Biodiversität, einheimische Früchte, wissen woher die Nahrungsmittel stammen und wie sie produziert werden, entsprechen momentan dem Zeitgeist. Gerade rechtzeitig kam der Aufruf der Internationalen Umweltkonferenz von Rio 1992 zur weltweiten Erhaltung der Gen-Ressourcen alter Kulturpflanzen. In der Folge vergab der Bund diverse Inventarisierungsprojekte. “Fructus“ – die Vereinigung zur Erhaltung alter Obstsorten – bearbeitete die Themengebiete des Obstes und der Nüsse. So wurde Althergebrachtes und Neuentdecktes in einer breiten Vielfalt wieder ins Bewusstsein gerückt.

Bezüglich der Baumnüsse (Juglans regia) gab es ein Deutschschweizer und ein Westschweizer Projekt. Im ersteren wurden 80 Nussherkünfte (alles Sämlinge) und im zweiten 50 selektioniert, veredelt und dadurch zu Sorten gemacht. Bis dahin gab es keine veredelten Schweizer Nuss-Sorten. Der Schwerpunkt lag in der Erhaltung einer möglichst grossen Gen-Vielfalt.

Die Schweizer Nussbaumschule

Heinrich Gubler, ein langjähriges Mitglied von Fructus, gründete 2009 die Nussbaumschule, um die veredelten Jungbäume zu verschulen. Gleichzeitig begann er mit dem Sammeln internationaler Sorten. Bis zum Frühjahr 2013 gibt es 300 Sorten von Juglans regia und weiteren Juglandaceen in seiner Baumschule. Von jeder Sorte steht in der Primärsammlung in Hörhausen ein Reiserbaum zur Produktion von Vermehrungsmaterial und zur Beobachtung der Sorteneigenschaften.

Zur Sortenerhaltung werden je 2 Bäume an mindestens zwei verschiedenen Standorten gepflanzt. In Frümsen SG, Wermatswil ZH die Deutschschweizer, in St. Légier sur Vevey VD, Meinier GE und Mormont JU die Westschweizer.

Sehr viele private Pflanzer mit 1 bis 120 Bäume haben sich für die neuen Schweizer Sorten interessiert, sodass bis Frühjahr 2013 bereits um die 1‘500 Nuss-Bäume aus dem Schweizer Nussinventar ihren definitiven Standort gefunden haben.

Wenn sich der Zeitgeist mit einer Idee paart, entstehen manchmal ganz besondere Früchte. Dies hätten die Nussprojekte in Kombination mit der aufgebauten Nussvielfalt in Hörhausen in den letzten drei Jahren deutlicher nicht zeigen können. An den bisherigen Tagen der Nuss 2010, 2011 und 2012 wurden die Veranstalter mit Besuchern förmlich überrannt.

Auch das Ausland ist auf die Schweizer Nussaktivitäten aufmerksam geworden. Nachfragen nach Schweizer Nusssorten oder nach nur in Hörhausen erhältlichen seltenen Sorten kommen vor allem aus Deutschland und Österreich. Speziell die Sorten “Kappeler“ und die “rote Gublernuss“ scheinen das Interesse geweckt zu haben.

Rote Nüsse

Fructus hat die rote Gublernuss zur Obstsorte des Jahres 2012 gekürt und damit eine besondere Rarität ins Rampenlicht gehoben. Rote Nüsse zeichnen sich durch milden Geschmack und Bekömmlichkeit aus. Folgende rotkernige Sorten sind bekannt: Rote Donaunuss (A), auch als Geisenheim 1239 bekannt, rote Poysdorf (A), Aufhauser Baden (D), Red Rief (D), 139 R (D), Wisnicz Czerwony (PL), Noix rouge (F), rote Gublernüsse I, II, II, IV (CH), Sychrov (CZ), Hospozin (CZ), rote Kirschnuss (CZ), Kardinal (CZ), Livermore (USA). Bis auf die 3 letzteren sind alle im Sortiment der Nussbaumschule Gubler. Weitere Züchtungsprogramme laufen zur Zeit in Hörhausen.

Der Ursprung der roten Nuss scheint im Donautal, im Grossraum Österreich/Tschechien zu liegen. Die rote Donaunuss als Muttersorte vieler oben genannter Sorten stammt aus Ybbs an der Donau und wurde 1933 ins deutsche Nussinventar aufgenommen, daher auch die Geisenheim-Bezeichnung.

Die roten Gublernüsse sind alles Sämlinge aus roten Donaunüssen aus der Nussplantage Zahner in Truttikon. Aufgrund der Nachbarbäume dürften die Vatersorten der Gubler I die Geisenheim 139 und bei der Gubler II die Geisenheim 26 sein. Weltweit, so meine Prognose, werden die roten Nüsse in den nächsten 20 Jahren an Bedeutung gewinnen.

Ansprüche des Nussbaumes

Die Juglans regia, in der Schweiz als Baumnuss, im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch als Walnuss (Welsche Nuss) bezeichnet, ist eine sehr licht- und nahrungsbedürftige Baumart. Sie liebt mildes Klima (Weinbaulagen), gut versorgte tiefgründige Böden mit ausgeglichenem Wasserhaushalt, aber keine Staunässe. Am besten gedeiht sie auf etwas schwereren Böden, die auch in Trockenperioden die Feuchtigkeit länger halten. Kiesige und sandige Böden sind nicht ihre erste Wahl, da sie nährstoffarm sind und zu schnell abtrocknen. Alle Böden, die zu schwer für den Kartoffelanbau sind und sich in milden Lagen befinden, treffen die Ansprüche des Nussbaumes am besten. Die amerikanische Schwarznuss (Juglans nigra) dagegen macht den besten Zuwachs auf Auenböden. Auf diesen Standorten ist die Nigra der Regia in der Wuchsleistung überlegen. Die Juglans intermedia, eine Kreuzung aus den beiden bildet je nach Klontyp noch wesentlich mehr Holzmasse und braucht wie ihre Eltern Vorzugsstandorte.

Der Nussbaum entwickelt im Freistand einen Wurzelbereich bis über den sechsfachen Traufbereich und beansprucht die Nährstoffe in diesem Umkreis für sich. Juglone und Gerbstoffe in Blättern und in der Rinde wirken leicht herbizid und insektizid. Unter einem grossen Nussbaum kommt nur spärlicher Graswuchs auf. Häufig wurden früher Nussbäume in der Nähe von Ställen gepflanzt, um die Insekten fernzuhalten. Die gute Nahrungsquelle neben Miststöcken ermöglichte es dem Nussbaum, Jahrringbreiten bis zu 2 cm zu bilden. Bei der Pflanzung von Jungbäumen ist darauf zu achten, dass die Pflanzscheibe die ersten 3 Jahre im Umkreis von 50 cm gras- und unkrautfrei gehalten wird. Der Nussbaum reagiert sehr empfindlich auf Wurzelkonkurrenz bis er seinen Wurzelstock etwas entwickelt hat. Die Reaktion äussert sich in kümmerlichem Wachstum über Jahre.

Wertholzproduktion im Wald oder Agroforst

Nussbäume, die durch Vogel- oder Eichhörnchensaat im Walde aufkommen, bedürfen einer konsequenten Freistellung, um sich zu entwickeln. Gezielte Pflanzungen für Werthölzer brauchen Endabstände von 10 – 15 m. Sämlinge zeigen eher bessere Wuchseigenschaften als veredelte Bäume.

Im Wald sind Bäume mit apikaler Dominanz gefragt, um schöne wipfelschäftige Stämme zu erzielen. Fehlt das Licht, kümmert der Nussbaum dahin, der Nussertrag nimmt drastisch ab. Speziell geeignete Herkünfte sind die von Hansjörg Lüthi aus Indien eingeführten "Dachigam" und "Manchi". Es ist begrüssenswert, den Nussbaum im Wald auf geeigneten Flächen zu fördern. Das rare edle Holz bringt höchste Wertschöpfung in Zeiten, wo es wie jetzt sehr gefragt ist. Der Pflegeaufwand ist aber höher als bei vielen anderen Baumarten.

Eine Durchmischung mit Kirsch- oder Birnbaum oder weiteren Obst- und Sorbusarten ist möglich. Ein Agroforstkonzept mit diesen Baumarten wäre denkbar. Eine diesbezügliche Versuchsfläche auf 40 Aren mit einem 16-jährigen Bestand kann in Hörhausen besichtigt werden.

Unbedingt ins Kalkül einbezogen werden muss die hohe Frostanfälligkeit des Nussbaumes. Kältemulden, wo die kalte Luft nicht abfliessen kann und Nordexpositionen mit Lichtmangel sind zu meiden. Geeigneter sind leichte west-, ost- oder südexponierte Hanglagen.

Die Nuss – eine Frucht erster Güte

Alle Walnusskerne beinhalten 60 – 70 % Ölanteil, Fette also, die aber nicht dick machen. Sie enthalten hohe Anteile ungesättigter Fettsäuren in guter Zusammensetzung, sowie die Vitamine A, B1, B2, B3 und die Mineralien Zink, Kalium, Magnesium, Phosphor, Schwefel, Eisen und Calcium. Ein paar Nüsse pro Tag sind ein Gesundbrunnen in der menschlichen Ernährung. Sie helfen, das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken.

Da ein Nusskern der Form des menschlichen Hirns ähnelt, wurde der Verzehr von Nüssen immer wieder mit besonderer Hirnnahrung in Verbindung gebracht. Eine bessere Konzentrationsfähigkeit wird dem Konsum von Nüssen nachgesagt.

Die Inhaltsstoffe der Walnuss bewirken bei einigen Leuten allergische Reaktionen. Es gibt jedoch Sorten die aufgrund ihrer geschmacklichen Milde und somit anderer Zusammensetzung der Inhaltsstoffe keine Allergie bewirken. Darunter fallen neben andern auch Rotkernige. Es ist davon auszugehen, dass die Nussallergie ein individuelles Problem darstellt und nicht alle Betroffenen gleich reagieren.

Walnussmarkt im Wandel der Zeit

Zu Beginn der 50er Jahre verzeichnete die Schweiz einen Nussbaumbestand von 500‘000. Bis 2008 verringerte sich dieser kontinuierlich auf 130‘000. In den letzten 4 Jahren sind über 300 ha, vor allem in den Kantonen Waadt, Bern, Luzern und Thurgau gepflanzt worden. Nüsse in den Verkaufsregalen sind zurzeit fast 100 % aus Frankreich, Kalifornien, Chile und Moldawien importiert. Bis in 10 Jahren wird dem Konsumenten erstmals eine Vielfalt aus Schweizer Produktion angeboten werden. Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen sind im Aufbau.