Um die Wälder an den Klimawandel anzupassen, muss sich die Baumartenmischung vielerorts grundlegend verändern. Oft findet man – wenn man genau hinschaut – auch in artenarmen Jungwäldern einzelne Exemplare zukunftsfähiger Baumarten. Diese sind jedoch oft (noch) konkurrenzschwach und können sich ohne Pflege nicht halten. Auch wenn deren Überlebenschancen teilweise ungewiss sind, lohnt sich deren Förderung.

Anpassung der Baumartenmischung ist zentral

Der rasch fortschreitende Klimawandel führt zu deutlichen Veränderungen der Höhenstufengrenzen und Standortsverhältnisse. Dadurch wird sich die Baumartenzusammensetzung auf grosser Fläche stark verändern. Im Gebirgswald wird insbesondere der Fichtenanteil bis in höhere Lagen massiv abnehmen. Tools wie Tree-App geben hierzu konkrete Hinweise. 

Um die zukünftigen Waldleistungen bestmöglich zu sichern, sollten diese natürlichen Veränderungen in der Baumartenmischung wo immer möglich unterstützt bzw. teilweise vorweggenommen werden. Zudem ist angesichts der vorhandenen Unsicherheiten die Risikoverteilung mittels Förderung der Baumartenvielfalt unbestrittene Zielsetzung.

Doch wie gelingt dies? Neu aufwachsende Naturverjüngung soll immer bestmöglich auch an die zukünftigen Standortverhältnisse (u.a. Lichtdosierung) angepasst werden. Wo das Samenangebot fehlt, sind Pflanzungen oder Saat zu prüfen. Hinzu kommen punktuell unterstützende Massnahmen wie Bodenschürfungen oder Verbissschutz. Insbesondere das Aufbringen von bisher nur beschränkt standorttauglichen Baumarten ist jedoch sehr anspruchsvoll und die Erfolgsquoten sind häufig gering, insbesondere wenn zusätzlich zu suboptimalen Wuchsbedingungen der Wildeinfluss übermässig stark ist.

Abb. 2. In einer Vivian-Sturmfläche konnten sich einige Buchen entwickeln. Buche ist hier wichtige Zukunftsbaumart, weil sich der Standort von hochmontan zu submontan entwickeln dürfte. Entsprechend wurde sie als Z-Baum ausgewählt und mehrere schöne Fichten entfernt. Fotos: R. Schwitter (GWP)

Wer sucht, der findet oft erstaunlich viel

Angesichts dieser Schwierigkeiten ist es besonders wichtig, den im Jungwald (oder auch im Baumholz) vorhandenen Individuen dieser zukunftstauglichen, aber gegenwärtig noch wenig konkurrenzstarken Baumarten viel Beachtung zu schenken. Denn in vielen auf den ersten Blick artenarmen Dickungen oder Stangenhölzern findet man bei genauerem Hinsehen einzelne Ahorne, Linden, Eichen, Buchen etc. Man muss sich jedoch die Zeit nehmen, nach ihnen zu suchen, denn oft sind es nur wenige Exemplare pro Hektare. Gleiches gilt auch für Pionierbaumarten wie Birke oder Aspe. Sie haben den grossen Vorteil, dass sie sowohl mit dem heutigen als auch mit dem zukünftigen Klima sehr gut zurechtkommen. Sie sind aber ebenfalls konkurrenzschwach, sobald sie keinen Wachstumsvorsprung mehr haben und von anderen Baumarten bedrängt werden.

Zukunftstauglichkeit vor Vitalität?

Solche Einzelbäume (noch) konkurrezschwacher Zukunftsbaumarten sind oft nur mitherrschend oder gar beherrscht. Sie als Z-Bäume auszuwählen, widerspricht somit dem Grundsatz der bisherigen Lehrmeinungen zur Jungwaldpflege, nur die vitalsten Einzelbäume eines Bestandes zu fördern. Es macht aber Sinn, sie zu fördern, wenn sie aus Klimawandel-Sicht im Vergleich zu den direkten Konkurrenten deutliche Vorteile zu einer heute keimenden Naturverjüngung oder einem frisch gepflanzten Baum aber oft deutlich höher: Sie haben bereits mehrere Jahre im gegenwärtigen Klima überlebt sowie den Konkurrenzverhältnissen und dem Wildeinfluss widerstanden. Hierzu kommt, dass je nach Baumalter oft ein "Zeitgewinn" von 10 bis 30 Jahren möglich ist.

Ohne gezielte Förderung verschwinden solche Einzelbäume meist bald und unbemerkt, sodass Bestände mit deutlich weniger Baumartenvielfalt und geringerem Anpassungspotenzial übrigbleiben. Zudem müssen diese Bäume nicht zu Stabilisierungsträgern oder Wertträgern werden, sondern in erster Linie Samen produzieren, weshalb die Anforderungen an sie geringer sind. Und selbstverständlich gilt der Grundsatz, die vitalsten Einzelbäume einer Zielbaumart zu fördern, auch hier – wenn man den Luxus hat, auswählen zu können.

Schwache Eingriffe für wenige Einzelbäume

Diese konkurrenzschwachen Zukunftsbäume stocken oft in sehr geringer Zahl auf Flächen, auf denen für die grosse Mehrheit der Jungbäume gegenwärtig keine Eingriffe notwendig sind und die Selbstdifferenzierung spielen kann und soll. Pflegeeingriffe zum Mischungserhalt sind daher oft in einem deutlich früheren Zeitpunkt resp. häufiger sinnvoll, umfassen aber teilweise nur eine sehr tiefe Anzahl von Z-Bäumen. Das führt zu äusserst geringen Eingriffsstärken pro Hektare. Die Hauptarbeit liegt darin, die wenigen versteckten Einzelbäume zu suchen und zu erkennen. Die eigentliche Ausführung ist dann auf die Hektare bezogen mit äusserst geringem Aufwand verbunden.

Die Eingriffsstärke pro Z-Baum ist variabel zu wählen, je nach Lichtbedarf und Stabilität des Z-Baumes sowie der Möglichkeit/Wahrscheinlichkeit, in wenigen Jahren wiederzukommen. Bei wenigen Bäumen pro Hektare kann es auch sinnvoll sein, deren Koordinaten zu speichern, was gezielte Folgeeingriffe sehr viel effizienter und wahrscheinlicher macht.

Auch in Kombination mit üblichen Pflegeeingriffen

Die Förderung konkurrenzschwacher Zukunftsbäume kann selbstverständlich auch gut mit Eingriffen kombiniert werden, welche auch die dominierenden Baumarten betreffen und/oder die Bestandesstruktur fördern. Beispielsweise eine Kammerung mit Förderung der Mischbaumarten innerhalb der Kammern. Oder eine Z-Baum-Pflege, bei welcher sowohl eine geringe Anzahl (vor-)herrschender Einzelbäume der bisherigen Hauptbaumarten gefördert werden, gleichzeitig aber auch die besten Einzelbäume bisher wenig konkurrenzstarker, aber besonders wichtiger Baumarten, auch wenn diese (mangels Alternativen) nur mitherrschend oder gar bedrängt sind.

Fazit

Insgesamt sehen weder die Fachstelle für Gebirgswaldpflege (GWP) noch die Gebirgswaldpflegegruppe (GWG) Bedarf, die bisherigen Grundsätze und Empfehlungen zur Jungwaldpflege im Gebirgs- und Schutzwald wesentlich zu überarbeiten. Besonders wichtig bleibt, Pflegeeingriffe konsequent auf die langfristige Zielsetzung auszurichten. Ebenso die Grundsätze, dass bei Förderung einer grossen Anzahl Z-Bäume die Nachteile überwiegen und dass die frühzeitige Strukturierung/Überführung im Gebirgswald zentral ist.

Immer deutlicher wird aber, dass die sich aufgrund des Klimawandels veränderten Mischungsziele und Konkurrenzverhältnisse dazu führen, dass hohe Baumartenvielfalt noch bedeutender wird und dass der Grundsatz, jeweils nur die aktuell vitalsten Bäume eines Bestandes zu fördern, teilweise nicht mehr sinnvoll erscheint.

Die Jungwaldpflege ist eine der wichtigsten waldbaulichen "Hebel", um die Waldentwicklung bestmöglich an den Klimawandel anzupassen.

Weiterführende Informationen

Praxishilfe und Checkkarten zur Jungwaldpflege im Gebirgswald (GWP)