Unterstellt man eine Umtriebszeit von 80 bis 100 Jahren, dann werden die heutigen Jungbestände zum planmäßigen Erntezeitpunkt deutlich veränderte Standortsbedingungen vorfinden. Die klimatischen Schlüsselparameter für das Vorkommen einer Baumart sind Temperatur, Niederschlag und dessen zeitliche Verteilung (Schüler et al., 2012a).

Betrachtet man alleine den Faktor Lufttemperatur, lassen sich die Auswirkungen geänderter Klimaverhältnisse folgendermaßen veranschaulichen: Falls tatsächlich eine Erwärmung um 4°C stattfindet, entspräche das einer Verschiebung der gegenwärtigen Vegetationsgesellschaften um 600 m nach unten. Die heute montanen Wälder fänden dann die Temperaturverhältnisse der kollinen Höhenstufe vor. An die geänderten Standortsbedingungen können sich Waldgesellschaften und ihre Baumarten entweder anpassen, auf geeignete Standorte migrieren oder sie werden verdrängt und verschwinden, wenn keine passenden Standorte erschließbar sind.

Auf der Grundlage von Waldinventurdaten, die den gesamten Alpenraum abdecken, wurde die Verbreitung mehrerer Baumarten unter den derzeitigen klimatischen Verhältnissen und topografischen Parametern analysiert. Die Modellbeziehungen können auf regionalisierte Klimaszenarien des IPCC angewendet und somit kann das Vorkommen der Baumarten unter geänderten Klimabedingungen prognostiziert werden. Kartografisch umgesetzt, lässt sich so die Arealverschiebung der Baumarten und die künftige Baumartenverbreitung für den Alpenraum darstellen.

Die Verbreitungsmodelle wurden für die Baumarten Fichte, Buche, Weißkiefer und Eiche berechnet. Die Methode ist eine Weiterentwicklung der Klimahüllen, mit welchen das Vorkommen einer Baumart in Abhängigkeit von Klimaparametern wie Jahresdurchschnittstemperatur und Jahresniederschlag dargestellt wird (Kölling 2007). Es wurden sieben saisonale Klimaparameter und einige Standortsparameter zur Modellierung der Baumartenverbreitung verwendet. Mit sechs statistischen Modellierungsverfahren wurde die zukünftige Baumartenverbreitung unter geänderten Klimaverhältnissen errechnet.

Um den bekannten Stärken und Schwächen der Verfahren Rechnung zu tragen, wurden die Ergebnisse der einzelnen Modelle nach statistischen Kriterien zu einem Gesamtmodell aggregiert, welches die Übereinstimmung der Modelle darstellt (Hanewinkel et al., 2012, Zimmermann et al., 2013).

Die Darstellung der Gesamtmodelle (für Fichte siehe Abbildung 1, für Buche, Kiefer und Eiche) zeigen für die kommenden 70 Jahre deutliche Verschiebungen in der Verbreitung der Baumarten und Veränderungen in den Größen der Verbreitungsgebiete.

Demnach wird die Fichte deutlich an Areal verlieren, die Eiche und die Kiefer werden Flächen dazu gewinnen. Die Buche wird anfangs Areal gewinnen und gegen Ende des Simulationszeitraumes wieder verlieren. Für alle dargestellten Baumarten lässt sich eine Ausdehnung des Vorkommens in höhere Lagen feststellen.

Fichte verliert an Fläche

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Waldvegetation äußern sich in Veränderungen im Verbreitungsareal und können je nach Baumart zu einer Verringerung, aber auch zu einer Ausdehnung des Vorkommens führen. Auf Standorten, auf welchen die Produktivität des Waldes derzeit durch eine kurze Vegetationsperiode limitiert ist, kann eine Temperaturerhöhung zu Wachstumszunahmen führen, falls Niederschlag und Nährstoffe im ausreichenden Maß vorhanden sind. Allerdings wird es auch Arealrückgänge und Zuwachseinbußen geben.

Nicht unerwartet wird davon die Fichte besonders stark betroffen sein. Immerhin wird sie derzeit aufgrund ihrer wirtschaftlichen Relevanz deutlich außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes angebaut. Die Flächenzugewinne der Fichte treten vor allem in den Hochlagen in quantitativ bescheidenem Umfang auf. In den mittleren Höhenlagen wird sich am Vorkommen der Fichte an vielen Standorten gar nichts ändern. Arealverluste sind vorwiegend an den Randbereichen des derzeitigen Verbreitungsgebietes zu erwarten. Sollte sich das Verbreitungsgebiet der Fichte tatsächlich verändern, sind wirtschaftliche Einbußen unvermeidlich, da mit anderen Baumarten wohl kaum so erfolgreich gewirtschaftet werden kann (Hanewinkel et al., 2012).

Die Gewinner: Eiche und Kiefer

Ebenso erwartbar ist der Ausbau des Areals von Eiche und Kiefer. Beide Baumarten gewinnen unter wärmeren und trockeneren Bedingungen an Konkurrenzkraft und erholen sich auch nach Trockenstress relativ rasch (Beck, 2010). Der anfängliche Erfolg der Buche währt den Simulationsergebnissen zur Folge nur bis zur Mitte des Jahrhunderts. Danach wird die Buche vielerorts zunehmend unter Trockenstress leiden. Die den Verbreitungskarten zugrundeliegenden Klimamodelle weisen ab zirka 2060 einen deutlichen Anstieg des Erwärmungstrends auf. Unter den Klimamodellierern besteht noch Uneinigkeit, ob es sich dabei um ein Artefakt der Modelle handelt oder ob der Temperaturanstieg tatsächlich zu erwarten ist.

Diskussion

Die Verbreitungskarten der Baumarten sollen in erster Linie als Diskussionsgrundlage dienen. Mit der angewendeten Methode werden potentielle Verbreitungen unter geänderten klimatischen Bedingungen dargestellt. Dabei wird nicht berücksichtigt, wie schnell eine Baumart tatsächlich wandern und neue Areale erschließen kann. Außerdem wird jede Baumart für sich allein betrachtet ohne Berücksichtigung der Konkurrenz und allfälliger Synergien zwischen den Baumarten.

Der Einfluss von Schadorganismen auf Waldökosysteme unter geänderten Klimabedingungen kann derzeit noch nicht hinreichend simuliert werden und wurde daher bei der Erstellung der Verbreitungskarten nicht einbezogen. Eine ganz entscheidende Rolle spielt der Faktor "Mensch" für das Artenvorkommen.

Durch geeignete waldbauliche Behandlungen können Baumarten auch außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsareales und damit im Hauptverbreitungsgebiet von anderen Baumarten erfolgreich bewirtschaftet werden, wenn die Konkurrenzverhältnisse entsprechend gesteuert werden.

Weitere Möglichkeiten, die noch nicht voll ausgeschöpft werden, liegen in der Wahl geeigneter Herkünfte, mit welchen das Standortsspektrum von Baumarten breiter gestaltet werden kann (Schüler et al., 2012b). Ganz besonders vordringlich ist die Erreichung einer Wilddichte, mit der die geplanten waldbaulichen Maßnahmen auch umsetzbar sind.

Das BFW plant das Thema der zukünftigen Baumartenverbreitung noch weiter zu bearbeiten. Da der Nordosten und Osten von Österreich am Rand des Gebietes liegt, der durch die Datensätze der Waldinventuren in der Alpenregion repräsentiert wird, sind möglicherweise Standortstypen in trockenheitsgefährdeten Tieflagen nicht gut abgedeckt. Außerdem nutzen die derzeit verwendeten Verbreitungsmodelle die bodenkundlichen Informationen, insbesondere die Wasserspeicherkapazität, nicht vollständig aus. Diesen Fragen soll in Folgeprojekten nachgegangen werden.

Danksagung

Die Verbreitungsmodelle wurden von Niklaus Zimmermann, Eliane Meier, Signe Normand und Achilleas Psomas an der WSL im Rahmen des Interreg-Projektes Manfred errechnet.

Literatur

Beck, W. (2010): Auswirkungen von Trockenheit und Hitze auf den Waldzustand in Deutschland - waldwachstumskundliche Ergebnisse der Studie im Auftrag des BMEL. DVFFA— Sektion Ertragskunde, Jahrestagung 2010
Hanewinkel, M.; Cullmann, D. A.; Schelhaas, M.-J.; Nabuurs, G.-J. & Zimmermann, N. E. (2012): Climate change may cause severe loss in the economic value of European forest land. Nature Climate Change
Kölling, C. (2007): Klimahüllen für 27 Waldbaumarten. AFZ - Der Wald, 23, 1242-1245
Schüler, S.; Züger, J.; Gebetsroither, E.; Jandl, R. (2012a): Wald im Klimawandel: Temperaturanstieg und sonst?? BFW-Praxisinformation 30: 5-8
Schüler, S.; Kapeller, S.; Huber, G.; Božič, G. (2012b): Optimierte Nutzung der genetischen Variation als Anpassungsmaßnahme für die Forstwirtschaft. BFW- Praxisinformation 30: 13-15
Zimmermann, N. E.; Jandl, R.; Hanewinkel, M.; Kunstler, G.; Kölling, C.; Gasparini, P.; Breznikar, A.; Meier, E. S.; Normand, S.; Ulmer, U.; Gschwantner, T.; Veit, H.; Naumann, M.; Falk, W.; Mellert, K.; Rizzo, M.; Skudnik, M. ; Psomas, A. (2013): Potential future ranges of tree species in the Alps. Kapitel 4. InTech, in Druck