Manche Gebiete bieten aufgrund ihrer klimatischen Lage und geologischen Bodenausstattung ideale Wuchsbedingungen für Stiel- und Traubeneiche – so auch die Fränkische Platte in Nordbayern. Die warm-trocken getönten Regionen sind aber auch klassische Massenvermehrungsgebiete von Eichenschadorganismen. Das bekamen die dortigen Eichen bereits 2009 zu spüren, die Situation ist aber immer noch angespannt.

Kombinationsereignis von Schadorganismen

Im Frühjahr 2009 verursachte der Eichenwickler (Tortrix viridana) massive Fraßschäden in Mittel- und Unterfranken, Hauptschadensgebiet war die Fränkische Platte (Abb. 1). Starker Fraß bis Kahlfraß fand vorwiegend an Einzelbäumen und Baumgruppen statt. Parallel dazu trat der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) stark auf und führte zu einer weiteren Entlaubung. Letzterer ist kritisch zu bewerten, da er auch den Johannistrieb und damit die Regeneration der Eichen betrifft. Die Eichen konnten sich zunächst gut erholen, wurden dann aber massiv vom Eichen-Mehltau (Microsphaera alphitoides) erfasst. Durch die feucht-kühle Witterung während der Sporenkeimung und warme, windige Tage im Anschluss wurden die jungen und wenig widerstandsfähigen Blätter der Johannistriebe befallen, es kam zu einem erneuten Verlust sämtlicher Ersatztriebe.

Die wiederholten Regenerationsversuche verursachten starke Verluste an vorhandenen Reservestoffen, die bei gleichzeitig stark eingeschränkter Assimilationsfähigkeit nicht ausgeglichen werden konnten. Im Jahrringaufbau wird dies durch eine unzureichende Ausbildung des Spätholzringes 2009 oder gar durch dessen kompletten Ausfall sichtbar. Für eine ringporige Baumart, die zwingend auf Reservestoffe zur Ausbildung eines Frühholzringes zum Wassertransport im Folgejahr angewiesen ist, entsteht so eine lebensbedrohende Situation. Sekundärschädlinge können von diesem massiven Vitalitätsverlust profitieren. Lange und strenge Frostperioden im Winter 2009/2010 führten zu einem Zusammenbruch der weitlumigen Frühholzgefäße der letztjährigen Jahrringe, die in beschränktem Umfang zur Wasserversorgung hätten dienen können.

Vitalitätseinbußen und spontane Absterbeerscheinungen

Ab dem Jahr 2010 wurde ein einzelbaum- bis gruppenweises Absterben großkroniger, optisch vitaler Eichen beobachtet. Die Eichen trieben gar nicht oder sehr langsam und zeitverzögert aus. Das deutete auf eine bestehende Vitalitätsschwächung hin. Daher war es notwendig, 3.000 Hektar Waldflächen besonders geschädigter Eichenbestände mit Pflanzenschutzmitteln zu behandeln.

Erholung der Eichen noch nicht zu erkennen

2011 befand sich der Eichenwickler in einer ausklingenden Massenvermehrung, so dass einzelbestandsweise erneut mit starkem Fraß zu rechnen war. Parallel dazu waren auch bei Schwammspinner (Lymantria dispar) und Eichenprozessionsspinner lokal hohe Besatzdichten festzustellen. Daher sind, nachdem die Populationsdichten sorgfältig ermittelt und die zu erwartenden Fraßschäden prognostiziert wurden, auf etwa 2.200 Hektar erneut Pflanzenschutzmittel eingesetzt worden. Hinzu kam ein schweres Spätfrostereignis in der ersten Maiwoche.

Eichen, die vor kurzem noch als vital eingestuft wurden, starben ab und mussten vorzeitig entnommen werden. Der Schadumfang variierte bestandsweise erheblich. Auf rund 2.000 Hektar zeigten 10 bis 15 Prozent der Alteichen das akute Krankheitsbild.

Wie sich die Schäden weiter entwickeln, bleibt abzuwarten. Aktuell treten sekundäre Schadorganismen, wie der Eichenprachtkäfer, auf. Dieses derzeit auf der Fränkischen Platte beobachtete Schadgeschehen kann als akutes Eichensterben bezeichnet werden.

Den Schadkomplex an der Eiche verstehen

Das akute und das chronische Eichensterben stehen in einem engen ursächlichen Zusammenhang. Das akute Eichensterben kann als Sonderfall des chronischen Eichensterbens verstanden werden, wenn eine Kombination mehrerer Schadfaktoren auftritt und den Krankheitsverlauf beschleunigt. Parallel dazu läuft wohl weiterhin der chronische Absterbeprozess ab. Klar von diesen beiden Formen zu differenzieren, sind die Erkrankungen durch Phytophthora-Arten.

Schadgeschehen an der Eiche: kein neues Thema
Erkrankungen an der Eiche sind schon lange bekannt und vielfach beschrieben. Zeitlich begrenzte Erkrankungswellen gab es auch früher schon im natürlichen Verbreitungsgebiet der Eiche. Auch in Deutschland traten Eichenerkrankungen immer wieder in unterschiedlichen Intervallen auf.

Kreislauf mit einer Vielzahl an Einflussfaktoren
Der Prozess wird immer als ein Komplex mehrerer Faktoren beschrieben. In Abbildung 2 sind die möglichen Ursachen und Symptome dargestellt. Eine Vielzahl von Faktoren ist nicht direkt beeinflussbar.

mögliche prädisponierende Faktorenmögliche Schaden auslösende Faktoren
  • ungeeignete Standorte
  • klimatische Verhältnisse
  • Art der Bewirtschaftung
  • Grundwasseränderungen
  • Alter der Individuen
  • strenge Fröste
  • Mehltaubefall
  • Fraßtätigkeit durch Insekten
    [(wiederholte) Entlaubung]
  • Immissionen

Treffen die beiden Faktorengruppen zusammen, kann es zu einem spontanen insekteninduzierten Eichensterben kommen. Ist die Eiche einmal geschädigt, können sekundäre Einflussfaktoren den Fortlauf der Schädigung beschleunigen. Zu diesen sekundären Faktoren gehören der Zweipunkt-Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus) und der Hallimasch (Armillaria ssp.).

Zweipunkt-Eichenprachtkäfer auf dem Vormarsch

Als wärmeliebendes Insekt, das geschwächte Eichen befällt, findet der Zweipunkt-Eichenprachtkäfer (Abb. 3) auf der Fränkischen Platte aktuell ideale Lebensbedingungen vor. Gefährlich sind die Larven, die mit ihrem Fraß zwischen Splintholz und Rinde den Saftstrom unterbrechen können. Die Larven verpuppen sich in der dicken Eichenrinde zu fertigen Käfern. Deshalb ist es ausgesprochen wichtig, das eingeschlagene Holz mit der Rinde rechtzeitig aus dem Wald abzufahren. Rechtzeitig bedeutet vor der nächsten Flugperiode, die witterungsabhängig ab Mitte April beginnen kann. Wie bei den Fichtenborkenkäfern ist zur Eindämmung dieser Art eine "saubere Waldwirtschaft" unumgänglich. Der Eichenprachtkäfer durchläuft pro Jahr nur eine Generation und ist daher grundsätzlich leichter zu bekämpfen als die Fichtenborkenkäfer.

Allerdings ist es sehr viel schwieriger, befallene Stämme zu erkennen und die Befallsentwicklung richtig einzuschätzen. In den prädisponierten Beständen ist eine intensive Suche nach Befallsmerkmalen erforderlich. Charakteristisch ist ein frühzeitiges Welken ganzer Kronenpartien oder einzelner Äste im Spätsommer. Schleimfluss ist vielfach ein Zeichen für einen Abwehrkampf des Baumes gegen den Befall, den der Baum durchaus auch gewinnen kann. Bäume mit Schleimflussflecken sind daher nicht zwingend zu entnehmen, sonder stellen im Gegenteil sogar oft die vitalsten Eichen dar. Geschwächte Eichen sind meist nicht mehr in der Lage sich der einbohrenden Larven durch Saftfluss zu erwehren. Der Befall ist also nicht an Schleimflussflecken erkennbar.

Wie in Abbildung 4 zu sehen ist, können aus einem kleinen Rindenstück von der Größe eines DIN-A4-Blattes bis zu sieben Eichenprachtkäfer schlüpfen. Wichtige Forstschutzmaßnahmen sind daher die Aufarbeitung der betroffenen Bäume einschließlich des Kronenholzes und die konsequente Abfuhr von Stamm- und Brennholz.

Die "Eichenfraßgesellschaft" verstehen

Unter "Eichenfraßgesellschaft" werden die besonders bedeutsamen blattfressenden Schmetterlingsarten zusammengefasst, deren Fraß bei entsprechenden Populationsdichten Eichenbestände stark schädigen können. Dazu zählen Eichenprozessionsspinner, Schwammspinner, Eichenwickler [inkl. Frühlingseulen (Orthosia spec.) und Miniermotten (Coleophora spec.)] und Frostspanner.

Eichenwickler: Früh fressende Populationen schädigen die aufbrechenden Knospen, wodurch auch die Blüten zerstört werden. Die Schmetterlingsraupen fressen von der Oberkrone angefangen nach unten. Da der Eichenwickler spät austreibende Eichen bevorzugt, ist der Befall unterschiedlich über den Bestand verteilt. Noch im Mai verpuppt sich die Raupe. Der Fraß der Raupen verursacht Zuwachsverluste, mehrmaliger Kahlfraß führt zu Vitalitätseinbußen.

Eichenprozessionsspinner: Die Raupen fressen langsam (Mai bis Juni/Juli) und schaffen es selten, einen Baum ganz kahl zu fressen. Sie müssen sechs Entwicklungsstadien durchlaufen. Da diese wie bei allen Insekten von der Witterung abhängig sind, kann auch der Johannistrieb betroffen sein. Ein einmaliger Fraß hat in der Regel keine langfristigen Auswirkungen auf die Vitalität. Bei mehrmaligem, starkem Fraß kommt es zu deutlichen Vitalitätsverlusten.

Schwammspinner: Der Schmetterling profitiert ebenfalls von einem wärmeren Klima. Sein einmaliger Kahlfraß kann bereits letale Folgen für die Eichen haben. Mit dem Laubaustrieb der Eichen schlüpfen die Raupen. Sie fressen in mehreren Stadien bis in den Juni, Juli hinein und können so bei geeigneter Witterung auch die Johannistriebe schädigen. Diese Art bevorzugt zwar Eichen, frisst aber auch an anderen Laubhölzern wie Hainbuche und Buche.