Damit Wälder ihre wertvollen Leistungen langfristig und nachhaltig erbringen können, müssen sie gepflegt werden. Für die dafür notwendigen Arbeiten setzen Forstdienste schwere Maschinen wie z.B. Tragschlepper ein. Für diese ist steiles Gelände aber kaum zugänglich. Und im Flachland ist man darauf bedacht, sensible Böden zu schonen.

In beiden Fällen bietet sich als Alternative der Seilkran an: Mit einem auf einem Tragseil rollenden Laufwagen werden Holzstämme zur Sammelstelle befördert (Abb. 1). Solche Holzernteverfahren werden heute auf rund einem Viertel der Schweizer Waldfläche eingesetzt. Damit die Seillinie jeweils sicher und effizient geführt wird, müssen die Verantwortlichen die Anlage passend zu den Geländegegebenheiten sorgfältig planen. So wissen die Arbeiter vor Ort, wo sie das Seil durchziehen und wo sie Stützen bauen müssen.

Die optimale Berechnungsformel war ihrer Zeit voraus

In den 1960er Jahren beschäftigten sich zwei Professoren unabhängig voneinander mit solchen Seilbahnberechnungen. Ernst Pestal in Wien publizierte damals ein Buch über Seilbahnen und Seilkräne, das in der Forstwirtschaft als Standardwerk gilt. Seine darin beschriebenen seilmechanischen Formeln werden bis heute weithin eingesetzt, obwohl sie die Seildurchhänge für Seilkräne überschätzt darstellt. Ihr Vorteil: Sie ist händisch und grafisch einfach lösbar.

Zur gleichen Zeit entwickelte Otto Zweifel an der ETH Zürich eine Formel, die besser den Gegebenheiten bei Seilkränen entsprach. Im Gegensatz zu Pestal ging er nämlich nicht von einem gewichtsgespannten sondern von einem beidseitig fix verankerten Tragseil aus (Abb. 2). Der Haken daran: Um seine Formel zu berechnen waren leistungsfähige Computer nötig, die damals nur begrenzt verfügbar waren. So verfiel die Methode in einen Dornröschenschlaf.

Neuer Anlauf mit neuer Software

Zurück ins Heute: Während seiner Doktorarbeit an der ETH Zürich arbeitete der Wissenschaflter Leo Bont an Algorithmen, welche die Tragseildurchhänge und die auftretenden Tragseilzugkräfte mit Zweifels Methode berechnen. Zusammen mit Patricia Moll entwickelte er in der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Hans Rudolf Heinimann ein Open Source Software-Tool (QGIS-Plugin) mit dem Namen Seilaplan (Seilkran Layout Planer). Zusätzlich zu den Lastwegkurven und Seilzugkräften berechnet es die optimalen Stützenpositionen für das Seil.

Heute arbeitet Bont an der Eidg. Forschungsanstalt WSL. Im Rahmen des Forschungsprojekts «Neue Grundlagen für eine effiziente Seillinienplanung» (Schlussbericht als PDF) hat er nun zusammen mit seinen Kolleginnen Laura Ramstein und Janine Schweier sowie mit Fritz Frutig die theoretischen Grundlagen aus der Doktorarbeit Praxistests im Wald unterzogen.

Probieren geht über Studieren

Das Forscherteam testete seine Erkenntnisse in den Steilhängen des Tösstals, des Toggenburgs und des Pilatus. Mit ihnen arbeiteten die Forstunternehmen Nüesch & Ammann AG sowie Abächerli AG.

Bont und seine Kolleginnen vermassen die gebauten Seillinien und bestimmten die Tragseildurchhänge bei verschiedenen Lasten (Abb. 3). Am Ankerbaum stellten sie die Seilzugkräfte mittels Kraftmessdose fest.

Zurück im Büro an der WSL verglich Bont die Daten mit den von Seilaplan berechneten Angaben. Und tatsächlich: Die Berechnungsmethode nach Zweifel führte zu genaueren Voraussagen der Tragseildurchhänge und der Tragseilzugkräfte als jene nach Pestal (Abb. 4). Für alle Seilfeldlängen lieferten die in Seilaplan integrierten Zweifel-Formeln für den Durchhang eine Genauigkeit von rund +/- einem Meter, was ein sehr gutes Ergebnis ist. Die leichte Überschätzung bei den Tragseilzugkräften ist dabei positiv zu werten, mit ihr ist man bei der Planung auf der «sicheren Seite».

Forstunternehmen und Behörden auch jenseits der Landesgrenzen zeigen grosses Interesse an den Resultaten des Feldtests und am frei zugänglichen QGIS-Plugin Seilaplan. Eine sorgfältige und genaue Berechnung der Seillinie ist aus ökonomischen Gründen wie auch für die Arbeitssicherheit zentral. Dank der Integration des Tools Seilaplan ins QGIS ist es zudem möglich, verschiedene Fernerkundungsdaten und GIS-Layer für die Planung einzubeziehen.

Das Bundesamt für Umwelt BAFU hat das Forschungsprojekt «Neue Grundlagen für eine effiziente Seillinienplanung» für den Wissenstransfer von der Forschung in die Praxis gefördert. Dazu hat es das Erklärvideo «Digitale Seillinienplanung» produziert.

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Seilaplan

Das Plugin Seilaplan für die Software QGIS ist ein GIS-basiertes Tool zur Unterstützung der Waldbewirtschaftung für das Designen und die Optimierung von Seillinen-Layouts. Es wurde 2012 im Rahmen der Dissertation von Dr. Leo Bont an der ETH Zürich entwickelt und wird von ihm seit 2017 an der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL weiterentwickelt.

Schlussbericht Neue Grundlagen für eine effiziente Seillinienplanung (PDF)