Bilder von kahl gefressenen Waldflächen im Harz, Waldbränden in Brandenburg oder massiven Erdrutschen in der Eifel erschüttern viele Menschen. Der Wald ist in einem schlechten Zustand. In vielen Regionen leidet der Wald sichtbar am Klimawandel. Gleichzeitig haben Politik und Gesellschaft den Wald als Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel erkannt. Wald ist die bedeutsamste vom Menschen direkt beeinflussbare natürliche CO2-Senke. Die Waldbewirtschaftung und die Verwendung des im Wald gewonnenen Rohstoffes Holz kann zum Klimaschutz beitragen. Wie steht die Bevölkerung zum Wald und seinen Leistungen, wie sieht sie seine Rolle im Klimawandel? Ist der Wald Opfer, Verbündeter oder gar beides im Klimwandel?

Im Projekt "Soziokulturelles Waldmonitoring Bayern – WaMos Bayern" wurde im Jahr 2020 in Anlehnung an die Untersuchungen aus der Schweiz und Baden-Württemberg eine repräsentative Bevölkerungsumfrage zum Thema Wald erstellt und ausgewertet. Die Studie wirft einen aktuellen Blick auf das gesellschaftliche Stimmungsbild zu wichtigen forstpolitischen Fragen. Im zweiten Beitrag unserer Artikelserie "Die Bayern und ihr Wald" werden Einstellungen und Einschätzungen in der Bevölkerung zu den Themengebieten Waldgesundheit und Anfälligkeit des Waldes für den Klimawandel, Leistungen des Waldes sowie Waldbewirtschaftung und deren Bedeutung für den Klimaschutz aufgezeigt.

Waldgesundheit und Klimawandel

Die Gesundheit des Waldes ist für viele Menschen ein Grund zur Sorge. Drei Viertel der 3.504 Befragten (73 %) haben den Eindruck, dass sich die Gesundheit des Waldes in den letzten 20 Jahren deutlich verschlechtert hat. Für 17 % der Befragten haben sich keine Veränderungen in der Waldgesundheit ergeben; ein kleiner Teil war der Meinung, dass sich eine Verbesserung eingestellt hat (8 %) (Abbildung 2). Danach gefragt, wie sie die Gesundheit des Waldes heute einschätzen, gaben 39 % der Befragten an, dass der Zustand des Waldes schlecht sei, 44 % äußerten Bedenken. Demgegenüber schätzten 16 % der Befragten die Gesundheit des Waldes als (sehr) gut ein. Zwischen Einschätzung der Waldgesundheit und Häufigkeit der Waldbesuche gibt es keinen Zusammenhang. Ob wöchentlich oder seltener als einmal im Monat im Wald: Die Befragten schätzen die Waldgesundheit ähnlich (schlecht) ein. Insgesamt fühlen sich die Befragten eher zu wenig über den Waldzustand informiert. 53,3 % gaben an, dass sie zur Waldgesundheit in Bayern nicht gut informiert seien. Wenn es um die Waldgesundheit weltweit geht, liegt dieser Wert mit 64,1 % bei fast zwei Drittel der Befragten.

Steigende Durchschnittstemperaturen und Wetterextreme setzen Waldökosystemen zu. Wir haben danach gefragt, wie der Zusammenhang von Waldgesundheit und Klimawandel gesehen wird. Interessanterweise fallen 38 % der Befragten in dem von ihnen regelmäßig besuchten Wald keine Veränderungen auf, weitere 25 % sind sich in diesem Punkt jedoch nicht sicher. Nur gut ein Drittel der Befragten (38 %) gab an, dass ihnen Veränderungen durch den Klimawandel auffallen. Dabei wurden an erster Stelle kranke, absterbende und trockene Wälder genannt. Kalamitäten wie Borkenkäferbefall und Sturmschäden fallen weniger auf. Sie sind zwar häufig sehr flächenwirksam, werden aber nicht immer auf den Klimawandel zurückgeführt. Nur 22,4 % gaben an, dass ihnen Kalamitäten infolge des Klimawandels auffallen. Dass die Artenvielfalt (Biodiversität) unter dem Klimawandel leidet, ist für die allermeisten nicht sichtbar (94,7 %).

Der Klimawandel ist menschengemacht. 86,3 % der Befragten sind vom anthropogenen Klimawandel überzeugt. Zwei Drittel (65,2 %) der Befragten vertreten die Auffassung, dass wirtschaftliche Interessen und übermäßige Holznutzung den Wald anfälliger gegenüber dem Klimawandel machen, weitere 23,1 % stimmen dieser Sichtweise zum Teil zu. Eine auf Gewinnmaximierung setzende Forstwirtschaft ist aus Sicht der Bevölkerung ein wesentlicher Grund für die Anfälligkeit von Wäldern gegenüber dem Klimawandel. Gleichzeitig vertreten drei Viertel der Befragten (73,2 %) die Auffassung, dass sich Bäume nicht ausreichend an das Tempo des Klimawandels anpassen können, weitere 17,3 % stimmen dieser Aussage zum Teil zu (Abbildung 3).

 

Obwohl die Mehrheit der Befragten angab, sich nicht gut über die Waldgesundheit in Bayern informiert zu fühlen, sagten fast 70 % der Befragten (68,6 %), dass sie sich gut zum Thema Wald und Klimawandel informiert fühlen. Waldgesundheit und Klimawandel werden offensichtlich nicht immer im direkten Zusammenhang gesehen. Menschen, die auch im Winter wöchentlich im Wald sind, nehmen eher Veränderungen durch den Klimawandel wahr als jene, die seltener als einmal im Monat im Wald sind. Ebenso spielt das Alter eine Rolle. Menschen ab 50 sehen eher, dass der Wald anfällig für den Klimawandel ist, als jüngere Menschen unter 30. Demgegenüber zeigen sich bei Frauen und Männern sowie Befragten aus ländlichen und städtischen Gebieten kaum Unterschiede, wenn es um die Anfälligkeit des Waldes für den Klimawandel geht.

Leistungen des Waldes und Klimaschutz

Der Wald erbringt vielfältige Leistungen. In der bayerischen Bevölkerung gibt es hierfür ein großes Bewusstsein. Der Wald ist wichtig für Sauerstoff (97,8 %) und sauberes Trinkwasser (94,5 %), ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen (97 %), bindet CO2 und mindert damit den Klimawandel (93,4 %). Im Sommer sorgt der Wald für ausgeglichene Temperaturen (90,7 %). Der Wald ist außerdem Landschaft (87,8 %) und ein Stück Heimat (87,2 %); für drei Viertel der Befragten ist er Ort für Erholung und Sport (76,8 %). Immerhin drei Viertel der Befragten (74,1 %) halten auch die Rolle des Waldes als Lieferant des nachwachsenden Rohstoffes Holz für wichtig.

Wald und Holzprodukte in Bayern entziehen der Atmosphäre jährlich 3,5 Mio.Tonnen CO2. In Bäumen, Boden, Totholz und Streu­auflage nimmt der Wald Kohlenstoff auf. Hinzu kommen Substitutionseffekte. Geschätzt wird, dass die materielle und energetische Verwendung von Holz jährlich fast 14 Mio. t CO2 vermeidet.

Aus Sicht der Bevölkerung sind Anstrengungen nötig, um den Wald als Kohlenstoffsenke zu erhalten. Fast 90 % der Befragten gab jeweils an, dass ihnen die Bewirtschaftung der Wälder für die CO2-Speicherung (89 %) und den Erhalt der Schutz- und Erholungsfunktion (86,6 %) wichtig ist. Gleichzeitig befürworten über 70 % der Befragten Maßnahmen zur Klimaanpassung von Wäldern (71,7 %). Nur sehr wenigen ist der Wald im Klimawandel egal (4,7 %).

Wälder wurden und werden zunehmend naturnah bewirtschaftet, um ihre vielfältigen Leistungen zu erhalten. Die Rasanz der Klimakrise macht aber auch deutlich, dass Wälder in manchen Regionen Schwierigkeiten haben werden, Kohlenstoff zu binden. Die Klimakrise im Wald heizt die Diskussion an, wie mit dem Wald umgegangen werden sollte: Ist es sinnvoll, den begonnenen Waldumbau zu klimastabileren Mischwäldern zu beschleunigen oder sollte der Wald sich selbst überlassen werden? Die vorliegenden Ergebnisse liefern ein Stimmungsbild aus Sicht der bayerischen Bevölkerung.

Maßnahmen, die am meisten Zustimmung finden, sind die Neupflanzung von Bäumen (75,9 %), das Fällen von erkrankten Bäumen (78,8 %) und die Absperrung von Wegen aufgrund von trockenheitsbedingten Waldschäden (67 %). Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gegen Schädlinge im Wald wird nur von jedem fünften der Befragten befürwortet (19,8 %). In der bayerischen Bevölkerung gibt es demnach eine große Zustimmung zu aktiven Maßnahmen für Klimaanpassung im Wald (Abbildung 4).

Die große Mehrheit der Befragten unterstützt die Finanzierung von Maßnahmen zur Anpassung sowie zum Schutz und Erhalt des Waldes aus öffentlichen Mitteln. 70 % der Befragten sind der Meinung, dass "viel" öffentliches Geld für die Anpassung des Waldes an den Klimawandel (69,9 %) und zur Aufforstung und Bewirtschaftung des Waldes aufgewendet werden sollte, um die CO2-Speicherkapazität zu maximieren (70,9 %). Ebenso sprechen sich drei Viertel der Befragten (73,3 %) dafür aus, öffentliche Mittel für die Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen im Wald als Beitrag zum Erhalt von Gemeinwohlleistungen einzusetzen. 61,5 % der Befragten sind der Meinung, dass für die Bewirtschaftung von Wald zum Schutz vor Naturgefahren viel Geld aufgewendet werden sollte. Dagegen stößt eine maßnahmenunabhängige finanzielle Unterstützung des Waldbesitzes auf deutlich weniger Zustimmung (28 %).

Neben öffentlichen Mitteln sollten aus Sicht der Bevölkerung auch die Verursacher von CO2 in die Verantwortung genommen werden. Vier von fünf Befragten gaben an (79,8 %), dass die Verursacher von CO2 in Industrie und Verkehr an den daraus entstehenden Kosten für die Waldbewirtschaftung beteiligt werden sollten. Neben Verkehrs- und Infrastruktur, Siedlungsbau und Umwelt­verschmutzung gehört der Klimawandel für 40 % der Befragten zu den größten Gefährdungen für die im Wald lebenden Tiere und Pflanzen. Jedoch haben nur 22,3 % der Befragten im vorausgegangenen Jahr Geld für Klima- und Umweltschutz gespendet.

Waldbesitzende in Bayern werden beim klimagerechten Umbau ihrer Wälder vom Freistaat finanziell unterstützt. In bayerischen Wäldern sollen mehr Baumarten wachsen, neue Bäume in älteren Beständen nachkommen, abgestorbene Bäume zum Teil im Wald verbleiben. Privatwaldbesitzende und Kommunen bekommen Zuwendungen für Waldumbau und Waldpflege (einschließlich Naturverjüngung), Aufforstung, Bekämpfung von Schadinsekten sowie für sonstige Maßnahmen wie etwa Seilbahnbringung im Bergwald und Kalkung. 2020 wurden hierfür fast 62 Mio. € ausgezahlt, davon ging der Großteil an Privatwaldbesitzende. Abbildung 5 gibt einen Überblick über die Verteilung der Mittel und die Anzahl der geförderten Maßnahmen.

Fazit

Wie steht die Bevölkerung zum Wald und seinen Leistungen, wie sieht sie seine Rolle im Klimawandel? In den Ergebnissen des soziokulturellen Waldmonitorings bei der bayerischen Bevölkerung zeigt sich die Sorge um den Waldzustand und ein großes Bewusstsein über die vielfältigen Leistungen des Waldes, die es zu unterstützen gilt. Der Wald ist Opfer des Klimawandels, aber auch ein Verbündeter im Kampf gegen ihn. Er soll aktiv bewirtschaftet werden, um CO2 zu speichern und andere Leistungen zu erfüllen. Demgegenüber geht ein Fünftel der Befragten davon aus, dass der Wald die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel selbst bewältigen kann. Welche Folgen sich hieraus für die Bereitstellung des nachwachsenden Rohstoffes Holz und die Aufrechterhaltung der positiven Treibhausgas-Bilanz des Forst- und Holzsektors ergeben, sollte in der Öffentlichkeit und gegenüber politischen Entscheidungsträgern verstärkt vermittelt werden. Auch jüngere Menschen sollten gezielt angesprochen werden. Die aktive Waldbewirtschaftung und deren Förderung aus öffentlichen Mitteln trifft auf breite Zustimmung, aber es gibt auch Skepsis. Der Dialog ist notwendig, um mit guten Argumenten zu überzeugen, wie die Kohlenstoffbindung im Wald durch Zuwachs maximiert und der Waldspeicher erhalten werden kann.