Der neue Ratgeber des Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE) skizziert die wichtigsten ökologischen Merkmale der Baumart und erläutert die Möglichkeiten für die waldbauliche Integration und das Management mit Fallbeispielen aus der Forstpraxis in Brandenburg. Für den interessierten Leser sind zusätzlich Informationen über die Nutzung der Spätblühenden Traubenkirsche in ihrem Herkunftsgebiet - in Nordamerika - aufgeführt. Dazu gibt es praxisnahe Handlungsempfehlungen, nach Ausgangszustand in den Beständen gegliedert.
Einleitung
Ursprünglich in Europa als Gartengehölz eingeführt, erweiterte sich ihr Nutzen bald auf die Bodenverbesserung, den Brandschutz und tatsächlich auch auf die Holzproduktion. Ihre rasche und nahezu ungehinderte Ausbreitung mündete schließlich in einer Ära der Bekämpfung, um die heimische Tier- und Pflanzenwelt vor dieser als invasiv eingestuften Art zu schützen. Die Eliminierung der Spätblühenden Traubenkirsche (Prunus serotina Ehrh.) in Mitteleuropa wird heute als nicht umsetzbar angesehen und nur noch in wenigen Forschungsarbeiten thematisiert. Heute können wir auf jahrzehntelange Forschung und Erfahrung zurückgreifen, um Empfehlungen zum Umgang mit dieser Art abzuleiten.
Die Ökologie
Die Spätblühende Traubenkirsche stammt ursprünglich aus Nord- und Mittelamerika, wo sie in Wäldern mit zahlreichen anderen Baumarten vergesellschaftet vorkommt, so zum Beispiel mit der Rot-Eiche (Quercus rubra L.) oder dem Zucker-Ahorn (Acer saccharum Marschall). Die Strategie dieser Baumart ist die eines Lückenspezialisten und Pionierbaumes. Sie kann rasch Störungen im Kronendach nutzen, um auf das vermehrte Lichtangebot mit erhöhtem Wachstum zu reagieren. Die Art besitzt vor allem in jungen Jahren eine gewisse Schattentoleranz, jedoch ist diese nicht vergleichbar mit der einer Rot-Buche. Einzelne Exemplare konnten bei sehr niedrigen relativen Lichtintensitäten von weniger als zehn Prozent in einer "Warte-Stellung" beobachtet werden. Im Alter kann in der Krone eine Auflichtung beobachtet werden, die eine Verjüngung im Unterstand begünstigen kann.
- Ihr maximales Höhen- und Durchmesserwachstum erreicht die Spätblühende Traubenkirsche bei vollen Beleuchtungsstärken in größeren Bestandeslücken und auf Freiflächen, wo sie selbst andere Pionierbaumarten wie Sand-Birke (Betula pendula Roth.) und Sal-Weide (Salix caprea L.) übertrifft.
- Ihre Samen werden durch Schwerkraft im Umfeld des Mutterbaumes verbreitet, sowie über große Distanzen von mehr als 100 Meter durch Vögel und andere Tierarten. Am Boden kann sich über Jahre eine Samenbank aufbauen, wobei die Samen über drei bis fünf Jahre keimfähig bleiben.
- Grundsätzlich gedeiht die Spätblühende Traubenkirsche auf allen Böden, mit Ausnahme von sehr trockenen, sehr nassen und kalkhaltigen Böden. Hochanstehendes Wasser im Boden sowie Überflutung führt zum Absterben.
Das Management
Im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte wurden vorrangig zahlreiche Methoden zur Bekämpfung der Spätblühenden Traubenkirsche erprobt. Dazu zählen rein mechanische Methoden - wie das Ausreißen per Hand - oder auch biochemische Methoden - wie die Anwendung von Mykoherbiziden auf Schnittflächen nach Fällung. In Mitteleuropa ist die vollständige Eliminierung gesichert gescheitert. Jedoch zeigen einige Erfolgsbeispiele, dass die Ausbreitung der Art in heimische Waldgesellschaften verhindert werden kann, was insbesondere für den Erhalt der Artzusammensetzung in geschützten Biotopen von Bedeutung sein kann.
Exkurs: Management der Spätblühenden Traubenkirsche in Nordamerika
Die Spätblühende Traubenkirsche ist in der Forstwirtschaft Nordamerikas eine wichtige Wirtschaftsbaumart und alles andere als ein invasiver Fremdling. Nicht überall sind die Wuchs- und Wirtschaftsbedingungen für diese Art ideal, deshalb blüht die Produktion hochwertiger Holzsortimente aus dieser Art nur in einigen US-Bundesstaaten im Osten der USA. Natürlicherweise findet man sie dort mit einer immensen Zahl von Mischbaumarten und in unterschiedlichsten Waldformen vergesellschaftet. Für die Bewirtschaftung der Spätblühenden Traubenkirsche wird jedoch seit mehr als 100 Jahren die Erziehung und Ernte großflächiger Bestände von "Black Cherry" im Kahl- oder Schirmschlagbetrieb empfohlen. Hier gilt: je höher die Dichte der Traubenkirsche in der Verjüngung, umso besser die erzielten Stammqualitäten. Dabei wird zum Teil rigoros gegen andere Mischbaumarten vorgegangen. Hintergrund ist auch die höchste Wuchsleistung der Traubenkirsche bei voller Beleuchtung, ein Aufwachsen unter dichtem Kiefernschirm - wie in Europa - wäre für die Qualitätsholzproduktion undenkbar.
Auf einen Blick
Im Ratgeber werden für den Anwender verständliche Empfehlungen nach unterschiedlichen Ausgangslagen und Handlungsoptionen gegeben. Vor der Betrachtung der einzelnen Optionen am Bestand selbst sollte jeder Anwender folgende Fragen beantworten:
- Besteht eine Waldentwicklungsplanung auf standörtlicher Grundlage?
- Können waldschonende Wildbestandszahlen erreicht werden, die eine Naturverjüngung ermöglichen?
- Besteht die Notwendigkeit der Einhaltung von Naturschutzauflagen im Zielbestand oder in angrenzenden Flächen, die mögliche waldbauliche Maßnahmen einschränken?
Die Traubenkirsche in weiteren Veröffentlichungen:
Weitere Informationen und praxisnahe Handlungsempfehlungen finden Sie im Ratgeber: Erfahrungen und Empfehlungen zum waldbaulichen Umgang mit der Spätblühenden Traubenkirsche
Hier finden sie die Übersetzung des englischsprachigen Artikels im "Forest Ecology and Management" Volume 562 über das Management der Spätblühenden Traubenkirsche: https://forst.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/Management%20der%20STK%20in%20euop.%20W%C3%A4ldern_FINAL_09072024.pdf






