Nicht nur bei gefährlichen Corona-Viren ist "Abstand halten!" das oberste Gebot, auch bei der Fällung von absterbenden oder gar dürren Bäumen kann fehlender Abstand tödlich sein. Die Unfallstatistiken belegen, dass die Gefahren, die bei der Fällung geschädigter und abgestorbener Laubbäume ausgehen, oft zu wenig beachtet und unterschätzt werden. Aber gerade die Trockenheit der letzten Jahre und damit einhergehender Pilz- und Schädlingsbefall führen zu einem vermehrten Auftreten solcher Bäume.

Im Nadelholz sind Käferfichten oder dürre Kiefern ein altbekanntes Problem, absterbendes Laubholz kommt aber erst in den letzten Jahren gehäuft vor. Was ist bei der Fällung speziell von geschädigten Laubbäumen besonders zu beachten und welches Risiko geht von geschädigten Laubbäumen aus?

Risiko geschädigter Laubbäume – gewissenhafte Baumbeurteilung ist lebenswichtig

Bei absterbenden oder dürren Laubbäumen ist die Gefahr abbrechender Äste oder Kronenteile bei normaler motormanueller Fällung mit Schlagkeilen extrem hoch. Die Unfallstatistik liefert hierfür einen traurigen Beleg. Deshalb sollte die Beurteilung dieser Bäume – bevor die Motorsäge angelassen wird – intensiv und voll konzentriert durchgeführt werden (Abbildung 1). Bei Laubhölzern treten Holzfäulen oft zeitgleich mit der Kronenverlichtung auf. Es können bereits noch grüne Äste durch Pilzbefall in ihrer Festigkeit geschwächt sein und beim Fällvorgang brechen. Bei der Baumbeurteilung sind der Anteil der bereits abgestorbenen Kronenpartien, Schleimfluss am Stamm und aufplatzende oder abblätternde Rinde wichtige Merkmale, um die Risiken für die Fällung abzuschätzen. Bei bereits länger geschädigten oder abgestorbenen Bäumen kann der Stamm beim Fällvorgang in sich zusammenbrechen, Kronenteile können dabei entgegen der Fällrichtung aufschlagen. Oft sind auch die verankernden Hauptwurzeln durch Holzfäule geschädigt, geringste Erschütterungen können zur Entwurzelung führen und der Baum fällt unkontrolliert um. Die Risiken bei der Holzernte geschädigter Laubhölzer dürfen nicht unterschätzt werden. Extreme Vorsicht ist geboten, denn es lauern tödliche Gefahren!

Fällung oder Biotopbaum?

Zu Beginn muss geklärt werden, ob der geschädigte oder abgestorbene Baum tatsächlich gefällt werden muss. Bei einer absterbenden Esche oder Buche am Rand einer öffentlichen Straße ist die Entscheidung klar, die Gefahr muss aus Gründen der Verkehrssicherheit beseitigt werden. In anderen Fällen können dürre Bäume auch als wertvoller Lebensraum im Wald belassen werden, dafür sind Fördermittel aus dem "Vertragsnaturschutzprogramm Wald" möglich. Wenn man den geschädigten Baum nicht nur als Brennholz nutzen will, sollte man genau hinschauen; vor allem bei der Buche findet eine schnelle Holzentwertung statt. In Abbildung 2 ist eine Entscheidungshilfe für den Umgang mit geschädigten Buchen dargestellt.

Wenn der Entschluss gefasst wird, dass ein geschädigter Baum gefällt werden muss, gilt es folgende Frage ehrlich zu beantworten: Ist der Waldbesitzer überhaupt in der Lage, die Fällung gefahrlos selbst durchzuführen? Beim geringsten Zweifel, also mangelnder fachlicher Erfahrung und/oder fehlender professioneller Ausrüstung, müssen die Fällarbeiten dringend einem Profi übertragen werden.

"TOP" ist die Zauberformel

"TOP" steht für technische, organisatorische und personelle Maßnahmen, die bei der Fällung zu ergreifen sind, um das Unfallrisiko zu minimieren. Ziel ist es immer, sich möglichst wenig im Gefahrenbereich des Baumes aufzuhalten und beim Umfallen des Baumes möglichst weit entfernt zu stehen. Im Wesentlichen hat sich folgende Hierarchie der Arbeitsverfahren bewährt:

  1. Wenn möglich, erfolgt die Fällung mit einem geeigneten Harvester!
  2. Ist dies nicht möglich, erfolgt die Fällung mit hoch angebrachtem Seil seilwindenunterstützt.
  3. Ist dies ebenfalls nicht möglich, erfolgt die Fällung mit einem fernbedienbaren Fällkeil.

Diese drei Fällmethoden haben bei korrekter Ausführung eines gemeinsam: Beim Fällvorgang steht niemand ungeschützt im Gefahrenbereich herabbrechender Äste oder Kronenteile.

Von einer motormanuellen Fällung mit Schlagkeilen ist wegen der auftretenden Kronenerschütterungen während des Keilens dringend abzuraten. Die Auftreffenergie selbst eines schwächeren Astes, der aus dem Kronenbereich herabfällt, ist enorm und kann schwerste, auch tödliche Verletzungen zur Folge haben.

Unter Umständen stößt die Harvestertechnik im Laubstarkholz oder bei unzugänglichem Gelände an ihre Grenzen, oder es ist keine Maschine für spezielle Einsätze verfügbar. In diesen Fällen kann die Forstseilwinde die Lösung sein. In den letzten Jahren wurden verschiedene Hilfsmittel und Arbeitstechniken für die seilwindenunterstützte Fällung (Abbildung 3) entwickelt. Bei fachlich richtiger Anwendung ist eine sichere Fällung auch bei abgestorbenen Laubbäumen grundsätzlich möglich. Gleiches gilt für die technischen Lösungen bei den fernbedienbaren mechanischen und hydraulischen Keilen (Abbildungen 5 und 6). Ob Seilwinde oder fernbedienbarer Fällkeil, die sichere Fällung ist trotz dieser technischen Hilfsmittel nur etwas für erfahrene, geschulte Motorsägenführer. Die beschriebene Einsatzhierarchie – 1. Harvester, 2. Seilwinde, 3. fernbedienbarer Fällkeil – sollte aus Sicherheitsgründen strikt berücksichtigt werden.

Seilwindenunterstützte Fällung, so geht’s!

Grundvoraussetzung bei der seilwindenunterstützten Fällung (Abbildung 3) ist der ordnungsgemäße Zustand der Seilwinde. Wichtige Prüfpunkte sind neben der Seilwindenfunktion der Zustand des Windenseils und Zustand und Nutzlast von Anschlags- und Befestigungsmitteln (Hilfsseil, Umlenkrolle, Rundschlingen, Schäkel).

Bei der Durchführung der seilwindenunterstützten Fällung beginnt man mit der Festlegung einer sicheren Aufstellung. Hierbei muss der Schlepper mit Winde stabil abgestellt werden, die Zugrichtung sollte dabei in Längsrichtung des Schleppers verlaufen und das Rückeschild muss sich im Boden verankern.

Grundsätzlich gibt es bei der Aufstellung zwei Varianten:

  • Umgelenkter Zug: der Baum wird mit Hilfe einer Umlenkrolle vom Schlepper weg umgezogen
  • Direkter Zug: der Baum wird aus sicherer Entfernung (=doppelte Baumlänge) im direkten Zug umgezogen

Die Variante mit umgelenktem Zug ist möglichst zu bevorzugen, da hierbei eine bessere Kommunikation zwischen Motorsägenführer und Seilwindenbediener zum einen und die Kontrolle der Schlepperstandfestigkeit zum anderen gegeben ist. Beim umgelenkten Zug muss ein geeigneter Ankerbaum für die Umlenkrolle auswählt werden. Der Abstand des Ankerbaums zum zu fällenden Baum sollte mindestens der doppelten Anhängehöhe entsprechen. Und es ist unbedingt zu bedenken, dass Ankerbaum, Umlenkrolle und Anhängeschlinge mit der zweifachen Seilwindenzugkraft belastet werden!

Das Seil ist am zu fällenden Baum in mindestens 5 m Höhe zu befestigen, je höher desto besser. Der Grund hierfür liegt in der Reduktion der benötigten Zugkraft durch die Hebelwirkung und der Vermeidung von Scherkräften im Bereich der Bruchleiste. Am einfachsten kann dies mit der Königsbronner Anschlagtechnik (KAT) (Abbildung 4) erfolgen. Mit Hilfe einer Teleskopstange wird ein Dyneema-Seil am zu fällenden Baum in entsprechender Höhe angebracht und anschließend Mittels Schäkel mit dem Seilwindenseil verbunden. Das Festziehen des Dyneema-Seils erfolgt entweder durch Aktivierung der Seilwinde oder händisch durch eine zweite Person. Falls die Seilwinde hierbei verwendet wird, darf beim Spannen keine Person unter der Baumkrone stehen, da bei der kleinsten Erschütterung bereits Äste abbrechen können. Ein gutes Hilfsmittel hierfür ist die Münchehofer Sicherheitsgabel.

Sobald die Aufstellung passt und der Baum leicht vorgespannt wurde, kann der Motorsägenführer die Fällschnitte durchführen. Eine spezielle Schnitttechnik ermöglicht es, dass der Baum sich nicht bewegt und somit keine Erschütterungen im Kronenbereich auftreten.

Wichtig! Der Motorsägenführer gibt das Kommando zum Umziehen. Keinesfalls darf der Seilwindenbediener während des Fällvorgangs ziehen. Die Freigabe zum Ziehen erfolgt erst, sobald beide Beteiligte in sicherer Entfernung am Rückweichplatz stehen.

Bei bereits länger abgestorbenen, instabilen Bäumen kann es sinnvoll sein, den Baum ohne Fällschnitt einfach mit der Seilwindenkraft umzureißen.

"TOP" wird es nur, wenn man neben dem technischen Arbeitsverfahren auch den Arbeitsablauf durchdenkt. Grundlage ist immer die Baumbeurteilung am Einzelbaum!

Fällung mit ferngesteuerten Fällkeilen

Geschädigte Bäume können unter bestimmten Voraussetzungen auch mit ferngesteuerten Fällkeilen sicher gefällt werden. Der große Unterschied zur Seilwinde ist aber, dass man mit ferngesteuerten Fällkeilen nur Bäume fällen darf, die theoretisch auch mit herkömmlichen Schlagkeilen gefällt werden könnten. Das heißt: keine stärkeren Rückhänger und keine Bäume, die faul sind.

Man unterscheidet mechanische Fällkeile (Abbildung 5), die per Spindel von einem Schlagschrauber angetrieben werden und hydraulische Fällkeile (Abbildung 6), die über eine Hydraulikpumpe laufen.

Bei dem Einsatz von ferngesteuerten Fällkeilen kommt die "Sicherheitsfälltechnik zum Einsatz" (Abbildung 7). Jedoch sollte man einige zusätzliche Punkte gegenüber dem üblichen Fällverfahren beachten (s. Kasten).

Ferngesteuerte Fällkeile - Zusätzlich zu beachten

  • Das Beischneiden von Wurzelanläufen, insbesondere bei geschädigten Laubbäumen, ist zu vermeiden, da mit Fäule zu rechnen ist.
  • Der Motorsägenführer legt den Fallkerb an und prüft, ob der Fallkerb Anzeichen für Fäule aufweist. Bei starker Fäule im Stamm darf der ferngesteuerte Fällkeil nicht verwendet werden, da die Fasern dann nicht ausreichend belastbar sind und der Keil sich in das geschädigte Holz drückt, ohne den Baum anzuheben. In diesem Fall ist unbedingt seilwindenunterstützt zu fällen.
  • Zwei Keile werden zur Absicherung des Fällschnitts eingesetzt. Bei geschädigtem Laubholz dürfen die Keile nicht eingeschlagen werden, um unnötige Erschütterungen zu vermeiden.
  • Mechanische und hydraulische Fällkeile sind im Vergleich zu herkömmlichen Fällkeilen weniger spitz ausgeformt. Bevor sie in den Fällschnitt eingesetzt werden, muss der Fällschnitt mit einem sogenannten "Schnabelschnitt" erweitert werden.
  • Der Keil wird auf leichte Vorspannung gebracht, bis er im Fällschnitt zuverlässig sitzt, sodass er sich bei der Vorschubbewegung nicht aus dem Fällschnitt drückt.
  • Das Stützband wird in der Regel 3–5 cm unterhalb des Fällschnitts durchtrennt. Der Forstwirt begibt sich zu dem Rückweichplatz, der sich in sicherer Entfernung zum Baum (außerhalb der Kronenprojektionsfläche) befindet.
  • Mit Sicht auf den Fallbereich und den ferngesteuerten Fällkeil wird nun per Fernbedienung die Vorschubbewegung des Keils ausgeführt und der Baum zu Fall gebracht.

Zusammenfassung

Mit dem fortschreitenden Klimawandel nimmt auch der Anteil abgestorbener oder absterbender Laubbäume zu. Werden solche Bäume "ganz normal", motormanuell und mit Schlagkeilen gefällt, ist die Gefahr abbrechender Äste oder Kronenteile extrem hoch, wie die Unfallstatistiken belegen. Bei mangelnder fachlicher Erfahrung und/oder fehlender professioneller Ausrüstung müssen die Fällarbeiten dringend einem Profi übertragen werden. Grundlage für eine sichere Fällung ist eine genaue und konzentriert durchgeführte Baumbeurteilung. Wo nur möglich, sollte bei der Baumfällung der Harvester unbedingt eingesetzt werden. Ist ein Harverstereinsatz nicht möglich, sollte die Fällung seilwindenunterstützt erfolgen. Ist dies ebenfalls nicht möglich, sind fernbedienbare Fällkeile einzusetzen.