Kosten einzelner Maßnahmen und der WRRL im Wald

Einbindung in die Wasserrahmenrichtlinie

Die WRRL schreibt eine wirtschaftliche Analyse des Wassersektors in den Einzugsgebieten der Fließgewässer vor. Für den ersten Bericht der Länder an die EU umfasste diese eine sozioökonomische Analyse des Wassersektors zum aktuellen Zeitpunkt, sowie ein Szenario des Wasserangebots und der Wassernachfrage bis 2015.

Ziel der WRRL ist der gute Zustand aller Gewässer bis 2015. Dazu werden, bezogen auf die Flusseinzugsgebiete, Bewirtschaftungspläne erstellt. Diese basieren auf Maßnahmenplänen welche Teilbearbeitungsgebiete abdecken (z. B. den Bereich der Elz und Dreisam).

Alle Maßnahmen, die sich im Rahmen der WRRL befinden, müssen ohne zusätzliche finanzielle Mittel durchgeführt werden.

Auf Ebene der Teilbearbeitungsgebiete sollen hierfür die kosteneffizientesten Maßnahmenkombinationen gewählt werden. Zur deren Auswahl wurde vom Umweltbundesamt ein Handbuch herausgegeben. Voraussetzung für die Bestimmung der Kosteneffizienz ist, dass die entstehenden Kosten für die Umsetzung konkreter Maßnahmen abgeschätzt werden können. Für Maßnahmen im Offenland sind in der Regel die Kosten gut bekannt. Für Maßnahmen in Waldgebieten liegen bisher keine Datengrundlagen vor. Daher musste hierfür eine eigene Kostenerhebung durchgeführt werden. In einem ersten Schritt war zu definieren, welche Projekte im Wald für die Umsetzung der WRRL notwendig werden könnten. Im zweiten Schritt konnten dann die Kosten für diese Maßnahmen erhoben werden.

Kostenherleitung

Für die Umsetzung der WRRL in Waldgebieten entstehen Kosten für die Errichtung von Bauwerken bzw. Durchführung von Maßnahmen (Herstellungskosten). Zusätzlich entstehen durch die Umwandlung von Beständen Kosten aus einem möglichen Nutzungsverzicht durch den Anbau einer ökonomisch nicht optimalen Baumart (Opportunitätskosten). Letztere werden in dem Artikel "Ökonomische Bewertung von Nutzungsverzichten" ausführlich beschrieben. Dort ist auch ein Berechnungsprogramm für deren Bewertungen integriert.

Um die Herstellungskosten für die Umsetzung der WRRL schätzen zu können, musste definiert werden, welche Maßnahmen für die Umsetzung der WRRL eventuell notwendig werden könnten. Diese sind in dem Artikel "Maßnahmen zur Umsetzung der WRRL im Wald" ausführlich beschrieben.

Eine genaue abschließende Sammlung und Beschreibung der tatsächlich durchzuführenden Maßnahmen aufgrund der von den Regierungspräsidien erstellten Bewirtschaftungs- und Maßnahmenplänen kann erst nach Abschluss dieser Pläne erstellt werden, was nach dem Zeitplan der Umsetzung der WRRL erst Ende 2009 der Fall sein wird.

Datenherkunft

Die Herstellungskosten der verschiedenen Maßnahmentypen wurden in einer bundesweiten Umfrage über bereits durchgeführte Projekte im Forstbereich erhoben. Offensichtlich wurden bislang nur wenige Projekte mit gewässerökologischer oder grundwasserbezogener Zielsetzung im Forstbereich durchgeführt. Von denen wurden wiederum viele nicht zuletzt aufgrund von Finanzierungsproblemen oft über ungewöhnliche Mittel oder Projekte finanziert, so dass deren Kosten nicht verallgemeinerbar sind. Auch aus dem Verbuchungssystem der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg kann keine eindeutige Zuordnung der Kosten zu einem der Maßnahmentypen vorgenommen werden. Ausnahme ist die Waldkalkung. Folglich konnte nur von einer geringen Anzahl an Beispielen die Kosten verwendet werden. Trotzdem können für einige Maßnahmentypen Kostenspannen und Kosten beeinflussende Faktoren beschrieben werden. Diese sind in den für jeden einzelnen Maßnahmentyp angelegten Maßnahmenblättern angegeben (siehe hierzu "Maßnahmen zur Umsetzung der WRRL im Wald").

Kosten aus dem Offenland wurden nicht verwendet, da sich diese in der Regel erheblich von den Kosten in Waldgebieten unterscheiden. An Maßnahmen in Waldgebieten werden grundsätzlich andere Anforderungen gestellt. So schafft die Umgebungssituation andere Voraussetzungen und Probleme bzw. bedingt andere Realisierungsformen. Zusätzlich ist im Offenland in der Regel mit breiteren Fließgewässern zu rechnen.

Fallbeispiele und Kostenabschätzung

Um eine Einschätzung der Kosten und deren Flächenbezug geben zu können, werden Fallbeispiele und eine Kostenabschätzung für den Bereich des Staatswalds im deutschen Projektgebiet dargestellt.

Die Fallbeispiele als PDF-Dateien

Kostenabschätzung für kleine Mittelgebirgsbäche in den Naturräumen Nördlicher, Mittlerer und Südlicher Schwarzwald

Die Kostenabschätzung bezieht sich auf die Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Fließgewässer im Staatswald in Baden-Württemberg.

In Waldgebieten ist die Durchgängigkeit in der Regel der entscheidende Faktor für die ökologische Einstufung der Fließgewässer. Darüber hinaus können noch andere Beeinträchtigungen des guten ökologischen Zustandes vorliegen, deren Behebung aber mit den vorliegenden Informationen nicht abgeschätzt werden kann. Auch die Aufwendungen zum Erhalt oder der Verbesserung der Qualität und Quantität des Grundwassers können bei der gegebenen Informationslage nicht sicher abgeschätzt werden. Im Projektgebiet ist die Durchgängigkeit vor allem durch Wegequerungen der Gewässer, Veränderungen der Ufer- und Sohlstruktur, sowie direkt an die Fließgewässer angrenzende Bestände beeinflusst.

Die Zustandserfassung der Fließgewässer für die Berichterstattung an die EU schließt i. d. R. die kleinen Fließgewässer in den Waldbereichen nicht ein. Daher liegen keine flächendeckenden Informationen über den Zustand der kleinen Fließgewässer in den Waldgebieten des Nördlichen, Mittleren und Südlichen Schwarzwaldes vor. Für eine Kostenabschätzung musste daher auf anderweitig erhobene Daten zurückgegriffen werden. Grundlage für die Auswertungen waren folgende Datensätze:

  • Fliessgewässernetz der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW)
  • Verkehrsnetz der ATKIS-Daten
  • Forsteinrichtungsdaten aus FOGIS
  • Kostenschätzungen aus der von der FVA durchgeführten Umfrage (s.o.)

Querbauwerke

Der häufigste Grund für eine Unterbrechung der Durchgängigkeit von Fließgewässern sind Straßen- oder Wegequerungen der Fließgewässer. Anhand des Fließgewässersystems der LUBW und des Verkehrsnetzes der ATKIS-Daten wurden in einem GIS die Anzahl der Gewässerquerungen im Staatswald des Projektgebietes ermittelt. Dies ergibt 1577 Querbauwerke, welche sich eventuell nachteilig auf die Durchwanderbarkeit auswirken (siehe Abb. 2).

Für die Berechnung des Anteils der umzuwandelnden Gewässerquerungen und zu bearbeitenden Gewässerabschnitte wurde auf die Kartierungen der Referenzgewässer zurückgegriffen. Dabei wurde davon ausgegangen, dass der Anteil der umzuwandelnden Gewässerquerungen bei den Referenzgewässern auf alle anderen Bachabschnitte übertragen werden kann. Aus den Kartierungen der Referenzgewässer ergibt sich ein Anteil von 9 % aller Querbauwerke, welcher die Durchgängigkeit stark behindern und die so bald wie möglich umzuwandeln sind. Dies entspricht laut EstruKa der Prioritätsstufe "vorrangig". Weitere 27 % wurden als mittelfristig eingestuft, das heißt, sie sind je nach Verfügbarkeit finanzieller Mittel umzuwandeln.

Die Kosten wurden auf der Grundlage der oben erläuterten Umfrage ermittelt. Für die Berechnungen wurden alle Angaben von Querbauwerken mit einer Tragfähigkeit von 30-60 to verwendet. Es wurde davon ausgegangen, dass alle Hauptwirtschaftwege eine Tragfähigkeit von 60 t, alle anderen Wege eine Tragfähigkeit von bis zu 30 t haben sollten.

Für den Projektbereich ergeben sich 142 Bauwerke, die vorrangig umzuwandeln sind. Je nach Schwierigkeit der Geländesituation können sich daraus Kosten zwischen 1.789.595 € und 3.052.162 € ergeben. Werden zusätzlich alle 426 mittelfristig umzuwandelnden Bauwerke in Angriff genommen, ergeben sich zusätzliche Kosten zwischen 5.368.785 € und 9.156.486 €.

Min Mittel Max Anzahl
Gesamtkosten Alle Gewässer-
querungen
19.884.388 € 26.898.852 € 33.912.912 € 1577
vorrangig 9 % 1.789.595 € 2.420.897 € 3.052.162 € 142
mittelfristig 27 % 5.368.785 € 7.262.690 € 9.156.486 € 426

Sohl- und Uferverbauung

Die vorhandene Ufer- bzw. Sohlverbauung konnte aus vorhandenen Geodaten nicht abgeleitet werden. Deshalb wurde angenommen, dass der Anteil der Strecken mit Sohl- und Uferverbauung der Referenzgewässerabschnitte auf das gesamte Gewässernetz übertragen werden kann. Dies kann jedoch zu einer nicht quantifizierbaren Unterschätzung der Gesamtkosten führen.

Aus den Kartierungen der Referenzgewässer ergibt sich, dass 0,43 % der Gewässerstrecken durch vorrangig und 0,33 % durch mittelfristig zu verändernde Ufer- bzw. Sohlverbauung beeinträchtigt sind.

Für die Abschätzung der Kosten lagen Informationen aus 5 Maßnahmen zur Verbesserung der Ufer- und Sohlstruktur vor. Diese ergeben eine Kostenspanne von 1.400 € bis 65.000 €, im Mittel 26.828,81 € pro Gewässerkilometer, je nach Intensität der Maßnahme und Schwierigkeit der Geländesituation. Bei der Verwendung des Mittelwertes würden somit durch die Bearbeitung aller vorrangig umzuwandelnden Gewässerstrecken Kosten in Höhe von ca. 26.800 € und aller mittelfristig umzuwandelnden Strecken 51.100 € entstehen.

Die tatsächlich entstehenden Kosten sind jedoch stark von den jeweils vorliegenden Defiziten und Geländesituationen abhängig.

Gewässerlänge km Minimum Mittelwert Maximum
vorrangig 0,43 % 1,91 1.411,67 € 26.828,81 € 65.365,83 €
mittelfristig 0,33 % 1,46 2.689,61 € 51.116,00 € 124.539,27 €

Bestandesumwandlung

Die starke Beschattung und Verdunklung von Waldbächen durch einzelne Bestände kann für Insekten ein Wanderhindernis darstellen. In der Regel ist davon auszugehen, dass ab einem Anteil von mehr als 75 % Fichten oder anderer stark verdunkelnder Baumarten am Fließgewässer die Durchwanderbarkeit gestört ist. Für die Identifizierung solcher Bestände wurde auf die Forsteinrichtungsdaten der Staatswälder und das Fließgewässernetz zurückgegriffen. Es wurden alle entsprechenden Bestände im Bereich von 25 m um die Fließgewässer identifiziert. Für die Berechnung der umzuwandelnden Waldflächen wurden der tatsächliche Flächenanteil der umzuwandelnden Baumarten sowie das aktuelle Bestandesalter verwendet. Die Bonität der einzelnen Bestände war nicht bekannt, weshalb für alle Bestände eine mittlere Bonität angenommen wurde. Die Kosten des durch die Bestandesumwandlung entstehenden Nutzungsverzichtes wurden mittels des im Artikel "Ökonomische Bewertung von Nutzungsverzichten" beschriebenen Verfahrens ermittelt.

Insgesamt sind 557,8 ha umzuwandeln. Diese setzen sich aus 511 ha Fichte und 46,8 ha Douglasie zusammen. Zur Kostenermittlung wurde davon ausgegangen, dass die Bestände in Eschenwälder umgewandelt werden und dabei Kulturkosten entstehen. Die Umwandlung dieser Bestände führt zu einem Nutzungsverzicht von 174.210 €/Jahr. Für einen Betrachtungszeitraum von 25 Jahren sind dies kapitalisiert auf den heutigen Zeitpunkt ca. 3,69 Mio. €.

Gesamtfläche557,8 ha
Kosten174.210 €
In 25 Jahren3.688.762 €

Literatur

  • Zirlewagen, D.; v. Wilpert, K. (2004): Using model scenarios to predict and evaluate forest management impacts on soil base saturation at landscape level. Eur. J. Forest Res. 123, 269-282.
    Zirlewagen
    , D. (2003): Regionalisierung bodenchemischer Eigenschaften in topographisch stark
    gegliederten Waldlandschaften. PhD Thesis, Schriftenreihe Freiburger Forstliche
    Forschung 19, Freiburg, 154 S.

Hinweis

  • Dieser Beitrag ist Teil des Ratgebers "Handbuch Wald & Wasser".
    Dort finden Sie eine Vielzahl weiterer Beiträge zum Thema "Wald & Wasser".