Die Baumartenwahl für einen Standort ist eine Entscheidung mit langfristiger Tragweite von mindestens 60 bis teilweise weit über 100 Jahren. Ist die Entscheidung für eine oder mehrere Baumarten gefallen, gibt das Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) für die wichtigen Baumarten in Deutschland vor, welche Herkünfte in einem bestimmten Gebiet genutzt werden dürfen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass bei den Hauptbaumarten nur geeignete Herkünfte mit guten Wachstumseigenschaften Verwendung finden.

Baumarten sind oft bezüglich bestimmter Standortsbedingungen eingenischt. So benötigen Edellaubhölzer eher basenreiche Böden und vertragen meist auch Carbonat in der Bodenmatrix. Andere sind eher an saure, basen- und nährstoffarme Böden angepasst, so zum Beispiel unsere beiden Birkenarten. Es gibt jedoch auch Baumarten wie die Buche, unsere beiden heimischen Eichenarten und andere, die in ihrem Vorkommen den gesamten Standortsbereich von sauer bis kalkhaltig abdecken und somit auch in verschiedenen standortsangepassten Waldgesellschaften vorkommen. Eine wichtige Frage diesbezüglich ist, ob sich Herkünfte einer Baumart auf Kalkstandorten von denen der gleichen Baumart auf sauren Standorten in ihrer Standortsanpassung unterscheiden. Es geht also um die Frage, ob beispielsweise Saatgut von Buchen eines Kalkstandorts auch auf einem sauren Standort gut und vital anwächst und umgekehrt.

Die Anpassung an einen Standort hängt auf Individuenebene von der phänotypischen Plastizität ab. Auf Populationsebene ist die genetische Vielfalt und Diversität innerhalb einer Population von großer Bedeutung für die Anpassungsfähigkeit. Eine große genetische Diversität kann über eine genetischen Drift zu einer Änderung des Genpools und damit zu einer genetischen Anpassung an veränderte Bedingungen führen. Bei einigen Baumarten ist bekannt, dass sich im Laufe der Evolution klimatisch angepasste Populationen entwickelt haben. So lassen sich zum Beispiel die Hochlagenfichten deutscher Mittelgebirge in ihrem Habitus sowie teilweise auch in ihrem Genotyp von Tieflagenfichten unterscheiden.

Bezüglich der genetischen Anpassung von Baumarten an unterschiedliche Bodenbedingungen ist erstaunlich wenig bekannt. In einem Provenienzversuch zur Weißfichte (Picea glauca) im südlichen Kanada wird die Existenz einer Kalkprovenienz dieser Baumart postuliert. Eine erweiterte Studie zur gleichen Baumart kommt zu dem Schluss, dass keine Kalk-Provenienz zu erkennen wäre, jedoch wird auch in dieser Untersuchung die mögliche Existenz von Kalk-Ökotypen nicht ausgeschlossen. Bislang gibt es daher zwar Hinweise, aber keine validen Untersuchungen, ob verschiedene Herkünfte einer Art, die sich bei vergleichbarem Klima auf unterschiedlichen Böden entwickelt haben, eine genetische Differenzierung aufweisen. In vielen Experimenten ist ein Polymorphismus verschiedener Pflanzenarten unter anderem auch bei Buche, Fichte oder Birke bezüglich unterschiedlicher Säurestressreaktionen nachgewiesen. Dabei kann der Polymorphismus innerhalb einer Art größer sein, als der zwischen Arten. Falls sich die erwähnten Genvarianten auf verschiedene Populationen innerhalb einer Art verteilen, wäre es wichtig, diese bei der Herkunftswahl zu berücksichtigen. Nach dem Vorsorgeprinzip sollten daher Herkünfte von Kalkstandorten und sauren Standorten bei der Festlegung forstlicher Saatguterntebestände nicht vernachlässigt werden.

Zielsetzung

Ziel des hier vorgestellten Ansatzes ist es, die bodenkundlichen Gegensätze innerhalb von Herkunftsgebieten darzustellen, um sowohl den Erzeugern von forstlichem Saat- und Pflanzgut in Deutschland als auch den Käufern eine verbesserte Arbeitsgrundlage an die Hand zu geben. Da die gesetzlich festgelegten und vorgeschriebenen Herkunftsgebiete nicht ohne aufwändige Gesetzesänderungen modifiziert werden können, wird lediglich eine bodenkundliche Differenzierung der schon ausgewiesenen Herkunftsgebiete vorgenommen. Auf diese Weise wird die Passgenauigkeit von Herkünften für eine standortspezifische Verwendung jedoch deutlich verbessert

Bewertung der Bodeneinheiten

Datengrundlage ist die Bodenkarte 1:1.000.000 des European Soil Date Centre (ESDAC) der Europäischen Kommission. Bewertet werden die WRB-Bodentypen. In Deutschland sind dies 29 Einheiten. Der Großteil davon ist eindeutig einer der drei Klassen sauer, basenarm (A), basenreich (B) oder carbonatisch (C) zuzuordnen. So sind beispielsweise Tschernoseme per Definition basenreich, Podsole hingegen per Definition basenarm. Gleiches gilt für die Klassifikatoren eutric (hohe Basensättigung) und dystric (geringe Basensättigung). Andere Bodentypen können aufgrund diagnostischer Horizonte, Eigenschaften oder Ausgangsmaterialien ebenfalls eindeutig einer der drei Gruppen zugeordnet werden, zum Beispiel calcaric (carbonatisches Ausgangsmaterial).

Nur drei Einheiten können anhand dieser Angaben nicht eindeutig zugeordnet werden, da bei gleicher bodentypologischer Bezeichnung sowohl arme und saure als auch basenreiche Bodenentwicklungen realisiert werden können. Hier wurden die geologischen Informationen, die in der Attributtabelle den bodenkundlichen Einheiten angehängt sind, bezüglich einer bodenkundlichen Entwicklung interpretiert. Somit wird eine indirekte Einordnung dieser Bodentypen ermöglicht.

Bodenkundliche Differenzierung der forstlichen Herkunftsgebiete am Beispiel der Buche

Die Buche, die sich seit ca. 7.000 Jahren in Deutschland ausbreitet, kommt bezüglich des Basenhaushalts in sehr differenzierten Pflanzengesellschaften vor. In Abbildung 2 sind die ökologischen Präferenzen der drei dominierenden Buchenwaldgesellschaften bezüglich der Basensättigung dargestellt. Die rote Kurve stellt die Präferenz der Hainsimsen-Buchenwälder (Luzulo-Fagetum) dar, die auf basenarmen Böden vorkommen. Die orangefarbene Kurve stellt die der Waldmeister-Buchenwälder (Galio-Fagetum) und die blaue Kurve die Waldgersten-Buchenwälder (Hordelymo-Fagetum) dar. Wie in der Einleitung erwähnt sind bei Buche polymorphe Anpassungsmechanismen bezüglich der Säuretoleranz beschrieben worden, weshalb eine Differenzierung nach dem Basenhaushalt sinnvoll erscheint.

Abbildung 3 zeigt, wie sich die aktuell gültigen Herkunftsgebiete bei Berücksichtigung der Bodeneigenschaften differenzieren würden. Das Buchenareal in Deutschland ist in 17 Herkunftsgebiete gegliedert, die teilweise in Höhenstufen untergliedert werden, wodurch sich die Anzahl auf 26 erhöht. Dies ermöglicht ein recht differenziertes Bild. Einige Herkunftsgebiete sind in ihrer bodenkundlichen Ausprägung sehr einheitlich, so zum Beispiel die bayerischen Alpen (810 52/26) oder Schwarzwald (810 21/22) und Bayerischer Wald (810 19/20). In anderen Herkunftsgebieten werden saure und basenreiche Standorte, obwohl großflächig vorkommend, jedoch nicht unterschieden. So werden beispielsweise in Norddeutschland im Herkunftsgebiet 810 02 die carbonatreichen Jungmoränen nicht von den basenarmen Sandern getrennt. Auch in Mittel- und Süddeutschland finden sich entsprechende Beispiele.

Anwendung der Ergebnisse

Da die Saat- und Pflanzgutherkünfte in Deutschland nach dem FoVG geregelt sind, wäre es ein längerer Prozess, dieses an neue Erkenntnisse anzupassen. Es kann nun aber nach den hier vorgestellten Karten innerhalb einer Herkunftsregion zwischen basenarmen, basenreichen und carbonatischen Bodenentwicklungen unterschieden werden. Nach dem FoVG ist für Buche die Herkunft 810 17 eine Ersatzherkunft für 810 09. Dies würde bedeuten, dass Buchen aus dem Muschelkalkgebiet der Fränkischen Platte gemäß FoVG zur Ausbringung im Buntsandsteinspessart geeignet wären. Berücksichtigt man jedoch die hier vorgeschlagene Dreigliederung nach Bodentypen, so würde für den Buntsandsteinspessart (810 09A) als Ersatzherkunft 810 17A, das heißt eine Herkunft aus dem Sandsteinkeuper des Steigerwaldes, in Frage kommen, was deutlich besser passt (vgl. Abb. 4). Diesbezüglich ließen sich noch viele weitere Beispiele finden.

Besonders interessant und wichtig ist die vorgeschlagene bodenbasierte Dreigliederung für Baumarten mit großen, wenig untergliederten Herkunftsgebieten, zum Beispiel bei der Europäischen Lärche, den heimischen Ahornarten oder der Stieleiche. Hier kann nun eine deutlich passgenauere Auswahl von Herkünften vorgenommen werden. Für alle nach FoVG gesetzlich geregelten Baumarten können die analog zu Abbildung 3 erstellten Karten unter www.waern.wzw.tum.de/karten/forstl_saat_pflanzgut abgerufen werden. Im konkreten Einzelfall kann natürlich auch die Standortsinformation des Pflanzortes mit derjenigen des Herkunftsortes abgeglichen werden – sofern man zu dieser Information Zugang erhält.

Ausblick

Wünschenswert wäre, dass Baumschulen als Zusatzinformation in Zukunft angeben würden, aus welcher der drei Bodenentwicklungklassen das von ihnen angebotene Saat- bzw. Pflanzgut einer bestimmten Herkunft stammt, um dem Kunden ein passgenaueres Pflanzensortiment zu bieten. Im Zuge des Klimawandels wäre für eine standortsangepasste Auswahl klimaplastischer, nicht heimischer Herkünfte eine entsprechende Karte als Entscheidungshilfe für die wärmeren Regionen Europas hilfreich. In einem ersten Schritt müssen die interessierenden süd- und südosteuropäischen Gebiete bodenkundlich in überschaubare Einheiten gegliedert werden. Als bodenkundliche Grundlage kann wieder die Bodenkarte 1:1.000.000 des European Soil Date Centre (ESDAC) verwendet werden. In einem nächsten Schritt muss eine klimatische Gliederung Zentral-,Süd- und Südost-Europas erfolgen. Die Auswahl nicht heimischer Herkünfte würde dann nicht, wie bislang üblich, ausschließlich nach klimatischen sondern auch nach bodenkundlichen Kriterien erfolgen.