Rechtliches zum Verbleib von Wuchshüllen im Wald

Obwohl in vielen Bereichen der Umweltnutzung der Verbleib von Plastik bereits diskutiert wird, gibt es noch keine kritische Bestandsaufnahme zu Wuchshüllen als wichtigstem, aber auch beispielhaften Einsatzbereich von Plastik in der Forstwirtschaft. Mit einer jährlichen Neuausbringung im Millionenbereich in Deutschland und einer Rückbauquote von gegenwärtig noch <50%, gibt es dringenden Handlungsbedarf – für Alternativen und auch für eine Rückbaukampagne. In einer Vorstudie anhand zweier ausgewählter Bundesländer wird deutlich, dass es mit geltendem Recht nicht vereinbar ist, Wuchshüllen nach Ende ihres Verwendungszweckes im Wald zurückzulassen. Die Übertragbarkeit auf andere plastikbasierte Materialien ist naheliegend, jedoch noch Gegenstand von Detailklärungen.

Ziele und Definitionen

Gegenstand dieser Voruntersuchung war es am Beispiel der Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen herauszufinden, welche Bundes- bzw. Landesgesetze und Normen bei der Betrachtung des Rückbaus von Wuchshüllen anzuwenden sind und welche Konsequenzen sich daraus für Forstbetriebe und hoheitliche Aufgaben ergeben. In der forstbetrieblichen Praxis werden dazu häufig folgende Formulierungen geäußert:

  • a) Müssen Wuchshüllen manuell rückgebaut und entsorgt werden?
  • b) Müssen Wuchshüllen mit Angaben wie „abbaubar“ oder „kompostierbar“, manuell aus dem Wald entfernt und dann entsorgt werden oder können sie etwa im Wald verbleiben?

Aus einer aktuellen Analyse der Marktsituation von Wuchshüllen wurden anhand der Produktbeschreibungen fünf verschiedene Materialgruppen definiert (vgl. Marktübersicht: Wuchshüllen in Deutschland):

  • A: Wuchshüllen aus Plastik mit sehr hoher Lebensdauer (z.B.: PE, PP, HDPE).
  • B: Wuchshüllen aus oxo-abbaubarem bzw. bio-oxo-abbaubarem Plastik.
  • C: Wuchshüllen aus kompostierbarem Kunststoff, geprüft nach DIN EN 13432.
  • D: Wuchshüllen aus Holz, Papier oder Jute, ohne Angaben zu einer eventuell vorgenommenen Haltbarmachung (z. B. Imprägnierung).
  • E: Wuchshüllen ohne Angaben von Hersteller oder Händler zum verwendeten Material. Aus den Produktbeschreibungen kann davon ausgegangen werden, dass es sich um Plastik-Materialien handelt.

Für die Gruppen A, B, D und E liegt keine Zertifizierung zum Abbauverhalten oder der Haltbarkeit vor.

Handlungsgebote aus europarechtlicher Sicht

Die neuesten Erkenntnisse zur Wirkung von Plastikrückstanden in Ökosystemen und die gesellschaftliche Debatte zur Vermüllung der Umwelt durch Plastik haben die EU-Kommission zu Regelungen veranlasst, welche die Mitgliedsstaaten verpflichten, Produkte aus oxo-abbaubarem Plastik bis spätestens zum 3. Juli 2021 von den Märkten auszuschließen (Art. 5 Richtlinie EU 2019/904). Wuchshüllen der Materialgruppe B dürften demnach nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Nach nationaler Umsetzung in der Einwegkunststoffverbotsverordnung (EWKVerbotsV) vom 20. Januar 2021 tritt das Verbot auch in Deutschland zum 03. Juli 2021 in Kraft (vgl. §5 EWKVerbotsV).

Handlungsgebote aus kreislaufwirtschaftsrechtlicher Sicht

Die Gruppen A, B, D und E gelten als Abfälle im Sinne des §3 Abs. 1 S. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz. Dabei sind alle diese Gruppen gleichzusetzen, da auch bei Gruppe D eine künstliche Haltbarmachung aufgrund fehlenden Nachweises nicht ausgeschlossen werden kann. Für diese Gruppierungen kann von einem Entledigungswillen oder einem Entledigungszwang ausgegangen werden, da sich kein neuer Verwendungszweck nach Absprengen der Hülle anschließt oder gar eine „Gefährlichkeit“ für die Umwelt entsteht. Ob ein Entledigungswille oder ein Entledigungszwang vorliegt, ist letztlich unerheblich. Als Rechtsfolge ergibt sich für diese Gruppierungen, dass die daraus hergestellten Wuchshüllen nach Vollendung des Verwendungszweckes einzusammeln sind und fachgerecht verwertet werden müssen.

Bei Wuchshüllen der Gruppe C handelt es sich um Bioabfälle gemäß §2 Nr. 1, 2. HS Bioabfallverordnung (BioAbfV). Grundvoraussetzung dieser Kategorisierung ist, dass die Materialien größtenteils biobasiert sind. Ob dies für alle erhältlichen kompostierbaren Wuchshüllen der Fall ist, ist nach aktueller Darstellung der Produktbeschreibungen nicht klar ersichtlich, wird aber für die weitere Betrachtung angenommen. Nach Anhang 1 Nr. 1 Spalte 3 (Kunststoffabfälle) BioAbfV gilt für Wuchshüllen der Gruppe C ein gesondertes Behandlungsprogramm. Diese müssen nicht wie üblich einer Prüfung zur „Unbedenklichkeit“ der Bioabfälle unterzogen werden, sondern können auf der Anfallfläche verbleiben, sofern sich das Material dort in den Boden einarbeitet. Da die Prüfnorm DIN 13432 jedoch nur die Kompostierung unter idealen Bedingungen einer industriellen Kompostieranlage (90% Abbau innerhalb von 6 Monaten bei 58 +/- 2°C) untersucht, kann von einer entsprechenden Einarbeitung bei Waldbedingungen nicht ausgegangen werden. Daher müsste der Besitzer der Hüllen die Einarbeitung aktiv durch das händische Unterheben in die oberste Bodenschicht vornehmen. Das Aufbringen von Bioabfällen darf darüber hinaus nur im begründeten Ausnahmefall mit Zustimmung der zuständigen Behörde erfolgen.

Handlungsgebote aus forst- und naturschutzrechtlicher Sicht

Das Bundeswaldgesetz gibt lediglich vor, dass Wälder nachhaltig und ordnungsgemäß bewirtschaftet werden sollen. Alle weiteren Vorschriften enthalten die Waldgesetze der Länder. Eine Vorschrift zur Beseitigung nicht mehr erforderlicher Wuchshüllen enthält das Landeswaldgesetz Baden-Württemberg (LWaldG BW) nicht. Wildschutzzäune dagegen, die ihren Zweck erfüllt haben, sind nach §37 Abs. 7 LWaldG BW zu entfernen. Hintergrund dieser Regelung ist, das Betretungsrecht im Wald nicht durch unnütze Zäune einzuschränken. Diese Regelung kann somit nicht unmittelbar auf die spezielle Situation von Wuchshüllen übertragen werden.

Das Landesforstgesetz NRW (LFoG NW) hingegen verbietet in §3 Abs. 3 Nr. 1 LFoG NW mit Bezug zu Hordengattern, waldfremde Materialien im Wald zu belassen. Diese müssen nach Erfüllung ihres Zweckes entfernt werden. Der Sachverhalt lässt aufgrund des Fokus auf waldfremde Materialien eine Übertragung auf Wuchshüllen zu.

Wenn durch die Verwendung bestimmter Wuchshüllen schädliche Folgen für die Waldböden, die Biodiversität oder den Wasserhaushalt entstehen können, muss sich deren Verwendung und ihre Behandlung nach Erfüllung ihres Zweckes am Vorsorgeprinzip orientieren. Dieses Risiko besteht offensichtlich bei biologisch nicht abbaubaren Wuchshüllen der Gruppen A, B, D und E. Diese gilt es infolgedessen ordnungsgemäß aus dem Wald zu entfernen und zu entsorgen. Wuchshüllen der Gruppe C können dagegen bei Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips im Wald verbleiben, wenn sie nachgewiesenermaßen rasch und ohne Rückstände von Mikroplastik zerfallen und ihre Zerfallsprodukte vollständig in die natürlichen Stoffkreisläufe eingehen würden. Allerdings ist dazu der Nachweis noch nicht erbracht, bzw. bestehen eindeutige gegenteilige wissenschaftliche Erkenntnisse.

Das Bundesnaturschutzgesetz geht von der Annahme aus, dass die Forstwirtschaft in der Regel den Zielen des Naturschutzes nicht widerspricht. Voraussetzung dieser Privilegierung ist, dass die Waldbewirtschaftenden die gute fachliche Praxis einhalten. Die Privilegierung entfällt, wenn das Belassen von Wuchshüllen Vorschriften des Forstrechts widerspricht, zum Beispiel dem Vorsorgeprinzip oder den Pflichten zum Schutz des Bodens. Die gleichen Anforderungen gelten im Fall der Störungs- und Zugriffsverbote bei besonders geschützten Tier- und Pflanzenarten und ihren Lebensstätten. Wenn das Belassen entsprechender Wuchshüllen zu einer Beeinträchtigung geschützter Arten und ihrer Lebensstätten führen könnte, entfällt auch diese Privilegierung. Aufgrund der zuvor genannten möglichen negativen Folgen für zum Beispiel Bodenlebewesen kann davon ausgegangen werden, dass das Belassen von Wuchshüllen aller Gruppen im Wald nach Vollendung ihres Verwendungszweckes dem erforderlichen Schutz des Bodens nicht genügt.

In der Zertifizierung wird das Thema Wuchshüllen bereits von FSC und PEFC aufgegriffen. Gemäß des FSC-Standards 10.12.1 müssen nicht mehr im Gebrauch befindliche Wuchshüllen ordnungsgemäß entfernt werden (FSC Deutschland 2018). Die PEFC-Standards für nachhaltige Waldbewirtschaftung geben unter 2.8 ebenfalls vor, dass nicht mehr funktionsfähige Wuchshüllen aufgesammelt und entsorgt werden müssen. Darüber hinaus sollen bei einer Verfügbarkeit am Markt und einer wirtschaftlichen Zumutbarkeit Produkte verwendet werden, deren Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen stammen (PEFC Deutschland 2020).

Folgerungen und Ausblick

Es scheint absehbar, dass Plastikrückstände im Wald auch in Bezug auf die Forstwirtschaft in Zukunft zunehmend kritischer wahrgenommen werden. Die Vorgaben der Kreislaufwirtschaft sehen vor, dass Abfälle zu allererst vermieden werden müssen. Dieser Aspekt ist im Kontext von Wuchshüllen von besonderer Bedeutung, da deren Einsatz im aktuellen Umfang auch als Folge eines oft nicht ausgewogenen Gleichgewichts von Wald und Wild verstanden werden kann.

Zwei künftige Entwicklungen sind für Wuchshüllen zu erwarten: Zum einen neuartige Wuchshüllen, zertifiziert und nachgewiesenermaßen in Waldböden rückstandslos und vollständig abbaubar, hergestellt aus nachwachsenden Rohstoffen und funktionsgleich zu bisherigen Hüllen. Zusätzlich sollte eine detaillierte Ökobilanzierung als Nachweis der Vorteilhaftigkeit gegenüber konventionellen Wuchshüllen vorliegen. Zum anderen sehr dauerhafte Wuchshüllen, welche nach geltendem Recht rückgebaut werden müssen und evtl. mehrfach verwendet werden und deren Material wiederverwertet oder entsorgt wird, aber die auch aufgrund ihrer nachgewiesenen (z. B. Abrieb-) Festigkeit keine Plastikreste im Wald zurücklassen.

Verweis auf FNR-Projekt

Die eingangs erwähnte Vorstudie ist Teil des durch die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR)/ Waldklimafonds (WKF) geförderten Projektes [TheForestCleanup] (Förderkennzeichen 2219NR425). Weitere Infos zum Projekt unter https://theforestcleanup.de/.