Symptome

Kleine Nekrosen auf der dünnen Rinde von Jungbäumen oder an dünnrindigen Zweigen von Altbäumen sind erste Anzeichen für beginnenden Buchenkrebs. Wegen der andauernden Pilzinfektion am Rand der Nekrose kann diese über lange Zeit nicht erfolgreich überwallt werden (Abb.1). Durch den Zuwachs des umgebenden Gewebes reißt die tote Rinde schließlich auf. Gele­gentlich kommt es zur Ringelung und damit zum Verkümmern von Trieben. Wenn dann subterminale Äste die Leitfunktion überneh­men, sind Verbuschung oder krumme Stämme das Resultat. Die Überwallung der Krebswunden kann sich nach Klein (1997) bis in das Alter von 50 bis 60 Jahren ziehen. Wenn sie nicht entfernt werden, können auch Althölzer noch aktive Stammkrebse aufweisen (Borrmann 1994). Der Erreger dieser Krankheit ist der Pilz Nectria ditissima Tul. et C. Tul.

Untersuchungsmethoden

Für die Studie wurden in Baden-Württemberg elf repräsentative Forstbezirke mit hohem Buchenanteil ausgewählt (Adelsheim, Bad Säckingen, Bad Urach, Göppingen, Langenau, Heidenheim, Neckargemünd, Schopfheim, Tübingen, Tuttlingen, Überlingen). Hier wurden alle buchendominierten Bestände, die eine Buchennaturverjüngung im Alter zwischen 1 und 30 Jahren und einen Altholzschirm aufwiesen, in die Untersuchung einbezogen. Das Alter der 111 Bestände betrug 67 bis 192 Jahre. Sie stocken in Höhenlagen zwischen 180 und 840 m über N.N..

In den ausgewählten Beständen wurden Stichproben in Form von insgesamt 801 Probe­kreisen von 25 m² Größe angelegt. Die Verjüngung wurde differenziert nach gesunden und mit Buchenkrebs befallenen Bäumen ausgezählt, in der Summe fast 60.000 Einzelbäume. Das Durchschnittsalter der Verjüngungen lag im Bereich zwischen 3 und 38 Jahren. Die größte Gruppe stellt die Altersstufe von 11 bis 15 Jahren. In den einzelnen Probekreisen schwankt die Baumzahl zwischen 1 und 844.

Der Deckungsgrad des Altholzschirmes wurde direkt über den Probekreisen separat für Buchen und Mischbaumarten geschätzt. Um den Einfluss von Randbäumen zu erfassen, wurde der Deckungsgrad zusätzlich in einem gedachten Trichter mit einem Neigungswinkel von 45° um die Probekreise herum ermittelt.

In einem Anbauversuch der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft (BFH) mit 62 europäischen Buchenprovenienzen trat im Nordschwarzwald ein relativ hoher Befallsgrad mit Buchenkrebs auf. Der Befallsgrad der 149 Parzellen mit insgesamt 9015 Bäumen wurde einzeln erfasst. In der kartographischen Darstellung wurden die infizierten Altbäume in der Nachbarschaft des Versuchs einbezogen (Abb. 3) und dabei die Versuchs­parzellen in Abstands- und Windverbreitungszonen eingeteilt. Die Windverbreitungszonen (Abb. 5) sind von den dort vorherrschenden Hauptwindrichtungen (LfU Baden-Württemberg 2000) abgeleitet (Metzler et al. 2002). Die Abhängigkeit des Befallsgrads von der Windverbreitungszone und von der Provenienz wurden varianzanalytisch geprüft.

Das Ausmass der Krankheit in Baden-Württemberg

Im Durchschnitt aller Probekreise in allen beteiligten Forstbezirken liegt der Befallsgrad mit 5,3% im Vergleich mit Literaturangaben aus anderen Waldgebieten (Perrin & Vernier 1979, Sagheb-Talebi 1996) relativ niedrig. Wirtschaftlicher Schaden ist bei einem Befallsgrad von unter 10% nicht zu erwarten, da immer noch eine sehr große Zahl gesunder Bäume für den Endbestand zur Verfügung steht. Bei einem Befallsgrad von über 25% dürfte jedoch ein Risiko für den Endbestand bestehen. Dies ist in unserer Untersu­chung bei 5,2% der Probekreise und bei 4 der 111 Bestände der Fall.

Untersucht man den Befallsgrad differenziert nach Altersstufen, erkennt man, dass die Buchen auf den Probekreisen bis zu einem Alter von fünf Jahren nur schwach (zu 1,6%) befallen waren. Der maximale Befall liegt mit 8,9% bzw. 7,3% in den beiden Altersstufen oberhalb von 15 Jahren.

Die Rolle der Überschirmung beim Infektionsgeschehen

Im Rahmen unserer Untersuchung konnte dem Überschirmungsgrad – vergleichbar mit relativem Lichtgenuss – kein erkennbarer Einfluss auf das Krankheitsgeschehen zugeschrie­ben werden. Auch die Ergebnisse von Sagheb-Talebi (1996) zum Einfluss der relativen Beleuchtungsstärke lassen keinen klaren Trend erkennen.

Dagegen spielt der Gesundheitszustand der Überschirmung eine wesentliche Rolle. 379 Probekreise (47%) hatten Kontakt mit infiziertem Altholz. Hier war mit durchschnittlich 8,2% ein erhöhter Anteil infizierter Naturverjüngung festzustellen. Dagegen sind die Probe­kreise mit Überschirmung durch gesunde Bäume durchschnittlich nur zu 2,4% befallen (vgl. Abb. 4). Diese Unterschiede sind statistisch hochsignifikant.

Auf dieBedeutung eines kranken Altholzschirmes bei der Übertragung der Krankheit hat erstmals Perrin (1981) hingewiesen. Klein (1997) sieht in der langen Überschirmung bei Femelschlägen einen wesentlichen Grund für eine Zunahme von verkrebsten Buchenjung­wüchsen im Forstbezirk St. Märgen. Flächen, die nach angesamter Verjüngung rasch geräumt wurden, blieben gesund. Sagheb-Talebi (1996) fand ebenfalls den höchsten Befall am Rand von Femellöchern.

Nach den vorliegenden Daten ist anzunehmen, dass der Hauptstreubereich für Sporen von einzelnen infizierten Altbäumen etwa 0,25 ha beträgt. Beobachtungen im Rahmen von örtli­chen Beratungen der FVA-Abteilung Waldschutz in weiteren zehn Forstbezirken Baden-Württembergs und in Rheinland-Pfalz ergaben ebenfalls, dass Naturverjüngungen unmittel­bar unter befallenem Altholzschirm besonders oft erkrankt waren. Eine besondere Bedeu­tung bei der Übertragung von der Überschirmung zur Naturverjüngung schreiben Gerwen (1980) und Perrin (1981) den Vorwüchsen zu, die nach ihrer Beobachtung besonders oft verkrebst sind. Sie sind als Sporenquelle näher an der übrigen Verjüngung und sind damit für die Infektion von besonderer Bedeutung.

Mit der Beimischung anderer Baumarten in der Überschirmungsinkt der Anteil der vom Krebs befallenen Buchen in der Naturverjüngung. Wenn die direkte Überschirmung des Probekreises nur aus Buchen besteht, ist die Naturverjüngung zu 5,5% erkrankt, bei Beteiligung anderer Baumarten dagegen nur zu 3,2%. Diese Mittelwerte sind signifikant verschieden. Da Nectria ditissima ein artspezifisches Pathogen ist, geht mit sinkendem Buchenanteil in der Baumschicht eine Verringerung des durchschnittlichen Infektionsdrucks einher. Perrin & Vernier (1979) konstatieren, allerdings ohne Angabe von Daten, eine Zunahme der Krankheit nach der Überführung artenreicher Mittelwälder in Buchenrein­bestände. Neben verschiedenen anderen waldbaulichen Vorteilen erwartet auch Bastien (1997) von der Beimischung von Lichtbaumarten eine geringere Verbreitung der Krankheit.

Einfluss des Wasserhaushalts

Wegen der ungleichen Verteilung der Altersstufen des Untersuchungsmaterials auf die verschiedenen Höhenlagen wurden für diese Auswertung nur die Probekreise mit Natur­verjüngung in einem Durchschnittsalter zwischen 6 und 15 Jahren berücksichtigt. In Höhenlagen unter 300 m ü. NN ist mit 9,0% signifikant häufiger Buchenkrebs festzustellen als oberhalb 600 m ü. NN. In der Höhenstufe 601 bis 750 m ist der Befallsgrad am geringsten (1,0%).

Unsere Studie hat gezeigt, dass innerhalb der kalkbeeinflussten Standorte der Befallsgrad mit abnehmendem Ariditätsindex zunimmt, sodass die wärmeren und trockeneren, in geringerer Höhenlage stockenden Bestände deutlich stärker betroffen sind. Der bisherige Kenntnisstand zeigt, dass die Rolle des Bodenwasserhaushalts als Resultat aus den Faktoren Niederschlag, Durchschnittstemperatur und drainierenden Eigenschaften des Grundgesteins einen größeren Einfluss auf den Befall durch Buchenkrebs ausüben dürfte als der Kalk­gehalt des Ausgangsgesteins (Debnoweckij 1972 zitiert in Veldmann 1984, Perrin & Vernier 1979, Sagheb-Talebi 1996).

Räumliche Ausbreitung von Buchenkrebs in einem Provenienz­versuch

In einem Buchenprovenienzversuch der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirt­schaft mit 62 europäischen Herkünften trat im Nord-Schwarzwald ein relativ hoher Befalls­grad mit Buchenkrebs auf. Im Mittel waren die 149 Parzellen mit insgesamt 9015 Bäumen zu 11,6% infiziert (Metzler et al. 2002). Mittels Varianzanalyse konnte eine Abhängigkeit des Befallsgrads von der Provenienz nicht nachgewiesen werden. Dagegen ergab sich ein hochsignifikanter Zusammenhang mit dem Abstand der Parzellen im Windschatten von infizierten Altbuchen (Abb. 5). In der engsten Windverbreitungszone von 12 Ar um die infizierten Altbäume lag der Befallsgrad bei 20,6%.

Bedeutung der Ergebnisse für den Waldbau

Für den waldbaulichen Umgang mit dem Buchenkrebs wird ein abgestuftes Vorgehen nach dem Befallsgrad in der Naturverjüngung vorgeschlagen.

  1. Bei Befall bis 10% der Stammzahl: Unbedenklicher Befall, es sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich.
  2. Bei Befall 11 bis 25%: Warnstufe. Der Umfang des Befalls ist verstärkt zu beobach­ten, Schlag- und Jungbestandspflege sind zu intensivieren und kranke Vorwüchse zu entfer­nen. Zu großzügiges Aushauen erkrankter Jungbäume muss jedoch vermieden werden. Dies würde die Astigkeit der verbleibenden Bäume fördern und wäre damit hinsichtlich der Wertholzerzeugung kontraproduktiv. Anstehende Eingriffe ins Altholz sollten auf Krebs­buchen konzentriert werden.
  3. Bei Befall 25 bis 100%: Wirtschaftlich gravierender Befall. Zusätzlich zum obigen Verfahren sollte die Entfernung kranker überschirmender Bäume beschleunigt erfolgen. Mischbaumarten sind zu begünstigen und nach Möglichkeit (in junge Bestände, Bestandes­lücken) neu einzubringen. Es ist sonst zu erwarten, dass es zu weiteren Infektionen kommt und dadurch eine nennenswerte Zahl erkrankter Buchen mit entsprechend geringer Holz­qualität in den Endbestand einwächst.

Literatur

  • Bastien, Y. (1997): Pour l’éducation du Hêtre en futaie claire et mélangée. Rev. Forest. Fr. 49, 49-68.
    Borrmann, K. (1994): Buchenkrebs im Naturschutzgebiet. Vorkommen des Buchenkrebs (
    Nectria ditissima) im NSG Heilige Hallen. Der Wald 44, 15-17.
    Gerwen, C.P. van (1980): Kanker bij beuk, een gevaar voor verjonging onder scherm. Nederlands bowbouw tijdschrift, Arnhem 52: 1-5.
    Klein, E. (1997): Buchenkrebse in Jungwüchsen und Buchen-"T-Krebse". Forst und Holz 52, 58-61.
    LfU Baden-Württemberg (2000): Windstatistiken in Baden-Württemberg 2000. Interaktive Windrosenkarte auf CD-ROM. Landesanstalt für Umwelt­schutz, Karlsruhe.
    Metzler, B; Erffa, R.v. (2000): Zur Verbreitung von Buchenkrebs in Naturver­jüngungen in Baden-Württemberg – Einfluss von Überschirmung und Standortsfaktoren. Forstwiss. Cbl. 119, 297-309.
    Metzler, B.; Meierjohann, E.; Kublin, E.; Wühlisch, G.v. (2002): Spatial Dispersal of Nectria Canker of Beech
    in an International Provenance Trial. Forest Pathology (im Druck).
    Perrin, R. (1981): De quoi souffre l'écorce du hêtre? Schweiz. Z. Forstwesen 132, 1-16.
    Perrin, R.; Vernier, F. (1979): La chancre du hêtre: influence des conditions stationelles sur la gravité de la maladie. Rev. Forest. Fr. 29, 286-297.
    Reindl, J.; Feemers, M.; Maschning, E. (1996): Situation und Prognose des Schädlingsbefalls in Bayern 1995/96. AFZ 51, 359-364.
    Sagheb-Talebi, K. (1996): Quantitative und qualitative Merkmale von Buchen­jungwüchsen
    (Fagus sylvatica) unter dem Einfluss des Lichtes und anderer Standortsfaktoren. Beiheft Schweiz. Z. Forstwesen 78, 220 S.
    Veldmann, G. (1984): Krankheiten und Schädlinge der Rotbuche (
    Fagus silvatica) – Auswahlbibliographie. Bibliographische Mitteilungen der Universitätsbibliothek Jena, 24, 302 S.