Einleitung
Die Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina Ehrh.) ist eine in Nord- und Mittelamerika beheimatete Laubbaumart, die in vielen anderen Teilen der Welt eingeführt wurde, insbesondere in europäischen Ländern. Sie ist in der Lage, die Artenzusammensetzung der Wälder und die Standortbedingungen in ihrem nichtheimischen Verbreitungsgebiet zu verändern, was Bekämpfungsmaßnahmen in Naturschutzgebieten erforderlich macht. Die Eliminierung dieser Art ist jedoch nicht gelungen. Als Spezialist für gestörte Waldstandorte könnte die Bedeutung der Traubenkirsche unter veränderten klimatischen Bedingungen in Zukunft zunehmen, nicht nur als Zwischenbaumart in der sekundären Sukzession, sondern auch als Holzart, die mit anderen nichtheimischen Baumarten in Europa vergleichbar ist.
Der Review-Artikel internationaler Experten gibt einen Überblick über das vorhandene Wissen zur Ökologie und zum Umgang mit dieser Art in ihrem heimischen und nicht heimischen Verbreitungsgebiet, mit besonderem Schwerpunkt auf Europa. Das kann zu einem neuen Verständnis des zukünftigen Managements der Spätblühende Traubenkirsche beitragen.
Eine Übersetzung des englischsprachigen Artikels und weitere interessante Informationen zur Traubenkirsche sind auf der Internetseite des Landesskompetenzzentrums Forst Eberswalde (LFE) zu finden:
Fachkolloquium Management der Spätblühenden Traubenkirsche und weitere Literatur
Geschichte der Traubenkirsche in Europa
Die erste Einführung in der Nähe von Paris (Frankreich) geht auf das Jahr 1623/1629 zurück. Die Traubenkirsche wurde zunächst nur als Zierpflanze in Gärten angepflanzt, später als potenzielle Holzbaumart in Wäldern mit einem starken Fokus auf arme Sandböden. Seit 1900 wird die Art als Wind- und Feuerschutz sowie zur Bodenverbesserung durch Unterpflanzung in Nadelwäldern auf armen Böden verwendet. Erst in den 1960er Jahren wurde ihre Invasivität und Bedrohung einheimischer Lebensräume und Arten zu einem wichtigen Thema. Die Spätblühende Traubenkirsche ist eine wichtige Waldbaumart, die wegen ihres Holzes, ihrer Früchte und ihrer medizinischen Verwendung geschätzt und genutzt wird. Ihre Rolle in den europäischen Waldökosystemen und der Forstwirtschaft hat sich jedoch im Laufe der Jahrhunderte mehrfach geändert und wird bis heute kontrovers diskutiert.
Management in Europa
Eine langfristige Regulierung durch die Integration der Traubenkirsche in die waldbauliche Praxis kann kosten- und arbeitseffizient sein, wenn die sofortige Beseitigung dieser Art aus Schutzgebieten nicht dringend ist oder spezifische Waldbewirtschaftungsziele, die die Traubenkirsche ausschließen, ihrer Integration entgegenstehen. Andernfalls sollten Bekämpfungsmaßnahmen ergriffen werden, um die Traubenkirsche zu beseitigen und/oder zu regulieren und zu verhindern, dass sie wichtige Naturschutzgebiete erheblich verändert.
Regulierung und Integration
Die Regulierung bzw. Behandlung der Traubenkirsche hängt vor allem von der Wilddichte, geeigneten Baumarten, der Altersverteilung der Waldbestände und dem Verbreitungspotenzial aus benachbarten Gebieten ab.
Aus waldbaulicher Sicht kann die Traubenkirsche langfristig bekämpft werden, indem schattentolerante Baumarten wie Fagus sylvatica L. gepflanzt und/oder natürlich verjüngt werden, die in der Lage sind, die Traubenkirsche zu verdrängen. In ausgewachsenen Beständen der Spätblühende Traubenkirsche wird die Verjüngung anderer Baumarten nicht gehemmt, auch nicht die von lichtbedürftigeren Arten wie Acer spec. und Quercus spec. Das Vorhandensein von Spätblühender Traubenkirschenstreu kann die Etablierung von Sämlingen von Tilia cordata Mill. und Carpinus betulus L. positiv beeinflussen und die Entwicklung von Mischwäldern unterstützen. Der Anstieg der relativen Lichtverhältnissen über die Jahre unter reinen Traubenkirschenbeständen fördert die dauerhafte Etablierung von Mischbaumarten im Unterholz. Die natürliche Sukzessionsdynamik in den von der Traubenkirsche dominierten Beständen kann zumindest dazu führen, dass die Dichte der Traubenkirsche abnimmt und sich diese Waldbestände in Mischwälder oder sogar in naturnahe Wälder verwandeln, wenn die Traubenkirsche verdrängt wird. Dieser Sukzessionsansatz erfordert jedoch eine engagierte Bewirtschaftung über Jahrzehnte und kann scheitern, wenn einzelne Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel ein geringer Verbissdruck, vernachlässigt werden.

Abb. 2. Etablierte Verjüngung von Ahorn (Acer pseudoplatanus L.) und Linde (Tilia cordata Mill.) unter einer Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina Ehrh.) auf sandigem Boden in den Niederlanden. 135 Jahre alter Traubenkirschbaum mit 35 m Höhe und 82 cm Durchmesser in Nordrhein-Westfalen, Deutschland, auf lehmigem Boden. Foto: Bart Nyssen (KU Leuven)
Potentiale in Europa
In Europa wurde die Traubenkirsche in der Vergangenheit aus verschiedenen Gründen in großem Umfang angepflanzt - unter anderem zur Holzproduktion - doch wurden seitdem keine waldbaulichen Verfahren entwickelt. In Mitteleuropa sind immer noch große Exemplare zu finden (siehe Abb. 2), die aus einer frühen Periode stammen. In dieser Zeit wurde versucht, hochwertiges Holz aus verschiedenen Samenquellen aus Nordamerika zu gewinnen. Dies zeigt das Potenzial der Art in Europa und in ihrem nichteinheimischen Verbreitungsgebiet, solange die Wahrnehmung als Unkraut und berüchtigter Schädling oder der Schutzstatus nicht ihre Beseitigung erfordert. Auf der Grundlage von Erfahrungen aus Nordamerika und Nordwesteuropa entwickelten Perkley & Wilkins (2001) und Nyssen et al. (2013) einen waldbaulichen Rahmen mit spezifischen Schritten für die gezielte Entwicklung von hochwertigem Spätblühende Traubenkirschenholz auf Sandböden in den Niederlanden und Belgien. Näheres dazu entnehmen Sie dem Originalartikel.

Abb. 3. Dichte Verjüngung der Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina Ehrh.) unter Altholzschirm im Bundesstaat New York, USA, nach dem Einsatz von Herbiziden gegen konkurrierende Baumarten zur Förderung der Spätblühende Traubenkirsche. 80 Jahre alter Sekundärwald aus Traubenkirsche auf ehemaligen Wiesen auf sandigem Boden im Staat New York, USA. Foto: Bart Nyssen (KU Leuven)
Zusammenfassung
Da die genetische Vielfalt der Spätblühende Traubenkirsche in Europa hoch ist, kann sie geeignetes Ausgangsmaterial für die Anpassung an den Klimawandel liefern. Dies bietet die Möglichkeit, mit der waldbaulichen Integration der Traubenkirsche in Europa und ihrem nicht einheimischen Verbreitungsgebiet im Allgemeinen zu experimentieren. Das Vorhandensein der Traubenkirsche kann die Bodenbedingungen, den Nährstoffkreislauf und die Artenzusammensetzung von Lebensräumen verändern, was die Anwendung geeigneter Kontrollmaßnahmen in Naturschutzgebieten erfordert. Die Art hat jedoch auch positive Auswirkungen, wie zum Beispiel die Verbesserung saurer und nährstoffarmer Böden, und einige Studien belegen sogar die Anpassung an lokale trophische Beziehungen. Die waldbauliche Integration kann in vielen Fällen eine kosten- und arbeitseffiziente Alternative zu Bekämpfungsmaßnahmen darstellen, die auch neue Möglichkeiten der Traubenkirsche als Zwischenbaumart schaffen. Der Lückenspezialist kann für die sekundäre Sukzession in von durch Stürmen, Bränden, Dürren und Insektenkalamitäten gestörten Wäldern genutzt werden.
Weiterführende Informationen
Hier finden Sie die deutsche Übersetzung des Artikels auf der Seite des Landeskompetenzzentrums Forst Eberswalde (LFE) und weitere interessante Vorträge und Publikationen zur Spätblühenden Traubenkirsche (STK):
Fachkolloquium Management der Spätblühenden Traubenkirsche und weitere Literatur
In Vorbereitung ist eine Broschüre STK mit Handlungsempfehlungen für den Praktiker.


