Seit Jahren besteht das politische Interesse den Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland im Rahmen des Kyoto-Prozesses deutlich zu steigern. In Baden-Württemberg spielt Holz als eine nachhaltig lieferbare Ressource in dieser Entwicklung eine zunehmend bedeutende Rolle. Die stetig wachsende Zahl industrieller Heizwerke verlangt nach einer kontinuierlichen und verlässlichen Lieferung von Waldhackschnitzeln. In diesem Zusammenhang ergeben sich Fragen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, Pfleglichkeit und die Nachhaltigkeit von Energieholzbereitstellungsketten und -potenzialen.

Die größte Herausforderung bei der Bereitstellung von Waldhackschnitzeln stellt aktuell das vergleichsweise niedrige Erlösniveau der Waldhackschnitzel (Wald-HS) im Vergleich zu alternativ aushaltbaren Stammholzsorten dar (Abb. 2).

    Zur Erwirtschaftung eines positiven Deckungsbeitrags bei der Energieholzbereitstellung ist die Optimierung der gesamten Nutzungskette Energieholz eine zentrale Aufgabe. Das Hauptziel dieser Optimierung besteht darin, ein möglichst hohes Produktionsniveau zu erreichen. Entscheidende Einflussfaktoren auf die Produktivität sind der Holzanfall pro Flächeneinheit und das Stückmasseverhältnis.

    Vor dem Hintergrund der skizzierten Optimierungsaufgaben sind schwache Bestände mit geringen Dimensionen des ausscheidenden Bestandes und niedrigen Nutzungsmengen eher als problematisch anzusehen.

    Bei der Nutzung von Energieholz aus Althölzern mit hohen Starkholzanteilen sind andere Aspekte bedeutsam:

    • Inventuren (BWI I und II) weisen auf wachsende Vorräte im Starkholz hin (ca. 25 % des Gesamtvorrats in Baden-Württemberg ist Starkholz mit einem BHD ≥ 50 cm)
    • günstiges Stückmasseverhältnis beim Starkholz mit zunehmendem Bestandesalter und BHD der Bestände
    • abnehmende Holzqualitäten in der Krone mit zunehmendem Bestandesalter und dadurch bedingt absinkende Holzerlöse bei Stammholzaushaltung im Kronenbereich
    • hoher Schaftholzanteil und geringer Astholzanteil in Starkholzkronen im Vergleich zu schwächeren Beständen, d. h. potenziell bessere Qualität des Hackguts durch geringere Fein- und Rindenanteile

    Im Zusammenhang mit der Optimierung ist ebenfalls die Frage der Aushaltungsstrategie zu stellen. Grundsätzlich sind die drei nachfolgend dargestellten, idealtypischen Aushaltungsstrategien denkbar:

    a. konventionelle Aushaltung (Stammholz-Normal-Aushaltung)

    • Optimierung des Stammholz- und Industrieholzsegments
    • Energieholz (Waldrestholz) als "Restposten"

    b. ausschließliche Energieholzaushaltung

    • Nutzung des Vollbaums zur Energieproduktion
    • kritisch bzgl. Konkurrenzsituation zwischen stofflicher und energetischer Nutzung (volkwirtschaftlich sinnvolle Nutzung von Ressourcen) sowie hinsichtlich einer optimierten Erlösgestaltung (betriebliche Wertschöpfung)
    • für die meisten Bestände unter den heutigen Rahmenbedingungen keine wirtschaftliche Alternative

    Zwischen den beiden extremen Aushaltungsvarianten ist die sog. "Stammholz-Plus-Aushaltung" einzuordnen:

    c. Stammholz-Plus-Aushaltung

    • neben dem Stammholz wird Energieholz als eigenes Produkt wahrgenommen und gezielt produziert ("Zwei-Produktgruppen-Strategie")
    • Aushaltung von preislich gut bewerteten Stammholzsorten, während preislich gering bewertetes Stammholz, Industrieholz und das gesamte Restderbholz und Nichtderbholz als Energieholz ausgehalten wird
    • erwartete Verbesserung der Leistungen und Kosten durch einen höheren Volumenanfall pro Hektar (Mehranfall durch höheren Reisiganteil) und eine höhere Stückmasse im Energieholz, bei gleichzeitig geringerem Arbeitsaufwand in der Krone (v. a. motormanuelle Verfahren)

    Nadelstarkholzversuche

    Seit 2005 wurden von der FVA, Abteilung Waldnutzung zwei Nadelstarkholzernteversuche in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Kooperationspartnern durchgeführt. Im Rahmen dieser Versuche wurden einerseits die Auswirkungen der Stammholz-Plus-Aushaltung im Vergleich mit der konventionellen Aushaltung hinsichtlich Ergonomie und Arbeitssicherheit, Pfleglichkeit und Wirtschaftlichkeit bewertet. Andererseits wurden bewährte Arbeitsverfahren bzgl. ihrer Leistungs- und Kostencharakteristika bei einer gleichzeitigen Energieholzbereitstellung untersucht. Zur Ermittlung aller relevanten Daten wurden detaillierte Zeitstudienaufnahmen aller Teilarbeiten durchgeführt.

    Ergebnisse der Nadelstarkholzversuche

    Im Rahmen der Versuche wurden in Bezug auf Geländeneigung (Ebene, Steilhang) und Produktausformung (Lang-, Kurzholz) bewusst Grenzbereiche untersucht bzw. einbezogen (Tab. 1). Eine Untersuchung wurde im Bereich des westlichen Südschwarzwalds durchgeführt (Versuch: Staufen). Die zweite Untersuchung fand auf der Schwäbischen Alb, im Bereich der Donau- bzw. Flächenalb statt (Versuch: Ulm).

    Tab. 1: Charakterisierung der Versuchsflächen.

    Für den Steilhangversuch Staufen im extremen Nadelstarkholz wurde als Bereitstellungsverfahren das sog. Seilbagger-Verfahren eingesetzt, während im Versuch Ulm ein konventionelles Bereitstellungsverfahren für starkes Nadellangholz Anwendung fand (Abb. 3).

    In beiden Versuchen ergab sich ein um durchschnittlich rund 20 Prozentpunkte erhöhter Energieholzanfall in der Stammholz-Plus-Variante im Vergleich mit der konventionellen Aushaltung. Gleichzeitig beliefen sich in beiden Versuchen die Kosten für die dezentrale Hackung des Energieholzes auf der Waldstraße bzw. auf zentralen Plätzen im Wald auf rund 20 – 25 % der Gesamtkosten des Bereitstellungsverfahrens.

    Im Hinblick auf die Leistungs- und Kostendaten zeigten sich Unterschiede zwischen den beiden Versuchen (Tab. 2):

    a) Versuch Staufen

    Unter den Steilhangbedingungen lagen beide Aushaltungsvarianten bzgl. der Leistungs- und Kostendaten auf vergleichbarem Niveau. Zu beachten ist allerdings, dass bei der Rückung von Stamm- und Energieholz durch einen Tragschlepper die Stammholz-Plus-Aushaltung ungünstigere Leistungs- und Kostenwerte aufgrund des höheren relativen Energieholzanfalls im Vergleich mit der Stammholz-Normal-Aushaltung aufweist (Energieholz kann weniger dicht geladen werden).

    b) Versuch Ulm

    Die Stammholz-Plus-Aushaltung weist aufgrund des geringeren Aufarbeitungsgrades in der Krone (Fällen und Aufarbeiten) und des höheren Volumenanfalls pro Hektar sowie des günstigeren Stückmasseverhältnisses beim Energieholz insgesamt günstigere Leistungs- und Kostendaten im Vergleich mit der konventionellen Aushaltung auf.

    Tab. 2: Leistungs- und Kostendaten der beiden Starkholzernteversuche.

    Aushaltungsvariante bestimmt Erlöse und Kosten

    Im Rahmen der Holzbereitstellung spielt die Wahl eines an die bestandesspezifischen und betrieblichen Rahmenbedingungen angepassten Bereitstellungs- bzw. Arbeitsverfahrens eine entscheidende Rolle. Hier findet bereits die entscheidende Festlegung bzgl. des Leistungs- und Kostenniveaus statt. Durch die Wahl der Aushaltungsvariante, d.h. durch die Festlegung der Sorten und damit auch der Stückmasse, werden einerseits die Holzerlöse vorbestimmt und andererseits Leistungen und Kosten des Bereitstellungsverfahrens maßgeblich festgeschrieben.

    Auf Grundlage der Versuchsdaten wurde für beide Versuche eine Wirtschaftlichkeitsberechnung auf Basis der Holzpreise des IV. Quartals 2006 durchgeführt.

    Die Stammholz-Plus-Aushaltung blieb in allen Versuchen unterhalb des Erlösniveaus (Abb. 4 weiße Balken) der konventionellen Aushaltung, d.h. bei gegebener Preisdifferenz zwischen Energieholz- und Stammholzsorten konnte der Mehranfall an Energieholz die Mindereinnahmen im Stammholz nicht vollständig kompensieren.

    Bei den Bereitstellungskosten (Abb. 4 schwarze Balken) liegt die Stammholz-Plus-Variante im Vergleich mit der konventionellen Aushaltung aufgrund der aushaltungsbedingten Vorteile (Volumenanfall pro Fläche; Stückmasseverhältnis) auf einem günstigeren Niveau. In der Steilhangsituation (Versuch Staufen) ist dieser Unterschied geringer ausgeprägt als auf der Ebene (Versuch Ulm).

    Im Hinblick auf die erntekostenfreien Erlöse (Abb. 4 schraffierte Balken) ist festzustellen, dass der Leistungs- und Kostenvorteil der Stammholz-Plus-Aushaltung bei aktueller Marktbewertung von Waldhackschnitzeln nicht ausreichend ist, um die reduzierten Gesamterlöse im Vergleich mit der konventionellen Aushaltung zu kompensieren. In der Steilhangsituation ist der Unterschied am stärksten ausgeprägt, während beide Varianten in der Ebene auf vergleichbarem Niveau liegen.

    Schlussfolgerungen

    Die Nadelstarkholzernteversuche zur effizienten Bereitstellung von Stammholz und Waldenergieholz haben gezeigt, dass

    • beide Arbeitsverfahren geeignet sind, um neben Stammholz auch Energieholz zu betriebswirtschaftlich angemessenen Konditionen bereitzustellen, wobei die Stammholz-Plus-Aushaltung tendenziell günstigere Leistungs- und Kostenwerte aufweist;
    • der Leistungs- und Kostenvorteil in der Stammholz-Plus-Aushaltung allerdings unter den betrachteten Rahmenbedingungen, insbesondere der aktuellen Marktpreise für Waldhackschnitzel nicht ausreicht, um die Mindereinnahmen im Stammholzbereich bzgl. des erntekostenfreien Erlöses zu kompensieren.

    Begrenzender Faktor für die Anwendung der Stammholz-Plus-Aushaltung im Nadelstarkholz in der Praxis ist der aktuell relativ niedrige Marktpreis für Waldhackschnitzel.