In der Schweiz werden rund 80% des Trinkwassers aus Grundwasservorkommen gewonnen. Ein grosser Teil davon stammt aus Grundwasserfassungen im Wald (Abb. 1). Laut dem Schweizerischen Landesforstinventar liegen in der Schweiz rund 47% der Grundwasserschutzzonen in Waldarealen.

Trinkwasser aus bewaldeten Gebieten ist naturrein und im Vergleich zu Wasser aus landwirtschaftlichen Gebieten ohne jegliche Aufbereitung nutzbar. Dies hat verschiedene Gründe: Im Gegensatz zur Landwirtschaft setzt die Schweizer Waldwirtschaft weder Düngemittel noch Pestizide ein. Zudem schützt das Rodungsverbot die Grundwasserschutzzonen im Wald wirksam und langfristig gegenüber anderen Raumnutzungen. Damit ist das Risiko, dass eine Trinkwasserfassung im Wald belastet wird, sehr klein.

Um die für die Trinkwasserbereitstellung bedeutenden Waldgebiete vor Verunreinigungen zu bewahren und die Wasserqualität stetig zu gewährleisten, werden diese Gebiete im Rahmen der Gewässerschutzverordnung (GSchV, SR 814.201) durch sogenannte Grundwasserschutzzonen geschützt. Die Grundwasserschutzzonen bestehen aus:

  • dem Fassungsbereich (Kernzone S1)
  • der engeren Schutzzone (S2)
  • der weiteren Schutzzone (S3)

In der Zone S1 sind gemäss der GSchV nur bauliche Eingriffe und Tätigkeiten zulässig, welche der Trinkwasserversorgung dienen und für welche der Fassungseigentümer verantwortlich ist. Diese Eigentumsbeschränkung kommt folglich einer Enteignung gleich. Die Zuweisung einer Waldfläche zu den Schutzzonen S2 und S3 ist für die Forstbetriebe mit der Einhaltung mehrerer Vorgaben verbunden, die die Waldbewirtschaftung verteuern.

Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt haben Mitarbeiter der Forschungsanstalt WSL ein Excel-Tool entwickelt, mit dessen Hilfe sich der Mehraufwand und der Minderertrag aufgrund der gesetzlichen Einschränkungen schnell und einfach berechnen lässt. Im Originalartikel finden Sie ausführliche Hintergrundinformationen dazu.

Berücksichtigte Vorschriften und Empfehlungen

Der Mehraufwand und der Minderertrag, die durch die Ausweisung von Grundwasserschutzzonen bei der Waldbewirtschaftung entstehen, sind die Folge einer gesetzlichen Vorschrift (Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung, ChemRRV) und zwei Empfehlungen des Bundesamtes für Umwelt. Diese sollen zur Sicherung und Verbesserung der Wasserqualität beitragen:

  • Keine chemische Behandlung von Holz/keine Lagerung von behandeltem Holz (gesetzliche Vorschrift): Polterplätze, sofern mit ihrem Betrieb Insektizideinsatz, Bewässerung oder Rindenanhäufung verbunden sind, können eine Gefährdung für das Grundwasser darstellen. Durch den Verzicht auf Pestizide und Herbizide bei der Holzlagerung im Einzugsgebiet von Trinkwasserfassungen können potenzielle Verschmutzungsquellen ausgeschaltet werden.
  • Umweltverträgliche Treib- und Schmierstoffe, keine ungeschützte Lagerung und Umfüllung von Betriebsstoffen, kein Betanken von Maschinen innerhalb der S2 (Empfehlungen): Überall dort, wo mineralölhaltige Betriebsstoffe zum Einsatz kommen, können Böden, Wasser und Luft besondere Gefahren drohen. Durch den Einsatz von biologisch abbaubaren Betriebsstoffen kann die Gefahr einer Verschmutzung des Trinkwassers vermieden werden. Der Einsatz von biologisch schnell abbaubaren Hydraulikölen hat sich mittlerweile im Forstbereich weitestgehend als Standard durchgesetzt. Die Verwendung von Biodiesel und Rapsöl als Treibstoff werden hingegen oft noch kritisch betrachtet.
  • Bodenschonende Befahrung (Empfehlung): Der Einsatz von schweren Erntemaschinen und Rückefahrzeugen bei der Holzernte birgt die Gefahr der Bodenverdichtung und der Verschlechterung der Bodenfunktionen. Der notwendige Gasaustausch mit der Wurzelzone wird unterbunden. Gleichzeitig führt die Bodenverdichtung zu einer Versiegelung des Oberbodens und hemmt damit die Wasserinfiltration. Dieser negative Effekt wird durch die Konzentration der Befahrung auf dauerhaft konzipierte Rückegassen beschränkt. Das Ausmass der Bodenschäden hängt aber auch von den physikalischen Bodeneigenschaften ab und kann durch eine je nach Jahreszeit und Witterung eingeschränkte Befahrung verringert werden.
  • Bevorzugen von Laubbaumarten (Empfehlung): Ein wichtiger Leitparameter für die Schadstoff- und Nährstoffbelastung der Gewässer und insbesondere für das Grundwasser ist die Stickstoffkonzentration, vor allem Nitrat. In Bezug auf die Nitratkonzentration im Sickerwasser bestehen zwischen Beständen verschiedener Baumarten grosse Unterschiede. Unter Laubbäumen wird im Vergleich zu Nadelbäumen diesbezüglich hochwertigeres Trinkwasser produziert. Nadelbäume weisen besonders im Kronenbereich eine grössere Oberfläche auf und sind immergrün, was zu einer höheren Auskämmung von Luftschadstoffen gegenüber den Laubbäumen und damit zu höheren Stickstoff- und Säureeinträgen führt. Zudem sind Interzeptionsverluste in den Nadelbeständen höher, was durch die Verringerung der Wassermenge die Stoffkonzentration im Sickerwasser zusätzlich erhöht.
  • Entfernen von Schlagabraum innerhalb der S2 (Empfehlung): Durch Entfernen von Ernterückständen können Stickstoffreserven im Wald reduziert werden und das Risiko, dass Nitratausträge aus dem Wald zu einer Belastung werden, wird minimiert. Allerdings werden dem Waldökosystem mit dem erhöhten Biomasseentzug auch andere wichtige Nährstoffe entnommen, wie Calcium, Magnesium, Kalium und Phosphor. Vor dem Entfernen von Ernterückständen aus Wasserschutzgründen sollte daher eine sorgfältige Abwägung erfolgen.

Ergebnisse aus Fallbeispielen

Anhand von drei Fallbeispielen haben die Entwickler des Programms die Mehraufwände und Mindererträge mit dem Trinkwasserschutz-Tool berechnet. Die ausgewählten Waldstandorte in den Gemeinden Surpierre (FR), Rheinfelden (AG) und Bassins (VD) unterscheiden sich insbesondere bezüglich der Schutzzonengrösse. Für jedes Gebiet wurde ein Waldbestand ausgewählt, der für die ganze Schutzzone einen repräsentativen Charakter aufweist, vor allem hinsichtlich der Distanzen (zusätzlicher Transport des Holzes ausserhalb S3 und Betanken der Motorsäge ausserhalb S2) und der pflanzensoziologischen Gesellschaft.

Die Gesamtkosten für eine Grundwasserschutzzone variieren zwischen CHF 146.– (Fallbeispiel 1, Holzernteverfahren 3) und CHF 514.– pro ha und Jahr (Fallbeispiel 3, Holzernteverfahren 1).

Mehr im Originalartikel.

 

Fazit

Durch die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift sowie der Berücksichtigung der Empfehlungen des Bundesamtes für Umwelt bei der Waldbewirtschaftung innerhalb von Grundwasserschutzzonen entstehen den Forstbetrieben Mehraufwände und Mindererträge. Das hier vorgestellte Trinkwasserschutz-Tool ermöglicht es, diese unter Beachtung von zonenspezifischen Eigenschaften und Bewirtschaftungsmethoden schnell und einfach zu berechnen.

Die mit dem Tool ermittelten Ergebnisse können eine wesentliche Grundlage für die Kommunikation zwischen den Waldbewirtschaftern und den Wasserversorgern im Rahmen der Inwertsetzung der wasserwirtschaftlichen Leistungen der Forstwirtschaft bilden. Die Ergebnisse sind aber nicht als absolut anzusehen, sondern sie verstehen sich als Richtwerte.

Für die Benutzung des Tools wäre es ideal, wenn die örtlichen Revierleiter gemeinsam mit den zuständigen Wasserversorgern den Mehraufwand und Minderertrag für ihre Grundwasserschutzzone berechnen würden. Aus der Zusammenarbeit ergibt sich automatisch ein gegenseitiges Vertrauen und ein Vertrauen in die Resultate. Dies ist wiederum eine wesentliche Voraussetzung für eine sachliche Diskussion im Rahmen der Inwertsetzung von Waldleistungen.

 

(TR)