Die immer deutlicher spürbaren und sichtbaren Folgen des Klimawandels wie Hitze, Trockenheit, Sturm und invasive Schadorganismen erhöhen zunehmend das Ausfallsrisiko für unsere heimischen Hauptbaumarten. Um die Baumartenpalette zu erweitern und das Risiko auf mehrere Mischbaumarten zu streuen, rücken vermehrt auch seltene heimische Baumarten in den Fokus. Eine Baumart, die als mögliche Alternative im Klimawandel für warm-trockene Standorte diskutiert wird, ist die Elsbeere. Das Bayerische Amt für Waldgenetik hat die Elsbeere forstgenetisch intensiv untersucht und geeignete Saatgutquellen dieser Baumart identifiziert.

Vorkommen

Die Elsbeere (Sorbus torminalis) weist ein großes natürliches Verbreitungsgebiet auf (Abbildung 2). Dieses erstreckt sich von Südeuropa über die Türkei bis zum Kaspischen Meer in den Iran. Im Westen reicht ihr Areal von Spanien über Frankreich bis nach Großbritannien. In Zentraleuropa ist die Elsbeere oft in kleineren isolierten Populationen zu finden. Die Umweltbedingungen, die dabei abgedeckt werden, sind sehr vielfältig und reichen von kalt-trocken bis warm-trocken. Wegen ihrer geringen Konkurrenzkraft im Vergleich zur Buche konnte sich die Elsbeere bisher vor allem auf Extremstandorten in Höhenlagen bis zu 700 m ü. NN gegenüber der Buche und anderen Baumarten behaupten. Auf guten Standorten kann die Elsbeere durchaus Höhen bis zu 32 m und Durchmesser bis zu 100 cm erreichen.

Elsbeeren-Projekt am AWG

Bei einer steigenden Nachfrage nach Pflanzgut sollte die Gewinnung hochwertigen Saatgutes stärker berücksichtigt werden, damit die gewünschten waldbaulichen Ziele der Waldbesitzer erreicht werden können.

Die Elsbeere unterliegt nicht dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG). Bei der Saatguternte gibt es daher keine gesetzlichen Beschränkungen. Besonders bei Waldumbaumaßnahmen sollte das Augenmerk dennoch auf die Eignung und Herkunft des Saat- und Pflanzgutes gelegt werden. Die Qualität und Populationsgröße der Erntebestände sind wichtige Faktoren. Im Rahmen von Herkunftsversuchen sollte geklärt werden, welche Herkünfte für den zukünftigen Anbau der Elsbeere in Bayern am besten geeignet sind. Daher untersuchte das Bayerische Amt für Waldgenetik Elsbeeren-Herkünfte und ihre genotypischen und phänotypischen Ausprägungen und verschnitt sie mit den aktuellen klimatischen Umweltbedingungen.

Herkunftsforschung

Ein wichtiges Anliegen der Praxis ist, Herkunftsunterschiede bzw. genetisch bedingte Variation im Wachstum und in den Qualitätsmerkmalen zu untersuchen, da diese maßgeblich den Produktionszeitraum und die zu erwartende Stammholzqualität beeinflussen. Ergebnisse aus einem Herkunftsversuch zeigen, dass bei der Bewertung der wachstumsrelevanten Merkmale, der Stammform und der Zwieselbildung die bayerischen Herkünfte "Sailershausen" und "Schweinfurt" am besten abschneiden. Daneben weist auch eine Herkunft aus Frankreich überdurchschnittliche Wachstums- und Qualitätsmerkmale auf. Um die bayerischen Populationen besser bewerten zu können, sollten der Genotyp und Phänotyp sowie die Umweltbedingungen der einzelnen Populationen untersucht werden. Alle Eigenschaften (Höhen- und Durchmesserwachstum, Drehwuchs, Austrieb) der Waldpopulationen werden zu unterschiedlichen Anteilen durch die Genetik oder die Umweltbedingungen definiert.

Genetik

Für die vorliegende Untersuchung wurden 34 Populationen in Süddeutschland ausgewertet. Anhand der räumlichen-genetischen Strukturen wurden in Bayern und Baden-Württemberg vier verschiedene Cluster definiert (Abbildung 3), die zur Abgrenzung von Herkunftsgebieten genutzt werden können. Im Rahmen dieser Untersuchung werden gleichzeitig Aussagen zur Genetik der Ernte- und Erhaltungsbestände getroffen. 23 Bestände – 15 in Bayern und acht in Baden-Württemberg – erfüllten dabei die genetischen und phänotypischen Voraussetzungen für eine zukünftige Beerntung analog zu den Intentionen des FoVG.

Umweltbedingungen

Die Umweltbedingungen, unter denen die Elsbeere bereits heute schon vorkommt, können ein orientierendes Bild für Bayern geben. Die Klimabedingungen in den Gebieten, in denen die Cluster der Elsbeere derzeit vorkommen, sind in Abbildung 4 dargestellt. Es ist beispielsweise zu erkennen, dass die meisten Populationen aus der Region 4 bereits heute mit relativ geringen Jahresniederschlägen um circa 700 mm bei einer Jahresmitteltemperatur von 8,5 °C zurechtkommen. Zudem wird deutlich, dass sich einzelne Populationen bei ausreichender Jahresniederschlagsmenge durchaus auch bei Jahresdurchschnittstemperaturen um die 10 °C behaupten können.

Ausweisung von Saatguterntebeständen und Samenplantagen

Auf Grundlage statistischer Analysen zur Abgrenzung von Regionen auf genetischer Grundlage schlagen Baier et al. (2017) vier Herkunftsgebiete vor. Diese orientieren sich nach den Grenzen der ökologischen Grundeinheiten.

Abbildung 5 zeigt die räumliche Verteilung der Ernte-, Entwicklungs- und Generhaltungsbestände in den vorgeschlagenen Herkunftsgebieten für die Elsbeere in Bayern und Baden-Württemberg. Aus diesem Ergebnis kann schließlich die Versorgungssituation in einzelnen Herkunftsgebieten beurteilt werden. In Bayern gibt es zwei Herkunftsgebiete:

  • 03 Mittelfränkisches Hügelland, Jura und Fränkische Alb, Alpen und Alpenvorland, Südostbayerisches Hügel- und Bergland
  • 04 Fränkisches Hügelland und Westdeutsches Bergland

In der Anlage des Erntezulassungsregisters für Bayern sind aktuell vier Bestände für die Herkunft 03 und 15 Bestände für die Herkunft 04 aufgeführt; diese befinden sich bei bei Ansbach, Weißenburg, Uffenheim, Bamberg, Karlstadt, Bad Neustadt a.d. Saale, Kitzingen, Würzburg und Schweinfurt.

Die bayerische Samenplantage "Neudorf" (Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt, BaySF-Forstbetrieb Arnstein) wurde 1996 begründet und wird bereits beerntet. 2016 konnten 618 kg Saatgut gewonnen werden. Im Gegensatz dazu waren es 2019 nur 59 kg Saatgut. Bei dem Vergleich der genetischen Diversität der Samenplantage und einer Gruppe von 86 möglichen Plusbäumen mit den 34 natürlichen Populationen wird deutlich, dass sowohl die Samenplantage als auch das Plusbaumkollektiv eine höhere genetische Diversität aufweisen. Bei der Neuanlage einer Pfropflingssamenplantage aus den Plusbäumen könnten die Erntemöglichkeiten und die Qualität des forstlichen Vermehrungsgutes folglich gesteigert werden.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Erhaltung und Nutzung seltener Baumarten gewinnt unter sich rasch ändernden Umweltbedingungen eine hohe Bedeutung. Zum einen sollen die ökologisch wertvollen Populationen erhalten werden und der Genpool sollte nicht durch die Einbringung von ungeeignetem Material verfälscht werden. Zum anderen sollte die Nutzung dieser Baumarten unter ökonomischen Gesichtspunkten stärker gefördert werden.

Für beide Aspekte spielt die genetische Vielfalt von Waldbeständen eine entscheidende Rolle und ist der wichtigste Maßstab für die zukünftige Anpassung und das Überleben der Baumarten bei sich ändernden Umweltbedingungen. Die Elsbeere wird unter den zu erwartenden Klimabedingungen zunehmend an Bedeutung gewinnen und auch in Bereichen, beispielsweise im Tertiären Hügelland, angebaut werden, wo sie bisher nicht natürlich vorgekommen ist.

Um einen erfolgreichen Anbau dieser Baumart vornehmen zu können, müssen geeignete Saatgutquellen identifiziert werden. Diese Populationen sollten sich durch eine hohe genetischen Vielfalt und ein überdurchschnittliches Erscheinungsbild (Struktur, Vielfalt und Diversität) auszeichnen.

Die im Rahmen des Elsbeeren-Projekts untersuchten natürlichen Populationen der Elsbeere sowie die daraus gewonnenen Plusbäume können uneingeschränkt für die Saatgutgewinnung empfohlen werden. Die ausgewiesenen Entwicklungsbestände sollten mit dem Ziel der Ausweisung als Erntebestände weiter bewirtschaftet werden.

Daneben können im Rahmen von Praxisanbauversuchen auch bestimmte französische Populationen getestet werden, die im Herkunftsversuch ebenfalls überzeugen konnten. Wegen des steigenden Bedarfs an Vermehrungsgut dieser ökologisch und ökonomisch wichtigen Baumart wird derzeit eine weitere Samenplantage in Bayern und Baden-Württemberg aufgebaut.