Wie können sich der Wald, die Holznutzung und dessen Verwendung in verschiedenster Form auf den CO2-Gehalt der Atmosphäre auswirken? Dieser Frage sind Forscherinnen und Forscher des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW), der Universität für Bodenkultur (BOKU), Wood K plus und des Umweltbundesamtes im Projekt CareforParis nachgegangen. Besonders interessant ist hier, den Einfluss von Klimawandel und Waldbewirtschaftung zu erkennen.

Ausgehend von den Daten der österreichischen Waldinventur (ÖWI) wurden Simulationsrechnungen mit dem klimasensitiven Waldwachstumsmodell CALDIS für sechs verschiedene Bewirtschaftungsszenarien durchgeführt und die Ergebnisse miteinander verglichen.

Senke oder Quelle?

Der Wald nimmt im Zuge der Photosynthese CO2 aus der Atmosphäre auf und speichert den Kohlenstoff im Holz. Diesem Zuwachs an Holzsubstanz steht jedoch ein Abgang gegenüber, der sich aus geplanten Nutzungen sowie kalamitäts- und konkurrenzbedingter Mortalität zusammensetzt. Übersteigt der Zuwachs den Abgang, so wird der Holzvorrat im Wald vergrößert, ist der Zuwachs kleiner als der Abgang, dann wird der Holzvorrat geringer. Den größten Anteil am Abgang machen im bewirtschafteten Wald im Normalfall die geplanten Nutzungen aus.

Wird im Wald die Bewirtschaftung eingestellt, dann umfasst der Abgang nur mehr die kalamitäts- und konkurrenzbedingte Mortalität. Daher wird in den meisten Fällen der Holzvorrat vorerst ansteigen, da in einer solchen Situation der Zuwachs deutlich größer ist als der Abgang. Wenn der Wald dann älter wird, kommt es aber zu einem altersbedingten Zuwachsrückgang, weil gleichzeitig die kalamitäts- und konkurrenzbedingte Mortalität ansteigt. Sobald der Abgang den Zuwachs übersteigt, nimmt der Holzvorrat wieder ab.

Sowohl im bewirtschafteten als auch im nicht bewirtschafteten Wald gilt: Immer dann, wenn der Holzvorrat vergrößert wird, fungiert der Wald als CO2-Senke; wird der Holzvorrat jedoch abgebaut, spricht man von einer CO2-Quelle.

Zusätzliche Kohlenstoffspeicher

Überlegung zum Wald als CO2-Senke oder CO2-Quelle greifen aber zu kurz, wenn sie sich nur auf den stehenden Holzvorrat beziehen. Der wichtigste zusätzliche Kohlenstoffspeicher ist der Waldboden. Zugänge ergeben sich aus absterbenden Grob- und Feinwurzeln, Streufall, Schlagrücklass und Totholz; Abgänge aus dem mikrobiellen Kohlenstoffabbau. In einem nicht bewirtschafteten Wald, in dem es keine Nutzungen gibt und das Holz im Wald verbleibt, spielt der Totholzvorrat eine zentrale Rolle. Zugänge zum Totholzvorrat ergeben sich über die kalamitäts- und konkurrenzbedingte Mortalität, Abgänge durch mikrobiellen Holzabbau und Kohlenstofftransfer zum Waldboden.

Der Totholzvorrat hat im bewirtschafteten Wald kaum eine Bedeutung als Kohlenstoffspeicher. Hier übernimmt der sogenannte Holzproduktepool (HWP, Harvested Wood Products) die Funktion eines zusätzlichen Kohlenstoffspeichers. Das Holz wird je nach Nutzungsdauer unterschiedlich lange dem natürlichen Kreislauf entzogen und der Kohlenstoff bleibt in den Holzprodukten gespeichert. Aber auch hier gibt es einen Kreislauf: Am Ende der Nutzungsdauer wird Holz meist verbrannt, wodurch es das CO2 wieder an die Atmosphäre zurückgibt (Abbildung 2).

Ähnlich wie beim stehenden Holzvorrat gilt: Wachsen diese  Speicher an, dann sind sie eine CO2-Senke, nehmen sie ab, werden sie zur CO2-Quelle. Für die Beurteilung der Klimawirkung des Waldes müssen wir daher auch die Entwicklung der zusätzlichen Speicher berücksichtigen, so wie das in der internationalen Berichterstattung zur Treibhausgasinventur geschieht.

Einfluss von Bewirtschaftung und Klima

In einem nachhaltig bewirtschafteten Wald sind Abgang und Zuwachs annähernd gleich groß. Der Holzvorrat  ändert sich daher nicht. Erfolgt die Bewirtschaftung so, dass auch Altersklassenverteilung und Baumartenzusammensetzung unverändert bleiben, so ändert sich auch der Zuwachs nicht und zwischen dem Wald und den zusätzlichen Kohlenstoffspeichern hätte sich bereits ein Gleichgewicht eingestellt. Der Wald wäre dann CO2-neutral, d.h. weder eine CO2-Senke noch eine CO2-Quelle.

Allerdings basieren diese theoretischen Überlegungen auf einigen vereinfachenden Annahmen und in der Realität kommen noch andere Aspekte hinzu. An erster Stelle ist hier das zukünftige Klima zu nennen. Die Trockenheit der letzten Jahre hat uns gezeigt, wie rasch es zu Massenvermehrungen von Schädlingen kommen kann, die das Gleichgewicht im Wald empfindlich stören. Außerdem wird durch die Klimaerwärmung der Zuwachs in den höheren Lagen der Alpen eine Zeit lang zunehmen, in den tieferen Lagen dagegen abnehmen; und erfolgt die Nutzung vorzugsweise in bringungsgünstigen Lagen, dann hat das ebenfalls eine Auswirkung auf den Zuwachs, denn dort befinden sich meist auch die wüchsigeren Standorte.

All das führt zu einer Abfolge von Phasen, in denen der Wald eine Zeit lang als Senke wirkt, danach aber zur Quelle wird (Abbildung 3). Letzteres gilt auch für nicht bewirtschaftete Wälder, denn klimatisch bedingte Störungen können auch dort vorkommen.

Emissionen, die erst gar nicht entstehen

Diese insgesamt schon recht komplexe Betrachtung reicht aber nicht aus, um die Klimawirkung des waldbasierten Sektors ausreichend zu beschreiben. Holzprodukte ersetzen andere Produkte, die einen viel größeren "CO2-Rucksack" tragen. Durch die Verwendung von Holz vermeiden wir diese Emissionen. Natürlich ist auch der "CO2-Rucksack" der Holzprodukte zu berücksichtigen, die Rechnung geht aber fast immer zu  Gunsten des Holzes aus.

Im Projekt CareforParis wurden alle drei Wirkungen untersucht: Wald, Holzprodukte und vermiedene Emissionen. Interessant ist, dass in allen Szenarien mit marktorientierter Waldnutzung die vermiedenen Emissionen den größten Klimaschutzeffekt haben. Wichtig ist auch, dass der Wald in allen Szenarien bis zum Jahr 2150 von einer Senke zu einer Quelle wird (Abbildung 2). Wie rasch bzw. wie stark das passiert, hängt vom Klima und der Art der Bewirtschaftung ab.

Belassen wir aber einen Teil des Zuwachses im Wald, so nimmt der Vorrat laufend zu. In diesem Fall ist zwar die Senkenwirkung des Waldes am größten, es ist aber auch zu wenig Holz am Markt, um die gesamte Nachfrage nach Holzprodukten abdecken zu  können. Die vermiedenen Emissionen sind daher in diesem Szenario um ca. 200.000 kt CO2 geringer. Die fehlenden Holzprodukte müssen dann durch Produkte mit einem höheren Einsatz an fossilen Rohstoffen ersetzt werden, die aber zusätzliches CO2 in die Atmosphäre emittieren. Diese zusätzlichen Emissionen müssten wiederum vom Wald gebunden werden, da die Nutzung von fossilen Rohstoffen für sich selbst niemals einen Kreislauf bilden kann. Das steht im Widerspruch zur erforderlichen Dekarbonisierung der Wirtschaft, einem der wichtigsten Ziele des Paris-Agreements.

Die CareforParis-Studie hat gezeigt: Österreichs Wald kann die CO2-Senkenwirkung nicht dauerhaft erhalten, je nach Bewirtschaftungsszenario wird er früher oder später zu einer CO2-Quelle. Wichtig für den Klimaschutz durch den waldbasierten Sektor ist der Ersatz  fossiler Rohstoffe durch Holzprodukte. Weniger Holz nutzen bedeutet zusätzliche Emissionen von fossilem Kohlenstoff. Wenn wir aber das Klimaziel von Paris erreichen wollen, hat die Vermeidung von fossilen Treibhausgasemissionen oberste Priorität.