72 Jahre alt, ein kaputtes Kreuz, in der Hand eine sieben Kilogramm schwere Motorsäge mit einem 50 Zentimeter langen Schwert, Kette stumpf; eine alte, notdürftig geflickte Schnittschutzhose an, auf dem Kopf ein alter, ausgebleichter Helm; Waldbesitzer Huber hat gerade – bei 29 Grad im Schatten – zwei Hektar Jungbestand gepflegt. Er ist im Schweiß gebadet, wirft die Motorsäge ins Gras und denkt sich: Nie wieder Jungbestandspflege!

Zwar ist die Situation etwas überspitzt dargestellt, doch Ähnliches gibt es gerade im Privatwald nach wie vor. Um dies zu verhindern, ist eine umfangreiche Beratung erforderlich. Den Einsatz hätte zum Beispiel auch ein professioneller Unternehmer durchführen können. Außerdem: es muss nicht immer die Motorsäge sein. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) hat daher ein Hilfsmittel erarbeitet, das es den Förstern erleichtert, die Waldbesitzer bei der Auswahl des richtigen Werkzeugs zur Jungbestandspflege zu beraten.

In vier Schritten zum passenden Werkzeug

Gerade die Jungbestandspflege (JP) bietet die Möglichkeit auf die beliebte, aber eben ergonomisch belastende und gefährliche Motorsäge zu verzichten. Es gibt durchaus Werkzeuge (in der Arbeitslehre als Arbeitsmittel bezeichnet), die eine echte Alternative darstellen. Mit Hilfe eines Schemas (Abb. 2) wird in vier Schritten das am besten geeignete Arbeitsmittel für diese Jungbestandspflege ermittelt.

Schritt 1: Mittlerer BHD des ausscheidenden Bestandes
Zunächst wird der mittlere Brusthöhendurchmesser (BHD) des ausscheidenden Bestandes ermittelt. Das ist der wichtigste Faktor für die Auswahl des Arbeitsmittels und die Verwertung des anfallenden Materials.

Schritt 2: Verwertung des anfallenden Holzes
Vor der Pflege ist es sinnvoll, sich Gedanken über die Verwertung des anfallenden Materials zu machen. Damit kann möglicherweise die Maßnahme wirtschaftlicher gestaltet werden und zudem hat die Verwertung Einfluss auf die Arbeitsmittelwahl: Bei einem BHD von 15 Zentimetern kann beispielsweise mit der Motorsäge, aber auch mit dem Ringeleisen gearbeitet werden. Eine Verwertung ist aber nur mit der Motorsäge möglich. Weitere Aspekte sind die Begehbarkeit bei Folgeeingriffen, die Waldschutzproblematik, der Bedarf des Waldbesitzers und andere. Die Kombination verschiedener Verwertungsmöglichkeiten kommt bei den geringen Entnahmemengen einer JP nur selten in Betracht.

Schritt 3: Auswahl des Arbeitsmittels
Bestimmte Geräte und Werkzeuge, die ein ähnliches Einsatzspektrum aufweisen und sich hinsichtlich Ergonomie, Arbeitssicherheit usw. ähneln, wurden zu Gruppen zusammengefasst. Für jede Gruppe gibt es einen optimalen Einsatzbereich (schwarz) und einen technisch möglichen Einsatzbereich mit Einschränkungen aus anderen Gründen (grau). Die Bereiche können aufgrund zahlreicher Einflussfaktoren variieren. So kann es beispielsweise bei einer großen Durchmesserspreitung des ausscheidenden Bestandes sinnvoll sein, mehrere Arbeitsmittel miteinander zu kombinieren.

Schritt 4: Einwertung des Arbeitsmittels
Abschließend werden die Gruppen in fünf Stufen (von ++ sehr positiv bis -- sehr negativ) bewertet. So können die Gruppen verglichen werden und zugunsten eines konkreten Arbeitsmittels entschieden werden.

Ein Fallbeispiel

Ein Privatwaldbesitzer plant in seinem 15jähirgen Kiefern-Laubholzbestand einen ersten Pflegeeingriff. Die zu entnehmenden Bäume weisen einen BHD von 6 bis 7 Zentimetern auf (Schritt 1). Eine stoffliche Verwertung scheidet aufgrund des geringen Durchmessers aus. Der Waldbesitzer möchte das anfallende Holz aber in seiner Hackschnitzelheizung verbrennen (Schritt 2). Bei diesen Rahmenbedingungen kommen die Arbeitsmittelgruppen C, D, E und F in Frage (Schritt 3). Der Waldbesitzer besitzt eine Motorsäge und eine Japansäge. Er arbeitet nur selten im Wald und legt Wert auf Ergonomie (Schritt 4). Daher empfiehlt ihm sein Beratungsförster die Pflege mit der Japansäge durchzuführen (Abb. 2).

Beschreibung der Arbeitsmittelgruppen

Neben dem Schema zur Arbeitsmittelauswahl beinhaltet das Hilfsmittel die detaillierte Beschreibung der acht Arbeitsmittelgruppen. Darin werden Haupteinsatzbereich, Verfahren, Vor- und Nachteile der einzelnen Arbeitsmittel sowie Zeitbedarfs- und Kostensätze genannt. Außerdem wird darauf hingewiesen, welche Ausrüstung und sicherheitstechnischen Aspekte bei der Anwendung des jeweiligen Werkzeugs zum Tragen kommen (Tab. 1).

Das Hilfsmittel steht den Mitarbeitern der Bayerischen Forstverwaltung im Intranet als Beratungshilfe zur Verfügung.