Seit Mitte des letzten Jahrhunderts wurden in Europa durch die industrielle Landwirtschaft, die Energiewirtschaft und den Straßenverkehr hohe Stickstoffmengen (N) freigesetzt, die zu einem deutlichen Stickstoffüberangebot in unserer Umwelt, einschließlich unseren Wäldern führten. Stark beschleunigte Eutrophierungs- und Versauerungsprozesse setzten ein und verbreitet konnte eine Stickstoffüberversorgung der Bäume festgestellt werden. Die Folge waren erhöhte Verluste an basisch wirkenden Nährstoffen, Ernährungsungleichgewichte, Nitratbelastungen, negative Artverschiebungen, eine sinkende Baumvitalität und vermehrte Waldschäden. Wie sieht es aber in jüngerer Zeit hinsichtlich der Stickstoffbelastung unserer Wälder aus?

Einführend sollen hierzu die Stickstoffemissionen in Deutschland von 1990 bis 2020 betrachtet werden, die laut Angaben des Umweltbundesamtes für Ammoniak auf ca. 75 % und für die Stickoxide noch stärker auf ca. 34 % der 1990er-Ausgangswerte deutlich sanken (Kotzulla 2023).

Ein rückläufiger Stickstoffausstoß in die Atmosphäre lässt abnehmende N-Einträge und N-Belastungen der Wälder erwarten, welche sich Dank der vor über 30 Jahren installierten Netze des internationalen Forstlichen Umweltmonitorings (ICP Forests) und ihrer umfassenden und kontinuierlichen Erhebungs- und Messprogramme relativ einfach überprüfen lassen.

Vergleicht man die abnehmende Emissionsstatistik des Umweltbundesamtes mit den registrierten Stickstoffdepositionen an den beiden Level II-Intensivmessflächen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, zeigt sich eine ganz ähnliche Tendenz (Abb. 1a). Während zu Beginn der Messzeitreihe im Jahr 1996 die N-Einträge noch bei 20 – 25 kg je ha und Jahr lagen, sanken diese auf unter 15 kg in den Jahren 2020 und 2021, wobei sich ein Teil der gesunkenen Depositionen wahrscheinlich auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Anti-Corona-Maßnahmen zurückführen lässt. Trotz dieses Rückgangs um ca. ein Viertel übersteigt auch der aktuelle Eintrag den N-Bedarf der Waldbestände um ein Vielfaches, sodass die kritischen Eutrophierungsgrenzen auch heute noch weit verbreitet überschritten werden.

Interessant ist nun die Fragestellung, ob sich die nachlassenden Stickstofffrachten bereits in den Blattspiegelwerten der Waldbäume des Bundeslandes zeigen und die Baumernährung somit in jüngerer Zeit harmonischer ist?

Hierzu sollen wiederum die langjährigen, landesweit vorliegenden Daten des Forstlichen Umweltmonitorings genutzt werden. Konkret wurden alle seit 1986 verfügbaren N-Blattspiegelwerte der beiden flächendeckenden forstlichen Bodenmontoring-Netze – die der Bodendauerbeobachtungsflächen Forst (BDF) und die der Bundesweiten Bodenzustandserhebung (BZE) – für die Hauptbaumarten Kiefer und Rotbuche ausgewählt. Bezüglich der Kiefern wurde der zweite Nadeljahrgang für die Auswertung verwendet, da dieser die Veränderungen aufgrund der bekannten Nährstoffverlagerung in die jüngsten Nadeln ggf. noch etwas sensitiver anzeigt.

In den Abbildungen 1b und 1c wurden die historischen landesweiten Erhebungen chronologisch sortiert und die zugehörigen N-Gehalte als Punktwolken gruppiert dargestellt. Pro Fläche wurden jeweils drei Bäume einer Hauptbaumart beprobt und eine Mischprobe gebildet, sodass jeder Punkt den Mittelwert dreier Bäume einer Fläche repräsentiert. Die gezeichneten Boxplots erlauben einen schnellen Überblick zu den wichtigsten Lage- und Streuungsmaßen je Erhebung. Für die Bewertung der Stickstoffernährung finden die baumartenspezifischen Grenzwerte nach Göttlein (2015) Anwendung. Die Grenzwerte sind in Abb. 1b und 1c als farbige Diagramm-Hintergründe hinterlegt und zeigen die Überernährung von Rotbuche und Kiefer.

Aufgrund der beschriebenen langjährig hohen, luftbürtigen Stickstofffrachten war zu erwarten, dass sich die Stickstoff-Konzentrationen der Blätter im Normalbereich oder im Überernährungsbereich und nur selten im Mangelbereich befinden. Vor allem zum Zeitpunkt der Ersterhebung (BDF-1) in den Jahren 1986 – 89 waren die beiden Baumarten im Bundesland überwiegend über das normale Maß hinaus mit Stickstoff versorgt, wobei in den ersten 20 Jahren der Messzeitreihe wiederholt große Anteile von N-Blattspiegelwerten im Überernährungsbereich vorgefunden wurden.

Eine Stickstoffüberversorgung regt das Pflanzenwachstum an, was den Bedarf an sonstigen essenziellen Nährstoffen sowie Wasser steigen lässt. Dieser höhere Nährstoff- und Wasserbedarf kann nicht immer gedeckt werden, sodass Ernährungsungleichgewichte zu verzeichnen sind und Nährstoff- oder Wassermangelsituationen häufiger werden (Wellbrock, Bolte & Flessa 2016).

Die insbesondere zu Beginn der Messzeitreihe überdurchschnittlich hohe N-Ernährung der Bäume lässt sich durch die Nährkraft ihrer Standorte nicht erklären. Laut Dieckmann (2004) stocken nur 34 % der BDF-Flächen zum Zeitpunkt Ihrer Anlage auf kräftigen terrestrischen Standorten, die restlichen sind mäßig oder ziemlich arm. Hier wäre entsprechend der Nutzungshistorie der Bestandesflächen eher eine Ernährung im Mangel- oder Normalbereich zu erwarten gewesen als eine verbreitete N-Überernährung. Die bedarfsüberschreitenden, hohen Stickstoffdepositionen sind somit für diese verbreitete unnatürliche Ernährungssituation der untersuchten Baumarten verantwortlich. Im besonderen Maße gilt dies für die Kiefern, welche auf schwächeren, stickstoffarmen Standorten natürlich vorkommen und an diese Standortsverhältnisse angepasst sind. Ihr Stickstoffbedarf im Altbestand liegt außerdem unter 5 kg pro Hektar und Jahr. Sie sind somit im Vergleich zu den Buchenbeständen erwartungsgemäß noch stärker überversorgt.

Die gemessenen N-Gehalte und deren Mediane (Abb. 1b und 1c) variieren von Erhebung zu Erhebung deutlich. Die Änderungen konnten bestenfalls schwach über einige (landesweite) Umweltbedingungen, z. B. die Jahresmitteltemperatur, den Jahresniederschlag oder die N-Eintragshöhe erklärt werden. Trotz abnehmender Trends der linearen Ausgleichsgeraden (Abb. 1b und 1c, gelbe Linien) für den gesamten Messzeitraum kann eine gesicherte Mittelwertabnahme der N-Gehalte nur für Kiefer, aber nicht für Buche bestätigt werden (t-Test: Vergleich der ersten und letzten zwei bzw. vier Erhebungen der Messzeitreihe). Erwähnenswert ist außerdem, dass in 2020 für Rotbuche sowie in 2015 und 2020 für Kiefer stets weniger als 20 % der Flächen als N-überernährt zu bezeichnen sind, was eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Beginn der Zeitreihe darstellt.

Fazit

Vor dem Hintergrund sinkender Stickstoffemissionen in Deutschland konnte eine Abnahme der Stickstoffbelastungen in den Nadeln der mecklenburg-vorpommerschen Kiefern innerhalb der über 30-jährigen Messzeitreihe gesichert nachgewiesen werden. Hierdurch haben sich auch die stickstoffbedingten Nährstoffungleichgewichte in der Baumernährung deutlich verringert, sodass sich diese gegenwärtig ausgeglichener darstellen. Für die Buche konnte ein ähnlicher Trend jedoch nicht sicher bestätigt werden.