Folgende Haftungs­ansprüche erweisen sich im Zusammen­hang mit Wald und Waldbewirtschaftung als wichtig:

  • Verschuldenshaftung (Art. 41 Obli­gationenrecht)
  • Werkeigentümerhaftung (Art. 58 Obligationenrecht)
  • Grundeigentümerhaftung (Art. 679 Zivilgesetzbuch)

Verschuldenshaftung

Die wichtigste Haftungsgrundlage im Zusammenhang mit Wald ist die Ver­schuldenshaftung. Ein Verschulden wird angenommen, wenn ein Schaden auf Fahrlässigkeit oder Vorsatz zurückzuführen ist. Bei der Waldbewirtschaftung führen in der Regel aktive Handlungen zu einer Haftung. Beim Waldeigentum sind dagegen vor allem Haftungen aus Unterlassung zu beachten.

Damit eine Unterlassung zu einer Haf­tung führt, muss eine Handlungspflicht vorgeschrieben sein. Glücklicherweise bilden solche Handlungspflichten im Schweizer Wald die Ausnahme. So exis­tiert weder eine generelle Bewirtschaf­tungspflicht noch eine Pflicht, gefährliche Objekte aus dem Wald zu entfernen. Wird also ein Waldbesucher von einem herunterfallenden Ast verletzt, haftet der Waldeigentümer in der Regel nicht (mehr dazu).

Anders sieht es aus, wenn eine Hand­lungspflicht besteht. Solche Pflichten er­geben sich aus dem Gesetz oder aus der Rechtsprechung. Eine wichtige gesetzliche Norm befindet sich im Artikel 20 Absatz 5 des Waldgesetzes. Gestützt auf diese Norm können die Kantone die Waldeigentümer verpflichten, ihre Schutzwälder minimal zu pflegen. Kommt ein Eigentümer dieser Aufforderung nicht nach, ist eine Haftung denkbar, nämlich wenn das Versagen des Schutzwaldes auf die nicht ausgeführte Pflege zurück­geführt werden kann. Eine weitere gesetzliche Norm gilt in einigen Kantonen und verpflichtet die Waldeigentümer, die Waldsäume gegen­über Strassen zu kontrollieren und zu pflegen (siehe unten).

Quasi eine Schutznorm, aber aus der Rechtsprechung entstanden, ist der Gefahrensatz. Dieser besagt, dass wer einen gefährlichen Zustand schafft, alle erforderlichen Vorsichtsmassnahmen er­greifen muss, damit niemand zu Schaden kommt. Im Wald entstehen Gefahren­quellen meist im Zusammenhang mit der Waldbewirtschaftung, beispielsweise durch gefährliche Polter, hängende Äste oder Holz, das abzurutschen droht. Die beste Vorsichtsmassnahme ist hier die strikte Anwendung der bekannten Sicherheitsvorschriften.

Eine weitere Handlungspflicht betrifft naturgeschaffene Gefahrenquellen. Dies für den Fall, wo eine Gefahr dem Eigen­tümer bekannt ist. Verlangt wird nicht die Beseitigung der Gefahrenquelle, sondern nur die Warnung der gefährdeten Personen. Dies kann je nach Situation per­sönlich geschehen oder durch Anbringen von Warnschildern.

Werkeigentümerhaftung

Als Werk im Sinne der Werkeigentümerhaftung gelten gemäss dem Bun­desgericht "Gebäude oder andere sta­bile, künstlich hergestellte, bauliche oder technische Anlagen, die mit dem Erdboden direkt oder indirekt dauerhaft ver­bunden sind". Im Wald erfüllen Strassen, befestigte Wanderwege, Hütten und nicht zuletzt forstliche Schutzbauten die­sen Begriff. Ausgetretene Fusspfade und Bäume gelten dagegen in der Regel nicht als Werk.

Damit der Werkeigentümer haftet, muss das Werk einen Mangel aufweisen. Ein Mangel liegt vor, wenn das Werk für den bestimmungsgemässen Gebrauch nicht genügend Sicherheit bietet. Was bestimmungsgemäss ist, hängt vom Be­nutzerkreis ab. Eine viel begangene Wald­strasse beispielsweise hat einen grossen Benutzerkreis und muss entsprechend höheren Anforderungen genügen als eine wenig benutzte Waldstrasse. Für den Waldeigentümer stellt die Werkeigentümerhaftung ein gewichtiges Risiko dar, denn er haftet unabhängig von seinem Verschulden. Für eine Wald­strasse bedeutet dies, dass der Eigentümer für jeden Mangel einstehen muss, also auch wenn der Mangel durch ein Naturereignis oder eine Drittperson ver­ursacht wurde. Wie schnell ein derartiger Mangel be­hoben werden muss, hängt davon ab, was dem betroffenen Eigentümer zuge­mutet werden kann.

Als grosse Ausnahme von den obigen Regeln haftet der Waldeigentümer nicht für öffentliche Wege, wenn sie im Interesse und im Unterhalt eines Gemeinwesens stehen.

Grundeigentümerhaftung

Die Grundeigentümerhaftung gilt, wenn ein Eigentümer seine aus dem Grund­stück resultierenden Rechte überschreitet und ein Nachbar bedroht oder geschä­digt wird. Als Nachbarn gelten auch ent­fernte Grundstücke, sofern sie von den übermässigen Einwirkungen betroffen werden. Alle anderen Personen sind nicht klageberechtigt.

Eine Haftung besteht nur im Zusam­menhang mit einer aktuellen oder frühe­ren Bewirtschaftung. Für den Waldeigen­tümer ist also wichtig, dass er durch seine Bewirtschaftung keine gefährliche oder unzumutbare Situation gegenüber Nach­bargrundstücken schafft. Bezogen auf den Wald sind nur wenige Anwendungsbeispiele der Grundeigentümerhaftung bekannt. In einem Fall wurde ein Waldeigentümer schadenersatzpflichtig, weil er im Bereich des Waldrands schräg stehende, schlecht ver­ankerte Bäume stehen gelassen hatte. Denkbar wäre eine Haftung auch, wenn bei Holzereiarbeiten loses Material an Hängen oder in Gerinnen liegen geblieben ist und damit unten liegende Nachbarn gefährdet werden.

Gegenüber den anderen Haftungsnormen hat die Grundeigentümerhaf­tung den Vorteil, dass der betroffene Nachbar nicht bis zum Eintritt eines Scha­dens warten muss, sondern bereits vor­her auf Unterlassung oder Beseitigung der Gefährdung klagen kann.

Verschuldenshaftung des Waldeigentümers entlang von Strassen

In einigen Kantonen wird die Pflicht zur Pflege des Waldsaums dem Waldeigentümer übertragen. Für den Waldeigentümer ist eine derartige Verpflich­tung in zweifacher Hinsicht negativ. Erstens entstehen ihm Mehrkosten für den Kontroll- und Pflegeaufwand zu­gunsten der Strasse; im Kanton Zürich werden die jährlichen Kosten dafür auf 3 bis 5 Mio. Franken geschätzt! Zweitens bewirkt die Handlungspflicht eine Haf­tungsabwälzung auf den Waldeigentümer.

Kommt der Waldeigentümer seinen Verpflichtungen nicht nach, verstösst er gegen die Norm. Erleidet in der Folge der Strasseneigentümer oder ein Strassenbenutzer einen Schaden, so wird aus dem Normverstoss des Waldeigentümers das Verschulden abgeleitet und er wird haftpflichtig.

Nach meiner Ansicht sind derartige Verpflichtungen in höchstem Masse un­gerecht, da die Kosten vom Nutzniesser, also vom Strassenverkehr, auf den Wald abgewälzt werden. Entsprechend sollten solche Normen konsequent bekämpft werden. In einigen Kantonen wurde dies bereits mit unterschiedlichem Erfolg ver­sucht. Allenfalls würde es sich lohnen, die Norm juristisch, zum Beispiel auf ihre Ver­fassungsmässigkeit hin, überprüfen zu lassen. Verglichen mit den jährlich anfal­lenden Aufwänden wären die Kosten für ein solches Gutachten vertretbar.

Ist keine andere Lösung möglich, sollte die Pflege des Waldsaums konsequent auf die Kosten- und Risikominimierung ausgerichtet werden. Ein wichtiger Punkt wäre dabei die Wahl der Baumart. Aus Kostensicht muss sich die Baumart mög­lichst leicht aufasten lassen und viel Ertrag abwerfen. Aus juristischer Sicht sollte die Baumart ausserdem die folgenden Anfor­derungen erfüllen:

  • lotrechter Stamm, denn schräge Stämme haben in der Gerichtspraxis bereits schon zu Haftungsfällen ge­führt
  • stabiler Stand (Anlehnung an die deut­sche Rechtsprechung)
  • keine gefährlichen, morschen oder dürren Äste
  • die Baumart darf nicht krankheitsanfällig sein, da die Gesundheit der Bäume überwacht werden sollte (An­lehnung an die deutsche Rechtspre­chung)
  • Einwuchs ins Lichtraumprofil der Strasse so gering wie möglich

Diesen Anforderungen entsprechen Nadelhölzer, insbesondere Tanne und Douglasie, am besten. Die Fichte neigt bei Schäden stark zu Fäule, Föhre und Lärche tendieren in Randbereichen zu schrägem Wuchs. Laubhölzer erfüllen die juristischen Anforderungen schlech­ter, da sie eher zu breiten Kronen, schrä­gem Stamm und gefährlichen Ästen nei­gen.

Die Kontrolle der genannten Eigen­schaften obliegt ebenfalls dem Waldeigentümer. Auch hier dürften die Nadel­bäume besser abschneiden. Im Gegensatz zu Nadelholz benötigt man bei Laubholz zwei Kontrollen zum Erkennen der dür­ren Äste, nämlich je eine mit Laub und eine in laubfreiem Zustand. In Deutsch­land erachten die Gerichte entsprechend zwei Kontrollen als angemessen.

Eine weitere Reduktion der Kontrollen und der Kosten lässt sich erreichen, wenn man Holzschläge an der Strasse zusam­menfasst und periodisch pflegt. Allenfalls ist auch das Saumschlagver­fahren in Betracht zu ziehen, besonders aber in den Fällen, wo auch die Absperr­ungskosten dem Wald belastet werden. Das auf diese Weise entstehende Waldbild dürfte sicher Anlass zu Diskussionen geben. Mit etwas Glück könnte aber bereits die Androhung eines solchen Waldbaus ausreichen, um die entspre­chenden Stellen zur Erkenntnis zu brin­gen, dass ein schöner, naturnaher Wald­saum etwas kosten darf. Schlussendlich ist ja die Strasse Gast im Wald und nicht umgekehrt.

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Waldwirtschaft Schweiz WVS. Grundlage des Artikels ist eine Bachelorarbeit an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL in Zollikofen (früher SHL).

(TR)