Die Menschen werden immer älter und immer mehr von uns leben in Städten. Gleichzeitig nehmen Herz- und Kreislauferkrankungen – oft eingeleitet durch Bewegungsmangel oder ungesunde Ernährung – sowie Stressbelastungen und psychische Erkrankungen zu. Hier kommt, sowohl präventiv als auch therapeutisch, der Wald ins Spiel: Der gesundheitsfördernde Waldaufenthalt wird immer bedeutender.

Doktor Wald – Prophylaxe und Therapie zugleich

Zahlreiche Studien belegen: Erholung im Wald wirkt sich ganz konkret positiv auf Physis und Psyche des Menschen. Verglichen zum Aufenthalt in städtischer Umgebung können durch einen Waldaufenthalt

  • Blutdruck und Herzfrequenz sinken,
  • Adrenalinausschüttungen abnehmen (geringerer Stressfaktor),
  • die Aktivität der parasympathischen Nerven (Hinweis auf Entspannung) steigen, die der sympathischen Nerven (Hinweis auf Stress) hingegen sinken,
  • sich mehr Anti-Aging-Proteine und mehr Krebskillerzellen bilden,
  • sich Stimmung und Gefühlszustand der Testpersonen verbessern.

Auch in Deutschland gibt es mittlerweile einige Ansätze, die gesundheitsfördernden Wirkung des Waldes für die Gesundheit zu nutzen:

  • Heil- und Kurkliniken sowie Therapieeinrichtungen für psychisch oder psychosomatisch erkrankte Menschen liegen meist in unmittelbarer Nähe zum Wald; teilweise werden Therapieangebote im Wald durchgeführt
  • Heil- und Kurwald Usedom (verankert im Landeswaldprogramm)
  • erste Gesundheitswälder im Kommunalwald (z. B. "Wald der Seele" im Stadtwald Bad Kissingen)
  • unterschiedliche "Waldbaden"-Aktivitäten und -Angebote
  • Fitnesseinrichtungen im Wald
  • Ausbildung zum Waldtherapeuten (z. B. am Lehrstuhl für Public Health der LMU, München)
  • Fitness- und Gesundheitspfade

Doktor Wald – Chance zum Dialog mit der Gesellschaft

Waldbesitzer und Forstleute spüren vor allem in stadtnahen Regionen, dass die Bevölkerung ihre Wälder intensiver für Freizeit und Erholung nutzt. Dies stellt die Beteiligten vor Herausforderungen, kann aber auch als Chance genutzt werden. Um Kon­flikten vorzubeugen, ist es sehr wichtig, die Erholungssuchenden, deren Wahrnehmungen und Wünsche zu kennen. Lenkungsmaßnahmen und eine "erholungsfreundliche" Waldbewirtschaftung an Besucherschwerpunkten fördern den Dialog, die Akzeptanz und beugen Konflikten vor.

Das Thema "Doktor Wald" kann besonders dazu beitragen, durch einen offenen und authentischen Dialog bestehenden Missverständnissen, Kritiken und Ängsten entgegenzuwirken. Vertreter der Forstwirtschaft können über spannende, gesellschaftsrelevante und aktuelle Themen berichten – sie können "gute Geschichten" erzählen und haben damit auch sehr gute Voraussetzungen, Missverständnissen zur Waldbewirtschaftung zu begegnen. Im Dialog mit der Gesellschaft ist dabei der persönliche Kontakt mit dem Förster oder Waldbesitzer – wie sie vor allem die Waldpädagogik ermöglicht – besonders wirksam.

Doktor Wald – Umsetzung in der waldpädagogischen Praxis

Mit vielen waldpädagogischen Aktivitäten lassen sich gute Bezüge zum Thema Gesundheit herstellen. Dabei eignen sich besonders Aktivitäten, die auf die Aspekte Bewegung, Meditation, Sinneserfahrungen, kreatives Gestalten, Wirkung der Waldfunktionen oder Wald als Apotheke abheben.

Gesundheit durch Bewegung
Der Faktor Bewegung hat eine erhebliche Bedeutung für die Gesunderhaltung des Menschen. Viele Erkrankungen haben ihre Ursache im Bewegungsmangel. Waldpädagogische Angebote, die Teilnehmer zum Laufen, Gehen oder Balancieren auf spielerische Weise anregen, können die positive Wirkung auf die Gesundheit fördern.

Gesundheit durch die Funktionen des Waldes
Die Waldfunktionen haben einen direkten Zusammenhang mit der Gesundheit und Ernährung des Menschen: Der Wald hält sauberes Trinkwasser für uns bereit, die Waldvegetation filtert besonders effektiv Emissionen aus der Luft und reduziert Verkehrs- und Industrielärm. Diese Eigenschaften schätzen viele Waldbesucher, die nach Ruhe und Erholung suchen.

Sinneserfahrungen
Mithilfe waldpädagogischer Aktivitäten kann man den Wald mit allen Sinnen – Hören, Fühlen, Tasten und Schmecken – erleben. Das Erleben geschieht oft durch den Wechsel der Perspektive. Durch die Konzentration auf die eigenen Sinne kann Stress abgebaut werden und der Alltag rückt in die Ferne.

Meditatives Erleben
Ein Aspekt der Gesundheit aus dem Wald ist die Stille. Durch meditative Elemente können die Teilnehmer in einer Waldführung zur Ruhe kommen und sich dadurch wohler fühlen. Waldpädagogen können dafür auf eine große Palette bestehender Methoden und Bestpractice-Angebote zugreifen.

Gestalterisches Tun
Körper, Seele und Geist sind eine Einheit. Kreative Betätigung, zum Beispiel Basteln mit Naturmaterialien, kann entscheidend zum Wohlbefinden beitragen. Allein schon das Arbeiten im Team macht Freude und kann sich so positiv auf die Gesundheit auswirken.

Der Wald als Apotheke
Der Wald ist schon seit dem frühen Mittelalter eine reiche Quelle für Heil- und Gewürzpflanzen, gesunde Nahrungsmittel, Salben, Kräutersalze, Räucherwerk, Tees und manches mehr. Auch hierzu gibt es attraktive Aktivitäten; Teilnehmer können ihren eigenen Waldkräutertee aufgießen, das selbstgemachte Kräutersalz zur Brotzeit probieren oder eine selbstgemachte Waldsalbe mit nach Hause nehmen. Waldpädagogen sollten hierbei jedoch – auch wenn man selbst auf Kräutersammel-Tour geht – gesichertes Pflanzenmaterial (z. B. aus dem Tee- oder Kräuterladen) verwenden oder bei solchen Aktivitäten einen versierten Experten einbeziehen.

Doktor Wald – Kooperationsmöglichkeiten

Die Deutschen Waldtage 2018 wurden unter das Motto "Wald bewegt" gestellt. Dabei soll Bewegung einerseits wortwörtlich gemeint sein und zu körperlicher oder sportlicher Betätigung anregen. Andererseits ist darunter auch die kognitive und emotionale Bewegung der Menschen rund um den Wald zu verstehen.

Das Thema "Doktor Wald" bietet viele Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Akteuren der Umweltbildung (zum Beispiel aus dem Bereich der Kräuterpädagogik) und des Tourismusbereiches oder mit Partnern aus den Bereichen der Medizin, Therapie und Heilpraxis.