Die Autoren der Studie zogen 79 junge Douglasien aus dem Boden und vermaßen an den herausgerissenen Pflanzen die Wurzelsysteme und weitere Pflanzenparameter (vgl. Abb. 3 bis 6). Ihr Ergebnis: Bei zunehmender Überschirmung oder steigendem Konkurrenzdruck leidet die Standfestigkeit junger Douglasien. Verantwortlich dafür sind negative Auswirkungen auf Wurzelentwicklung und Durchmesserwachstum (ungünstige Wurzel-Spross- und H/D-Verhältnisse).

Die Stabilität der Einzelbäume ist für die Forstwirtschaft die entscheidende Größe, um naturale Betriebsziele planbar und langfristig zu erreichen. Dass dazu bei frei aufwachsenden Nadelbäumen möglichst früh mit stabilisierenden, standraumerweiternden Eingriffen begonnen werden sollte, ist im Prinzip unbestritten. Im Gegensatz dazu bestehen bei Verjüngungen unter Schirm noch offene Fragen.

Leiden überschirmte Douglasien unter Stabilitätsprobleme?

Dies trifft auch für die Douglasie (Pseudotsuga menziesii Mirb. (Franko))zu. Vor dem Hintergrund der langen Anbaugeschichte, zunehmender Flächenanteile, raschen Wachstums, wertvollen Holzes und günstiger Prognosen im Klimawandel gewinnen bei dieser Baumart Fragen nach der waldbaulichen Behandlung und Verjüngung zunehmend an Bedeutung. In ihrer Heimat Nordamerika entstehen für die Douglasie meist nur nach großflächigen Bestandesauflösungen höhere Verjüngungspotenziale. In Mitteleuropa vermag sie sich dagegen – aus bisher nicht abschließend geklärten Gründen – offensichtlich auch unter Schirm erfolgreich zu verjüngen. Aus Praxis und Wissenschaft mehren sich dabei allerdings Hinweise auf Stabilitätsprobleme (vgl. Abb. 2). In der vorliegenden Arbeit wurde daher der Frage der Stabilitätsentwicklung überschirmter Douglasien nachgegangen. Dazu wurden in geeigneten Douglasien-Naturverjüngungen folgende Aspekte untersucht:

  • Wie stehen messbare Pflanzenparameter, wie beispielsweise Höhe oder Durchmesser, in Beziehung zur Standfestigkeit der Douglasien?
  • Wie wirken sich Überschirmung und (seitlicher) Konkurrenzdruck auf die Entwicklung und Standfestigkeit der Douglasien aus?

Die Standfestigkeit junger Douglasien lässt sich durch waldbauliche Eingriffe steuern

Die Studie ergab, dass sowohl der Grad der Konkurrenz in der Verjüngung als auch die Überschirmung durch den Altbestand die Entwicklung unter Schirm wachsender Douglasien-Verjüngungen beeinflussen. Die Entwicklung von Spross, Bewurzelung und Stabilität der Pflanzen wird erheblich beeinträchtigt. Dabei unterscheiden sich die Wirkungspfade dieser beiden Faktoren:

Konkurrenz beeinträchtigt unmittelbar die Durchmesserentwicklung. Bei gleicher Höhe steigen dadurch die H/D-Werte stärker konkurrenzierter Douglasien rasch in Bereiche, die beispielsweise bei Fichte erhebliche Schneebruch-Risiken durch unzureichende Schaftstabilität indizieren. Außerdem beeinträchtigt zunehmende Konkurrenz die Entwicklung der Bewurzelung, was mit einer messbaren, signifikant verringerten Standfestigkeit der jungen Pflanzen korrespondiert.

Dagegen wirkt sich der Grad der Überschirmung im Wesentlichen auf das Höhenwachstum aus. Dabei bestehen Hinweise darauf, dass junge Douglasien ihr Höhenzuwachspotential nicht erst bei voller Freilandstrahlung erreichen, sondern dass waldbaulich befriedigendes Höhenwachstum auch unter (leichtem) Schirm möglich ist. Prinzipiell bestehen zwar auch Zusammenhänge der Überschirmung mit der Durchmesser-, Wurzel- und Stabilitätsentwicklung. Differentialdiagnostisch ist jedoch der Zusammenhang der Konkurrenz mit diesen Aspekten straffer und sie wirkt sich auch deutlich stärker aus.

Waldbauliche Empfehlungen: Unter Schirm Douglasien konsequent freistellen!

Für die waldbauliche Steuerung unter Schirm wachsender Douglasien-Verjüngungen deuten sich daher folgende Konsequenzen an:

  • Für den Fall, dass dies aus anderen Gründen (beispielsweise Hiebsunreife) nicht erforderlich ist, sollten längere Phasen stärkerer Überschirmung vermieden werden, um die Höhenentwicklung der Verjüngung nicht ohne Not zu beeinträchtigen.
  • In den untersuchten frühen Entwicklungsphasen (bis rd. 4 m Höhe) ist waldbaulich befriedigendes Höhenwachstum der Verjüngung offensichtlich bereits bei leichter (bis mäßiger) Überschirmung möglich. Inwieweit mit zunehmender Höhenentwicklung der Lichtbedarf der Verjüngung dann möglicherweise zunimmt, bedarf noch der eingehenden Prüfung.
  • Für eine befriedigende Entwicklung des Spross-Durchmesser-Verhältnisses, der Wurzel und der Stabilität von Douglasien-Naturverjüngung ist – auch unter Schirm – die Verringerung der Konkurrenz durch Standraumerweiterung die entscheidende waldbauliche Steuerungsgröße. Empfehlenswert erscheinen dabei die aus umfangreichen Standraumversuchen mit Douglasie abgeleiteten optimalen Standräume, die in den frühen Entwicklungsphasen (rd. 5 m Höhe) mit Baumabständen von rd. 2,5 bis 3,0 m korrespondieren und die in dieser Entwicklungsphase auch für auf Freiflächen wachsenden Fichten-Naturverjüngungen angezeigt sind.
  • Die Gewährleistung einer ausreichenden Wurzelentwicklung unter Schirm wachsender junger Douglasien ist auch deshalb wichtig, weil es momentan keine Hinweise darauf gibt, dass sich zuungunsten der Bewurzelung verschobene Spross-Wurzelverhältnisse nach Wegnahme des Schirms in überschaubarer Zeit (rd. 10 Jahre) wieder verbessern.

Fazit

Um es auf eine einfache Formel zu bringen: wenn sich Überschirmung schon nicht vermeiden lässt, dann sollten junge Douglasien nicht auch noch durch Konkurrenz beeinträchtigt werden. Dazu braucht es die Schaffung ausreichender Standräume durch konsequente Freistellung der Douglasien in der Verjüngung – die Entnahme allein von Bedrängern reicht unter Schirm keinesfalls aus.

  • Gefördert wurden die Arbeiten vom BMEL im Rahmen des Forschungsprojekts "Steigerung der Flächenproduktivität und Wertschöpfung in Buchenwäldern" (FNR-Förderkennzeichen 370-220-225-14).