Sorgfältige Prüfung erforderlich

Das Interesse an fremdländischen Baumarten, die potenziell besser an prognostizierte Trocken- und Hitzeperioden angepasst sind, ist groß. Potenzielle neue Baumarten müssen aber verschiedene Anforderungen erfüllen. Dazu zählen einerseits Massen- und Wertleistung, Standortanpassung sowie die Widerstandsfähigkeit gegenüber abiotischen und biotischen Schadfaktoren. Andererseits müssen auch komplexe Kriterien geprüft werden, die das gesamte Ökosystem betreffen: Beispielsweise invasives Verhalten, bodenkundliche Effekte oder Wechselwirkungen mit anderen Tier- oder Pflanzenarten. Diese Prüfung kann viele Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Vor überstürzten Anbauten, insbesondere verschiedener „Alternativbaumarten“ aus dem mediterranen oder asiatischen Raum, kann deshalb nur abgeraten werden. Zumal auch künftig auftretende Frostereignisse (Spätfröste, Früh- und Winterfröste) bei vielen dieser Baumarten zu hohen Ausfällen führen werden. Ebenso können sie die Reproduktion erheblich beeinträchtigen.  

Hohe Erwartungen an Douglasie

Bislang haben sich nach langjährigen Untersuchungen nur sehr wenige fremdländische Baumarten in Deutschland als anbauwürdig, ökologisch zuträglich und nicht invasiv erwiesen. Dazu zählt insbesondere die wüchsige Douglasie (Pseudotsuga menziesii). Sie ist eine der wichtigsten forstlich genutzten Baumarten Nordamerikas. In Europa wurde sie bereits im Jahr 1827 eingeführt, erste forstliche Anbauten erfolgten schon zwischen 1880 und 1890. Systematische, wissenschaftlich begleitete Herkunfts­versuche wurden in Deutschland bereits in den Jahren 1910 in Chorin und 1912 in Kaiserslautern angelegt. Die Douglasie ist daher nicht nur die bei uns am häufigsten angebaute, sondern auch die am besten untersuchte fremdländische Baumart. Die  unterschiedlichen Douglasien­herkünfte (= Provenienzen) können hinsichtlich Leistung, Qualität und Anpassungs­fähigkeit sehr solide beurteilt werden. Geeignete Provenienzen zeigen auf den meisten Standorten Nordwest­deutschlands eine hohe Wuchsleistung und Qualität – obwohl sich die klimatischen Gegeben­heiten teilweise deutlich von denen im natürlichen Verbreitungs­gebiet unterscheiden. In den Douglasien-Ursprungsregionen der USA oder auch Kanadas sind jährlich wiederkehrende Großwetter­lagen mit lang andauernden sommerlichen Dürreperioden und hohen Temperaturen keine Seltenheit. Hierauf begründen sich nicht zuletzt die hohen Erwartungen an die Douglasie. Darüber hinaus lässt sich diese Nadelholzart waldbaulich leicht als Mischbaumart in heimische Waldöko­systeme integrieren.

Auf die Herkunft kommt es an

Im Ursprungsgebiet reicht die Verbreitung der Douglasie von Britisch-Kolumbien im Norden entlang der pazifischen Westküste bis nach Kalifornien im Süden (2200 km) und in einem zweiten Teilareal im Landesinneren bis nach Mexiko (fast 4500 km). Verschiedene Entwicklungen führten zu einer genetischen Differenzierung in verschiedene geographische Herkünfte:

  • unterschiedliche eiszeitliche Rückzugsgebiete
  • Isolation von Teilarealen (geringer Austausch an Samen und Pollen)
  • standörtliche Unterschiede

Bereits bei der forstlichen Einführung der Douglasie in Deutschland zum Ende des 19. Jahrhunderts hat man eine „grüne“ Küstenform und eine „graue“ Inlandsform sowie Übergangsformen zwischen diesen beiden Varietäten unterschieden. Diese Einteilung ist in den Grundzügen bis heute gültig. Provenienzversuche haben gezeigt, dass auf den meisten Standorten Nordwestdeutschlands die „grüne“ Douglasie aus den Küstengebieten westlich der Kaskaden aus Washington und Oregon (USA) sowie aus dem Südwesten Britisch-Kolumbiens (Kanada) hinsichtlich Wuchsleistung und Qualität die besten Anbauerfolge liefert. Sie leidet durch ihr relativ spätes Austreiben bedeutend weniger an Spätfrostschäden. Weiterhin zeigt sie eine deutlich höhere Resistenz gegenüber Schadorganismen wie der Rostigen Douglasienschütte (Rhabdocline pseudotsugae) als die Inlandsform. Im erwarteten zukünftigen Klima werden nahezu alle potenziell geeigneten kontinentaleren Standorte für die Inlandsherkünfte der Douglasie nicht nur in Mittel- sondern auch in Osteuropa weitgehend verloren gehen. Eine Aufforstung mit  der „grauen“ Inlandsform, trotz ihrer besseren Winterfrosthärte, kann deshalb nicht mehr empfohlen werden. 

Andererseits zeigten sich in den ersten Anbauversuchen auch Probleme bei der Küstendouglasie, und zwar mit Früh- und Winterfrösten. Bis heute werden deshalb eher Herkünfte aus dem nördlichen und nordöstlichen Teil oder sogar aus höheren Lagen des Verbreitungsgebietes der „grünen“ Küstenform für den Anbau in Deutschland empfohlen. Diese Herkünfte zeichnen sich durch späten Austrieb und frühen Vegetationsabschluss aus – ein Beleg dafür, dass es selbst innerhalb der Vorkommensgebiete der Küstendouglasie häufig zu kleinräumig ausgeprägter Differenzierung in Teilpopulationen kommt.

Potenzielle Saatgutquellen

Die Weichen für den erfolgreichen Anbau der Douglasie werden bereits zum Zeitpunkt der Saatguternte gestellt. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) evaluiert potenzielle Saatgutquellen der Douglasie für ihre Trägerländer Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Die Beurteilung von Douglasienbeständen hinsichtlich ihres geographischen Ursprungs in Nordamerika allein nach phänotypischen Merkmalen ist nicht immer zuverlässig. Da sich Populationen der „grünen“ und „grauen“ Douglasien aber labortechnisch voneinander unterscheiden lassen, werden an der NW-FVA zur genauen Klärung der Provenienzfrage Isoenzym-Untersuchungen durchgeführt. Dabei hat sich gezeigt, dass die meisten Saatgutvorkommen der Küstenform zugeordnet werden können, ein nicht unerheblicher Teil aber auch Inlandsformen oder Mischungen zwischen beiden Varietäten aufweist.

Hohe Nachfrage nach Vermehrungsgut

Nach Daten der Bundeswaldinventur aus dem Jahre 2012 (BWI3) stammten bereits 73 % der Verjüngungsfläche der Douglasie aus künstlicher Verjüngung. Bislang wird das Vermehrungsgut der Douglasie größtenteils in zugelassenen Saatguternte­beständen gewonnen. Für die behördliche Zulassung müssen diese Saatguternte­bestände gesetzlich vorgeschriebene Mindest­kriterien erfüllen. Insbesondere müssen die Flächen aus fruktifikationsfähigen vitalen Bäumen bestehen, die so zahlreich und gut verteilt sind, dass zwischen den Bäumen eine ausreichende gegenseitige Befruchtung gewährleistet ist. Vorgeschrieben sind mindestens 40 Bäume mit einem Mindestalter von 60 Jahren.

Allerdings führen die Einhaltung dieser Vorgaben und auch veränderte Waldbaustrategien mit mehr Struktur- und Artenvielfalt dazu, dass weniger geeignete, d.h. homogen aufgebaute, leicht zu beerntende Saatguternte­bestände vorhanden sind. Zudem werden durch die Zielstärkenutzung kontinuierlich und gezielt die genetischen Leistungs­träger aus den Beständen entfernt. Das führt zu einem problematischen Trend: Dem steigenden Bedarf an qualitativ hochwertigem Douglasien-Saatgut stehen weniger verfügbare geeignete Saatguternte­bestände gegenüber.

Genetischer Flaschenhals bei der Douglasie?

Genetische Vielfalt auf Bestandesebene ist eine wichtige Voraussetzung für Anpassungs­prozesse an sich ändernde Umwelt­bedingungen. Nur dann können im Rahmen der geschlechtlichen Vermehrung verschiedene genetische Varianten zu einer Vielzahl von Samen und Sämlingen mit potenziell neuen Eigenschaften rekombiniert werden.

Damit auch ein möglichst großes Zufallsangebot an unterschiedlichen Genotypen in den Beständen produziert wird und natürlichen Anpassungs­prozessen zur Verfügung steht, haben Bäume besonders effiziente Strategien entwickelt: Mechanismen zur Inzucht­vermeidung, eine effiziente Pollen- und Samenausbreitung sowie eine enorme Anzahl an Nachkommen in über­lappenden Generationen. In der Biologie spricht man von „effektiv großen Populationen“. Diese Eigenschaften gelten natürlich nicht nur für heimische, sondern auch für eingeführte Baumarten wie die Douglasie. In ihrer nordamerikanischen Heimat ist sie bestandes­bildend. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass die eher kleinen künstlich angelegten mitteleuropäischen Bestände bezüglich der generationen­übergreifenden Erhaltung genetischer Vielfalt eher nachteilig sind.

Diverse Studien beobachteten bereits eine Abnahme genetischer Vielfalt zwischen Eltern­bäumen und ihren Nachkommen. Es besteht also die Gefahr, dass es in nachfolgenden Generationen zu einer immer geringeren genetischen Anpassungsfähigkeit oder sogar inzuchtbedingten Problemen (hoher Hohlkornanteil, Wertverluste in den Beständen) kommt. Diese negativen Auswirkungen können noch verstärkt werden, wenn es sich schon bei den Saatguternte­beständen um Nachkommen effektiv kleiner „Populationen“ (schlimmstenfalls einzelner Bäume) handelt. Um auch künftig Douglasien­bestände mit hohen Anpassungs­kapazitäten zu etablieren, werden an der NW-FVA genetische Analysen nicht nur für die Unterscheidung der geographischen Herkünfte (Küsten- und Inlandsformen) vorgenommen, sondern auch für die Beurteilung der genetischen Vielfalt innerhalb einzelner Erntevorkommen.

Plusbäume aus Samenplantagen

Eine weitere Saatgutquelle sind Samenplantagen. Sie sind gewissermaßen forstliche Sonderkulturen, die ausschließlich der Produktion von forstlichem Saatgut dienen. Mit Hilfe der „Plusbaumauswahl“ werden Ausgangs­bäume ausgewählt. Das sind besonders vitale, angepasste, wüchsige, gutgeformte Bäume aus verschiedenen Vorkommen. Diese „Plusbäume“ werden, wie im Obstbau, über Pfropfreiser vegetativ vermehrt, sodass zu jedem Plusbaum mehrere genetisch identische Kopien als Pfropflinge erzeugt werden. Anschließend werden sie in Samenplantagen gepflanzt, um hochwertiges forstliches Saatgut zu produzieren. Im Vergleich mit Saatgut­ernte­beständen lassen sich die Erntemengen deutlich steigern. Die Samenplantagen im Bereich der NW-FVA setzen sich ausnahmslos aus reinen Küstenprovenienzen der Douglasie zusammensetzen, wie genetische Untersuchungen bestätigt haben. 

Die genetische Vielfalt der Samenplantagen liegt auf einem konstant höheren Niveau als in zugelassenen Saatgut­ernte­beständen. Die Zusammenstellung von Plusbäumen in Samenplantagen führt so tendenziell zu mehr genetisch „effektiven“ Populations­größen. Auch Inzuchterscheinungen scheinen in Samenplantagen deutlich geringer auszufallen als in Saat­guternte­beständen, weiterhin sind sie technisch einfacher zu beernten und zu pflegen. Dennoch wird in absehbarer Zeit der größte Teil des Vermehrungsgutes der Douglasie aus Saatgut­ernte­beständen stammen. Mehrere wissenschaftliche Studien kommen aber zu dem Ergebnis, dass die bislang geltenden gesetzlichen Mindest­kriterien für Saatguterntebestände und deren Beerntung gerade hinsichtlich der Erhaltung genetischer Vielfalt nicht ausreichen und dringend überarbeitet werden sollten.

Empfehlungen für die Praxis

Vermehrungsgut aus Samenplantagen ist für die forstliche Praxis vorrangig zu empfehlen. Es verspricht nicht nur gute Wuchseigenschaften, sondern vor allem eine besonders hohe genetische Vielfalt und damit Anpassungs­fähigkeit. In den forstlichen Herkunfts­empfehlungen der Bundesländer werden dafür Erkenntnisse aus genetischen Untersuchungen und Herkunfts­versuchen berücksichtigt. Sie stellen somit eine praxis­taugliche Entscheidungs­hilfe für die Wahl geeigneten Vermehrungsguts dar. Hier finden sich – soweit vorhanden – auch Hinweise auf Vermehrungsgut der Kategorie „Geprüft“, d.h. Material, das seine Wuchs­überlegenheit in Vergleichsprüfungen bereits gezeigt hat.