Um eine wissenschaftliche Grundlage für die Bewertung von möglichen Ersatzbaumarten zu schaffen, wurde bereits im Oktober 2015 das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderte Projekt "CorCed" gestartet, das die Anbauwürdigkeit und Anbaueignung von Herkünften der Atlaszeder (Cedrus atlantica), Libanonzeder (Cedrus libani) und Baumhasel (Corylus colurna) in Deutschland untersucht.

Alle drei im Projekt untersuchten Baumarten weisen Eigenschaften wie z.B. Trockenstresstoleranz, Frosttoleranz, hohe Mischungsfähigkeit, etc. auf, die infolge des Klimawandels eine immer größere Rolle spielen.

In Herkunftsversuchen soll detailliert der Frage der geeigneten Herkünfte für Deutschland nachgegangen werden. Die Bereisung und fachliche Bewertung (Phänotyp und Genotyp) von Beständen möglicher Alternativbaumarten stellt den ersten Schritt dar, damit bei einer späteren Herkunftsempfehlung genau nachvollziehbar ist, wo das gewünschte Vermehrungsgut gewonnen werden kann. Eine entscheidende Rolle für die Bewertung der einzelnen Herkünfte spielt die systematische Anlage von Herkunftsversuchen. Dabei sollten unterschiedliche Umweltbedingungen abgedeckt werden.

Der Klimawandel verläuft zu schnell, um eine natürliche Anpassung der lokalen Populationen erwarten zu können. Aus genetischer Sicht erfolgt die Anpassung über mehrere Generationen. Damit sich die neuen Baumarten an die neuen, sich ändernden Umweltbedingungen anpassen können und zur Stabilisierung von labilen Beständen beitragen, sollten sie eine hohe genetische Vielfalt aufweisen. Die Möglichkeiten der Forstgenetik sollten genutzt werden, um Populationen, die genetisch eingeengt sind, auszuschließen. Der Waldbesitzer kann nicht anhand von Saatgut erkennen, ob das Material, aus dem später mehrere tausend Pflanzen produziert werden, diese genetische Vielfalt aufweist. Die genetische Ausstattung dieser Bäume, die für Anpassungsfähigkeit, Wachstum und Qualität eine entscheidende Rolle spielt, ist nicht bekannt und birgt ein hohes Risiko.

Verbreitung der Atlaszeder

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Atlaszeder beschränkt sich auf die nordafrikanischen Bergregionen Marokkos und Algeriens. In Marokko sind das die Regionen Rif, Mittlerer Atlas sowie Hoher Atlas. Im Mittleren Atlas unterscheiden die marokkanischen Kollegen zwischen Herkünften aus dem Orient (von lat. Oriens „Osten“) und Oxident (lat. Occidens „Westen“).

Die Waldfläche für die Atlaszeder umfasst derzeit rund 140.000 ha, die auf teilweise stark degradierten Standorten stocken. Sie kommt in der mediterranen subhumiden Höhenstufe des kontinentalen Mittleren und Hohen Atlas (700 bis 1.000 m) vor. Ihr Optimum hat die Atlaszeder in Plateaulagen des Mittleren Atlas in Höhen von 1.600 bis 2.200 m. Die Niederschläge sind dort relativ hoch bei 900 bis 1.500 mm. Vom Mittleren Atlas (Azrou) lösen sich die Bestände gegen Osten immer weiter auf und nur die höchsten und niederschlagsreichsten Gebirge werden besiedelt.

In Algerien werden der Tell-Atlas und der Sahara-Atlas besiedelt. Dabei wird die mediterrane semiaride Höhenstufe mit jährlich 500 bis 700 mm Niederschlag (Sahara-Atlas) besiedelt. Herkünfte aus dem Sahara-Atlas gelten als besonders trockentolerant. Wegen ihres wertvollen Holzes wurde die Atlaszeder in Algerien stark übernutzt und kommt jetzt nur noch auf einer Fläche von rund 14.000 ha vor.

In Europa wurde die Atlaszeder in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Zier- und Parkbaum eingeführt. Diese Bäume sind meist freistehend und sollten bei der Bewertung der Wüchsigkeit und Stammform nicht berücksichtigt werden, da diese Baumart ein weit höheres Potenzial auf Waldstandorten aufzeigt. In Frankreich wurde die Atlaszeder seit Mitte des 19. Jahrhunderts für die Wiederaufforstung von devastierten und erosionsgefährdeten Flächen verwendet. Das verwendete Saatgut zeichnete sich durch hohe genetische Vielfalt aus. Die Atlaszeder konnte sich an die schwierigen Standortbedingungen anpassen. Dabei handelt es sich um Vermehrungsgut algerischen Ursprungs aus dem Tell-Atlas.

Die Atlaszeder hat eine zunehmende Bedeutung bei der Holzproduktion und wird auf rund 20.000 ha angebaut. In Provenienzversuchen wurde das Wachstum der Atlas- und der Libanonzeder aus unterschiedlichen Populationen getestet. Die Erkenntnisse, die aus diesen Versuchen gewonnen wurden, sind sehr wichtig, können aber wegen der unterschiedlichen klimatischen Bedingungen nicht vollständig auf Deutschland übertragen werden.

Die Atlaszeder kommt auf kalkhaltigen und silikatischen Böden vor. Für ein optimales Wachstum sind silikatische Böden besser geeignet, während karbonatische Böden nur bei Tiefgründigkeit und ausreichender Niederschlagsmenge toleriert werden.

Sie erträgt Temperaturen von -28 °C bis zu +40 °C, aber keine zu langen Kälteperioden. Das mediterrane Klima zeichnet sich durch eine ausgeprägte Trockenperiode im Sommer aus. Das Vorkommen der Atlaszeder erstreckt sich über mehrere Höhenstufen mit unterschiedlichen Niederschlagsmengen (jährlich min. 600 mm notwendig, Optimum 900 mm), die vor allem in den Wintermonaten fallen.

Bereisung möglicher Erntebestände

Um möglichst schnell wichtige Erkenntnisse zu dieser Baumart liefern zu können, sollte eine genetische Charakterisierung sowie eine phänotypische Bewertung der potenziellen Populationen im natürlichen Verbreitungsgebiet der jeweiligen Baumart erfolgen.

Algerien

Nach langen und intensiven Bemühungen konnte das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) Kontakte mit der Forstdirektion (GDF) und dem nationalen forstlichen Forschungsinstitut (INRF) in Algerien aufbauen, um eine erste Bereisung durchzuführen. Große Hilfe dabei leistete die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), die eine Niederlassung in Algier betreibt. Im Projekt ist vorgesehen, vier Herkünfte aus Algerien für den geplanten Herkunftsversuch auszuwählen, um die unterschiedlichen ökologischen Wuchsbedingungen und möglichen genetischen Anpassungen abzudecken.

Im Rahmen der ersten Bereisung wurde ein möglicher Saatguterntebestand im Tell-Atlas in der Nähe der algerischen Stadt Blida (ca. 80 km südlich von Algier) besichtigt. Der Bestand befindet sich innerhalb des 1.500 ha großen Nationalparks Chréa. Er erfüllt zudem alle wichtigen Voraussetzungen für eine Beerntung und langfristige Saatgutversorgung. Das Vorkommensgebiet der Atlaszeder in Chréa ist weitgehend zusammenhängend und erstreckt sich über eine Höhenlage von 800 m bis 1.500 m. Größtes Problem stellt nach wie vor der hohe Weidedruck dar, der zur Vergreisung der Bestände führt. Es konnten jedoch auch dichte Bestandesteile beobachtet werden, die mitteleuropäischen Waldbildern entsprechen und das Wuchspotenzial der Atlaszeder vor Augen führen.

Außerdem wurde eine Baumschule bei Blida besichtigt. Hier werden jährlich 14.000 Zedern-Sämlinge produziert. Alle produzierten Pflanzen werden im Forstamt Blida gepflanzt. Dadurch wird ein großer Beitrag zum Erhalt der Baumart geleistet, die 2013 in die Liste der gefährdeten Baumarten aufgenommen wurde. Gemeinsam mit den Kollegen von dem nationalen Forschungsinstitut für den Bereich Forst wurden Themen wie Saatgutprüfung, Genetische Charakterisierung und Anzucht von qualitativ hochwertigem Pflanzmaterial besprochen. Gepflanzt wurden zweijährige Pflanzen. Die Atlaszeder zeigt eine höhere Trockentoleranz und gilt als dürre- und kälteresistenter als andere mediterrane Baumarten, bei Trockenheit sind Sämlinge im ersten Wuchsjahr jedoch stark gefährdet.

Marokko

Nach dem erfolgreichen Kontaktaufbau zur marokkanischen Forstverwaltung in Rabat wurden ausgewählte Saatguterntebestände der Atlaszeder im Mittleren und Hohen Atlas sowie im nördlichen Riffgebirge Marokkos besichtigt. In Zusammenarbeit mit der GIZ hat die Forstverwaltung Saatguterntebestände der Atlaszeder ausgewiesen. Diese werden regelmäßig beerntet, um geeignetes Pflanzmaterial für die Aufforstung devastierter Flächen zu produzieren.

In Marokko gibt es nach der Einschätzung der marokkanischen Kollegen noch rund 140.000 ha Zedernwald, der von der Forstverwaltung in Marokko weitgehend unter Schutz gestellt wurde. Neben dem Klimawandel, der hier schon deutlichere Auswirkungen zeigt als in Mitteleuropa, stellt auch hier die Beweidung das größte Problem für den langfristigen Erhalt der Zedernwälder dar. In den Bergregionen ist die Viehhaltung (Schafe und Ziegen) noch immer eine wichtige Existenzgrundlage. Im Riffgebirge können sich die Zedernbestände gut verjüngen, da dort der Beweidungsdruck nicht so hoch ist.

Eines der größten zusammenhängenden Zederngebiete befindet sich im montanmediterranen Bereich des Mittleren Atlas. Die Unterteilung erfolgt in Ost- und Westvorkommen, wo das gewonnene Saatgut auch verwendet wird. Die Bestände im Osten sind vom Klimawandel besonders bedroht. In dem von uns besichtigten Saatguterntebestand stockt die Atlaszeder auf Basalt. Hier sind mehrere Baumgenerationen zu finden, einzelne Bäume älter als 600 Jahre. Je nach Lichtverfügbarkeit sind vollholzige und astfreie Einzelstämme zu finden. Alle älteren Bäume weisen beachtliche Dimensionen auf. Die Saatguterntebestände in Marokko werden forstwirtschaftlich genutzt, meist einzelbaumweise. Dieser Bestand ist einer der wichtigsten Saatguterntebestände und deckte bisher einen großen Teil der Saatgutversorgung im Mittleren Atlas ab.

Der bereiste Saatguterntebestand im Hohen Atlasgebirge (nahe Midelt) stockt auf 2.000 m ü. NN und zeichnet sich durch sehr wüchsige und gradschaftige Einzelbäume aus. Die sehr vollholzigen und im unteren Bereich oft astfreien Atlaszedern erreichen hier Höhen von 25 bis 30 m, vereinzelt sogar bis zu 40 m. Der durchschnittliche Jahresniederschlag ist extrem gering und beträgt ca. 450 mm. Der größte Anteil des Niederschlages fällt im Winter als Schnee, in manchen Jahren bereits ab November, der dann bis April liegen bleiben kann. Die mittlere monatliche Temperatur im Januar sinkt auf -5 °C. Dennoch beträgt die jährliche Durchschnittstemperatur weit über 12 °C.

Hier können regelmäßig größere Mengen Saatgut geerntet werden. Diese sind für die Produktion von Pflanzmaterial und Aufforstung der kleinflächig isolierten Bestände zwingend notwendig. Die Vorkommen ziehen sich auf die Kuppen der Basaltkegel zurück und können sich nur in Höhen von über 1.600 m an Nordhängen halten. Auf Südhängen waren keine jüngeren Atlaszedern oder Naturverjüngung zu beobachten. Hier sind Baumarten wie Quercus rotundifolia (Steineiche, synm. Q. ilex sub. rotundifolia) und Wacholderarten wie Juniperus oxycedrus (Stech-Wacholder) und Juniperus thurifera (Weihrauch-Wacholder) anzutreffen. Einige der marokkanischen Herkünfte der Atlaszeder sind forstwirtschaftlich sehr interessant und überzeugen aufgrund ihrer guten Form- bzw. Wuchseigenschaften und sollten bei der Anlage von Herkunftsversuchen mit dieser Baumart möglichst berücksichtigt werden.

Frankreich

Die Atlaszeder wurde 1862 nach Frankreich eingeführt und zur Aufforstung von devastierten und erosionsgefährdeten Standorten verwendet. Durch die hohe genetische Vielfalt des verwendeten Materials ist es der Atlaszeder gelungen, sich an diesen Standort anzupassen. Alle drei Ausgangsbestände (Mont Ventoux, Menerbes und Saumon) sind für die Saatgutgewinnung zugelassen. Aus diesen Saatguterntebeständen wird Saatgut der höchsten Kategorie "Getestet" gewonnen und in den Verkehr gebracht. Es ist das einzige Saatgut, welches auf dem Markt verfügbar ist.

Zwei der drei Hauptvorkommen der Atlaszeder in Frankreich wurden mit den französischen Kollegen vom National Institute for Agricultural Research (INRA) in Avignon besichtigt. Der Kollege Dr. Francois Courbet stellte das französische Konzept für die Atlaszeder sowie die verschiedenen Versuchsformen (bspw. Herkunftsversuche, Anbauversuche und Standraumversuche) vor und wies auf die langjährige Erfahrung mit dieser Baumart hin. Im Rahmen des Standraumversuchs konnte eindrucksvoll aufgezeigt werden, welche Auswirkungen die unterschiedliche Standraumhaltung haben kann. Ziel muss sein, diese Erfahrungen für den Anbau in Deutschland zu nutzen und gemeinsam mit den französischen Kollegen weitere wissenschaftliche Erkenntnisse zu erarbeiten.

Anschließend wurde der Erntebestand am Mont Ventoux (700 m ü. NN) besichtigt. Besonders wichtig ist die detaillierte Dokumentation der Bestände von der Einfuhr des Saatguts bis heute. Hier konnte sich die Atlaszeder bereits in der dritten Generation natürlich verjüngen. Die Bäume weisen gute Stammformen auf und können uneingeschränkt als Saatgutquelle verwendet werden. Laut den französischen Kollegen ist die Atlaszeder keine Pionier-Baumart, die Wiederbesiedlung von Offenlandschaften geht nur sehr langsam voran. Nach den Besichtigungen der verschiedenen Versuchsflächen und der Probengewinnung für die genetische Charakterisierung wurde die Zusammenarbeit in den Bereichen des genetischen Monitorings sowie der Erhaltung und Züchtung besprochen.

Die Förderung des Verbundvorhabens erfolgt durch finanzielle Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Projektträger für das BMEL für das Förderprogramm "Nachwachsende Rohstoffe" ist die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.­V. (FNR).