
Aktuelle Umweltveränderungen
Die Reaktionen der Bäume auf diese Veränderungen kann sich je nach Region, Standort und Baumart stark unterscheiden. So gibt es in den vergangenen Jahren einen merklichen Zuwachsrückgang bei der Europäischen Buche (Fagus sylvatica L.) in Mitteleuropa, aber auch Zuwachssteigerungen der Gemeinen Fichte (Picea abies (L.) H. Karst.) in Nordeuropa. Die Geschwindigkeit der Umweltveränderungen kann die Anpassungsfähigkeit der Baumarten dabei durchaus überschreiten und auch zu nachteiligen Änderungen führen. Wir sind dadurch gezwungen alternative heimische und nicht-heimische Baumarten und deren Herkünfte ausfindig zu machen, die einen stabilen und resilienten Wald bilden können. Dafür kann es hilfreich sein, zurückliegende Perioden des Baumwachstums zu untersuchen, um daraus Schlüsse auf zukünftige Wachstumsreaktionen der Baumarten ziehen zu können.

Abb. 1. Entwicklung der mittleren jährlichen Lufttemperatur (oben), des jährlichen Niederschlages (Mitte) und der mittleren klimatischen Wasserbilanz (unten) in Brandenburg von 1880 bis 2023 auf Basis der Daten des DWD (DWD 2024), verändert nach Engel et al. (2025). Die rote Linie kennzeichnet eine Spline-Funktion zur Demonstration des langfristigen Trends.
Langfristige Wachstumstrends in Europa
Dass das Baumwachstum in Europa einem langfristigen Trend unterliegt, konnte schon früh in vielen Ländern nachgewiesen werden, so zum Beispiel anhand von Jahrringanalysen. In Mitteleuropa sind dabei Steigerungen des Einzelbaum- und Bestandeszuwachses nachweisbar. So fand Pretzsch et al. (2014) für die Europäische Buche und Gemeine Fichte auf Basis von langfristigen Versuchsflächen in Bayern positive Veränderungen seit 1870. Dieses „schnellere“ Baumwachstum geht allerdings mit verminderten mittleren Holzdichten einher, bei Europäischer Buche und Trauben-Eiche (Quercus petraea (Matt.) Liebl.) bis zu 12 Prozent seit 1900. In einer kürzlich erschienen Publikation wurden Versuchsflächendaten aus ganz Europa ausgewertet mit dem Ergebnis, dass starke regionale Trendunterschiede im Baumwachstum feststellbar sind. So gibt es allgemein in Südeuropa negative Trends, in Mitteleuropa neutrale bis leicht positive Trends und in Nordeuropa stark positive Trends. Für Brandenburg werden in der Studie neutrale bis leicht positive Trends erkennbar.
Langfristige Versuchsflächen
In Brandenburg wurden die ersten langfristigen Versuchsflächen um das Jahr 1870 angelegt. Seitdem wurden eine ganze Reihe verschiedener Versuche gestartet: Zur Untersuchung von optimalen Durchforstungen für maximalen Ertrag, Herkunftsversuchen oder auch Anbauversuchen. Im Zuge dessen wurden Saaten aus anderen Ländern, auch solche aus Nord-Amerika, nach Brandenburg verbracht, um daraus neue Kulturen anlegen zu können und die Eignung einer Baumart, ihr Wachstum, ihre Holzqualität und ihre Anpassungsfähigkeit an lokale Standortbedingungen zu untersuchen (siehe Abb. 2).
Einige dieser langfristigen Versuche mit heimischen und nicht-heimischen Baumarten werden noch heute aktiv vermessen und können uns daher Einblicke in die zurückliegenden Wachstumsverläufe der Baumarten geben. Darüber hinaus erlauben sie eine waldbauliche Einschätzung, ob nicht-heimische Baumarten zukünftig in unsere Wälder integriert werden könnten.
Langfristige Versuchflächen ohne jede Behandlung als Referenzfläche in einem Versuch wurden seltener angelegt, vor allem nach 1960. Diese Referenzfläche sind zur Beurteilung von Trends im langfristigen Bestandeswachtum unverzichtbar, da Störungen durch Durchforstungen vermieden werden und somit die Umweltbedingungen die alleinigen Treiber des Baumwachstums sind. So erlauben diese Flächen unter anderem die Veränderung der sogenannten Selbstdurchforstung zu untersuchen. Wachstumstrends auf Einzelbaumebene können beispielsweise mit Jahrringbohrungen untersucht werden oder aber auch mit dem Höhenzuwachstrend, insofern wichtige Ko-Faktoren, wie das Baumalter und der Standort, mit in Betracht gezogen werden.
Langfristige Wachstumstrends in Brandenburg
In Brandenburg wurden in einer kürzlich erschienenen Studie eine Vielzahl an langfristigen Versuchsflächen hinsichtlich des Bestandeswachstumsrends und des Höhenwachstumstrends ausgewertet. Für den Bestandeswachstumstrend wurden 60 Referenzflächen bzw. A-Grad Flächen der Gemeinen Kiefer und der Trauben-Eiche ausgewählt. Für den Höhenwachstumstrend wurden insgesamt 1765 Parzellen ausgewertet, wobei die Ergebnisse von vier Baumarten hier dargestellt werden. Alle untersuchten Flächen sind Teil des langfristigen Versuchsflächennetzes.
Bei den Bestandeswachtumstrends wurden der Vorrat und der Volumenzuwachs pro Hektar für Gemeine Kiefer und Trauben-Eiche seit 1893 beziehungsweise 1878 in Abhängigkeit zum Baumalter untersucht (Abb. 4). Bei beiden Baumarten zeigten sich deutliche Steigerungen des Vorrates und des Volumenzuwachses, wobei die positive Veränderung bei der Gemeiner Kiefer am deutlichsten war, was mit der höheren Anzahl an Referenzflächen zusammenhängt. Die Periode 2001–2024 liegt in dem beobachteten Zuwachs deutlich über der Periode 1878(1893)–1960. Die Umweltveränderungen haben somit in den vergangenen Perioden einen deutlichen Mehrzuwachs auf Bestandesebene hervorgerufen.

Abb. 4. Beziehungen zwischen Vorrat (links) und Volumenzuwachs (rechts) zum Baumalter für die Baumarten Traubeneiche (Quercus petraea) und Gemeine Kiefer (Pinus sylvestris). Die Beziehungen sind für die Zeiträume 1878 (1893)–1960 (schwarz), 1961–2000 (blau) und 2001–2024 (rot) angegeben. Geraden zeigen lineare Regressionen für den jeweiligen Zeitraum.
Schaut man nun auf den Höhenzuwachstrend auf Einzelbaumebene, zeigt sich im Gegensatz dazu ein differenzierteres Bild. Für den Höhenzuwachstrend wurden nur solche dominante Bäume in Betracht gezogen, die frei von Lichtkonkurrenz ihrer Nachbarbäume wuchsen, was sonst die Ergebnisse verzerren würde. Mit Hilfe eines hierarchischen Modells wurde der Einfluss des Standortes und des Baumalters je Baumart gesondert für die gesamten 1765 Parzellen geschätzt, was uns ermöglicht, den Einfluss des Kalenderjahres gesondert zu schätzen. Dieser geschätzte langfristige Höhenzuwachstrend ist in Abb. 5 dargestellt.
Fazit
Die Baumarten Gemeine Kiefer, Europäische Buche und Trauben-Eiche zeigen einen langfristigen Aufwärtstrend, der von kleineren Schwankungen unterbrochen wird. Für Stiel-Eiche ist die Schätzung sehr unsicher, wodurch wir keinen klaren Trend erkennen können. Bemerkenswert ist ein Abknicken des Trends in den Jahren 2000–2020 für alle Baumarten. Diese Umkehr im Zuwachstrend ist in den Bestandeszuwachstrends nicht sichtbar, aufgrund der periodenweisen Aggregation der Ergebnisse. Und dennoch ist er interessant, da er auf mögliche negative Umwelteinwirkungen hinweisen kann. So kann der Effekt aufeinander folgender Dürrejahre seit 2000 als eine Ursache für die Trendumkehr angenommen werden. Die exakte relative Gewichtung der einzelnen möglichen Faktoren, wie Temperaturanstieg und Stickstoff-Deposition, ist jedoch in dieser Untersuchung nicht deutlich. Die regionalen Ergebnisse aus den Brandenburger Versuchsflächen reflektieren somit Wachstumstrends auf Europäischer Ebene und sind mit Ergebnissen aus Jahrringuntersuchungen durchaus vergleichbar. Die Ergebnisse aus langfristigen Versuchsflächen werden auch in Zukunft wertvolle Einsicht in die Wachtumsvorgänge von Baumarten geben können, weshalb eine Weiterführung und Ausbau solcher Flächen zu empfehlen ist.
Hier finden Sie eine Aufzeichnung des Vortrags von Markus Engel zum Eberswalder Waldkolloquium 2025 – Vorträge | Landesbetrieb Forst Brandenburg
Literaturquellen entnehmen Sie bitte dem Originaltext in der Eberswalder Forstlichen Schriftenreihe.
Klicken Sie hier für den Grundlagenartikel in Englisch: Engel, M., Hagemann, U., Schröder, J.: Long-Term Growth Trends of 18 Native and Non-Native Tree Species Based on Data from Experimental Plots Since 1878 in Brandenburg, Germany (2025) MDPI Open Access Journals Onlineversion 12.03.2025. https://www.mdpi.com/1999-4907/16/2/225
Die deutsche Übersetzung dieses Artikels finden Sie hier auf der Internetseite des LFE.


