Grosse Kulleraugen, rosa Füsschen, ein buschiger Schwanz – dem Charme der Haselmaus kann man sich nur schwer entziehen. Tatsächlich zu Gesicht bekommen wir sie jedoch kaum. Denn die Haselmaus, die kleinste einheimische Schläferart, ist eine nur daumengrosse, scheue Nachtschwärmerin. Kurz nach Sonnenuntergang verlässt sie ihr Tagesversteck in Gebüschen und Bäumen und klettert auf der Suche nach Nahrung flink durchs Geäst. Wenn morgens die ersten Spaziergänger auftauchen, liegt sie bereits wieder zusammengerollt im nächsten Tagesversteck, den Schwanz wie einen Schal um den Körper gewickelt.

Lebensraum der Haselmaus in der Schweiz sind Hecken, Laub- und Mischwälder, in höheren Lagen auch Lärchen- Arven-Wälder. Entscheidend ist eine artenreiche Strauchschicht, wo die Haselmaus von Frühling bis Herbst Nahrung wie Knospen, Blätter, Blüten und Früchte findet (siehe Steckbrief). Mit dem Nahrungsangebot allein ist es aber nicht getan: Die Sträucher im Wald, am Waldrand und in den Hecken müssen so dicht vernetzt sein, dass sich die Haselmaus ohne Bodenkontakt fortbewegen kann. Denn auf die Erde setzt sie ihre Füsse nur ungern, aus Furcht vor Füchsen und Mardern.

Die Haselmaus gehört zur Familie der Schläfer. Drei weitere Schläferarten sind in der Schweiz heimisch: Siebenschläfer, Gartenschläfer und Baumschläfer. Alle vier Arten fühlen sich wohl in Bäumen und Büschen, sind nachtaktiv und halten einen bis zu sieben Monate dauernden Winterschlaf.

Wo steckt die Haselmaus?

Nachweise der Haselmaus in der Schweiz stammen vorwiegend aus dem Mittelland, dem Jura und aus den meisten tiefer gelegenen Alpentälern. Doch sind dies nur Einzelnachweise. Das Verbreitungsbild ist entsprechend lückenhaft. Die Kenntnis der Verbreitung einer Art ist jedoch essenziell für deren Schutz und Förderung. Ist die Haselmaus vielleicht verbreiteter, als wir glauben? Oder aber seltener geworden? Aus gewissen Gebieten gar verschwunden, wie dies etwa in Dänemark und England der Fall ist?

Haselmäuse kommen in sehr geringen Dichten von ein bis vier Tieren pro Hektare vor. In Waldflächen unter 20 Hektaren sucht man sie gar vergeblich – ausser die Fläche sei mit weiteren geeigneten Gebieten eng vernetzt. Bereits Lücken von wenigen Metern in Hecken stellen für die Haselmaus ein schier unüberwindbares Hindernis dar. Auch sonst macht die Haselmaus keine weiten Sprünge: Jungtiere bleiben meist im Umkreis von 80 Metern zu ihrem Geburtsort, extreme Langstrecken- Haselmäuse findet man bis zu 200 Meter entfernt. Wenn auch wenig reiselustig, so ist die Haselmaus zumindest schwindelfrei. Lange glaubte man, dass sie ihre Nester nur bis zwei Meter über Boden baut. Heute ist bekannt: Sie quartiert sich auch in Astgabeln luftige 30 Meter über dem Boden ein.

Fleissige Baumeisterin

Oft nutzt die Haselmaus während der Tagesruhe verschiedene Nester. Sie baut diese im Freien wie auch in Baumhöhlen oder leeren Nistkästen. Als Baumaterial dienen Grashalme, frisches Laub, gelegentlich Rindenmaterial. Dies alles wird kunstvoll zu einer festen Kugel von der Grösse einer Grapefruit verwoben.

Besondere Sorgfalt verwendet die Haselmaus für das Nest zur Jungenaufzucht. In diesem Modell aus zwei Schichten wachsen die anfangs nackten Haselmäuse gut isoliert heran. Einfacher ist dagegen das Winterquartier: Die Haselmaus nistet sich in einer losen Blätterkugel an der Basis von Bäumen oder in geringer Höhe ein und verbringt dort zusammengerollt und schlafend die Wintermonate.

Wieso Nussjagd und nicht Haselmaus-Suche?

Die Vorliebe gilt den Haselnüssen. Beginnen diese zu reifen, ist die Haselmaus zur Stelle und verspeist sie direkt am Haselstrauch, oft schon in grünem Zustand. Die possierlichen Tiere schlagen sich tüchtig den Bauch voll, um ausreichend Fettpolster für den mehrmonatigen Winterschlaf anzulegen. Zurück bleiben die leeren Schalen – mit arttypischen Frassspuren. Diese brachten findige englische Forscher auf die Idee, die scheue Haselmaus anhand angeknabberter Haselnüsse nachzuweisen.

Eine Idee mit Erfolg: 1993 lancierte England die erste so genannte Nussjagd. Mehrere Tausend Kinder und Jugendliche folgten dem Aufruf, angefressene Haselnüsse zu suchen. Mit Hilfe von Bergen von Haselnüssen konnten bekannte Verbreitungsgebiete bestätigt sowie – zur Freude der Initianten – etliche neue Vorkommen gefunden werden. Letzteres zeigt eine Stärke der Methode: Auch Gebiete, in denen bislang niemand nach Haselmäusen gesucht hat, werden durchkämmt.
 

STECKBRIEF HASELMAUS

Wissenschaftlicher Name: Muscardinus avellanarius

Grösse: 6 - 9 cm plus Schwanz (nochmals so lang). Bedeutend kleiner als Sieben-, Garten- und Baumschläfer. Der Schwanz kann bei Gefahr abgeworfen werden, wächst aber nicht mehr nach.

Gewicht: Durchschnittlich 15 g. Vor dem Winterschlaf bis 40 g.

Aktivität: Vorwiegend nachtaktiv. Im Frühsommer bis 9 Stunden, im Frühling und Herbst zum Teil nur 30 Minuten aktiv. Bei kühlem Wetter kann die Haselmaus in eine mehrstündige Tageslethargie (Starre) fallen.

Winterschlaf: Je nach Höhenlage von September/ November bis April.

Nahrung: Im Frühling junge Blätter und Knospen, z. B. von Schneeball und Weissdorn, baldmöglichst ergänzt mit Blüten. Im Sommer Nektar und Pollen, z. B. von Geissblatt. Spinnen, Raupen, Blattläuse. Früchte wie Himbeeren, Brombeeren und Heckenkirschen. Im Herbst Haselnüsse, Bucheckern, Baumnüsse.

Reproduktion: 3 – 7 Junge, 1 – 2 Würfe pro Jahr.

Lebenserwartung: 5 Jahre.

Schutz: In der Roten Liste der Schweiz als gefährdet eingestuft.