Nach dem erfolgreichen Auftakt vor drei Jahren fand im Dezember 2014 das zweite Forum für den Austausch von Waldwissen im Bildungszentrum Wald Lyss statt. Das Ziel des Forums ist es, den Erfahrungs- und Wissensaus tausch unter den Veranstaltungsteilnehmenden aktiv zu fördern. Sie erleben "Wissenstransfer" hautnah in Fachvorträgen und zahlreichen Ateliers.

Wissenskommunikation, Umgang mit Medien und Bündelung von regionalem Wissen in einem Projekt

Nicole Bischof, Fachspezialistin für Wissenskommunikation, referierte über die Schlüsselfaktoren einer erfolgreichen Wissenskommunikation. Jeder verstehe "Wissen" auf seine eigene Weise in Abhängigkeit von früher gemachten Erfahrungen und bezogen auf heutige Wertesysteme. Hier zeige sich auch gleich eine der Hauptschwierigkeiten von Wissenstransfer: "Wie vermittle ich Wissen, nutze es kollektiv und strategisch?" Laut Frau Bischof gelingt dies am besten in Form von interaktiver Weitergabe von Erfahrungen, Einsichten, Erlebnissen oder Fähigkeiten unterstützt durch Anschauungsobjekte.Das Augenmerk richtet sich hier auf die drei Bereiche:

  • Praktiker (Interaktionen zwischen Mensch-Objekten)
  • Praktiken(Methoden, für die Interaktionenzwischen Mensch-Objekten)
  • Praxis (Aktivitätsrahmen, in dem der Wissenstransfer stattfindet)

Als A und O für das Gelingen von Wissenskommunikation bezeichnete Frau Bischof die Visualisierung.

Der Wissensjournalist von "Les Temps Olivier Dessibourg stellte in seinem Vortrag die Frage: "Was interessiert die Öffentlichkeit?" Bei den meisten Leuten sei das Interesse gegenüber wissenschaftlichen Entdeckungen und technischen Neurungen gross, sie fühlen sich aber oft nicht ausreichend informiert. Damit derartige Themen von den Medien aufgegriffen werden, rät er, einige Grundregeln zu beachten:

  • Journalisten müssen das Thema als "Besonders" einstufen.
  • Das Thema muss aktuell, die Botschaft schnell erkennbar sein.
  • Die Sprache der Medienmitteilungen sollte einfach und klar verständlich sein.
  • Kontaktzeitpunkt zum Journalisten muss richtig gewählt werden.
  • Mit der Meldung sollte möglichst eine Geschichte erzählt werden können, die den Leser abholt und Emotionen bei ihm weckt.

Am Beispiel des preisgekrönten Projektes "Haus 2050" erläuterte Markus Portmann, Preisträger Watt d'Or 2014, wie man Wissen und Können nachhaltig vernetzen und damit potenzieren kann. Das Plus-Energie-Haus aus Luzerner Weisstanne wurde nur durch ein interdisziplinäres Team aus Fachleuten und regionalen Handwerkern mit Lernfähigkeit und Lernbereitschaft möglich. Neben Erfahrung, Problemverständnis und Teamfähigkeit war bei den Planenden und Ausführenden eine lösungsorientierte Streitkultur unerlässlich und ausdrücklich erwünscht.

Grosse Themenvielfalt bei den Ateliers

Die über 40 Ateliers boten eine gute Möglichkeit für einen regen Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmenden. Die Themenvielfalt reichte dabei von Waldbau & Nachhaltigkeit oder neuen Technologien, über Holz, Biodiversität, Wald & Gesellschaft bis hin zu Klimawandel, neue Schadorganismen, Kommunikation und Ökonomie.

Günstige Facharbeit kombiniert mit nachhaltiger Umweltbildung für Jugendliche

Die Bildungswerkstatt Bergwald (BWBW) zeigt mit Ihren Projektwochen für Jugendliche beispielhaft die enge Verbindung von Bildungsarbeit mit praktischer Arbeit. Konkrete forstliche oder alpwirtschaftliche Arbeitsaufträge von Waldeigentümern, Alpgenossenschaften, Berggemeinden oder Naturschutzstellen werden von Jugendlichen (Lehrlingsgruppen und Schlauklassen) in Kleingruppen mit kompetenten und pädagogisch geschulten Fachleuten umgesetzt. Die verschiedenen Arbeitsgruppen rotieren während der Projektwoche zwischen den unterschiedlichen Arbeitsplätzen, um ein abwechslungsreiches Gesamtbild über die Arbeit in Wald und Alpwirtschaft zu erhalten.

Dabei hilft der bewusste Einbezug ökologischer und sozialer Themen mit, dass das oft leere Schlagwort "Nachhaltigkeit" hier zu einer konkreten Erfahrung wird. Neben Waldpflege- (Pflanzung, Rottenpflege etc.) und Holzerntearbeiten (Handholzerei) gehören auch technische Arbeiten wie Dreibein-Bock-Bau oder Wildschadenverhütung zum Arbeitsspektrum. Die Auftraggeber erhalten hier günstige Facharbeiten und tun zugleich etwas für eine nachhaltige Umweltbildung.

Online lernen

CODOC, die Fachstelle des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) ist gesamtschweizerisch tätig und versteht sich als Informationsdrehscheibe, Lernmittelzentrale und Initiatorin neuer Ideen. Sie fördert und unterstützt in Zusammenarbeit mit Bund, Kantonen, Verbänden, Bildungszentren und Schulen die Umsetzung, Qualität und Weiterentwicklung der Aus- und Weiterbildung im Wald. Zusammen mit den Fachleuten aus der Praxis werden mehrsprachige Lehrmittel entwickelt und produziert.

So können zum Beispiel Forstwart-Lernende am Computer via Online-Lernplattform lernen.codoc anhand von Fragen den Lernstoff der Berufskunde selbständig üben und vertiefen. Die Fachlehrer in den Berufsschulen haben die Möglichkeit, mittels Übungen und Prüfungen dieses Lernen zu begleiten. Mittels dendro.codoc, einem Bestandteil des Lehrmittels Berufskunde Forstwart/in, kann man über 100 holzige Pflanzen mit allen wichtigen Informationen zur Biologie, Aussehen, Holzmerkmalen, Verbreitung oder Waldbau im direkten Vergleich kennenlernen.

Risiken im Umgang mit Totholz

Waldwirtschaft Schweiz (WVS) war mit drei Ateliers am Forum vertreten. Eines beschäftigte sich mit den Risiken im Umgang mit Totholz. Die Vorteile von Totholz im Wald sind unbestritten: Schutz gegen Steinschlag, Erhöhung der Biodiversität etc. Für Forstprofis bei ihrer täglichen Arbeit kann Totholz aber auch zur Gefahr werden. Forstleuten fehlt derzeit eine spezielle Ausbildung im Umgang mit Totholz.

Waldwirtschaft Schweiz hat deshalb das Thema in einem Weiterbildungskurs aufgegriffen, welcher eine spezielle Fällmethode und einen sicheren Arbeitsablauf vermittelt, um die Risiken in der Holzernte zu minimieren. Neben der systematischen Baumbeurteilung, ist auch eine neue Anschlagtechnik sowie eine neue Fällmethode für Totholz und Bäume mit Totholzanteil Bestandteil dieses Kurses.

Die Arbeitsabläufe und korrekte Handhabung des Spezialmaterials werden im praktischen Teil geübt.

Der Kurs richtet sich an ausgebildetes Forstpersonal (Voraussetzung: komplette persönliche Schutzausrüstung für Holzereiarbeiten) und wird jeweils vor Ort beim Auftraggeber durchgeführt. Der Auftraggeber stellt dabei das Arbeitsobjekt, zudem ein Forstfahrzeug mit Seilwinde sowie das Werkzeug. Spezialwerkzeuge werden vom WVS mitgebracht.

Swiss Rangers

Swiss Rangers fungieren als Bindeglied zwischen Natur und Öffentlichkeit. Sie sind kommunikativ und vermitteln "grünes Wissen". Seit 2007 existiert am Bildungszentrum in Lyss ein berufsbegleitender Ausbildungslehrgang in Deutsch und Französisch. Der 2008 gegründete Berufsverband Swiss Rangers trägt diesen Lehrgang ebenso mit wie weitere namhafte Partner von Wald, Natur, Landschaft und Umweltbildung.

Die Tätigkeitsbereiche der Swiss Rangers reichen von Besucherbetreuung und -lenkung, über Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit, Überwachung und Schutz sowie Pflege- und Reparaturarbeiten bis hin zu wissenschaftlichen Untersuchungen oder Tourismus und Marketing.

Rettungsumsiedlung für Waldameisen

Das Bildungszentrum Lyss organisiert in Zusammenarbeit mit dem Verband Schweizer Waldameisenschutz (SWS) seit 2007 Kurse zur Rettungsumsiedlung von Waldameisen für interessierte Wildhüter, Jäger, Waldbesitzer, Biologen, Förster, Kantonsforstdienste, Waldpädagogen oder Privatpersonen. Zukünftig soll dieses Angebot noch durch einen Bestimmungs-, Aufbau- und Ausbildungskurs zum Waldameisenschutzwart ergänzt werden.
Eine fachgerechte Umsiedlung ist dort angezeigt, wo der Mensch mit Eingriffen wie Bauarbeiten z.B. an Wegen und Waldstrassen den natürlichen Lebensraum der hügelbauenden Waldameisen zerstört oder stark verändert. Eine derartige Umsiedlung darf nur von Fachpersonen mit amtlicher Bewilligung vorgenommen werden.

Benchmarking als Möglichkeit zur betrieblichen Optimierung

Die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) unterstützt seit 2013 in enger Zusammenarbeit mit Waldwirtschaft Schweiz (WVS) regionale Benchmarking-Zirkel für jeweils 3 bis 6 Schweizer Forstbetriebe, mit dem Ziel, "in einem kontinuierlichen Prozess von den 'Besten' zu lernen, um selbst zu den Besten zu gehören."

In diesen Zirkeln werden Strategien, Produkte und Dienstleistungen sowie Strukturen und Prozesse eines Betriebes kontinuierlich mit den besten Forstbetrieben verglichen, um von diesen zu lernen. So können zum Beispiel ungenutzte Potentiale im eigenen Betrieb erkannt und Möglichkeiten, diese zu erschliessen, gefunden werden.

Ganz wichtig ist auch der Austausch mit Fachkollegen, um möglicherweise neue Ideen oder Perspektiven für den eigenen Betreib zu finden.

Damit ein effizientes Arbeiten möglich ist, sollten sich in den Zirkeln Forstbetriebe mit ähnlichen Rahmenbedingungen und Strategien zusammenfinden. Die Teilnahme ist kostenlos, da sämtliche Kosten vom BAFU getragen werden.

Von der Wissenschaft für die Praxis – WEB-Tool zur aktuellen Borkenkäfersituation

Die Eidg. Forschungsanstalt WSL stellte ein Prognosetool zur Entwicklung des Buchdruckers (Ips typographus) als Hilfestellung zur Beurteilung des aktuellen Borkenkäferrisikos in Schweizer Wäldern vor. Mit einem Computermodell lassen sich Flugphasen und Entwicklung des Buchdruckers in Schweizer Wäldern prognostizieren sowie die Gefährdung von Waldbeständen unter aktuellen und zukünftigen Umweltbedingungen abschätzen. So wird die prognostizierte Klimaerwärmung zu einer Erhöhung des Befallsrisikos durch Buchdrucker in Schweizer Wäldern führen.

Informationen zur aktuellen Buchdruckersituation in der Schweiz können über ein Online-Tool zur Borkenkäfer-Prognose www.borkenkaefer.ch abgerufen werden. Dieses Tool, das gerade einem ersten Praxistest unterzogen wird, zeigt Modellrechnungen zum aktuellen Entwicklungsstand lokaler Populationen sowie deren Flugphasen. Die Berechnungen erfolgen anhand aktueller Wetterdaten von MeteoSchweiz und geben zusätzlich eine Prognose der Entwicklung bis zum Ende des Jahres für durchschnittliche Temperaturen.

Zusammenschluss – Erfolgreiche Strukturen auch für die Zukunft

Forst Goms– entstanden aus dem Zusammenschluss der drei Forstreviere Obergoms, Mittelgoms und Schattenseite – ist seit 2011 operativ tätig. Mitglieder sind sämtliche Burger- und Einwohnergemeinden vom Binntal bis ins Obergoms und stellen Vertreter für die Delegiertenversammlung. Die strategische Führung liegt bei der Betriebskommission. Die Waldeigentümer – hier Burgergemeinden – haben die Waldbewirtschaftung mit allen Rechten und Pflichten an Forst Goms abgetreten. Durch Schutzwaldbewirtschaftung und den Holzerlös werden alle Kosten gedeckt.
Durch die von den Revierförstern initiierte Fusion ergeben sich diverse Vorteile:

  • Spezialisierung der Arbeitsplätze
  • höheres Investitionsvolumen
  • bessere Auslastung des Maschinenparks
  • stärkere Position im Marktumfeld
  • verstärkte Diversifizierung
  • breite Produkt- und Dienstleistungspalette zur Risikostreuung

Aufgrund der Fusion kann jeder Förster mit seinem Team das tun, was er am besten kann. Dank dieser Spezialisierung erhöht sich die Produktivität. Der finanzielle Erfolg dieses öffentlichen Betriebes zeigt, dass eine ökonomische Holznutzung auch unter Einbezug ökologischer und sozialer Komponenten möglich ist.

Weiterführende Informationen, auch zu den an dieser Stelle nicht erwähnten Präsentationen, sind beim Bundesamt für Umwelt BAFU verfügbar: Wissenstransfer Wald

Forstliches Fachwissen von Schweizer Institutionen

Im Netzwerk "Wissenstransfer Wald Schweiz" arbeiten Fachleute beider Bildungszentren für Wald in Lyss und Maienfeld, der Hochschule für Landwirtschaft in Zollikofen, der ETH Zürich, der WSL Birmensdorf und des BAFU seit 2009 zusammen. Seit 2012 arbeitet auch Waldwirtschaft Schweiz an dieser Initiative mit. Das Netzwerk ermuntert Autorinnen und Autoren von praxisbezogenen Umsetzungsartikeln, diese der Waldwissen-Redaktion der WSL vorzuschlagen.

Im Rahmen des vom BAFU unterstützten Netzwerks "Wissenstransfer Wald Schweiz" fördert auch das Internet-Portal waldwissen.net den regionalen Wissenstransfer. Bis 2014 entstanden so etwa 300 Beiträge aus allen Regionen der Schweiz.