In der Schweiz war der Name "Haselfichte" ursprünglich nicht gebräuchlich. Hier spricht man vielmehr von Hagelholz, Tonholz, Ageholz, Aggeholz, agigs Holz, glismets Holz, hagelschlächtiges Holz, katzentrittiges Holz, Mändler, Mändliholz, Männlerholz, Mannenholz, weisstannenrindiges Hagelfichtenholz, Schindeltanne, vogeltrittiges Holz.

Da sich jedoch im ganzen deutschsprachigen Raum die Bezeichnung Haselfichte durchgesetzt hat, bürgert sich dieser Begriff auch in der Schweiz langsam ein. In der Literatur werden u.a. folgende Haselfichtenstandorte erwähnt: Allgäuer Alpen, Bayerischer Wald, Böhmerwald, Bregenzerwald, Berner Oberland, Erzgebirge, Gailtal, Inntal, Julische Alpen, Jura Frankreich, Jura Schweiz, Karpaten, Mühlviertel, Muotathal (Abb. 1), Siebenbürgen, Steiermark, Vorarlberg, Waldviertel.

Was ist nun aber eine Haselfichte? Ist es eine genetisch von der normalen Fichte nur wenig abweichende Abart/Varietät oder ist es eine Mutation, von welcher es keine Übergänge zur "normalen" Fichtenpopulation gibt? Diese Frage ist noch nicht eindeutig beantwortet. Die Haselfichte ist mit keinem der bekannten Fichtentypen identisch (Kamm-, Band-, Platten-, und Bürsten-Typ) und auch kein Bastard von Fichte und Tanne, wie zuweilen behauptet wird. Hagelholz gedeiht auf Nord-, Süd-, West- und Ostlagen, berg- und talseitig, auch im Freistand, wobei die Sonnseite etwas bevorzugt wird. Der geologische Untergrund scheint wenig Einfluss auf die Bildung des Haselwuchses zu haben.

Im Lehrbuch für Botanik schrieb Dr. E. Ph. Döbner 1858, dass die Haselfichte zuweilen auch in kleinen Horsten anzutreffen sei. Da heute keine Horste mehr vorhanden sind, würde dies darauf hindeuten, dass die Haselfichte in den letzten 140 Jahren stark dezimiert wurde. Tatsächlich sind gut ausgebildete Exemplare selten geworden und durch Fremdbestäubung Mischformen aller Grade entstanden. Wegen ihren guten Wertholzeigenschaften wurde die Haselfichte besonders ausgesucht, dadurch entstand eine negative Auslese.

An Rinde und Astbrüchigkeit zu erkennen

Allgemein lässt sich sagen, dass die Haselfichte mit der Meereshöhe qualitativ und quantitativ zunimmt. In unwegsamen, forstlich schwer nutzbaren Gebieten ist sie häufiger anzutreffen als in erschlossenen Wäldern. Am stehenden Baum ist als äusseres Merkmal oft sichtbar, dass die Rinde längsrissig aufgespalten ist. Der Standort spielt jedoch auch da eine gewisse Rolle.

Im Weiteren lassen sich bei den Sekundärästen Unterschiede in der Brüchigkeit feststellen. Bei einigen Stämmen brechen die Äste gerade, splitternd. Bei andern lassen sich selbst fast dürre Äste zusammendrehen ohne zu brechen. Bei der Feststellung der Haselstruktur am nicht entrindeten Stamm ist darauf zu achten, wie die Sekundäräste brechen. Haselwüchsiges Holz in guter Ausbildung ist langfaseriger, elastischer und zäher als normales Fichtenholz.

Rotzapfige Haselfichten treiben früher aus, grünzapfige später. Zwischen rot und grün bestehen die verschiedensten Farbabstufungen. Während die rotzapfigen ein härteres, spröderes Holz mit mehr harten Zapfenschuppen besitzen, haben die grünzapfigen ein milderes und biegsameres Holz mit weicheren, mehr gewellten Zapfenschuppen. Da die Zapfen und Schuppen verschieden ausgebildet werden und ungleiche Auswüchse (Apophysen) feststellbar sind, würde das vermutlich auch einen Rückschluss auf die Holzqualität zulassen.

Eigenschaften des Holzes

Eindeutig erkennen lässt sich eine Haselfichte, wenn man die Rinde entfernt. In der Längsrichtung des entrindeten Stammes verlaufen bis etwa 25 cm lange Rillen, mit 0,5–2 mm Tiefe und bis etwa 3 mm Breite. Diese Rillen können gerade verlaufen oder sich kreuzen (Abb. 2). Bei gekreuzten Rillen, die in der Regel kürzer sind als normal verlaufende Längsrillen, spricht man in der Umgebung des Niesen im Berner Oberland von "glismetem Holz". Die Haselstruktur beginnt zuunterst über den Wurzelanläufen, vermindert sich gegen den Wipfel zu. Bei stärkeren Primärästen treten die Rillen meist schwarmweise um die Astschultern auf.

Die Siebröhren in der lebenden Innenrinde (Bast) benötigt der Baum zur Leitung des Nährsaftes. Auch sie sind an der Rillenbildung beteiligt. Im Querschnitt verlaufen im Spätholz besonders gut sichtbare sägezahnartige Einbuchtungen, radial in mehreren übereinander liegenden Jahrringen (Abb. 3). Sie gehen vom gleichen Umgebungsfeld des Kambiums aus.

"Bäume unter 40 cm Brusthöhendurchmesser werden höchst selten die Struktur des Hagelholzes aufweisen", schrieb Oberförster von Greyerz 1919. An einer 70-jährigen Stammscheibe zählte der Autor bei einem Holzdurchmesser von 17 cm 47 Jahrringe, welche die Verzahnung der Haselfichte aufweisen. Auch heisst es in der Literatur, dass Hagelholz unter 1000 m ü. M. nicht zu finden sei. Der Autor fand solches aber schon auf 700 m ü.M.

Verwendung

Sowohl Verzahnung als auch Rillenbildung sind als ein positives Qualitätsmerkmal anzusehen, vor allem wenn lange, parallel verlaufende Rillen vorhanden sind, was auf Langfaserigkeit des Holzes hindeutet. Die Spaltbarkeit ist sehr gut. Holz mit kurzen, gekreuzten Rillen, besonders wenn es alt und ausgewachsen ist, spaltet sich nur noch in einer Richtung gut. Man sagt den Dachschindeln aus Haselfichtenholz nach, dass sie weniger lang halten als Schindeln aus gewöhnlicher Fichte. Da heute der Verwendungszweck aus feuerpolizeilichen Gründen jedoch stark eingeschränkt ist, dürfte ein neues Schindeldach kaum noch anzutreffen sein.

Bei Schreinerarbeiten wird Haselfichtenholz vor allem im Radialschnitt seiner zierenden Eigenschaft wegen gebraucht (Abb. 4). Ein neueres Anwendungsbeispiel ist das Direktionszimmer der Försterschule in Maienfeld. Weitere Anwendungsgebiete sind die Küferei, Furniererzeugung, Spanschachteln für jurassische Käsespezialitäten, Zier-Spanschachteln, Klavierbau, Alphornbau, Schnitzlerarbeiten, Hackbrettbau.

Obwohl der Holzbedarf für den Neubau von Streichinstrumenten auf unbedeutende sechs Festmeter abgesunken ist, darf man diese Sparte mit den höchsten Ansprüchen an das Holz dennoch nicht vernachlässigen. Nachteile: Beim Sägeschnitt werden Fasern durchschnitten, die sich dann aufstellen und die Oberfläche filzig erscheinen lassen. Beim Hobeln reisst das Holz gerne ein, besonders beim Holz mit gekreuzten Rillen.

Der Name Haselfichte stammt vermutlich von den leicht gewellten Jahrringen und ganz kleinen, braunen Einschlüssen in der Maserung, die an Haselnussholz erinnern. Auch das Holz des Hasels (Corylus avellana) hat auf der Holzoberfläche meistens eine schwache Rillenbildung, im Querschnitt sucht man aber eine Verzahnung vergebens. Weil bei der Haselfichte diese Verzahnung ein Hauptmerkmal ist, wurde der Name unrichtig gewählt und führt zu Verwechslungen.

Ursache des Haselwuchses unklar

Es ist denkbar, dass die Haselfichte anstelle des Druckholzes (Buchs) durch Verzahnung der Jahrringe auf mechanische Umwelteinflüsse reagiert. Zu nennen ist beispielsweise die starke Beanspruchung durch den Wind. Weil haselwüchsige Stämme oft über die andern hinausragen, sind sie dem Wind stärker ausgesetzt als die übrigen Bäume. Auch der Schneedruck und starke Sonnenbestrahlung kommen als Ursache für die Verzahnungen der Jahrringe in Frage. Vermutlich ist der Haselwuchs aber genetischen Ursprungs.

Über viele Jahrhunderte haben sich die Bäume genetisch an den Standort angepasst. Standortsrassen zeigen oft eigene äussere (Kronen- und Schaftform, Astigkeit) und/oder innere (Holzstruktur) Wuchsformen. Die Anpassung kann sich aber auch nur auf physiologische Eigenschaften (z.B. Trocken- oder Frostresistenz) beschränkt sein. Eine dieser Standortsrassen mit eigener Wuchsform in hochgelegenen Gebirgswäldern ist die Haselfichte.

Die Haselfichte ist eine seltene Wuchsform der einheimischen Fichte. Der Jahrringbau des Holzes ist sehr schmal und gleichmässig. Die gewellten Holzfasern sind vermutlich dafür verantwortlich, dass Töne und Schwingungen besonders lang andauern. Daher eignen sich Haselfichten hervorragend für den Instrumentenbau. Noch sind sich die Wissenschaftler unklar, wie diese besondere, seit langer Zeit bekannte Wuchsform entsteht.

(TR)