Waldpädagogik ist seit 1998 Bildungsauftrag der staatlichen Forstbehörden gemäß Art. 28 Abs. 1 Nr. 8 des Waldgesetzes für Bayern (BayWaldG). Sie steht damit in einer Reihe mit anderen wichtigen, dort aufgeführten Aufgaben wie der Förderung der Forstwirtschaft und ihrer Selbsthilfeeinrichtungen, der Betriebsleitung und -ausführung im Körperschaftswald, der Forstaufsicht oder der Sanierung der Schutzwälder. Waldpädagogik verdeutlicht den Wert nachhaltig bewirtschafteter Wälder und schafft dadurch Rückhalt und Unterstützung in der Gesellschaft.

Forstliche Herausforderungen erlebbar machen

In der Richtlinie Waldpädagogik sind unter anderem folgende Bildungsziele festgehalten: "Waldpädagogik vermittelt Wissen zielgruppengerecht, aktuell und fachlich ausgewogen. Sie schafft Bewusstsein für Belange von Wald und Forstwirtschaft und orientiert sich dabei an der Lebenswelt des einzelnen Menschen."

Um diese Ziele zu erreichen, erarbeitet die Bayerische Forstverwaltung waldpädagogische Praxishilfen zu aktuellen Themen. Als Beispiel sei die zuletzt veröffentlichte Handreichung "Wald und Klimawandel" genannt, in der über waldpädagogische Aktivitäten auch kompliziertere Aspekte anschaulich und erlebbar gemacht werden.

Der Arbeitskreis Forstliche Bildungsarbeit entwickelt den Waldpädagogischen Leitfaden Forstliche Bildungsarbeit stetig weiter. Der Leitfaden ist ein Erfolgsprodukt der Forstverwaltung. Seit der Erstauflage 1994 sind mehr als 25.000 Exemplare des in anderen Bundesländern "Bayern-Ordner" genannten Werks verkauft worden. Bisher sind neun fremdsprachige Adaptionen beziehungsweise Übersetzungen entstanden, unter anderem in Spanisch, Portugiesisch, Tschechisch oder Englisch.

Im Leitfaden wird insbesondere in Kapiteln wie "Wald und Gesellschaft" auf die gesellschaftliche Bedeutung des Waldes eingegangen. Integrative Waldwirtschaft steht im Spannungsfeld verschiedener Interessen und Zielsetzungen (Naturschutz, Holznutzung, Erholung, Trinkwasser, Lebensraum etc.), die miteinander in Konflikt geraten können und die zu einem "Streit ohne Ende" führen. Eine ganze Reihe an Aktivitäten im Waldpädagogischen Leitfaden macht dieses Konfliktfeld für die Teilnehmenden erlebbar und schafft so Verständnis für die schwierige Lage der Waldbesitzer, die sich zunehmender Kritik ausgesetzt sehen, weil sie die Ansprüche ausgewogen, aber nicht jeweils maximal erfüllen können. In der Aktivität "Ich sehe was, was du nicht siehst" bauen beispielsweise Anspruchsgruppen ihre Wunschwälder und müssen sich in einer zweiten Runde einigen, wie sie ihre Ziele auf einer Fläche verwirklichen wollen. Eine Aktivität, die gerade auch für Erwachsene erhellend sein kann und in abgewandelter Form auch schon mit Verbandsvertretern z. B. bei der Entwicklung einer landesweiten Waldstrategie in Hessen eingesetzt wurde.

Der "Waldpädagogik-Generator" in Abbildung 2 zeigt, wie waldpädagogische Veranstaltungen zu verschiedenen Themen entwickelt werden können und dabei nicht nur der Lebensraum Wald, sondern auch die Lebenswelt der Teilnehmenden und die Leistungen der nachhaltigen Forstwirtschaft verdeutlicht werden können.

Waldpädagogik ist Bildungsarbeit, keine Öffentlichkeitsarbeit. Sie ist aber positiv öffentlichkeitswirksam, weil sie über die Leistungen und Probleme derer informiert, die sich um den Wald kümmern und ihn der Gesellschaft auf vielfältige Weise dienstbar und zugänglich machen. Die Kontakte zwischen Schulen und Forstverwaltung sind meist seit längerem etabliert und stabil, auch weil sich die Forstleute als authentische Bildungspartner auszeichnen, die ausgewogen informieren und pädagogisch wertvolle Angebote bereitstellen.

Waldpädagogische Kompetenzen und Techniken sind universell einsetzbar

Gute Waldpädagoginnen und -pädagogen sind darin geschult und erfahren, verständlich, klar und attraktiv Inhalte zu vermitteln. Wer Kindern und Jugendlichen Zusammenhänge zu Wald und Forstwirtschaft eingängig nahebringen kann, ist erst recht dazu in der Lage, das gegenüber Erwachsenen zu tun. Die Erfahrung im Aufbau von Bildungsveranstaltungen, in denen ein schlüssiges Konzept – ein roter Faden – von Aktivität zu Aktivität weiterentwickelt wird und ein kohärentes sinnvolles Ganzes bildet, das leicht gemerkt und verinnerlicht werden kann, kommt auch Gruppenberatungen oder dem Bildungsprogramm Wald zugute.

In der Waldpädagogik ist man darauf bedacht, die Selbstwirksamkeitserwartungen der Teilnehmenden zu fördern. Mit Selbstwirksamkeit ist die Überzeugung gemeint, eine Herausforderung bewältigen zu können. Ziel ist es, die Handlungsfähigkeit der Teilnehmenden zu stärken und auf vorhandenes Wissen und vorhandene Kompetenzen aufzubauen. Dabei dürfen sie nicht überfordert oder entmutigt werden. Zielgruppenorientierung und die Schaffung einer positiven Lernatmosphäre, in der die Teilnehmenden aktiv mitwirken können, zeichnet eine gute waldpädagogische Veranstaltung aus. Das wünscht man sich auch für eine Gruppenberatung von Waldbesitzern oder eine Arbeitsbesprechung mit Mitarbeitern.

Pädagogische Prinzipien und Kommunikationstechniken, die in der waldpädagogischen Ausbildung z. B. an den Hochschulen oder in verwaltungsinternen Waldpädagogikfortbildungen vermittelt und in der Waldpädagogik trainiert werden, sind in vielen anderen Arbeitsbereichen einsetzbar. Egal ob es sich um Gruppenberatungen, Vorträge, Öffentlichkeitsarbeit, Mitarbeiterführung oder anderes handelt. Pädagogisches und kommunikatives Können kommen den anderen Arbeitsbereichen zugute (siehe Abbildung 3).

Beitrag zur gesellschaftlichen Nachhaltigkeit

Es kann kein "Richtig" im "Falschen" geben. Es kann langfristig keine nachhaltige Forstwirtschaft in einer nicht-nachhaltigen Gesellschaft oder Welt bestehen. Der Klimawandel zeigt es, der Raubbau und die Vernichtung von Wäldern in vielen Ländern der Welt unterstreicht es. Wem es mit der nachhaltigen Waldwirtschaft ernst ist, der bemüht sich um eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung. Spätestens seit der UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung (2005-2014) hat man in der Waldpädagogik viele Anstrengungen unternommen, einen wertvollen Beitrag hierfür zu leisten.

In waldpädagogischen Veranstaltungen geht es längst nicht mehr nur um Waldwissen, sondern auch um den Erwerb von sozialen Kompetenzen, von wertorientiertem selbstständigem Handeln und Ähnlichem – Aspekte, die im Begriff der Gestaltungskompetenz zusammengefasst werden, einem Kernbegriff der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). So gibt es dann auch Aktivitäten, die Fragen der Gerechtigkeit beim Zugang zu Ressourcen thematisieren oder Kooperation erfordern, um Aufgaben erfolgreich zu meistern.

Aktuell haben im Rahmen der BNE die 17 Sustainable Development Goals (SDGs, das heißt "Ziele nachhaltiger Entwicklung") der Vereinten Nationen an Bedeutung gewonnen. Nicht nur beim Ziel Nr. 15 "Leben an Land", in dem es gerade auch um den Wald geht, kann die Waldpädagogik viel beitragen. Themen wie Nachhaltige Produktion und nachhaltiger Konsum (Ziel Nr. 12) oder Klimaschutz (Ziel Nr. 13) liegen ebenso nahe.

Waldpädagogik leistet auch einen Beitrag zur Inklusion. So gibt es z. B. Waldführungen und Waldjugendspiel-Varianten für Menschen mit Einschränkungen. Die Waldpädagogik-Fortbildung "Modul B spezielle Zielgruppen" (eines der Module, die zum Zertifikat Waldpädagogik führen) beinhaltet die Vorbereitung und Durchführung einer waldpädagogischen Veranstaltung mit Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen.

Qualitätssicherung und Vernetzung

Durch Ausbildung und Fortbildungen, durch die Schaffung von Funktionsstellen, durch Forschungs- und Entwicklungsprojekte sowie Vernetzung mit anderen Akteuren hat die Waldpädagogik in den letzten Jahren stetig an Qualität und Professionalisierung gewonnen. Gerade die Waldpädagogik bietet Gelegenheit für die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern. Alle Beteiligten gewinnen dadurch und die Forstverwaltung präsentiert sich als hilfreicher Partner für die gute Sache.

Waldpädagogik wird an forstlichen Hochschulen und Universitäten gelehrt und gehört zu den möglichen Themen der forstlichen Staatsprüfung. Es gibt verwaltungsinterne waldpädagogische Fortbildungen bis hin zur Möglichkeit, Staatlich Zertifizierter Waldpädagoge oder Waldpädagogin zu werden. An den 13 bayerischen waldpädagogischen Einrichtungen (Walderlebniszentren, Jugendwaldheim, Steigerwald-Zentrum) gibt es Personal, das sich ausschließlich der Waldpädagogik widmet. Es existieren koordinierende Stellen an der LWF und am StMELF. An jedem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gibt es einen Forstlichen Bildungsbeauftragten, der die Waldpädagogik vor Ort koordiniert und neben dem Leitungsdienst für die Qualitätssicherung zuständig ist. Abbildung 4 bietet einen Überblick über die Faktoren, die zur Qualitätssicherung und -entwicklung in der Waldpädagogik beitragen.

Ein weiterer Motor, der zur Weiterentwicklung der Waldpädagogik beiträgt, ist die Vernetzung auf verschiedenen Ebenen (siehe Abbildung 5). So ist die Bayerische Forstverwaltung am Europa-Netzwerk Waldpädagogik (Forest Communicators Network – Subgroup Forestpedagogy, Schmechel 2014) beteiligt, das jährlich einen internationalen Waldpädagogik-Kongress ausrichtet.

Die Forstverwaltung ist neben dem Umweltministerium, dem Landesbund für Vogelschutz, dem Bund Naturschutz und der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung im Kernteam des Qualitätssiegels Umweltbildung.Bayern vertreten, bringt gemeinsam mit den anderen das Siegel voran und schafft so einen Qualitätsfaktor im Bereich Umweltbildung. Eine Vielzahl der Waldpädagogischen Einrichtungen der Forstverwaltung ist mit diesem Qualitätssiegel ausgezeichnet.

Eine bundesweite Arbeitsgruppe entwickelte und betreut im Auftrag der Forstchefkonferenz das Zertifikat Waldpädagogik, das qualitative Mindeststandards festlegt: Um das Zertifikat zu erlangen, muss ein bestimmtes Fortbildungsangebot samt Praktikum durchlaufen und eine Prüfung abgelegt werden. In Bayern kann das Zertifikat an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, verwaltungsintern über Seminare der Führungsakademie Landshut und darüber hinaus von Interessierten in jährlich startenden und von der LWF koordinierten Kursen erworben werden.

Der vom StMELF eingerichtete Arbeitskreis Forstliche Bildungsarbeit ist eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe von Vertretern der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Forstverwaltung, Bayerische Staatsforsten (BaySF), Nationalpark Bayerischer Wald, Stadtwald Augsburg, Grundschule und Gymnasium.

In waldpädagogischen Großveranstaltungen wie Waldjugendspielen unterstützen sich verschiedene Akteure im Forstbereich gegenseitig. Neben den Organisatoren und Durchführenden des Bereichs Forsten am Amt sind oft ehemalige Kollegen, Mitarbeiter der BaySF, von Forstlichen Zusammenschlüssen oder Beschäftigte aus Gemeindewäldern etc. dabei.

Auch die waldpädagogischen Einrichtungen arbeiten mit vielen Akteuren im Umfeld zusammen. Hinzu kommen regionale "Runde Tische Umweltbildung" oder verschiedenste Kooperationen vor Ort, die von Forstlichen Bildungsbeauftragten oder anderen Waldpädagogen wahrgenommen werden.

Gefahren und Hindernisse

Waldpädagogik wird nicht nur immer professioneller und besser. Sie erfreut sich großer Beliebtheit und Wertschätzung. Lehrerinnen und Lehrer nehmen das waldpädagogische Angebot gerne wahr. Die Schüler sind begeistert dabei. Die Eltern möchten die Angebote nicht missen. In der Umweltbildungsszene ist die Waldpädagogik der Forstverwaltung anerkannt, auch wenn man inhaltlich manchmal andere Wege geht.

Es gibt allerdings Faktoren, die dem waldpädagogischen Engagement der Forstverwaltung zu schaffen machen:

Eine gute waldpädagogische Veranstaltung ist abwechslungsreich, wirkt spielerisch, lässt die Teilnehmenden aktiv werden, damit diese selbst erleben, erkunden, entscheiden. Das kann dazu führen, dass diejenigen, die die dahinter liegenden pädagogischen Absichten und Methoden nicht kennen, die Aktivitäten missverstehen und unterschätzen. Was spielerisch sein soll, wird als bloßes Spiel abgetan. Natürlich soll eine Aktivität Freude bereiten, es gibt aber eine Vielzahl weiterer Qualitätskriterien für Waldpädagogik, die entscheidend sind. Ein vorschnelles Urteil entwertet die waldpädagogische Leistung.

Der Leitungsdienst ist meist in Waldpädagogik weniger ausgebildet als diejenigen, die die Waldpädagogik durchführen. Das kann zur Unterschätzung waldpädagogischer Arbeit führen und die Qualitätssicherung erschweren, die ja Aufgabe des Leitungsdienstes ist. Waldpädagogen können dadurch den Eindruck gewinnen, dass ihre pädagogische Arbeit nicht wertgeschätzt wird.

Die durch den Klimawandel sich aktuell verschärfende Krisensituation in der Forstwirtschaft führt auch in der Forstverwaltung zu personellen Engpässen. Beratung, Förderung und hoheitliche Tätigkeit scheinen keine Arbeitskapazitäten übrig zu lassen. Die Hoffnung, die Krise durch Priorisierung überwinden zu können, kann zur Vernachlässigung der Waldpädagogik führen.

Rund um das Thema Wald gibt es verstärkt alternative Bildungsanbieter oder Meinungsführer, die mit ihren Botschaften an die Öffentlichkeit gehen. Da ist es umso bedauerlicher, wenn hochwertige, ausgewogene Waldpädagogik aus oben genannten Gründen verstummt.

Zusammenfassung

Waldpädagogik trägt dazu bei, der Bevölkerung (Kindern wie Erwachsenen) die aktuellen Herausforderungen rund um den Wald bekannt zu machen und Verständnis und Unterstützung für Waldbewirtschafter und ihre Leistungen zu schaffen. Die in der Waldpädagogik erworbenen und eingeübten pädagogischen Kompetenzen und Kommunikationstechniken sind für viele andere Arbeitsbereiche hilfreich und universell einsetzbar. Waldpädagogische Ausbildung und Fortbildung, waldpädagogische Funktionsstellen, entwickelte Hilfsmittel (z. B. Ordner Forstliche Bildungsarbeit etc.) haben zu einer Professionalisierung der Waldpädagogik geführt. Über Vernetzung auf verschiedenen Ebenen zeigt sich die Forstverwaltung als hilf­reicher Partner und gewinnt selbst Unterstützung. Waldpädagogik ist ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Waldwirtschaft und darf nicht vernachlässigt werden.