Die Erzeugung von Zement ist ein energieintensiver Produktionsprozess. Durch den steigenden Kostendruck, insbesondere durch billige Zementimporte, musste die Zementindustrie ihre Produktionskosten senken. Es wurden verstärkt teure fossile Energieträger durch alternative Brennstoffe (unter anderem Altkunststoffe) ersetzt; Zementwerke sind daher wichtige Abfallentsorger. Die Behörde ist gefordert,

  • eine Eingangskontrolle des Schadstoffgehaltes der alternativen Brennstoffe einzuführen;
  • notwendige Auflagen zur Einhaltung von Emissions- und Immissionsgrenzwerten zu erteilen und diese Auflagen auch zu überwachen. Zur Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen eignen sich Waldbäume als Bioindikatoren.

Für den Wald kann eine Reihe von Schadstoffen von Bedeutung sein. Neben Staub aus den Zerkleinerungsanlagen sowie aus dem Abgas des Drehrohrofens kann Schwefel aus den Energieträgern, Fluor aus der Zementklinkerproduktion und Chlor aus den alternativen Brennstoffen entstehen.

Zementproduktion

Hauptbestandteil des Zements ist ein Calcium-Aluminiumsilicat, das auch Eisen und Magnesiumoxid enthalten kann. Die Rohstoffe sind Kalkstein, Ton und Mergel, daneben werden Reststoffe aus der Industrie eingesetzt. So können unter anderem Flugaschen und REA-Gips aus der Rauchgasreinigung von Kohlekraftwerken oder Hüttensande aus der Eisenerzeugung verwendet werden.

Die Rohstoffe werden fein vermahlen und homogenisiert, je nach Verfahren pelletiert, getrocknet und gelangen zum Zementklinkerprozess. Hier wird bei einer Flammtemperatur von 2000°C und einer Materialtemperatur von rund 1450°C der Zementklinker erzeugt. Als Brennstoffe können Steinkohle, Koks, Heizöl, Erdgas oder alternative Brennstoffe eingesetzt werden. Durch die hohe Flammtemperatur werden organische Komponenten zerstört. Saure Gase, aber auch viele Schwermetalle (z.B. Blei und Cadmium) werden in der alkalischen Schmelze unlöslich eingebunden. Nach dem Zementklinkerbrennprozess wird der Zementklinker vermahlen.

Alternative Brennstoffe

Gemäß der Verpackungsverordnung 1993 müssen Kunststoffabfälle und -verpackungen gesammelt und wieder verwertet werden. Da eine stoffliche Wiederverwertung nur eingeschränkt möglich ist, wurde der Großteil "thermisch verwertet".

Wegen des hohen Brennwertes, der "neutralen" CO2-Emission und des günstigen Preises kam es Mitte der 90er Jahre zu einer großen Zahl von Genehmigungsanträgen bei den Behörden. Zementwerke, Papierfabriken, Kraftwerke, Müllverbrennungsanlagen aber auch die Stahlindustrie haben Interesse an diesen kostengünstigen Alternativbrennstoffen.

Bei der Zementproduktion werden als alternative Brennstoffe Altreifen, Altöl, Altlösungsmittel, Tiermehl, Tierfett, Bioschlamm und Altkunststoffe (TKF = thermische Kunststofffraktionen) eingesetzt. Das Verhältnis fossile Brennstoffe zu alternativen Brennstoffen kann durchaus 50:50 erreichen.

Wichtig ist eine genaue Eingangskontrolle dieser alternativen Brennstoffe. So sind unter anderen die Gehalte an Quecksilber, Blei, Cadmium und Chrom sowie an Chlor von Interesse. In Tabelle 1 sind die Einsatzmengen von Brennstoffen und Ersatzbrennstoffen angegeben, die in einem Zementwerk im Drehrohrofen beim Zementklinkerprozess verwendet werden.

Auswirkungen auf die Pflanze

Bei der Verbrennung von chlorhältigen Altkunststoffen entsteht Salzsäure. Der Großteil davon wird bei der Zementproduktion bereits im alkalischen Zementklinker gebunden oder bei der Rauchgasreinigung entfernt.

Gelangt Salzsäure auf/in die Pflanze, kommt es durch die Säurewirkung zu einer Absenkung des pH-Wertes des Zellsaftes. Schädigung der Chloroplasten, Plasmolyse und die Beeinträchtigung der Assimilation und des Stoffwechsels sind die Folge. Es kommt weiters zu Zellwanddeformationen, Zerstörung der cytoplasmatischen Membran, Mesophyllzerstörung nach Aufnahme über die Stomata (verbunden mit einer tiefbraunen Verfärbung), Ausbleichung der Blattränder, Rand- und Spitzennekrosen, Verfärbungen und Ätzschäden. Bei Nadeln treten Spitzenschädigungen auf.

Bioindikation

Die Waldbäume fungieren als passive Bioindikatoren, die Salzsäure als Chlorid speichern. Aufgrund der langjährigen Erfahrung mit diesem Bioindikator in Österreich war es möglich, in der Zweiten Verordnung gegen Forstschädliche Luftverunreinigungen – unter anderem für Fichte (0,1 % Cl), wirkungsbezogene Grenzwerte festzulegen. Erst diese Grenzwerte ermöglichen den praktischen Einsatz dieses Verfahrens.

Im Herbst am Ende der Vegetationsperiode werden die exponierten Nadeln aus dem oberen Kronendrittel entnommen und an das Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW) übermittelt. Im Labor der Abteilung Pflanzenanalyse werden die Nadeln getrocknet, vermahlen und der Chloridgehalt bestimmt.

Die Ergebnisse (Entnahme 2005) nach Emittentengruppen (Abbildung 1):

Altkunststoffe werden vor allem in der Gruppe "Müllverbrennung/Deponie" sowie "Baustoffe" thermisch verwertet. Zementwerke sind in der Emittentengruppe "Baustoffe" zu finden. Diese Gruppe umfasst neben den Zementwerken auch Ziegelwerke und die Tonerzeugung. Nur an fünf von 142 in Österreich untersuchten Proben waren Chlor-Grenzwertüberschreitungen nachweisbar.

Als Beispiel wird in der Abbildung 2 der Nahbereich eines Zementwerkes dargestellt. Es wurden 2005 an 14 Untersuchungspunkten 64 Fichtennadelproben auf ihren Chlorgehalt untersucht. Pro Jahr werden hier seit 2000 bis zu rund 15.500 t TKF (thermische Kunststofffraktion) mit einem Chlorgehalt von maximal 2 % Chlor (laut Bescheid) verbrannt (Tabelle 1). Die tatsächlichen Chlorgehalte bewegen sich im Mittel um 0,85 % Chlor.

Damit ist dieses Werk einer der größten thermischen Verwerter von Altkunststoffen in Österreich. Überschreitungen der Chlorgrenzwerte in den Fichtennadeln konnten jedoch keine festgestellt werden.

Gründe für thermische Verwertung von Kunststoffen

Der Einsatz und die Entsorgung von Altkunstoffen als alternative Energieträger in Zementwerken kann aus Umweltgründen durchaus befürwortet werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Festlegung und Einhaltung von Emissionsgrenzwerten, die dem Stand der Technik entsprechen (Rauchgasreinigung)
  • Eingangskontrolle der Altkunststoffe (Chlor und Schwermetallgehalt)
  • Emissions- und Immissionsmonitoring zur Überwachung der Wirksamkeit der vorgeschriebenen Maßnahmen