt sich eine Maßnahme rein technisch verwirklichen, so ist sie vielleicht wegen der Bestandesschäden aus waldbaulicher Sicht abzulehnen. Man kann deshalb zunächst versuchen, die Einsetzbarkeit vor Ort nach Beurteilungsdimensionen getrennt abzuschätzen. Eine Hilfe ist die Verwendung einer Tabelle, in der kritische Parameter aus der Sicht von Technik, Ökologie, Ökonomie usw. beurteilt werden (Abb. 5). Wenigstens sieben Punkte sollten dabei berücksichtigt werden:

1. Technische Machbarkeit

2. Arbeitssicherheit und Ergonomie

3. Einsatzplanung und Organisation

4. Waldbau

5. Naturschutz und Ökologie, Boden

6. Holzverwertung

7. Wirtschaftlichkeit

Hiebsmaßnahmen werden jeweils abgelehnt oder akzeptiert, Noten oder Punkte vergeben. Es kann sinnvoll sein, mit Prozentwerten Restrisiken zu schätzen, aus der eigenen Erfahrung heraus die Wahrscheinlichkeit einzugrenzen. Schließlich sollten die Risiken verbal beschrieben werden – ohnehin der erste Schritt, um zu einer Entscheidung zu finden. Aus den unterschiedlichen Methoden wähle man die jeweils passendste.

Definition der Beurteilungsdimensionen

Die Beurteilung bezieht sich auf spezifische Holzernteverfahren unter den Einsatzbedingungen des jeweiligen Hiebes. Es geht nicht um den theoretischen Idealfall, sondern um die in der Praxis herrschenden Möglichkeiten und Restriktionen einschließlich rechtlicher Bestimmungen.

Die technische Machbarkeit beschreibt, wie wahrscheinlich sich eine konkrete Maßnahme unter rein technischen Gesichtspunkten, einschließlich Holzabfuhr, insgesamt realisieren lässt. Beispiel: Wenn bei 40 m Gassenabstand mit derzeitigen Harvestern, die nur auf Rückegassen fahren dürfen, ein selektiver Hieb nicht hinreichend wie geplant erledigt werden kann, so liegt die Einsetzbarkeit des Verfahrens Harvester-Forwarder bei 0 Prozent.

In einem Hang mit 50 Prozent Neigung wird man den Harvester zusammen mit konventioneller Forwarderbringung nur in sehr günstigen Ausnahmefällen einsetzen können. Dies hängt sehr stark von der Geologie und der Bodenfeuchte bzw. Schneebedeckung ab. Schon die rein technische Einsetzbarkeit ist sehr niedrig, das Risiko äußerst hoch.

Die organisatorische Machbarkeit berücksichtigt, ob genügend Maschinen und geeignete Arbeitskräfte zur Verfügung stehen sowie die Chance besteht, die Vorbereitungsarbeiten in gegebener Zeit zu erledigen und den Informationsaustausch zu sichern. Zudem muss das Holz zügig abgefahren werden.

Im Hinblick auf die Arbeitssicherheit wird eingeschätzt, ob die geplante Maßnahme nach menschlichem Ermessen arbeitstechnisch ausreichend sicher ablaufen kann (UVV). Volle Einsetzbarkeit bedeutet, dass in jedem Fall sichere Arbeitsbedingungen erwartet werden. Das Restrisiko wird im Rahmen der akzeptierten fachlichen Praxis für vertretbar gehalten. Ein Holzernteeinsatz ist abzulehnen, wenn er sich in keinem Fall unter hinreichend sicheren Arbeitsbedingungen durchführen lässt.

In die waldbauliche Beurteilung fließen ein: die Art und der Umfang des kompletten Eingriffs, die Auswirkungen auf die weitere Bestandsentwicklung, die Feinerschließung und das Risiko nicht hinzunehmender Beschädigungen am verbleibenden Bestand und an der Verjüngung.

Eine Maßnahme ist unter dem Aspekt des Naturschutzes zu akzeptieren, wenn die Belange des Biotop- und Artenschutzes hinreichend berücksichtigt werden.

Für den Bodenschutz relevant ist das Risiko nicht tragbarer Bodenverdichtungen, Bodenerosion, Beeinträchtigungen des Wasserhaushaltes sowie Humus- und Nährstoffverluste.

Die Holzverwertung berücksichtigt Risiken der Holzentwertung, z.B. auf Grund von Bläue oder Versticken, die Holzausbeute, die mögliche Qualität der Holzsortierung, Erwartungen der Holzkunden, die Vertragsgestaltung und die Abwicklung des Holzverkaufs.

Für die Wirtschaftlichkeit maßgeblich sind meist die Kosten, Erlöse, die Holzausbeute sowie Verluste bei schlechten Sortierungsmöglichkeiten.

Sind Verfahrensalternativen sonst gleichauf bewertet, so gewinnt das kostengünstigste Verfahren. Wenn nicht, kann eine Gewichtung oder eine Nutzwertanalyse versucht werden; hier gibt es etliche theoretische Ansätze. Die Begründung für die Entscheidung verbal zu formulieren führt von selbst dazu, die einzelnen Aspekte abzuwägen. Völlig vermeiden lassen sich Fehlschläge nicht. Aber man kann für sich den Abwägungsvorgang dokumentieren.

Maßstab muss sein, die Risiken gering zu halten.