Verbreitung

Die Wildbirne - auch als Holzbirne bezeichnet - ist als Relikt wäremzeitlicher Eichenwälder anzusehen und gilt als eine einheimische Baumart der mitteleuropäischen Flora. Ihre Verbreitungsgrenzen werden unterschiedlich angegeben.

Als Zentrum der Entstehung und Ausbreitung der Gattung "Birne" nach Europa kann der Kaukasus lokalisiert werden. Dies gilt sowohl für die Wildbirne wie auch für die Kulturbirne. Vermutlich ist die Wildbirne in der nacheiszeitlichen Wärmezeit nach Mitteleuropa eingewandert. Heute besiedelt sie ein vergleichsweise grosses Areal, das von Portugal bis zum Kaspischen Meer reicht. Für die Rekonstruktion der Vegetationsgeschichte ist die Pollenanalyse nicht hilfreich, weil der Pollen der Birnen dem vieler anderer Gattungen ähnelt. Dafür verwendet werden können aber die fossilen Funde von Blättern und Früchten. Die ältesten fossilen Fruchtfunde der Wildbirne in Mitteleuropa stammen aus der Zeit der frühen Pfahlbauten an den Seen des Alpenrandes. Der heutige Verbreitungsschwerpunkt in der Schweiz liegt im Jurabogen v.a. auf Graten und Hangkanten und reicht von Schaffhausen bis Genf. Natürlich kommt sie eher auf Extremstandorten vor. Ohne Konkurrenz gedeiht die Art aber auf fast allen Böden. Optimale Wachstumsbedingungen finden Wildbirnen auf frischen, basenreichen Böden. Mit rund 4‘200 geschätzten Individuen (Mindestdurchmesser 5 cm) auf der Alpennordseite ist die Wildbirne eine der seltensten Baumarten der Schweiz.

Schwierige Unterscheidung der Wildbirne von der Kulturbirne

Die Unterscheidung von Wildbirnen und Kulturbirnen ist nicht einfach. Zum einen gibt es eine hohe genetische Vielfalt unter den Wildbirnen. Und zum anderen wird vielfach angenommen, dass die Wildbirne genetisch stark mit der Kulturform vermischt ist und eine Vielzahl von Hybriden existiert. Traditionell erfolgt die Unterscheidung der Wildbirne von der Kulturform bzw. den Hybriden über die Ansprache von äusseren Merkmalen wie die Ausgestaltung von Zweig, Blatt, Blüte, Frucht oder der Borke. Wildbirnen können strauch- oder baumförmig wachsen. Bei baumförmigem Wuchs sind der schlanke Habitus und die aufstrebende Krone typisch für das Erscheinungsbild. Je nach den Lichtverhältnissen im Kronendach ist auch eine einseitige, fahnenförmige Wuchsform mit einseitigen Steilästen kennzeichnend für die Wildbirne, deren maximale Höhe etwa 20 m beträgt.

Wildbirne (Pyrus pyraster) – Merkmale zur Unterscheidung von anderen Arten

Die Wildbirne ist kaum von der Kulturbirne (Pyrus communis) zu unterscheiden. Sie wird oft auch mit dem Wildapfel (Malus sylvestris) oder der Felsenkirsche (Prunus mahaleb) verwechselt. In der nachfolgenden Tabelle sind die äusserlichen Unterschiede aufgelistet:

 

Fortpflanzung und Wuchsverhalten

Die Wildbirne trägt zwar regelmässig Früchte, vermehrt sich aber nur spärlich aus Samen. Vermutlich hat sie nur Dank ihrer Vermehrung über Wurzelbrut überlebt.

Die Wildbirne ist eine konkurrenzschwache Lichtbaumart, die in ihrer Jugend ziemlich rasch wächst. In Beständen erreicht sie Höhen bis zu 20 Metern und kann Stammdurchmesser bis zu 90 Zentimeter erreichen.

Konkurrenzfähig auf extremen Standorten

Ohne Konkurrenz durch andere Baumarten kann die Wildbirne auf fast allen Böden wachsen; auf mässig sauren bis basischen und auf feuchten bis trockenen. Unter natürlichem Konkurrenzdruck durch andere Baumarten hingegen wird die Wildbirne in zwei gegensätzliche Randbereiche verdrängt. Zum einen kann sie sich auf extrem trockenen Standorten behaupten. Als Tiefwurzler kommt sie mit wenig Wasser aus und kann sich an der Trockengrenze in Konkurrenz mit der Hainbuche oder Eichen behaupten. Zum anderen kann sich die Wildbirne auch auf immer wieder überschwemmten Auenstandorten durchsetzen. Allgemein gilt die Wildbirne als Pionierbaumart auf wechseltrockenen, wechselfeuchten und feuchten Standorten. Aufgrund dieser Eigenschaften sind die Vorkommen der Wildbirne beispielsweise im Thurgau am ehesten auf und an den aus der Molasse herausragenden Hügelzügen (Seerücken, Ottenberg, Wellenberg, Immenberg) oder entlang der Thur zu erwarten.

Vorzügliche Holzeigenschaften

Das Holz der Wildbirne hat eine hervorragende Qualität und lässt sich vielseitig bearbeiten. Es ist wertvoll und begehrt. Bei dieser Ausgangslage verwundert es, dass daraus nie eine wirtschaftliche Bedeutung erwachsen ist und die Wildbirne nie systematisch nachgezogen wurde. Der Grund dürfte in der geringen Konkurrenzkraft und der hohen Lichtbedürftigkeit der Wildbirne liegen. Sie ist nicht in der Lage, in benachbarte Kronen hineinzuwachsen und reagiert stark auf Seitendruck. Dies erfordert häufige und konsequente Pflegeeingriffe, um die Wildbirne im Wirtschaftswald zu erhalten.

Birnbaumholz zählt zu den kostbartsten einheimische Hölzern. Aufgrund der Seltenheit findet man diese Baumart kaum auf dem Holzmarkt - falls doch oft zu sehr hohen LIebhaberpreisen. Die Wildbirne ist aber für die Holzverarbeitung aufgrund der geringen Mengen unbedeutend und daher gibt es auch keinen eigenen Holzmarkt dafür.

Erhaltung und Förderung der Wildbirne

Die Wildbirne ist zwar selten, kommt aber auf den geeigneten Standorten doch regelmässig vor.
Leider wird sie häufig nicht wahrgenommen oder als Wildbirne erkannt.
Unklar ist zudem, ob bei uns überhaupt artreine Wildbirnen vorkommen. Trotzdem ist es wichtig, möglichst artreine Wildbirnen zu identifizieren und für die Nachzucht von Pflanzmaterial zu verwenden. Wo vorhanden, können auch Wurzelbrut oder Stockausschläge für die Verjüngung genutzt werden.

Die Wildbirne kreuzt sich oft mit Kulturbirnen, ihre Seltenheit, die schlechte Wahrnehmung und die Fragmentierung der Population (genetische Verarmung) sind einige Gründe, um die Wildbirne in der Schweiz als stark gefährdet einzustufen. Weitere Gefährdungsursachen sind: Krankheiten, Verbiss oder Samenverzehr durch Tiere oder auch Forstwirtschaftlicher Natur in Form von Umstellung auf Hochwaldbetrieb oder Melioration.

Selbstverständlich steht die Bereicherung der ökologischen Vielfalt und des Landschaftsbildes beim Erhalt der Wildbirne im Vordergrund. Gelingt es aber, einen zusätzlichen Nutzen wie die Produktion des wertvollen Holzes oder das Brennen von Wildbirnenschnaps damit zu verbinden, so wird die Erhaltung und Förderung der Wildbirne umso grössere Unterstützung finden.

 

Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der Wildbirne sind dringend erforderlich. Zuerst braucht es Grundlagen zur Arterkennung. Damit wird man weitere, noch unbekannte Vorkommen suchen und verifizieren können. Zur Pflege dieser Baumart in Waldbeständen gibt es kaum Erfahrungen. Die Aussagen zum Wildbirnen-Waldbau sind daher heute noch nicht gesichert. Wer die Wildbirne fördern will, soll möglichst autochtones, artenreichers Vermehrungsgut verwenden.

Wissenswertes zur Wildbirne kurz zusammengefasst:

  • Die sommergrüne Wildbirne kommt strauchartig vor oder erreicht Höhen zwischen 8 und 20 m
  • sie kann 100 bis 150 Jahre alt werden
  • Blütezeit: April bis Mai
  • aus ihr wurde die Kulturbirne gezüchtet
  • in Mitteleuropa ist sie insbesondere in wärmeren Gebieten anzutreffen