Der beste Klimaschutz ist eine markante Verringerung des anthropogenen Treibhausgasausstoßes. Wälder können durch Kohlenstoffspeicherung im Wald und in Holzprodukten einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, wenn sie die Klimaveränderungen meistern können. In vielen Fällen ist dafür aktives Handeln wie die Stabilisierung bestehender Wälder, die Aufforstung neuer Wälder und eine nachhaltige Holzverwendung erforderlich.
Wälder leisten viel – aber sie stoßen an Grenzen
Wälder binden durch ihr natürliches Wachstum Kohlenstoff und speichern ihn in Holz und Boden. Klimawandel, Dürre, Stürme und Schadinsekten erhöhen jedoch das Risiko, dass dieser Kohlenstoff plötzlich und unkontrolliert wieder freigesetzt wird. Das Fachgremium der deutschsprachigen Forstlichen Forschungsanstalten, zu denen neben den Forschungseinrichtungen der Bundesländer auch das bundeseigene Thünen Institut für Holzforschung, die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft und das Österreichische Bundesforschungszentrum für Wald gehören, betont daher: Wälder sind keine unerschöpfliche Kohlenstoffsenke. Die Steigerung des Kohlenstoffspeichers im Holzvorrat nachhaltig bewirtschafteter Wälder ist daher nur sinnvoll, wenn dadurch nicht andere wichtige Waldfunktionen gefährdet werden. Ein einseitiger Fokus auf die Maximierung des Waldkohlenstoffspeichers durch die Steigerung des Holzvorrates ist fachlich nicht zu empfehlen.
Aktive Bewirtschaftung sichert Klimaleistung
Nachhaltige Forstwirtschaft bedeutet, Wälder gezielt an den Klimawandel anzupassen und seine Funktionen zu erhalten, etwa durch standortgerechte Baumarten, stabile Mischwälder und verantwortungsvolle Holznutzung. So wird Kohlenstoff sowohl im Wald als auch in Holzprodukten gespeichert. Die Summe aus beiden Speichern gilt es zu erhöhen. Gleichzeitig können zusätzliche Emissionen vermieden werden, wenn durch Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern andere Materialien oder fossile Energieträger ersetzt werden, die klimaschädlicher sind. Erstaufforstungen, also die Neubegründung von Wald auf zuvor anderweitig genutzten Flächen, können einen Beitrag zum Klimaschutz leisten – sofern in unseren Landschaften geeignete Flächen dafür zur Verfügung stehen.
Realistische Klimaziele und klare Verantwortung
Die nationalen Klimaziele im LULUCF-Sektor (Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft) sind kritisch zu prüfen. Angesichts zunehmender Störungen erscheinen die derzeitigen politischen Zielvorgaben nicht überall realistisch erreichbar. Klimaschutz muss alle Sektoren gleichermaßen in die Verantwortung nehmen.
CO2-Zertifikate
Waldbezogene CO2-Zertifikate können nur dort sinnvoll sein, wo sie echte zusätzliche Kohlenstoffbindung erreichen, etwa durch Aufforstung oder Waldumbau. Zertifikate, die allein auf das Wachsen von bestehenden Wäldern setzen, bergen dagegen Fehlanreize und erhöhen die Risiken durch unkontrollierbare Störungen.
Fazit
Die forstlichen Forschungsanstalten unterstreichen, dass Wälder und Holzprodukte wichtige, aber nicht unerschöpfliche Beiträge zum Klimaschutz leisten. Entscheidend sind angepasste, naturschonende und nachhaltige Bewirtschaftungsmaßnahmen. Wichtiger denn je ist die Stärkung der Resilienz und die Verknüpfung von Wald- und Holzstrategien mit anderen Klimaschutzmaßnahmen.
Die 13 Thesen
- Waldschutz durch konsequente Reduktion von Treibhausgasemissionen: Die wirksamste Maßnahme zum Schutz unserer Wälder in Deutschland, Österreich und der Schweiz und damit der wichtigste Beitrag zum Klimaschutz ist die konsequente Reduktion der anthropogenen Treibhausgasemissionen in allen Sektoren.
- Kohlenstoffbindung durch Wälder: Durch das Wachstum von Bäumen wird CO₂ aus der Luft im Holz als Kohlenstoff gebunden. Die laufende CO₂-Bindung pro Flächeneinheit ist in den zuwachsstarken jungen und mittelalten Waldbeständen am größten. Infolge des Klimawandels steigt jedoch das Risiko, dass bereits gebundene Kohlenstoffmengen in den Wäldern durch großflächige Schadereignisse unkontrolliert freigesetzt werden. Die in Wäldern gespeicherten Kohlenstoffmengen werden also zunehmend volatil. Belege dafür finden sich unter anderem in den nationalen Waldinventuren, allerdings mit starken regionalen und standortsbedingten Unterschieden.
- Sicherung der Kohlenstoffbindung durch Walderhalt: Nur klimaresiliente und standortgerechte Wälder sichern eine leistungsfähige und beständige CO₂-Bindung. Der langfristige Erhalt der bestehenden Wälder, also der Waldfläche, sowie der Waldgesundheit ist der zentrale Beitrag für den Klimaschutz.
- Erhöhung der Kohlenstoffbindung durch Neubegründung von Wäldern: Die Neubegründung (Erstaufforstung) von Wäldern ist eine Möglichkeit zur Vergrößerung der CO₂-Bindung und des Waldkohlenstoffspeichers. Großflächige Waldmehrungen sind allerdings in vielen Regionen Mitteleuropas aufgrund der Flächenkonkurrenz schwer realisierbar und mit Blick auf andere gesellschaftliche Bedürfnisse nicht überall durchsetzbar.
- Potenzial der Wälder als Kohlenstoffsenke ist begrenzt: Das Potenzial der Wälder als Kohlenstoffsenke wird richtigerweise häufig betont. Allerdings sind die Kohlenstoffspeicherkapazitäten in unseren Wäldern begrenzt. Durch die Klimaerwärmung hin zu wärmeren und trockeneren Standorten und dadurch häufig verschlechterte Wuchsbedingungen wird sich die potenzielle Senke voraussichtlich eher noch verringern. Gerade deswegen müssen der Erhalt und die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern zentrale Elemente der Klimapolitik sein.
- Keine einseitige Fokussierung auf die Kohlenstoffspeicherung der Wälder: Unsere Wälder erbringen eine Vielzahl wichtiger, zum Teil lebenswichtiger Ökosystemleistungen. Die Steigerung des Kohlenstoffspeichers im Holzvorrat nachhaltig bewirtschafteter Wälder ist daher nur sinnvoll, wenn dadurch nicht andere wichtige Ökosystemleistungen gefährdet werden. Außerdem sind sehr vorratsreiche Waldbestände im Klimawandel zunehmenden Kalamitätsrisiken und der Gefahr einer schnellen Freisetzung der gespeicherten C-Vorräte ausgesetzt. Insbesondere darf dadurch die notwendige Entwicklung arten- und strukturarmer Wälder hin zu anpassungsfähigeren Mischwäldern – auch mit lichtbedürftigen Baumarten – nicht verhindert werden. Ein einseitiger Fokus auf die Maximierung des Waldkohlenstoffspeichers durch die Steigerung des Holzvorrates von Wäldern ist deshalb fachlich nicht zu empfehlen.
- Entwicklung klimaresilienter, vielfältiger Mischwälder: Der Fokus der Waldbewirtschaftung muss auf der aktiven Entwicklung von standortgerechten, vielfältigen und anpassungsfähigen Mischwäldern liegen, die durch Wachstum und Holznutzung kontinuierlich CO₂ aufnehmen und speichern können. Diese Wälder binden zum einen Kohlenstoff in Biomasse und Boden und erfüllen gleichzeitig vielfältige andere Ökosystemleistungen. Durch die Holznutzung wird der Kohlenstoff aus dem Waldspeicher für die Dauer der Nutzung des Produkts in einen Holzproduktspeicher (z.B. Holzhaus, Papier) überführt. Nachhaltige Holznutzung in naturnah bewirtschafteten Wäldern schafft zudem die Voraussetzungen für das Wachstum junger Bäume mit besonders hohen Kohlenstoffbindungsraten. Damit spielt die nachhaltige Waldbewirtschaftung für eine Klimabilanz, die sowohl Wald- als auch Holzproduktespeicher in den Blick nimmt, eine erhebliche Rolle.
- Erhalt und Ausbau des C-Speichers in den Waldböden: Waldböden enthalten erhebliche Anteile des in Wäldern gebundenen Kohlenstoffes. Eine nachhaltige, bodenpflegliche Waldbewirtschaftung, die ein angepasstes Management des Bodenwasserhaushaltes einschließt, trägt dazu bei, diesen Speicher zu erhalten und langfristig auch zu erhöhen.
- Großflächigen Störungen vorbeugen: Besonders in nicht standortgerechten, von einer Baumart dominierten, artenarmen und/oder wenig an das künftige Klima angepassten Wäldern besteht ein erhebliches Risiko für großflächige Störungen. Damit sind nicht nur unkontrollierbare CO₂-Freisetzungen aus Beständen und Waldböden verbunden, sondern auch die Beeinträchtigung anderer wichtiger Ökosystemleistungen. Eine nachhaltige, auf Klimaanpassung ausgerichtete aktive Bewirtschaftung kann die Resistenz und die Resilienz unserer Wälder erheblich erhöhen. Die Schlüssel dazu sind Waldumbaumaßnahmen, Erhöhungen der Baumartenvielfalt und Mischung, risikosenkendes und stabilitätserhaltendes Waldmanagement, angepasstes Wildmanagement sowie weitere Schutzmaßnahmen.
- Bedeutung des Kohlenstoffspeichers Holz: Ein weiterer essentieller Hebel im Klimaschutz ist die Speicherung des Kohlenstoffs in Holzprodukten. Die Speicherzeit hängt dabei von der Lebensdauer der Holzprodukte ab. Daher müssen die Möglichkeiten effizienter Holzverwendung ausgebaut und der Fokus auf einen möglichst hohen Anteil langlebiger Produkte (z.B. Bauholz oder Holzwerkstoffe) gelegt werden. Zudem sollte eine Verwendungskaskade angestrebt werden, um das Holz möglichst effizient zu nutzen.
- Substitution treibhausgasintensiver Materialien durch Holzverwendung: Der Einsatz von Holz als Rohstoff (z.B. in Baustoffen) kann andere Materialien mit höheren Treibhausgas-Emissionen in der Herstellungsphase ersetzen. Dadurch können Emissionen in anderen Quellgruppen (Sektoren) eingespart werden. Dieses Substitutionspotential der Holznutzung (vor allem im Bausektor als Holzbau oder im Bereich der Wärmedämmung von Bestandsgebäuden) kann somit zur Reduktion der nationalen Gesamtemissionen beitragen.
- Anpassung der LULUCF-Klimaschutzziele: Angesichts der zunehmenden Risiken sind nach Einschätzung von Fachleuten die beispielsweise in Deutschland und Österreich festgeschriebenen Beiträge von Wäldern zu den LULUCF-Klimaschutzzielen nicht realisierbar. Sie sollten daher dringend geprüft und – falls erforderlich – an die Realitäten und Ökosystemgrenzen angepasst werden. Risiken und Störungen müssen in Zukunft verstärkt in Modelle eingebunden werden, um realistische Klimaschutzziele für den Wald formulieren und entsprechende Maßnahmen ableiten zu können. Die durch Holzverwendung in anderen Quellgruppen eingesparten Emissionen werden derzeit nicht der Quellgruppe LULUCF zugeordnet. Sie tragen damit formal nicht zur Erfüllung des LULUCF-Zieles bei, sondern helfen anderen Quellgruppen, die Emissionen zu reduzieren. Dies führt in vielen politischen Debatten zu Missverständnissen und Irritationen.
- Waldbezogene CO₂-Zertifikate: In Deutschland, Österreich und der Schweiz bieten waldbezogene CO₂-Zertifikate nicht per se einen Mehrwert für den Klimaschutz. Zum Teil können sie sogar zu Fehlanreizen führen: Zertifikate, welche auf Waldflächenmehrung, also auf Neuaufforstungen landwirtschaftlicher oder sonstiger Flächen ausgelegt sind, schaffen Anreize, tatsächlich zusätzliches CO₂ zu binden. Zu bedenken ist dabei jedoch, dass diese erst nach Jahrzehnten substanziell zu Buche schlagen. Auf klimastabilen Waldumbau ausgerichtete Zertifikate unterstützen (indirekt) positive Effekte auf die langfristige Kohlenstoffspeicherung in diesen Wäldern. Zertifikate, die lediglich auf Nutzungsverzicht basieren, sind auf eine Erhöhung der Kohlenstoffmenge in der Waldbiomasse ausgelegt. Dabei ist zu bedenken, dass unkontrollierbare natürliche Störungsereignisse in den Wäldern schnell einen kompletten Speicherverlust zur Folge haben können. Das Risiko für solche Kalamitäten steigt aufgrund des rasanten Klimawandels vor allem in den älter werdenden Waldbeständen stark an. Neben diesem hohen Risiko des Waldkohlenstoffspeichers sind solche Zertifikate zwangsläufig auf diesen Flächen mit einem Verzicht auf den Ausbau des Holzproduktespeichers verknüpft.




