Erhebliche Schäden an Laubbäumen zu befürchten

Es gibt unzählige Beispiele, dass eingeschleppte fremdländische Arten großen ökologischen, aber auch ökonomischen Schaden verursacht haben. Aus der großen Zahl von Fällen sei einer herausgegriffen, der uns in Mitteleuropa, und ganz besonders auch für den Waldbereich, über kurz oder lang auch beschäftigen könnte, und der auf den ersten Blick sehr harmlos erscheint: das Amerikanische Graue Eichhörnchen oder Grauhörnchen (Eastern Grey Squirrel, Sciurus carolinensis).

Das östlich der Rocky Mountains weit verbreitete Grauhörnchen ist in vielen Landesteilen Nordamerikas in Wäldern, Parks und Hausgärten, auch mitten in den Städten, allgegenwärtig. Es wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in Großbritannien über gezielte Aussetzungen eingebürgert, hat sich dort etwa seit 100 Jahren stark ausgebreitet und bis auf den Norden der britischen Insel flächig etabliert.

Konkurrenzstarker Rindenfresser

Da es erheblich größer als das heimische Eichhörnchen (Sciurus vulgaris) und mit zwei kopfstarken Würfen im Jahr (Wietafski & Niethammer 1978) auch vermehrungsstärker ist, konnte es jenes auf großer Fläche verdrängen, es kommt jetzt nurmehr in den Nadelwaldgebieten im Norden vor. Ebenfalls daran beteiligt war ein vom Grauhörnchen mitgebrachter Parapox-Virus (Mayle et al. 2003). Es ist in der Nahrungswahl weniger wählerisch als unser heimischer Vertreter, und verzehrt beispielsweise auch schon unreife Eicheln (Lawton 2003). Anders als unser Eichhörnchen ist es auch im Winter stärker aktiv. Zum Teil können sehr hohe Grauhörnchen-Dichten auftreten, ab etwa ab 5 Stück pro ha steigt stark die Gefahr von Rindenschäden (Mayle et al. 2003).

Das Grauhörnchen verursacht in weiten Teilen der waldarmen britischen Insel und Irland massive Stammschäden in Laubwäldern verschiedenen Alters. Durch den im Frühjahr stattfindenden Rindenfraß werden vorrangig Bergahorn und Buche, und zahlreiche weitere Laubbaumarten geschädigt. Auch Kiefer und Fichte werden nicht verschont. Durch das Abreissen und Abknabbern der Rinde können Pilze eindringen, die Kronen werden deformiert oder brechen ab. In Irland wurden in manchen Gebieten bis zu 40b % aller Laubbäume geschädigt (Lawton 2003). Bis zu 5 % des Bestandes stirbt danach ab, wobei besonders die herrschenden Bäume betroffen sind (Mayle et al. 2003).

Bemerkenswert und typisch für viele eingeschleppte Tierarten ist, dass das Grauhörnchen in seiner Heimat nicht oder zumindest nur in unbedeutendem Umfang als Forstschädling auftritt (De Graaf & Rudis 1986, Whitaker 1980).

Bekämpfung: erforderlich und teuer

In einigen Gebieten Großbritanniens ist ohne eine massive Bekämpfung des Grauen Eichhörnchens ein forstlicher Anbau von Laubbäumen überhaupt nicht mehr möglich (Lawton 2003, Mayle et al. 2003). Die Bekämpfung erfolgt mittels Lebendfallen und anschließendem Erschlagen (Lawton 2003), oder auch mittels des Rodentizids "Warfarin", das in speziellen Köderstationen angeboten wird. Die Kosten für die arbeitsintensive Bekämpfung, die jährlich mehrfach wiederholt werden muss, sind sehr hoch; dennoch können Schäden nicht vollständig verhindert werden.

Grauhörnchen sind hochmobil und neigen in den USA gelegentlich zu Massenwanderungen, bei denen selbst große Flüsse von tausenden von Hörnchen durchschwommen werden (Conn. Dept. Env. Prot. 1999). Da auch Teile Norditaliens mittlerweile bereits vom Grauhörnchen besiedelt sind, ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis es auch nördlich der Alpen erscheinen wird. Ob es bei uns Schäden verursacht, kann man erst sagen, wenn es bereits zu spät für eine Ausrottung ist.

Eingeschleppte Schädlinge - eine Bereicherung?

Mit Beispielen allein für Schäden in der Forstwirtschaft durch eingeschleppte Tier-, Pflanzen und Pilzarten von A wie "Asiatischer Laubholzbock" bis Z wie "Zirbenrost" könnte man ein ganzes Buch füllen. Allein in den USA sind die wichtigsten 43 eingeschleppten Insektenarten für wirtschaftlichen Schaden in Höhe von 92 Milliarden US-Dollar verantwortlich (Kegel 2001). Dort ist eine eigene Behörde mit der Bekämpfung der unwünschten "Aliens" befasst, die "Alien Species Task Force".

Es hat immer wieder Versuche gegeben, die Auswirkungen fremdländischer Arten auf Ökosysteme zu beschönigen, bis hin zu der Aussage, es handele sich letztlich um eine "Bereicherung" (vgl. Anonymus 1999). Die Betrachtung bereits einiger markanter Fallstudien wie die hier mitgeteilte belegt, dass dies eine grobe Fehleinschätzung ist. Wir wären gut beraten, dem Problem wachsam gegenüber zu stehen, und es nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.