Hintergrund und Zielsetzung der Befragung
Im Frühsommer 2024 wurde eine landesweite Befragung der Revierleitenden innerhalb der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg durchgeführt, um einen Überblick zur Wiederbewaldung der kalamitätsbedingten Schadflächen in den Körperschafts- und Privatwäldern (ohne eigenes Personal) aus den sechs Jahren 2018 bis 2023 zu erhalten. In diesem Zeitraum entstanden in Baden-Württemberg durch verschiedene Schadfaktoren erhöhte kalamitätsbedingte Schadholzmengen, die in der Folge auch Schadflächen mit Wiederbewaldungsbedarf verursachten [1]. Zwar waren die übergeordneten Ziele und Strategien zum Prozess der Wiederbewaldung dieser Flächen durch die Landesforstverwaltung im “Praxisleitfaden für die Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen im Klimawandel” [2] festgehalten worden, jedoch lagen keine genaueren Informationen vor. Der anhand der Befragung erfasste Überblick sollte im Nachgang die Identifikation von Handlungsspielräumen und -notwendigkeiten sowie die Evaluation waldbaulicher Zielsetzungen ermöglichen. Auf dieser Basis können zudem die Strategien zur Wiederbewaldung weiterentwickelt werden [3][4].
Vorgehen bei der Befragung
Schadflächen mit Wiederbewaldungsbedarf im Sinne der Befragung sind alle im oben genannten Zeitraum durch zufällige Nutzungen entstandenen Flächen, die aufgrund Ihrer Größe eine Wiederbewaldung erfordern und auf denen zum Schadzeitpunkt keine gesicherte, natürliche (Voraus-) Verjüngung übernommen werden konnte. Dies können “zusammenhängende Freiflächen ab einer Größe von 0,1 ha sein, sowie Flächen mit einem Überschirmungsgrad von <40 %, die größer als 0,3 ha sind.” [2]
Um für diese Flächen Informationen zu gewinnen, wurde entsprechend den o.g. Zielen ein standardisierter Fragebogen entworfen. Dieser wurde zur Beantwortung online auf der Plattform “SoSciSurvey” für Angehörige der Zielgruppe bereitgestellt. Die Zielgruppe umfasste seinerzeit 639 für die Körperschafts- und Privatwälder (ohne eigenes Personal) zuständige Revierleitende an den 46 Unteren Forstbehörden. Sie wurden gebeten, innerhalb des achtwöchigen Befragungszeitraums für ihr betreutes Revier Einschätzungen zu den unterschiedlichen Fragestellungen abzugeben.
Rückmeldungen aus den Revieren
Als Grundlage für die Ergebnisdarstellungen und Analysen konnten insgesamt 365 vollständige Rückmeldungen aus 45 Unteren Forstbehörden erfasst und somit eine Rückmeldequote von 57 % der Zielgruppe erreicht werden. Die erfassten Daten zu Schadflächen mit Wiederbewaldungsbedarf in den Revieren lassen nach der Plausibilisierung der Datensätze und Gewichtung der einzelnen Revierrückmeldungen anhand der Betroffenheit mit wiederbewaldungsbedürftigen Schadflächen in der Folge eine repräsentative Gesamtübersicht einschließlich statistischer Genauigkeitsaussagen zu.
Schadflächen mit Wiederbewaldungsbedarf
Durch die Hochrechnung der Befragungsdaten ergibt sich eine Gesamtgröße von 12.965 ha Schadflächen mit Wiederbewaldungsbedarf in den baden-württembergischen Körperschafts- und Privatwäldern (ohne eigenes Personal). Die durchschnittliche Einzel-Flächengröße umfasst nach Einschätzung der Revierleitenden in 92% der Reviere unter einem Hektar. Zwischen den Revieren zeigen sich große Unterschiede der Betroffenheit, welche sich auch in regionalen Schwerpunkten des Schadgeschehens im Süden, besonders im Süd-Schwarzwald und im Nord-Osten Baden-Württembergs niederschlagen.
Stand der Wiederbewaldung
Bis zum Zeitpunkt der Befragung waren bereits 76% der betrachteten Schadflächen mit Wiederbewaldungsbedarf in Baden-Württemberg wieder bestockt, wovon 44% auf die Verjüngungsart Pflanzung oder Saat und 32% auf die Naturverjüngung entfallen (Abb. 2). Zusammengefasst sind 37% der wiederbewaldeten Schadfläche nach Einschätzung der Revierleitenden bereits gesichert verjüngt. Zudem wurden 65% der bereits wiederbewaldeten Schadfläche als zielgerecht bewertet, während sich 35% der Flächen nach den Einschätzungen der Befragten häufig aufgrund der Übernahme von bereits etablierter, nicht zielgerechter Naturverjüngung und Wildverbiss/-schäden, nicht entsprechend den Zielen entwickeln. Insgesamt 24% der betrachteten Flächen waren bis zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht verjüngt.
„Die Gesamt-Schadfläche ist bundesweit betrachtet eher gering und konnte bereits zum großen Teil zielgerecht wiederbewaldet werden.“
Anbauflächen
Die Pflanzung oder Saat auf bereits wiederbewaldeten Schadflächen erfolgte vorwiegend mit unterschiedlichen Eichenarten (29%) und sonstigen Laubbäumen (20%) sowie der Douglasie (20%). Insgesamt wurde ein Laubbaumanteil von 63% erreicht, welcher einem Anteil von 37% Nadelbäumen gegenübersteht (Abb. 3). Im Vergleich zu den angefallenen Schadholzmengen aus den Vorbeständen, welche mit insgesamt 83% Nadelholzanteil vorwiegend die Fichte betroffen haben, lässt sich ein offensichtlicher Baumartenwechsel auf den angefallenen Schadflächen beobachten. Besonders deutlich wird dies neben dem erhöhten Laubholz-Anteil auch an den sogenannten Test-Baumarten für den experimentellen Anbau wie z. B. der Baumhasel oder die Atlas-Zeder, die als Gruppe insgesamt etwa 4% der Gesamtfläche dieser Verjüngungsart ausmachen. Zusätzliche Herausforderungen bei der Wiederbewaldung durch Anbauten zeigen sich am Ausfallprozent, welches mit durchschnittlich 21% in vielen Revieren eine Aus- oder Nachbesserung erfordert oder auch einem Anteil von beträchtlichen 82% der Kulturflächen, die vor Wildschäden geschützt werden mussten.
Naturverjüngung
Auf natürlich verjüngten Schadflächen mit Wiederbewaldungsbedarf sind die Baumarten Fichte (26%) und Buche (24%) dominant. Dies war angesichts der Baumartenzusammensetzung der Vorbestände auch zu erwarten. Trotz dieser Ausgangslage können sich weitere Baumarten etablieren. Besonders die Baumartengruppe Ahorn (16%) und in nadelholzdominierter Naturverjüngung die Tanne (12%) sind in diesem Zusammenhang als häufige Baumarten in der Naturverjüngung zu nennen. Nur selten allerdings treten die Eichen, sonstige Laub- und Nadelbäume sowie die Douglasie auf.
Folgerungen aus den Ergebnissen
Die Ergebnisse zeigen, dass ein großer Teil der betrachteten Schadflächen mit Wiederbewaldungsbedarf aus dem Zeitraum 2018 bis 2023 in den vergangenen Jahren bereits überwiegend zielgerecht wiederbewaldet werden konnte. Die erfasste Gesamt-Schadfläche im Land ist bundesweit betrachtet eher gering [vgl. z.B. 5]. Nur etwa ein Viertel der Gesamt-Schadholzmenge hat zu Schadflächen mit Wiederbewaldungsbedarf geführt, während die große Masse der zufälligen Nutzungen in Form von diffusen Schäden auftrat, die nur wenige Bäume oder bereits gesichert vorausverjüngte Bestände betrafen (Abb. 4). Dies ist als Folge der hiesigen besonderen naturräumlichen Ausstattung aber auch als Erfolg der bisherigen Waldbaustrategien zu werten, die den Strukturreichtum gefördert haben [6].
Jedoch verbleiben auch besondere Herausforderungen für Waldbesitzende: Kurz- bis mittelfristig werden zur Zielerreichung von klimastabilen Mischwäldern zielgerichtete Maßnahmen zur Pflege in den jungen Beständen nötig sein. Je nach Betroffenheit werden sie auch bedeutsame Arbeitsschwerpunkte für die Forstleute und die Waldbesitzenden darstellen. Aufgrund der unterschiedlich weit fortgeschrittenen Entwicklung auf den Flächen und dem damit entstehenden zeitlichen Versatz auf den verhältnismäßig kleinen, aber zahlreichen Einzelflächen wird die Organisation solcher Maßnahmen erschwert und macht eine wiederkehrende, systematische Bewertung der Verjüngungsflächen durch die örtlichen Revierleitenden unerlässlich.
Ein Nachsteuern zugunsten klimastabiler Baumarten wird absehbar notwendig. Die damit verbundenen Bedarfe für die Beratung und Förderung werden zurzeit aus den wertvollen Quantifizierungen dieser Befragung abgeleitet. Bei der Gestaltung der Unterstützungsangebote für Waldbesitzende werden vorgenannte Besonderheiten, aber auch die Herausforderungen, die durch die dynamische Entwicklung mit zusätzlich zu erwartenden, neuen Schadereignissen entstehen, beachtet werden. Über diese Betrachtung hinaus, stehen weitere Maßnahmen zur Förderung klimaanpassungsfähiger Wälder in bislang nicht oder wenig geschädigten Beständen an.








