Buchsbaumzünsler und Buchsbaumtriebsterben: zwei neuartige und invasiv auftretende Schadorganismen. In einem jahrhundertealten und einzigartigen Buchswald bei Grenzach-Wyhlen leisten beide Arten ganze Arbeit.

Buchsbaumzünsler

Der Buchsbaumzünsler (Cydalima perspectalis) ist ein in Ostasien (Japan, China, Korea) beheimateter Schmetterling, der vermutlich mit Baumschulware aus China über Binnenhäfen nach Europa eingeschleppt wurde. Der erste Nachweis dieses invasiven Schädlings für Deutschland erfolgte im Jahr 2007 in Weil am Rhein. Seither ist in Europa eine Reihe weiterer Funde und bereits etablierter Vorkommen wie zum Beispiel in der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich, Großbritannien, Österreich und Lichtenstein sowie zuletzt auch in Ungarn, Rumänien und der Türkei bekannt geworden.

Buchsbaumtriebsterben

Bei dem ebenfalls am Buchsbaum und in Deutschland neuartig invasiv auftretenden Buchsbaumtriebsterben handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die durch den Schlauchpilz Cylindrocladium buxicola verursacht wird. Das Buchsbaumtriebsterben wurde in Deutschland erstmals im Jahr 2004 diagnostiziert, nachdem es ursprünglich in den 1990er Jahren aus Großbritannien bekannt geworden war. In Baden-Württemberg tritt die Erkrankung seit dem Jahr 2005 auf.

Kahlfraß und Rindenschäden: der Buchswald bei Grenzach-Wyhlen

Das Verbreitungsgebiet des Buchsbaumzünslers hat sich in Deutschland inzwischen deutlich vergrößert. Der mit Ausnahme beispielsweise des Pfaffenhütchens und der Stechpalme sehr wirtsspezifisch an der Gattung Buxus vorkommende Schmetterling ist allerdings kein typischer Schädling unser heimischen Flora beziehungsweis mitteleuropäischer Waldökosysteme. In unmittelbarer Nähe der Örtlichkeit des Erstnachweises befindet sich jedoch der für Deutschland einzigartige und seit Jahrhunderten überlieferte Buchswald bei Grenzach-Wyhlen. In diesem Naturschutzgebiet ist der Gemeine Buchs (Buxus sempervirens) an den südlich beziehungsweis südwestlich exponierten Hängen des Hochrheintals auf einer geschlossenen Fläche von ca. 150 ha unter einem Oberstand aus Rotbuche, Hainbuche, Gemeiner Kiefer, Eichen-, Ahorn- und Linden-Arten natürlich verbreitet. Dieser Buchswald ist spätestens seit dem Jahr 2010 existenziell bedroht.

Im Jahr 2007 wurde in feuchten Bereichen des Buchswaldes erstmals ein starker Befall mit dem Triebsterben-Erreger C. buxicola festgestellt, der den Buchs bis in eine Höhe von etwa 1,50 m bereits auf großer Fläche allarmierend schädigte. Die Symptomatik der Erkrankung ist durch Blatt- und Triebnekrosen gekennzeichnet, die im fortgeschrittenen Stadium ein partielles oder gänzliches Absterben zur Folge haben können. Die Krankheit tritt mitunter latent an Baumschulware auf. Eine länger währende Blattnässe, wie sie im Buchswald vor allem in den unteren Bereichen des Hanges sowie unter geschlossenem Buchen-Schirm gewährleistet wird, ist für die Infektion förderlich. Hohe Temperaturen von > 30 °C und andauernde Trockenheit wirken dagegen für die Entwicklung des Pilzes limitierend. Unter günstigen Bedingungen vermag sich C. buxicola über vegetativ gebildete Sporen rasant im Blattwerk der Buchssträucher auszubreiten und ist darüber hinaus in der Lage, mithilfe von Dauerorganen im Boden ungünstigen Witterungsverhältnissen zu widerstehen.

Eine Fraßaktivität durch den Buchsbaumzünsler war bis Mitte August 2008 noch nicht zu beobachten. Im Rahmen von Probefängen wurden allerdings mithilfe von Leimtafeln einige Falter gefangen. Lediglich wenige Wochen später zeigten sich jedoch bereits deutliche Fraßspuren und zwei Jahre später, im Herbst 2010, stellte sich der Buchswald vollständig entlaubt dar (Abb. 3). Neben dem Kahlfraß durch die Raupen an den Blattorganen wurden auch erhebliche Rindenschäden an den Zweigen und Stämmen konstatiert. Derart geschädigte Pflanzen erwiesen sich bald als teilweise beziehungsweise vollständig abgestorben.

Symptome des Buchsbaumzünslerbefalls

Ein Buchsbaumzünslerbefall lässt sich kaum übersehen. Auffälliger noch als die Raupen und die Falter sind die Fraßschäden, die zunächst nur die Blätter und Triebe bei Nahrungsnot zunehmend auch die Rinde verholzter Zweige und der Stämme betreffen. Als typisch zu bezeichnen sind ebenfalls die Raupen- und Puppengespinste. Im Gegensatz dazu schädigt der Buchsbaumblattfloh den Buchs lediglich durch seine Saugaktivität. Dabei wölben sich oder verkümmern vor allem junge Blätter an den Triebspitzen. Der Buchsbaumzünsler ist je nach Witterung von etwa April bis Oktober aktiv. Die Überwinterung erfolgt als Raupe gut geschützt in einem Gespinst. Im Frühjahr beginnen die Raupen erneut zu fressen und erreichen nach fünf bis sechs Häutungen dabei eine Länge von bis zu 5 cm. Die Raupen sind recht auffällig gelb bis dunkelgrün und tragen zwei schwarze, weiß eingerahmte Streifen in Längsrichtung. Die Kopfkapsel ist dunkel bis fast schwarz. Die Raupen verpuppen sich – wiederum in Gespinsten – für etwa eine Woche. Der dann schlüpfende Falter kann in zwei Farbmorphen auftreten: Häufig sind Falter mit weißlich bis grauen Flügeln, die teils rosa schimmern, die Flügelränder sind dunkelbraun gefärbt. Daneben gibt es aber auch eine komplett dunkelbraune Form mit weißen Punkten. Die Falter sitzen auf den Unterseiten der Blätter verschiedener Pflanzen-Arten. Die schnell und gut fliegenden Falter leben etwa acht Tage, in dieser Zeit suchen die begatteten Weibchen gezielt Buchs zur Eiablage auf. Auf der Blattunterseite finden sich dann flächige, zunächst gelb erscheinende Eigelege. Im Verlauf der Entwicklung bilden sich die Köpfe der ungeschlüpften Raupen als schwarze Punkte heraus. Nach wenigen Tagen schlüpfen die kleinen gelblichen Raupen, die rasch mit dem Fraß am Buchs beginnen. Es werden so jährlich zwei Generationen vollständig durchlaufen, die dritte Generation überwintert wie beschrieben als Larve.

Monitoring im Buchswald

Im Oktober 2010 wurde durch die Abteilung Waldschutz der FVA ein erstes Monitoring im Buchswald installiert. Dazu wurde ein Transekt (Ausrichtung: NO → SW) mit drei Probequadraten (Unterhang, Mittelhang und Plateau) in einer Größe von jeweils 5 x 5 m² eingemessen. Die während der Zünsleraktivität vierzehntägig und in den Wintermonaten monatlich stattfindende Beprobung der Quadrate erfolgt durch repräsentative Entnahme von etwa 1 m langen, mindestens noch teilweise belaubten Zweigproben, die im Labor sowohl entomologisch als auch phytopathologisch untersucht werden. Aus der Raupenanzahl und dem Frisch- sowie Darrtrockengewicht der Proben wird die Raupendichte pro Biomasse ermittelt. Seit März 2011 werden auch Klimadaten (Lufttemperatur und Luftfeuchte) mit einem Datenlogger aufgezeichnet. Im Jahr 2015 (fünf Jahre nach der Zünslergradation) wurde zum ersten Mal Bilanz gezogen und der Gesamtzustand des Buchswaldes durch Anwendung eines Rasterstichprobenverfahrens erfasst. Dazu wurden insgesamt 30 Stichprobenkreise (r = 6 m²; A = 113 m²) auf den Koordinaten des Rasternetzes eingemessen, die darin vorhandene Vegetation erfasst und der Vitalitätszustand von Buxus sempervirens erhoben (Kronentransparenz, Mortalität). Das laufende Monitoring wird seither unter Einbeziehung aller 30 Probepunkte des gesamten Buchsvorkommens durchgeführt, wobei für jeden Probetermin drei Probekreise mithilfe eines Zufallsgenerators ermittelt und für die Probenentnahme aufgesucht werden.

Die Ergebnisse des inzwischen sechsjährigen Monitorings zeigen eine überwiegend irreguläre Populationsdynamik des Zünslers. Dabei scheint die vom erwarteten Jahreszyklus abweichende Entwicklung vor allem durch das jeweilige Nahrungsangebot und auftretende Witterungsextreme beeinflusst zu sein. Die Raupendichten der Herbstgeneration nehmen für gewöhnlich im Laufe des Winters kontinuierlich ab. Prozentual hoch erweist sich die Mortalität jeweils insbesondere im Zusammenhang mit plötzlichen, extremen oder anhaltenden Frostereignissen. Zusätzlich verhindert das nach einem herbstlichen, starken Fraß oft geringe Nahrungsangebot im Frühjahr einen erneuten Aufbau der Zünslerpopulation. Im Herbst 2016 wurde erstmalig seit Beginn des Monitorings wieder ein deutlicher Populationsanstieg festgestellt. Eine Erklärung dafür könnte die milde Witterung der letzten beiden Winter 2014/2015 und 2015/2016 geben, die durch eine geringe Mortalität gekennzeichnet waren (hohe Ausgangsdichte im Frühjahr). Chemische, auch chemisch-biologische Pflanzenschutzmaßnahmen wurden im Buchswald zwischenzeitlich in Erwägung gezogen, sind aber vorwiegend aufgrund des Naturschutzstatus nicht zur Anwendung gelangt.

Mit dem Ausfall des Buchs auf großer Fläche gelangt nach längerer Zeit wieder vermehrt Licht auf den Waldboden und in die unteren Vertikalschichten des Bestandes. Davon profitiert vor allem die Rotbuche, deren Naturverjüngung sich unmittelbar einstellt.