Bedingt durch den Klimawandel werden ausgeprägte Trockenphasen und extreme Witterungsereignisse zunehmen. Dem sind standorts- und klimatolerante Mischbestände am ehesten gewachsen. Vor allem bei Nadelholz-Reinbeständen, denen Fachleute ein hohes Klimarisiko bescheinigen – in Bayern sind das aktuell etwa 260.000 Hektar Privat- und Körperschaftswald – ist es wichtig, klimatolerante Baumarten aktiv einzubringen. Ein bewährtes Mittel dazu ist die künstliche Verjüngung von Beständen unter dem Schirm des Altbestandes – der Voranbau.

Der Voranbau ist ein waldbaulich anspruchsvolles Verjüngungsverfahren, das den auf der Freifläche häufig auftretenden Kulturproblemen vorbeugt. Der Altholzschirm schützt die Jungpflanzen vor Witterungsextremen und die schattigen Lichtverhältnisse halten die Konkurrenzvegetation, z.B. die Brombeere, zurück. So können differenzierte, geradschaftige und feinastige Dickungen entstehen, die qualitativ hochwertige Mischbestände erwarten lassen. Zu berücksichtigen sind allerdings mögliche Risiken wie die Konkurrenz der Altbäume bei der Wasserversorgung in Trockenjahren oder eventuell bei der Ernte des Altbestandes entstehende Schäden an der Kultur.

Hilfe vom Beratungsförster

Um Voranbauten in Nadelholzbeständen zum Erfolg zu führen, sind umfassende Kenntnisse, eine durchdachte Planung und eine konsequente Umsetzung erforderlich. Daher werden den Waldbesitzern in Bayern die waldbaulichen Berater der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Seite gestellt. Diese Beratungsförster wurden im Rahmen des Waldbautrainings auf den neuesten Stand des Wissens gebracht. So können sie den Voranbau im intensiven Austausch mit dem Waldbesitzer für dessen Bestand bestens planen.

Schritt 1: Vorüberlegungen

Eingangs muss natürlich ermittelt werden, ob das Einbringen von Tanne und Buch in den zu verjüngenden Bestand sinnvoll ist. Dafür werden planerische Grundlagen wie Standortskarte, Baumarteneignungstabelle, Klimarisikokarten und fachliche Pläne herangezogen. Auf diese Weise lassen sich biotische und abiotische Risiken abschätzen und durch eine geeignete Maßnahmenplanung verringern.

Schritt 2: Planung und Festlegung vor Ort

Ob sich ein Altbestand für eine Voranbaumaßnahme eignet, wird erst bei einer gründlichen Analyse ersichtlich. Die Altbestände müssen eine ausreichend lange Überschirmungsdauer der Kultur (zehn Jahre und länger) gewährleisten. Daher kommen nur solche mit ausreichend stabilen, vitalen, großkronigen Altbäumen in Frage. Vorhandene Lücken und Anrisse müssen in die Überlegungen einbezogen werden, damit das Risiko nachfolgender Windwurf- oder Insektenschäden möglichst gering ist. Der Schlussgrad des Altholzes sollte licht bis licht-geschlossen sein (Bestockungsgrad 0,6 - 0,8).

Stark verkrautete oder mit vitaler, mehrjähriger Fichtennaturverjüngung bewachsene Flächen scheiden für Voranbaumaßnahmen aus. Dort herrscht eine hohe Konkurrenz und es besteht die Gefahr, dass die Kultur überwachsen wird. In die Überlegungen sind auch mögliche Einflüsse auf die Nachbarbestände (z.B. Sturmschutzwald) einzubeziehen. Sind eine Feinerschließung und eine Bestandsgliederung in großen Waldkomplexen noch nicht vorhanden, müssen diese in der Planung klar festgelegt werden.

In der Planung werden Produktionsziel, Verjüngungstempo bzw. Saumtiefe, Baumartenanteile und Mischungsform festgelegt. Daraus ergibt sich ein mit dem Waldbesitzer abgestimmtes Bestockungs- und Verjüngungsziel. Aus den daraus resultierenden konkreten waldbaulichen Maßnahmen und deren forsttechnischer Umsetzung lässt sich ein Arbeits- und Kulturplan für die Förderung ableiten.

Schritt 3: konkrete Umsetzung

Um die geplante Voranbaumaßnahme nun erfolgreich durchzusetzen sind mehrere Arbeitsschritte erforderlich.

Lage der Voranbauten festlegen: Vorhandene, stabilisierte Bestandeslücken (z.B. Käferlöcher) bis zu 1.000 m2 Größe oder lockere Schirmstellungen bieten sich an. Alternativ lassen sich die passenden Lichtverhältnisse mit einer vorbereitenden Durchforstung oder der Anlage von Femellücken schaffen. Da eine Destabilisierung des Altbestandes unbedingt vermieden werden muss, bestimmt dessen Stabilität die mögliche Eingriffsstärke.

Feinerschließung anlegen: Rückegassen müssen zeitlich vor den Voranbaugruppen im Bestand angelegt werden (Abstand i.d.R. 30 Meter). Nur so ist langfristig eine geregelte und schadensvermeidende Holzernte sichergestellt.

Baumarten / Flächenanteile: Die Baumarten für die Voranbaugruppen werden mit Hilfe der Standortserkundung (Baumarteneignung) und der Klimarisikokarten ausgewählt. Klassische Voranbau-Baumarten sind Buche und Tanne, aber auch Linde, Hainbuche, Bergahorn und Esche, sogar Eiche oder Douglasie können bei entsprechendem waldbaulichen Vorgehen verwendet werden. Lichtbedürftigere Baumarten werden am Saum des Altbestandes gepflanzt. Die Voranbaugruppen werden baumartenrein angelegt, um zukünftige Pflegeprobleme durch interspezifische Konkurrenz zu vermeiden. Die ideale Gruppengröße liegt bei 600 bis 1.000 m2, bei Tanne können die Gruppen auch kleiner (ab 400 m2) sein. Auf größeren Flächen werden die Gruppen mosaikartig verteilt. Dabei sollte der Abstand zwischen den Gruppen maximal 50 bis 100 Meter betragen.

Waldschutzsituation überprüfen: Ist die Wildsituation im beplanten Gebiet nicht bekannt, wird die aktuelle Verbisssituation an jungen Bäumen und Sträuchern im Umfeld beurteilt. Ist die Kultur durch nicht angepasste Wildbestände gefährdet, muss um die Flächen ein Zaun errichtet, bzw. bei der Tanne Einzelschutz angebracht werden.

Pflanzflächen festlegen / markieren: Die festgelegten Kulturflächen werden im Bestand klar markiert. Dabei muss ein ausreichender Abstand zu Rückegassen, Zäunen, Holzlagerplätzen und vorhandener Naturverjüngung zur Kultursicherung stets eingehalten werden.

Pflanzgutbedarf ermitteln: Mit den jetzt geplanten Pflanzflächen und geeigneten Pflanzverbänden kann die Pflanzenzahl leicht berechnet werden.

Pflanzverfahren und Pflanzwerkzeuge auswählen: Die Wurzelgröße der zu pflanzenden Baumarten gibt das Pflanzverfahren vor. Bei Buche und Tanne empfiehlt sich der Hohlspaten oder die Rhodener Haue. Sichere und funktionstüchtige Werkzeuge (Klingenschärfe, -länge) sind für eine sorgfältige und fachgerechte Pflanzung ein Muss.

Pflanzgutbestellung: Baumart, Herkunft und Ersatzherkunft, Sortiment, Größe und Stückzahl der Pflanzen müssen bei der Bestellung angegeben werden. Möglichst kleine Sortimente, zertifiziertes Pflanzgut und Pflanzen, deren Wurzeln zum Schutz gegen Verdunstung behandelt wurden (z.B. mit Agricol) sollten bevorzugt werden.

Pflanzung vorbereiten: Vor der Anlieferung der Pflanzen muss ein geeigneter Einschlagplatz mit einer ausreichenden Menge Abdeck- und Schutzmaterial vorbereitet werden. Dieser sollte möglichst schattig liegen und mäßig feucht sein. So trocknen die Pflanzen bei einem längeren Einschlag nicht aufgrund starker Verdunstung aus.

Pflanzenkontrolle / -einschlag: Die Pflanzenanlieferung sollte möglichst am Waldort übernommen und sofort auf Frische und Qualität überprüft werden. Die Lieferung wird mit der Bestellung und den Angaben in den Lieferpapieren abgeglichen. Damit die Qualität der Pflanzen sichergestellt ist, werden sie unmittelbar nach dem Abladen eingeschlagen.

Pflanzung: Um jegliches Antrocknen der Wurzeln zu vermeiden, werden die Pflanzen sorgfältig abgedeckt. Möglichst sollte nicht bei Wind und vollem Sonnenschein gearbeitet werden. Es werden nur so viele Pflanzen aus dem Einschlag entnommen, wie innerhalb von 30 Minuten gepflanzt werden können. Eine fachgerechte und sorgfältige Pflanzung ist von besonderer Bedeutung, da sie der Grundstein für einen stabilen und wüchsigen Folgebestand ist.

Kontrolle: Die Kultur muss in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden. Bei Schäden und Ausfällen müssen evtl. Schutzmaßnahmen z.B. gegen Mäuseschäden, Begleitflora oder Verbiss veranlasst werden. Sind Nachbesserungen nötig, müssen diese möglichst schnell durchgeführt werden, damit die Qualitätsentwicklung beim Eintritt in die Dickungsphase nicht gefährdet wird. Auch der Altbestand bedarf einer regelmäßigen Kontrolle (Borkenkäfer, Windwurf).

Nachsorge nicht vergessen!

Je nach Baumart und örtlichen Verhältnissen muss mit einem Überschirmungszeitraum von zehn bis 20 Jahren gerechnet werden. Während dieser Zeit ist das Wachstum der Verjüngung im Zusammenspiel mit dem Altbestand genau zu beobachten. Stockt der Wuchs der Pflanzen, also wenn die Höhentriebe der Weißtanne kürzer sind als deren Seitentriebe oder wenn sich der Terminaltrieb der Buche zur Seite neigt, muss über der Verjüngung maßvoll nachgelichtet werden.