Der Forschungsansatz ist häufig ein ganz klassischer: die Rundholzqualität wird mit der Produktqualität verknüpft. Das Holz wird von seiner bis ins feinste Detail beschriebenen, äußeren runden Form über die innere Struktur durch den Verarbeitungsprozess hindurch bis zum „fertigen“ Produkt begleitet. Geltende Sortierregeln und Normen bewerten daraufhin die Qualität. Die Möglichkeiten innerhalb des Arbeitsfeldes der „Angewandten Holzforschung“ sind aber noch viel vielfältiger!

Der Blick nach innen öffnet den Horizont

Aus einem Stammabschnitt kann nur einmal Schnittholz mit einer bestimmten, festgelegten Dimension gesägt werden. Einmal gesägt, können andere Verwendungsoptionen nicht beurteilt werden. Mit dem an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) installierten Computertomografen steht aber eine zukunftsweisende Technologie zur Verfügung, mit der zum Beispiel anhand der digitalen Aufnahmen bereits vor einer Einschnittsentscheidung für den einzelnen Stamm verschiedene Verarbeitungsoptionen und Produktentscheidungen simuliert werden können. Damit lässt sich die „Best of“-Option viel präziser definieren: Welches Rundholz eignet sich für welches Endprodukt? Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird außerdem künftig dabei helfen, die automatisierte Erkennung der inneren Stammstrukturen, die die Holzverwendung beeinflussen, weiterzuentwickeln, um jeden einzelnen Stamm hochpräzise zu beschreiben.

Ergänzend setzt die Abteilung Waldnutzung der FVA die Messung der charakteristischen Eigenschwingungsfrequenz jedes Stammabschnitts zur Vorsortierung des Rohholzes ein. So wird das Stammholz erkennbar, aus dem sich Konstruktionsholz besonders hoher Festigkeit für Spezialanwendungen herstellen ließe.

Diese Forschungsansätze zeigen: Auch die klassische Rohholzsortierung mittels von außen beurteilbaren Kriterien und vor allem die Stammholzbewertung können kontinuierlich überprüft und beurteilt werden.

Wo liegt der Fokus der Forschung aktuell?

Die Angewandte Holzforschung an der FVA befasst sich aktuell sowohl mit Laub- als auch mit Nadelholz. Das Untersuchungsmaterial stammt häufig aus Versuchsflächen der Abteilung Waldwachstum, um das Baumwachstum und die Qualität des Rohholzes und der Produkte so eng wie möglich in Beziehung setzen zu können. Die Fichte wird wegen der verfügbaren tiefen Kenntnis zur Ausprägung ihrer Holzeigenschaften immer wieder als Referenzbaumart gerade bei der Weiterentwicklung der Methoden herangezogen. Die Weißtanne ist die Charakterbaumart des Schwarzwaldes und steht wegen der Besonderheit des Nasskerns und seiner Bedeutung für die Weiterverarbeitung derzeit im Zentrum des Interesses der Forschungsarbeit.

Im Zuge der FVA-Forschungskonzeption 2019-2023 entwickelte die Abteilung Waldnutzung den Forschungsschwerpunkt „Laubholzforschung“. Hier konzentrieren sich die Lösungsansätze auf eine höherwertige Nutzung von schwachem Stammholz, das derzeit zur Herstellung von Plattenwerkstoffen, Papier und Zellstoff oder energetisch genutzt wird. Im Fokus liegen hier vor allem der Einsatz solcher Hölzer im konstruktiven Bereich. Das Spektrum der Verwendungsmöglichkeiten reicht von verklebten Massivholzwerkstoffen wie Brettschichtholz für den Holzbau aus Brettlamellen aus schwachdimensionierter Buche, Eiche, Esche oder Kastanie bis zur Verwendung unbearbeiteter Stammteile als natürlich geformte Tragelemente für leichte, offene Tragwerke.

Erdöl adé – wo möglich, Holz!? Produkte der Zukunft

Die Forschungsfragen der angewandten Holzforschung stehen für die Verpflichtung zu einer ressourcenschonenden nachhaltigen Holzverwendung in Kaskadennutzung, die mit langlebigen Holzprodukten in einer konstruktiven Verwendung (Massivholz, Massivholzwerkstoffe) beginnt.

Eine völlig neue Herausforderung an die Holzforschung ist die stoffliche Nutzung der chemischen Bestandteile und Inhaltsstoffe von Holz. Cellulose, Hemicellulosen, Lignin und Extraktstoffe könnten in Zukunft als Basis für viele Materialien und Chemikalien dienen, die bisher auf Erdöl basieren. Dies setzt allerdings voraus, dass über die entsprechenden Extraktstoffe in den jeweiligen Holzarten mehr bekannt ist. Hierzu hat der Arbeitsbereich beispielhaft ein Sampling und Methodenprotokoll entwickelt, um die Inhaltsstoffe der Douglasie und des Tulpenbaums zu modellieren. Daraus kann in Zukunft ein systematisches „Monitoring“ zur chemischen Charakterisierung aufgebaut werden. Dies wird zum einen die bestehenden Kenntnisse zur Verwendungseignung für unsere aktuellen Hauptbaumarten ergänzen, aber auch im Zuge der Anpassung unserer Wälder an den Klimawandel weitere Baumarten mit Resilienz- und Nutzungspotenzial einbeziehen und ausführlicher beschreiben.

Dichte als Hinweis auf Qualität

Eine Schlüsseleigenschaft für die angewandte Holzforschung ist die Holzdichte. Sie gilt als „ewiger Qualitätsparameter“ und grundlegender Weiser für die bedeutsamsten Holzeigenschaften für die Verwendung im Holzbau (Formstabilität, Festigkeit, Steifigkeit, Bearbeitbarkeit, Härte), für den Ertrag und die Ausbeute bei Holzfasern oder Extraktstoffen oder CO2-Speicherkapazität im Holz. Durch ihre enge Beziehung zur dendrometrischen Messgröße „Jahrringbreite“ ist sie mittelbar langfristig verknüpfbar mit dem waldwachstumskundlichen Monitoring. Das verbindet die Angewandte Holzforschung mit der Zuwachsentwicklung der Rohholzressource in Baden-Württemberg. Zur Sicherstellung der effizienten Nutzung eines knappen und gleichermaßen wertvollen Rohstoffes ist die Etablierung eines Holzqualitäts-Monitorings auf der Basis einer systematischen Erfassung der Holzdichte als Verfahren und Daueraufgabe unerlässlich.