Die Bewirtschaftung von Wäldern folgt einem naturnahen Kreislauf, beginnend mit der Bestandesbegründung durch Förderung der natürlichen Verjüngung und der Pflanzung von Bäumen. Als weiteres Element im Bestandesleben folgt dann die Pflege und Stand­raumgestaltung, um den Bäumen ausreichend Platz für eine optimale Ent­wicklung zu geben und die Stabilität der Bestände sicherzustellen.

Überlegungen zur optimalen Gestaltung dieser Eingriffe fanden schon vor langer Zeit in Durchforstungsregeln ihren Niederschlag. Natürlich hat sich unser forstliches Wissen seither deutlich vermehrt. Wir wissen heute viel besser über die baumartenspezifischen Wachstumsgesetzmäßigkeiten, den Standraumbedarf und die sich daraus ergebenden Konsequenzen der Standraumgestaltung Bescheid.

Es hat sich aber nicht nur unser Wissen verändert, auch die wirtschaftlichen Rahmen­bedingungen und insbesondere die Kostenstrukturen haben sich ent­scheidend gewandelt. Neue Arbeitsverfahren sowie Maschinen und die ge­änderte Relation von Holzerlösen zu Werbungs­kosten machten und machen eine Anpassung der Zielsetzung erforderlich. Während früher die Rohstoff­knappheit den Massenertrag in den Vordergrund rückte, wird heute durch ständig steigende Arbeitskosten neben dem Wertertrag der Deckungsbeitrag zur entscheidenden Steuerungsgröße (Artikel zur Kostenkalkulation).

Durchforstung seit 200 Jahren

Der Begriff Durchforstung wurde von Hartig bereits 1791 geprägt. Auf die nachhaltige Brennholzversorgung ab­zielend, forderte er, dass ausschließlich unterdrückte und absterbende Bäume entnommen werden dürfen. Durch die Niederdurchforstung strebte er maximale Wuchsleistung bei ständigem Bestan­des­schluss in einschichtigen Beständen an, dies brachte ihm und seinen Schülern die Bezeichnung der "Dunkelmänner" ein.

Bereits wenige Jahre danach formulierte Cotta 1816 als "Lichtfreund" den noch immer gültigen Grundgedanken der aktiven Bestandespflege, wobei durch Eingriffe in den Kronenschluss der verbleibende Bestand gefördert werden sollte. Seine Erkenntnis, dass durch die Hochdurchforstung der Standraum für die verbleibenden Bäume beeinflusst werden kann und damit ein entscheidendes Lenkungsinstrument zur Verfügung steht, setzte sich überraschenderweise erst sehr langsam durch.

Lange Zeit wurden Bestände weiterhin im Sinne der "Dunkelmänner" niederdurchforstungsartig behandelt. Wiedemann empfahl die "gestaffelte Durchforstung", frühe und starke Eingriffe sollten später von mäßigen Niederdurchforstungen abgelöst werden. Assmann legte großen Wert auf eine Quantifizierung der Durchforstungsstärke und prägte den Begriff der kritischen Grundfläche. Dieser bezog sich auf die flächenbezogene Wuchsleistung und nicht auf den Wertzuwachs. Vielfach hatte die unberechtigte Sorge, durch Bestockungsverminderung Zuwachsverluste zu erleiden, zu schwachen und damit wirkungslosen Eingriffen geführt.

Revolutionäre Ideen

In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde in Frankreich die Idee formuliert, das Kronendach in Eichenbeständen zu durchbrechen und dadurch so genannte Elitestämme (für den Schiffsbau) zu begünstigen. Dieser erste Schritt zur Entwicklung des Ausleseprinzips setzte sich selbst in Frankreich nicht durch. In Österreich hat Schiffel erstmals zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine starke Durchforstung von Fichtenbeständen bereits im Jugendstadium vertreten. Aber auch Schiffels zur damaligen Zeit revolutionäre Meinung hat sich nicht allgemein verbreitet. Ein entscheidender Wegbereiter in Deutschland für die Auslesedurchforstung war etwa zeitgleich Michaelis.

Der Schweizer Schädelin hat wohl als erster mit dem Begriff der "Erziehungsdurchforstung" der Pflegefunktion der Durchforstung den Vorrang vor der Nutzungsfunktion eingeräumt. Von Leibundgut wurde dies zur kontinuierlichen Waldpflege weiterentwickelt, die auch Mayer in Österreich propagierte. Die Vorteile des Ausleseprinzips sind durch vielerlei Versuche belegt und zumindest in der Theorie weitgehend akzeptiert, es wird jedoch bei weitem noch nicht überall konsequent angewandt.

Schematische Durchforstungsverfahren, wie sie zu Beginn der Holzernte­mechanisierung vorgeschlagen wurden, konnten sich in Österreich nicht richtig durchsetzen. Komplexere Durchfors­tungsverfahren wie die Strukturdurchforstung, bei der neben den Z-Bäumen in der Zwischenschicht eine zweite Generation von Zukunftsbäumen herangezogen werden soll, sind waldwachstumskundlich noch zu wenig untersucht, um dazu Aussagen machen zu können. Die Plenterdurchforstung beruht auf der Entnahme vom starken Ende her; auch dabei sind die längerfristigen Auswirkungen auf den Zuwachs noch umstritten.

Ausleseprinzip der Durchforstung

Die Auslesedurchforstung trägt dem Umstand Rechnung, dass der überwiegende Teil des Erlöses im Endbestand und daher durch relativ wenige Bäume erwirt­schaftet wird. Konsequenterweise wird ein, dem Betriebsziel möglichst ent­sprechender, idealisierter Endbestand definiert. Dazu können bestehende ältere Bestände oder Einzelbäume Hilfestellung geben. Diese klaren Zielvor­stellungen werden dann in konkrete Baumdimensionen und Schaftqualitäten, eventuell auch bereits in Sortimente umgesetzt.

Baumartenspezifische Wachstumsgesetzmäßigkeiten ergeben schließ­lich die dafür notwendigen Kronendimensionen bzw. Baumabstände der Zukunfts- oder Z-Bäume und bestimmen die zeitliche Abfolge der Eingriffe. Die Eingriffe konzentrieren sich auf die Standraumgestaltung der Z-Bäume, die im gesamten Produktionszeitraum verblei­ben und daher die Wertleistung eines Bestandes ausmachen. Eingriffe im übrigen Bestand werden nur durchgeführt, soweit dies für die Erziehung der Z-Bäume erforderlich ist.

Unterschiedliche Betriebsziele (Nadel- oder Laubholz, Massenware oder Wertholz) variieren nur das Aussehen des Z-Baumes, die Methode der Behandlung bleibt jedoch im Prinzip gleich. Der sinnvollste Zeitpunkt zur Auswahl der Z-Bäume ist vom Betriebsziel, der Baumart, der erreichten Baumhöhe und den übrigen Bestandesverhältnissen abhängig.

Als Richtwert kann ein Drittel der Umtriebszeit oder ein Höhenrahmen von 10 - 15 m angenommen werden. Ein späterer Zeitpunkt erleichtert durch die bereits fortgeschrittene Differenzierung zwar die Auswahl von geeigneten Z-Bäumen, verringert jedoch die Möglichkeit, diese zu fördern. Die Qualität wäre später leichter festzustellen, die Stabilität hingegen erfordert ein früheres Eingreifen, solange die Baumkronen noch ausreichend lang, der H/D-Wert noch niedrig und die Bäume reaktionsfähig sind.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Je größer die Schere zwischen Holzerlös und Erntekosten, desto wichtiger wird die Durchforstung. Nur zeitgerecht und konsequent durchgeführte Durchforstungsmaßnahmen können nicht kostendeckende Schwachholzsortimente minimieren. Das Zurückstellen von (Erst-) Durchforstungen wäre die vollkommen falsche Reaktion.

Durchforstung zielt nicht primär auf Vornutzungserträge, sondern ist als eine notwendige Maßnahme zur Bestandesgestaltung anzusehen. Nur dadurch können Nadelholzbestände die erforderliche Stabilität erreichen und Laubholzbestände den erforderlichen Wertholzanteil erreichen (Artikelserie zu biologischer Rationalisierung). Dass Durchforstungen auch einen günstigen Effekt auf den Standort haben, kann als weitere Motivation dienen: Einerseits wird der Streuumsatz gefördert und eine artenreiche Bodenvegetation ermöglicht, andererseits lässt ein aufgelockertes Kronendach mehr Niederschläge und Wärme auf den Boden kommen.

Wirtschaftliche Zwänge werden den Einsatz von Erntemaschinen in Zukunft fördern. Die Möglichkeiten, die Erntekosten noch weiter zu senken, erscheinen aber begrenzt. Der Maschineneinsatz verstärkt die Tendenz, die Durchforstungseingriffe räumlich und zeitlich zu konzentrieren, um dadurch einen größeren Holzanfall zu ermöglichen.

Nadelholz: „Früh, stark, selten“

Das von Heyer vor 170 Jahren als waldbaulich wünschenswerte Durchforstungsprinzip geprägte „Früh, mäßig, oft” hat nun seine Gültigkeit verloren. In Nadelholzbeständen wird es durch das Prinzip „Früh, stark, selten“ abgelöst.

Entsprechende Versuche wurden vom BFW bereits angelegt. Diese sehr starken Eingriffe mit Entnahmen von bis zu 50% des Vorrats erfordern eine sehr stabile Bestandesstruktur, die nur durch weitständige Kulturen und starke Stammzahlreduktion erreicht werden kann. In Laubwaldbeständen muss der Wertholzanteil trotz Kostenminimierung erhöht werden: Die Beschränkung der notwendigen Pflegeingriffe auf wenige Z-Bäume ist der richtige Weg dahin und eine sachgemäße Durchforstungsauszeige die Voraussetzung dafür. Um Erfolg in der Praxis zu haben, werden waldbauliche Verfahren auf wirtschaftliche Rahmenbedingungen Rücksicht nehmen müssen.

Durchforstung muss nicht unbedingt in jedem Einzelfall positive Deckungsbeiträge erbringen, längerfristig kann jedoch nur eine wirtschaftlich erfolgreiche Forstwirtschaft überleben.