Die meisten Laubbäume bereiten sich mit dem Laubfall und der Herbstfärbung auf die kalte und damit auch wasserarme Jahreszeit vor. Die abnehmende Tageslänge im Herbst löst diesen Prozess aus, der durch die ersten kühlen Nächte unterstützt wird. Um einen Verlust des für die Pflanze wichtigen grünen Farbstoffs Chlorophyll zu verhindern, wird dieser in den Blättern abgebaut und vom Baum bis zum nächsten Frühjahr in Zweigen, im Stamm oder in der Wurzel gespeichert. Im Frühjahr, beim Blattaustrieb, werden diese Stoffe wieder mobilisiert und Chlorophyll neu gebildet.
Bunte Farbenpracht des Herbstlaubes
Das bunte Herbstlaub ist eigentlich das Ergebnis einer Entfärbung der bisher grünen Blätter. In der Vegetationszeit überwiegt der grüne Farbstoff in den Blättern und überdeckt alle anderen Pigmente. Mit dem Abbau des Chlorophylls im Herbst erscheinen die bisher versteckten anderen Pigmente: Xanthophylle (gelb), Karotinoide (gelb, orange, rot) und Anthocyane (rot, violett). Sie verursachen die herbstliche, oftmals beeindruckende und spektakuläre Laubfärbung. Braun als Farbe tritt meist bei unseren Eichen auf, da der hohe Gehalt an Gerbstoffen (Polyphenole) oxidiert und zur Braunfärbung des Blattes führt.
Bei unseren heimischen Laubbäumen überwiegen beim Herbstlaub gelbe oder gelbbraune Farbtöne, z.B. bei Hainbuche, Sommer- und Winterlinde, Birke, Pappel, Bergahorn. Oftmals zeigen Spitzahorn, Elsbeere und Vogelkirsche mit gelben, orangen und roten Farbtönen eine sehr eindrucksvolle Laubfärbung. Fast erreicht der Spitzahorn hier die Farbpalette des für seine Herbstfärbung berühmten amerikanischen Zuckerahorns (Acer saccharum). Auch die aus Nordamerika stammende Roteiche (Quercus rubra) fällt durch ihre intensive rote oder rotviolette Herbstfärbung auf (Abbildung 1). Noch intensiver rot verfärben sich die verwandten nordamerikanischen Eichenarten, Scharlacheiche (Quercus coccinea) und Sumpfeiche (Quercus palustris).
Einige heimische Gehölze, wie z.B. Erle, Esche und Holunder, werfen ihre Blätter ohne Verfärbung meist grün ab.
Nach dem Abtransport aller wertvollen Stoffe bildet der Baum am Grunde des Blattstiels ein korkiges Trenngewebe. Dieses unterbindet die Wasserversorgung des Blattes und schafft zugleich eine Sollbruchstelle. Ein kleiner Windstoß reicht aus, um das Blatt vom Zweig zu lösen. Mit dem Korkverschluss an der Blattansatzstelle bildet der Baum aber auch einen Schutz, der verhindert, dass Krankheitserreger eindringen können.
Es fällt aber auf, dass manche Baumarten wie Buchen, Hainbuchen und Eichen ihre vertrockneten Blätter oft bis in den Frühling hinein noch an den Zweigen behalten. Bei diesen Bäumen bildet sich kein Trenngewebe im Blattstiel, sondern es werden Zellen aufgebaut (sog. Thyllen), welche die Nährstoffbahnen der Pflanze zum Blatt verstopfen.
Grüne Inseln in bunten Blättern
Auffällig sind oft scharf abgegrenzte, frischgrüne Flecken auf bereits verfärbten Blättern, die sog. “Grünen Inseln” (Abbildung 3 u. 4).
Doch wo liegt die Ursache? Meist handelt es sich um einen Befall von im Blatt minierenden Insektenlarven, z.B. Miniermotten. Diese unterbrechen durch ihren Fraß die Leitungsbahnen im Blatt und der Baum kann aus diesen Blattbereichen das Chlorophyll nicht mehr abbauen. Außerdem führt der Befall durch Pilze, Bakterien und minierende Insektenlarven zu einer erhöhten Cytokinin-Ausschüttung. Das ist ein Pflanzenhormon, das der Blattalterung entgegenwirkt. Damit stehen den Schaderregern im Blatt die dortigen Nährstoffe noch länger zur Verfügung. Auch die Gallbildner auf Blättern, z.B. die Buchengallmücke Mikiola fagi, produzieren verschiedene Phytohormone, so z.B. Auxine und cytokininähnliche Substanzen, die bewirken, dass benachbartes Pflanzengewebe verzögert altert, was sich in den grünen Blattinseln im verfärbten Herbstlaub zeigt und der Entwicklung der Larve in der Galle zu Gute kommt.
Herbstlicher Laubfall als Anpassung an die Winterzeit
Der jährliche Laubfall im Herbst ist bei den sommergrünen Laubbäumen eine Anpassung an den winterlichen Wassermangel. Um den Wasserverlust durch Verdunstung über die Blattoberfläche zu verhindern, werfen Laubbäume in Zeiten mit geringer Wasserversorgung ihre Blätter ab. Der Laubfall ist aber nicht nur ein wirksamer Verdunstungsschutz, sondern zugleich auch eine Entschlackungskur. Zusammen mit den abgeworfenen Blättern entsorgt der Baum die im Laufe des Sommers in den Blättern angereicherten Stoffwechsel-Endprodukte und Umweltgifte. Darüber hinaus können winterkahle Bäume der Schneelast im Winters besser widerstehen.
Der herbstliche Laubfall wird also nicht in erster Linie durch Frost und starke Winde verursacht, sondern ist das Resultat eines aktiven Prozesses der Laubbäume, um sich auf die ungünstige Winterzeit vorzubereiten, in der die Wasserversorgung bei gefrorenem Boden für die Bäume das größte Problem darstellt.
Literatur
- Böhlmann, D. (2009): Warum Bäume nicht in den Himmel wachsen, Quelle & Meyer, S. 375
- Dörken, V.M. (2011): Herbstfärbung – eine spektakuläre "Recycling-Aktion" zum Ende der Vegetationsperiode, Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 2, S. 215-219
- Engelbrecht, L. (1968) Cytokinin in den ,,grünen Inseln” des Herbstlaubes. Flora, Allgemeine botanische Zeitung, Abt., Physiologie und Biochemie, 159, S. 208-214
- Jablonski, E. (2025): Bäume - Was Sie schon immer fragen wollten, Quelle & Meyer, S. 295




