Die Aufgabe der forstlichen Standortskartierung ist die Beschreibung, Klassifizierung und flächenhafte Darstellung der Waldstandorte. Sie ist eine Naturrauminventur und Grundlage für viele Planungen und Entscheidungen, die den Wald betreffen.

Die Kernanwendung liegt in der multifunktionalen Forstwirtschaft auf betrieblicher Ebene: An den Wuchsbedingungen orientiert, empfiehlt die Standortskartierung geeignete Bestockungen mit Baumarten oder deren Mischungen, die am gegebenen Standort die besten ökologischen und ökonomischen Erfolgsaussichten haben. Ziel ist damit die nachhaltig optimale Nutzung der Standortsproduktivität bei Minimierung des Bewirtschaftungsaufwandes. Die Standortskartierung bildet die Schnittstelle zu Forsteinrichtung und Waldbauplanung.

Auf überbetrieblicher Ebene stehen Informationen zur Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion, zur Erhaltung und Wiederherstellung der Stabilität und Leistungskraft von Waldökosystemen, zu Wasser- und Erholungs­management sowie zur forstlichen Raumplanung und Landschaftsplanung und gegebenenfalls zu Natur- und Umweltschutz im Vorder­grund.

Von der Theorie…

Die Wachstumsfaktoren – das Licht-, Wärme-, Wasser- und Nährstoffangebot – können nicht direkt oder nur mit sehr hohem Aufwand ermittelt werden. Daher werden Standortsmerkmale, die direkt gemessen werden können oder einfach zu erheben sind, verwendet, um die Wachstumsfaktoren "zusammenzusetzen" (Abbildung 1).

So kann beispielsweise das Nährstoff­angebot über die Aufnahme der geologischen Verhältnisse, der Bodeneigenschaften, der Zusammensetzung der Bodenvegetation oder die chemische Analyse von Bodenproben ermittelt werden. Informationen zur Nutzungsgeschichte eines Standorts geben Hinweise auf anthropogene Veränderungen des Standorts.

Standorte mit weitgehend ähnlichen Wachstums­faktoren bzw. Standortsmerkmalen werden zu einer Standortseinheit zusammengefasst. Unterscheiden sich die Wuchsbedingungen zwischen einzelnen Standorten so wesentlich, dass die natürliche Waldgesellschaft oder die Baumartenmischung, die Wuchsrelationen zwischen den einzelnen Baumarten, das Gefährdungs- bzw. Leistungspotenzial bzw. die waldbaulichen Möglichkeiten anders sind, so werden unterschiedliche Standortseinheiten gefasst.

Abbildung 2 veranschaulicht am Beispiel eines ökologischen Gradienten (vom frischen, tiefgründigen Unterhangstandort zum trockenen, seichtgründigen Oberhangstandort), wie dem Wasserangebot entsprechend unterschiedliche Waldgesellschaften ausgebildet sind und drei Standortseinheiten unterschieden werden.

..zur Durchführung

Die forstliche Standortskartierung umfasst vier Schritte:

Auswertung der Grundlagen: Wesentliche Grundlagen der Standortskartierung sind Klimadaten und -karten, hier vor allem Niederschlags- und Temperaturkarten (30-jähriges Mittel, Extremereignisse), geologische Karten und das digitale Höhenmodell. Diese ersparen aufwändige Messungen und Erhebungen der Standortsmerkmale im Gelände. Dazu kommen Informationen zur regionalen Waldgeschichte, Forsteinrichtungswerke, Forstinventuren und Einzeluntersuchungen (wie Boden- und Vegetationsuntersuchungen).

Auf Basis dieser Informationen kann die Verteilung der Flächen für die standortskundliche Erhebung im Gelände festgelegt werden. Die oben genannten Daten und Informationen ermöglichen es, diese an "hot spots" oder entlang von ökologischen Gradienten oder Transekten anzulegen und so mit geringem Aufwand die standortskundliche Bandbreite des Kartierungsgebiets vollständig abzu­decken.

Standortserhebung im Gelände: Auf den ausgewählten Flächen werden Standortsaufnahmen durchgeführt. Diese umfassen Informationen zur Lage (wie Seehöhe, Neigung und Exposition), zur Reliefausprägung, zur Hydrologie, zum Wasserhaushalt und zu den geologischen Verhältnissen. Dazu kommen die Aufnahme des Bodenprofils und seiner Merkmale (zum Beispiel Horizontabfolge, Bodenart, Struktur, Gründigkeit, Grobanteil, Durchwurzelung) sowie die Diagnose des Bodentyps und der Humusform. Weiters werden Bodenproben zur chemischen Analyse auf die Gehalte von Kohlenstoff, der Hauptnährstoffe und des pH-Wertes gezogen.

Auf der Fläche wird auch eine vollständige Vegetationsaufnahme der Baum-, Strauch-, Kraut- und Moosschicht durchgeführt und die Abundanz-/Dominanz der einzelnen Arten nach der van der Marel-Skala durchgeführt. Ergänzt werden die Aufnahmen durch Winkelzählproben (Ermittlung der Ertragsklasse der Hauptbaumarten).

Klassifizierung (Ableitung der Standortseinheiten): Die Erhebungsflächen werden gutachtlich oder mit mathematischen Methoden entsprechend ihrer Merkmale (Standortsfaktoren) sortiert und in Standortseinheiten gegliedert.

Im letzten Arbeitsschritt, der Kartierung, wird die Standortsgliederung räumlich umgesetzt. Dieser Schritt findet traditionell im Gelände statt (terrestrische Kartierung), kann aber auch über eine Modellierung mittels GIS durchgeführt werden (prädiktive Kartierung).

..und in die Praxis

Die wesentlichen Ergebnisse und Produkte der Standortskartierung sind die Forstliche Standortskarte (Abbildung 3), deren Maßstab meist zwischen 1:10.000 und 1:25.000 liegt, und das Standortsoperat. Der zentrale Teil des Operats ist die Beschreibung der einzelnen Standortseinheiten mit den wesentlichen Eigenschaften. Sie weist auf spezifische Möglichkeiten und Risken des Standorts hin und legt so die Basis für die waldbauliche Planung.

Ein Beispiel zu Inhalt und Aufbau einer solchen Beschreibung findet sich im Infokasten rechts oben (Waldwirtschaftsgemeinschaft nördlich von Waidhofen/Thaya). Die beschriebene Standortseinheit (auf der Karte dunkelgrün eingefärbt), ein sehr tiefgründiger schattseitig gelegener Braunerdestandort auf Orthogneis, zeigt hohe Wüchsigkeit. Das Nährstoffangebot liegt mit "durchschnittlich" in der Mitte einer fünf­teiligen Bewertungsskala, das Wasserangebot mit "mittel bis hoch" in der vierten bis fünften Stufe einer siebenteiligen Bewertungsskala. Die aktuelle Be­stockung mit Fichte, Kiefer und Birke ist weitgehend naturfern.

Aufgrund der Windwurfgefährdung am Standort werden regelmäßige Durchforstungen und das Einbringen von Tiefwurzlern zur Bestandesstabilisierung empfohlen. Den Abschluss der Standortsbeschreibung bildet eine Bewertung der regional auf­tretenden Baumarten nach dem Ampelsystem (ge­eignet; bedingt bis wenig geeignet; nicht geeignet).

Forstliche Standortskartierung wird finanziell gefördert

Aufgrund der digital zur Verfügung stehenden Informationen kann die Forstliche Standortskartierung heute mit einem günstigen Kosten/Nutzen-Verhältnis realisiert werden. Die Erstellung dieses forstlichen Fachplans – ähnlich wie eine Forsteinrichtung – wird durch die Verordnung zum ländlichen Raum gefördert (Informationen dazu bei den Bezirksforstinspektionen und den Landesforstdiensten).