Dieser Artikel ist der dritte Teil einer dreiteiligen Serie zur Eiche im Klimawandel.

Die Eidgenössische Forschungsanstalt WSL erforschte von 2006 bis 2012 das Verhalten von jungen Eichen unter veränderten Umweltbedingungen. Ziel des breit angelegten Querco-Experimentes war es, die Auswirkungen von Trockenheit und erhöhter Lufttemperatur auf Mikroklima, Boden und Bäume zu untersuchen. Rund 770 junge Eichen wurden in Modellökosystemen während dreier Jahre beobachtet und vermessen.

Die Pflanzenphysiologie beschäftigt sich mit den Lebensvorgängen einer Pflanze und dabei sehr oft mit (bio)chemischen Prozessen, welche wesentlich für ihr Gedeihen sind. Absolut zentral ist in der Pflanzenwelt natürlich die Fotosynthese. Aber auch das Wachstum, die Differenzierung von Organen, die Reaktionen auf Umweltreize, Stofftransporte u.v.m. sind Themen, mit denen sich die Pflanzenphysiologie auseinandersetzt. Im vorliegenden Artikel greifen wir drei wichtige Aspekte aus den verschiedenen Untersuchungen des im ersten Artikel beschriebenen Querco-Experimentes heraus:

  • die Analyse der Fotosynthese
  • die Bildung von Kohlenhydraten
  • die Aufnahme von Stickstoff

Die Fotosyntheseleistung passt sich an

Bei der Fotosynthese wandeln sich in den Blättern Kohlendioxid (CO2) und Wasser mithilfe von Lichtenergie in Kohlenhydrate um, vor allem in Zucker und Stärke. Aus anorganischen Stoffen entsteht also eine von der Pflanze nutzbare organische Substanz. Die Fotosynthese ist der wichtigste biochemische Prozess unseres Planeten überhaupt, denn die Pflanzen sichern damit nicht nur das eigene Überleben, sondern sie dienen ihrerseits als Energielieferanten für andere Lebensformen, welche keine eigene Fotosynthese betreiben können.

Nach drei Jahren Querco-Experiment stellten die Wissenschaftler Folgendes fest: Die erhöhte Lufttemperatur führte zu einer saisonal erhöhten Fotosynthese im Hoch- und Spätsommer, und zwar bei allen drei Eichenarten in ähnlicher Weise. Die Unterbrechung der Beregnung in den Trockenbehandlungen (Trockenheit und Kombination aus Trockenheit und Lufterwärmung) hatte ein Absinken des Bodenwassergehaltes zur Folge (siehe Artikel 2), was gegen Ende der Trockenperiode zu einem sehr starken Rückgang der Fotosynthese führte (Abb. 2).

Dieser Einbruch ist auf das Schliessen der Spaltöffnungen (Stomata, Abb. 3) auf der Unterseite der Eichenblätter zurückzuführen, was dem unkontrollierten Wasserverlust durch Verdunstung und somit dem Austrocknen der Pflanze vorbeugt. Gleichzeitig hemmt dies aber auch die CO2-Aufnahme und damit die Fotosynthese. Bei den Eichen beobachteten die Forscher, dass sich die Spaltöffnungen bei Lufterwärmung stärker öffneten als bei normaler Temperatur, während Trockenheit wie oben beschrieben zum Verschluss der Stomata führte.

Aufschlussreich war die Reaktion der trockengestressten Eichen nach der Wiederinbetriebnahme der Bewässerung. Unabhängig vom Bodenwassergehalt, der sich erst allmählich erholte, gelang es den Bäumen sehr schnell, ihre Fotosynthese wieder in Gang zu bringen (Abb. 2). Dies erklärt sich mit einem dichten Feinwurzelwerk an der Bodenoberfläche, welches offensichtlich in der Lage ist, das Niederschlagswasser in den oberen Bodenschichten sofort aufzunehmen. So stieg die Fotosynthese dieser Eichen innerhalb kurzer Zeit wieder auf das Niveau der Kontrollbehandlung, was darauf hindeutet, dass ihr Fotosyntheseapparat auch unter Trockenheit voll funktionsfähig blieb.

Einzig die Stieleiche erholte sich verzögert; sie kam bei der zweiten Trockenperiode im August nicht mehr auf das Niveau der Kontrollbehandlung. Dieses Verhalten liess sich auch bei der kombinierten Behandlung mit erhöhter Temperatur beobachten. Die Messungen im Querco-Experiment zeigen, dass die Blätter der Stieleiche bei Trockenheit weniger Chlorophyll (Blattgrün) enthalten als diejenigen von Trauben- und Flaumeiche. Auch dies mag eine Erklärung für die festgestellte geringere Fotosyntheseleistung dieser Eichenart sein.

Energiehaushalt gesichert

Kohlenhydrate sind die Produkte der Fotosynthese. Sie dienen als Energieträger (Zucker), als Speicherstoff (Stärke) oder als Stütz- und Gerüstsubstanz (z.B. Zellulose). Die Herstellung von Zuckern und Stärke, die für die Energieversorgung der Pflanze wesentlich sind, kann durch Wassermangel eingeschränkt sein. Da die Pflanzen für ihren eigenen Energiehaushalt je nach Temperatur ca. 30% der gebildeten Kohlenhydrate gleich selber wieder veratmen, wollten die Forscher überprüfen, ob Temperaturerhöhungen und Trockenstress einen Einfluss auf die Kohlenhydratebilanz der Jungeichen hatten. Dazu verglichen sie die Stieleiche, die eher empfindlich gegenüber Trockenheit reagiert, mit der Traubeneiche, die eher tolerant gegenüber Trockenheit ist.

Die Untersuchung des Kohlenhydratgehalts von Blättern beider Arten ergab bei der Temperaturerhöhung keine signifikante Abweichung zur Kontrolle. Die Trockenperioden führten hingegen zu einem höheren Anteil löslicher Zuckerverbindungen. Diese Reaktion wurde auch schon in anderen Untersuchungen beobachtet und lässt sich mit dem Bestreben der Pflanze erklären, die Zellfunktionen bei Trockenstress zu erhalten (Zelldruckregulation). Verblüfft hat hingegen, dass die Wissenschaftler keinerlei Unterschiede im Verhalten der verschiedene Provenienzen und Eichenarten feststellen konnten.

Stickstoff war nicht limitierend

Stickstoff ist ein wichtiges Bauelement von Lebewesen, das insbesondere für die Bildung von Eiweissstoffen und der Erbsubstanz benötigt wird. Stickstoff findet sich zwar in grossen Mengen in der Luft (N2), die Pflanzen nehmen ihn aber zu mehr als 90% über den Boden und das Wurzelwerk in Form von Nitrat und Ammonium auf (Abb. 4). Diese beiden Stickstoffverbindungen werden von Bodenorganismen wie Pilzen und Bakterien hergestellt, welche in der Lage sind, organische Materie (z.B. Laub) zu zersetzen.

Stickstoff ist derjenige Pflanzennährstoff, der unter natürlichen Bedingungen oft limitierend auf das Pflanzenwachstum wirkt. Als Baustein von Chlorophyll ist Stickstoff zum Beispiel indirekt an der Fotosynthese beteiligt. Zudem ist er in wichtigen pflanzlichen Enzymen enthalten und fördert die Bildung von Stoffen, die an Wachstumsprozessen von Spross und Wurzel beteiligt sind. Aus der Landwirtschaft ist bekannt, dass Stickstoffmangel die Blattbildung und die Fotosyntheseleistung beeinträchtigt. Zu erkennen ist das an kleinen, blassen Blättern. Die Pflanzen sind dann zudem deutlich anfälliger auf Trockenstress. Es war also naheliegend, sich auch im Querco-Experiment mit dem Stickstoff in Pflanze und Boden auseinanderzusetzen.

Die Resultate der Analysen haben überrascht: Trotz einer durch die Trockenbehandlungen reduzierten Aktivität von Bodenbakterien liessen sich keine Effekte auf die Verfügbarkeit von Ammonium (NH4+) und Nitrat (NO3– ) im Boden feststellen. Auch in der Biomasse der Bäume hat die Stickstoffkonzentration trotz Trockenbehandlung nicht abgenommen. Diese Tatsachen sprechen also dafür, dass Stickstoff im Querco-Experiment kein limitierender Faktor für das Wachstum während der Trockenperioden war.

Folgerungen

Lebenswichtige Prozesse wie die Fotosynthese bleiben auch bei starker Trockenheit intakt und erlauben den Eichen nach Abschluss der Störung eine rasche Erholung und ein Zurück zum Normalzustand. Damit ist auch die Synthese der so wichtigen Kohlenhydrate sichergestellt, welche wiederum auf eine geregelte Stickstoffassimilation durch das Wurzelsystem angewiesen ist. Die Untersuchungen im Querco-Experiment zeigen damit, dass das "biologische System" der Eiche mit klimatischen Extremereignissen wie Trockenheit – auch in Kombination mit Lufterwärmung – gut umgehen kann. Es gibt aber artspezifische Unterschiede. Zum Beispiel reagiert die Stieleiche etwas empfindlicher auf Trockenheit als Trauben- und Flaumeichen.
 

Schlussbetrachtung

Das Querco-Experiment hat während dreier Jahre (2007–2009) einen Einblick in die Entwicklung von 2- bis 5-jährigen Eichen unter veränderten Umwelt- und Klimabedingungen erlaubt. Die Resultate zeigen bei der Eiche:

  • eine grosse Variabilität in den Wuchsreaktionen innerhalb der Arten und der Herkünfte, und zwar sowohl mit wie ohne Umweltänderungen. Es konnte eine grosse Plastizität in Wuchs, Form und Verhalten bei sich ändernden Umweltbedingungen festgestellt werden;
  • eine grosse physiologische Stabilität in Stresssituationen (z.B. Fotosyntheseapparat);
  • eine schnelle Erholung nach Störungen (Trockenheit);
  • ein art-, aber auch herkunftsspezifisches Verhaltensmuster.

Diese Eigenschaften weisen darauf hin, dass die Eiche tatsächlich gute Voraussetzungen dafür mitbringt, sich an höhere Temperaturen und Trockenstress anzupassen. Zu beachten bleibt dabei aber der unterschiedliche Charakter der drei untersuchten Eichenarten. Im Querco-Experiment haben sich Traubeneiche und Flaumeiche sehr ähnlich verhalten und bei Trockenheit eine gegenüber der Stieleiche überlegene Fotosyntheseleistung gezeigt. Bei normaler Bewässerung wiesen hingegen die jungen Stieleichen ein weit überlegenes Wachstum auf, was – gerade bei erhöhter Lufttemperatur – auch mit ihrer ausgeprägten Neigung zur Johannistriebbildung zusammenhängt.

Die Resultate des Querco-Experimentes bestätigen somit weitgehend die Erfahrungen und Hoffnungen, welche man in der Praxis mit der Eiche verbindet. Allerdings sind folgende Aspekte, welche im Querco-Experiment nicht angesprochen werden konnten, im Auge zu behalten:

Forstliche Dynamik und Baumkrankheiten beachten

Die Eiche wird auch zukünftig der Konkurrenz anderer Vegetation ausgesetzt sein. So werden auch andere Baumarten wie die Buche oder die Esche ihr Verhalten anpassen und möglicherweise in der einen oder anderen Lebensphase vom Klimawandel profitieren können. Damit ist die veränderte Dynamik in Waldökosystemen angesprochen, auf welche Praxis und Forschung zukünftig noch mehr achten müssen. Eichenreiche Wälder müssen als komplexe (Öko-)Systeme angesprochen und verstanden werden.

Schliesslich dürfen auch phytosanitäre Gefahren nicht unbeachtet bleiben. Untersuchungen in Deutschland erklären Schäden bei der Eiche teilweise mit starker Trockenheit und nachfolgendem Pilz- und Insektenbefall. Das Einschleppen und Neuverbreiten von Krankheitserregern und Schädlingen stellt eine permanente Gefahr dar und hat in der Vergangenheit bei anderen Baumarten grosse Schäden angerichtet (z.B. Ulmensterben). Dieses Problem betrifft zwar bis jetzt die Eichen nicht, es muss aber in Zeiten des verstärkten Klima- und Umweltwandels besonders aufmerksam verfolgt werden.

Den Genpool nachhaltig bewirtschaften

Stiel-, Trauben- und Flaumeiche sind die in Europa am weitesten verbreiteten Eichenarten. Alle drei Arten sind in der Schweiz heimisch. Frühere Untersuchungen zur Genetik der Eiche in der Schweiz zeigen, dass die Eichenvorkommen trotz ihrer relativen Seltenheit (rund 2% des Gesamtvorrates) und ihrer Zerstreutheit genetisch sehr variabel sind und darüber hinaus – zumindest was die älteren Bestände betrifft – oft autochthon sein dürften. Da der Gentransfer zwischen Eichenarten zudem als Strategie zur Erzeugung genetischer Variation gilt, verfügt unser Land sicherlich über einen äusserst interessanten Eichen-Genpool. Die Variabilität und Plastizität der Eichen, welche in den verschiedenen Klimabehandlungen des Querco-Experimentes zum Ausdruck kam, unterstreicht diese These.

Da in der Schweiz auch zukünftig mit einem grossen Anteil künstlicher Eichenverjüngung zu rechnen ist, muss dem Management genetischer Ressourcen vermehrte Beachtung geschenkt werden. Die Ausscheidung, Bewirtschaftung und Nutzung der Samenerntebestände dient der Erhaltung genetischer Vielfalt und damit der Anpassungsfähigkeit der einheimischen Eichenpopulationen. Schliesslich wird es aber auch darum gehen, das bestgeeignete Vermehrungsgut für einen gegebenen Standort auszuwählen und fachgerecht einzubringen.

Merkblatt

Die heimischen Eichenarten erweitern im Zusammenhang mit dem Klimawandel den waldbaulichen Spielraum und werden mit einer stärkeren Präsenz als heute zur Bereicherung des Schweizer Waldes beitragen. Die Forschungsanstalt WSL hat dazu ein Merkblatt für die Praxis zusammengestellt:

Die Eiche im Klimawandel. Zukunftschancen einer Baumart. (PDF)

(TR)