Neben Buche (Fagus sylvatica), Tanne (Abies alba) und Fichte (Picea abies) gehört der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) zu den wichtigsten Baumarten im Bergmischwald der Kalkalpen. Da er im Alter nicht über die Dominanz der anderen Baumarten verfügt, verfolgt er eine andere Strategie: er produziert schon im jungen Alter ständig und in großem Umfang Früchte. Im Bestand beginnt er bereits im Alter 30 zu fruktifizieren, im Freistand sogar ab dem Alter 15.

Die Bestäubung des Bergahorns erfolgt durch Insekten. Sein Honig liegt an den Blüten so offen da, dass sie von den verschiedensten Insektenarten wie Hummeln, Bienen, Schmetterlingen, Fliegen und Käfern aufgesucht werden. Der Bergahorn ist somit beim Transport der Pollen auf keine bestimmten Insekten angewiesen. Ein weiterer Vorteil des Bergahorns liegt darin, dass die Früchte über einen äußerst effektiven Schraubenflieger-Mechanismus verbreitet werden. Der Wind transportiert sie trotz ihres größeren Gewichtes ähnlich weit horizontal wie die Samen von Fichte und Tanne. Die Flugweite liegt im Mittel bei 26 Metern (Tanne 26 Meter, Fichte 35 Meter).

Der Bergmischwaldversuch

Seit 1976 betreibt der Lehrstuhl für Waldbau an der Technischen Universität München im Raum Ruhpolding den Bergmischwaldversuch. Dafür wurden in Bergmischwaldbeständen Versuchsparzellen mit unterschiedlich starken Eingriffen angelegt (Tab. 1). Unter anderem wurden die Verjüngungsaktivitäten des Bergahorns genauestens studiert und dokumentiert.

Tab. 1: Die Behandlungsvarianten im Bergmischwaldversuch
KontrolleKein Eingriff
Schwacher Schirmhieb30 % der Grundfläche wurden entnommen
Starker Schirmhieb50 % der Grundfläche wurden entnommen
Kahlhieb100 % der Grundfläche wurden entnommen
LochhiebAushieb eines kreisrunden Loches mit 30 m Durchmesser

Fruktifikation: Der Bergahorn ist allzeit bereit

Von den vier Baumarten des Bergmischwaldes fruktifiziert der Bergahorn mit Abstand am regelmäßigsten. Auf den Parzellen des Bergmischwaldversuches standen in neun von zehn Jahren lebensfähige Früchte zur Verfügung. Auch auf Parzellen, in denen keine alten Ahornbäume standen, sammelten sich ausreichend Früchte.

Saatgutdichte: Viel hilft viel

Der Ahorn fruktifizierte auf den Versuchsflächen nicht nur kontinuierlich, sondern brachte auch immense Mengen Saatgut hervor. Bezogen auf jeweils einen Quadratmeter Grundfläche der Altbäume ist der Ahorn in der Saatgutproduktion der absolute Spitzenreiter (Abb. 2). Auf der Parzelle mit dem starken Schirmschlag wurden innerhalb von zehn Jahren umgerechnet 1,6 Millionen Früchte pro Quadratmeter Altbaumfläche produziert. Die freigestellten Bäume produzierten deutlich mehr Früchte als die Bäume auf der dichten Kontrollparzelle.

Lebensfähigkeit und Keimprozent: Ahornfrüchte als Premiumprodukt

Die Keimfähigkeit der Ahornfrüchte lag im Jahr der intensivsten Erhebung bei 31 bis 43 Prozent. Lediglich die Buche wies mit 46 bis 52 Prozent eine etwas größere Lebensfähigkeit auf (Fichte 32 bis 37 Prozent, Tanne 26 bis 36 Prozent). Von den lebensfähigen Bergahornfrüchten keimten 50 bis 85 Prozent, von den lebensfähigen Bucheckern dagegen nur 15 bis 60 Prozent (Fichte fünf bis zehn Prozent, Tanne zehn bis 30 Prozent). Rechnet man Lebensfähigkeit und Keimprozent zusammen, nimmt der Ahorn eine Spitzenposition ein. Somit entstehen beim Ahorn in der Regel die meisten Keimlinge.

Schattentoleranz der Jungpflanzen: unterschätzter Ahorn

Erwachsene Ahorne sind eher lichtbedürftig, die Schattenverträglichkeit der jungen Pflanzen wird dagegen häufig unterschätzt. Sie sind ausgesprochen schattentolerant. Auf der Kontrollparzelle hielt der Bergahorn gemeinsam mit der Tanne dem Schirmdruck stand. Fichte und Buche wurden ausgedunkelt. So schafft es der Ahorn oft, nahezu geschlossene Bestände mehr oder weniger flächig zu unterwandern, um dort auf mehr Licht zu warten (Abb. 1).

Fällt mehr Licht auf den Waldboden, kann der Ahorn zügig loswachsen. Das ist auch notwendig, weil gerade nach etwas flächigeren Eingriffen nur ein relativ kurzes Zeitfenster besteht, bis sich die Bodenvegetation sprunghaft entwickelt. Mit der Entwicklung der Bodenvegetation sinkt die Beleuchtungsstärke. Damit wird ein weiteres Ankommen von Verjüngung verhindert. Auf den Kahlflächen konnten sich nur die Ahorne richtig entwickeln, die zum Zeitpunkt des Hiebes bereits vorhanden waren (Abb. 3).

Wildverbiss: Bremse für den Ahorn

Zusammen mit der Tanne ist der Bergahorn besonders starkem Verbiss ausgesetzt. Die Tanne wird oft totverbissen, der Ahorn überlebt den Verbiss in vielen Fällen. Der Ahorn wird in seiner Höhenentwicklung behindert. Andere Baumarten wie z.B. die Fichte erhalten dadurch einen Konkurrenzvorteil und die Bestände entmischen sich. Auf den Kahlflächen des Bergmischwaldversuchs entwickelte sich die Fichtennaturverjüngung wegen des Verbisses am Ahorn außer Zaun besser als im Zaun. Im Zaun waren die Ahorne so vorwüchsig, dass sie die Fichten schon abschatten konnten. Weil besonders die höchsten Ahornpflanzen dem Verbiss zum Opfer fallen (Verbissprozent von über 70 in den älteren Jahrgängen, Tab. 2), ist nahezu jede Höhenentwicklung des Ahorns unterbunden.

Tab. 2: Verbissprozente der Ahornnaturverjüngung auf ausgewählten Versuchsparzellen (nach Mosandl 1991)
Waldbauliche Behandlung / Keimjahrgang≤ 19771978 1980 1986 alle
Kontrolle0 000
Kontrolle1419132512
Schwacher Schirmhieb634032028
Starker Schirmhieb352818018
Kahlhieb736733 51

Die Ahornverjüngung nach knapp drei Jahrzehnten

Nach 26 Jahren haben zwar die anderen Baumarten in der Dichte etwas aufgeholt, der Bergahorn stellt aber dennoch in allen Behandlungsvarianten den größten Baumartenanteil (Abb. 4). Auch im Höhenwachstum liegt der Ahorn vorne. Vor allem auf den Kahlschlagsparzellen ist die Strategie der schnellen und umfangreichen Verjüngung des Bergahorns erfolgreich.

Im weiteren Verlauf der Bestandesentwicklung wird die Konkurrenzkraft der anderen Baumarten Tanne, Buche und Fichte wachsen. Der Ahorn ist mit seinem lockeren Blätterdach nicht in der Lage, die Konkurrenten auf Dauer zu unterdrücken. Dies zeigt sich ansatzweise in der Nähe einer der Kahlschlagsparzellen. Hier konnten sich Tannen unter dem Ahorn halten und streben inzwischen mit Höhenzuwächsen von 75 Zentimetern pro Jahr höheren Bestandesschichten entgegen.